BVB / FREIE WÄHLER hat die Sammlung der Unterschriften für die Volksinitiative „Straßenausbaubeiträge abschaffen!“ abgeschlossen. Die Unterschriften werden am Dienstag, den 8. Januar an die Landtagspräsidentin überreicht. Dabei wurde die gesetzlich erforderliche Zahl von 20.000 Unterschriften weit übertroffen. Mittlerweile wurde sogar die symbolisch bedeutsame Marke von 80.000 Unterschriften geknackt. So viele Unterschriften sind in der zweiten Stufe (Volksbegehren) erforderlich.
Die Freien Wähler kündigten bereits an, bei Ablehnung oder Komprisssuche in der Sache das Volksbegehren anstreben zu wollen. Dafür sind 80.000 Unterschriften in Meldeämtern und weiteren Einrichtungen, in denen Listen ausgelegt werden, nötig.
Hintergrund: Warum sollen die Straßenausbaubeiträge laut freien Wählern abgeschafft werden:
1. Die Erhebung von Straßenbaubeiträgen ist immer wieder Gegenstand kontroverser Diskussionen in Städten und Gemeinden. Nicht selten sehen sich Anlieger mit sehr hohen Beiträgen konfrontiert. Diese führen oft zu einer Kostenbelastung, die in keinem Verhältnis zum behaupteten Mehrwert steht.
Vielmehr sind Straßen als Teil der Daseinsvorsorge zu sehen und ihre Finanzierung sollte sich nicht danach bemessen, wer zufällig an ihnen wohnt. Solange es sich um öffentliche Wege handelt, deren Nutzung allen offen steht, liegt es nahe, diese auch durch die Allgemeinheit zu finanzieren. Es handelt sich um einen solch grundlegenden Teil der infrastrukturellen Versorgung, dass die einseitige Belastung weniger Haushalte unangemessen erscheint.
Die mitunter immense Kostenbelastung begründet vielerorts erhebliche Sorgen. Etwaige Angebote zur Eintragung von Grundschulden oder Hypotheken oder gar zum Verkauf des Grundstückes, um die Beiträge zahlen zu können, stellen eine Missachtung der Lebensleistung der Menschen dar. Der behauptete Verkehrswertgewinn ist rein theoretischer Natur. Gerade in Brandenburg wurden die Grundstücke durch die Bürgerinnen und Bürger erworben bzw. geerbt und bebaut oder ausgebaut, ohne dabei spekulative Wertsteigerungen im Blick zu haben.
In den vergangenen Jahren ist das politische Bewusstsein dafür gewachsen, dass die Erhebung von Straßenbaubeiträgen nicht mehr zeitgemäß ist. So haben die Bürger von Bernau und Borkwalde durch Bürgerentscheide im Jahr 2013 bzw. 2014 unmittelbare Mitbestimmung beim Anliegerstraßenbau erzwungen. Ein vergleichbarer Bürgerentscheid in Werneuchen ist noch für dieses Jahr geplant.
Derzeit sind die Kommunen von Gesetzes wegen verpflichtet, Beiträge zu erheben und haben bei der Grundsatzentscheidung keinen Handlungsspielraum. Deswegen haben in den vergangenen Wochen mehrere Gemeindevertretungen Resolutionen zur entsprechenden Änderung des Kommunalabgabengesetzes parteiübergreifend beschlossen und fordern vom Landtag die Abschaffung der Straßenbaubeiträge. So haben die Stadtverordnetenversammlungen bzw. Gemeindevertretungen von Brandenburg an der Havel, Senftenberg, Blankenfelde-Mahlow, Kremmen und anderen Orten entsprechende Beschlüsse gefasst.
Währenddessen haben mehrere Bundesländer die Beitragserhebung abgeschafft oder planen dies derzeit. Der auch in Brandenburg gewachsene politische Wille zur Abschaffung dieser unverhältnismäßigen Belastung soll auf diesem Wege in Gesetzesform gegossen werden.
2. Durch die Abschaffung der Beitragserhebung wird viel Verwaltungsaufwand gespart, weil sich Bemessung und Erhebung samt der häufig damit einhergehenden juristischen Auseinandersetzung erübrigen.
3. Durch den Wegfall der Möglichkeit zur Erhebung von Beiträgen ist mit sparsameren Ausbauparametern zu rechnen. Wenn die Kosten für den Ausbau nicht mehr zu großen Teilen von einigen wenigen Beitragspflichtigen, sondern der Allgemeinheit zu tragen sind, erhöht sich der politische Druck zur Suche nach schonenden, im Übrigen das Ortsbild wahrenden Ausbauvarianten.Dies ist in den Gemeinden, die seit Jahren eine unmittelbare Anliegermitbestimmung praktizieren, zu beobachten.
4. Zu beachten ist, dass durch diese Gesetzesänderung die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (nach Baugesetzbuch) unberührt bleibt.
5. Um den Gemeinden einen Planungsvorlauf zu geben, soll das Gesetz erst ab 1. Januar 2019 in Kraft treten. Sofern von den Beitragspflichtigen bis dahin Vorausleistungen erhoben worden sind, sind diese zurückzuerstatten. Dies erfolgt jedoch erst nach Ablauf von zwei weiteren Jahren, um den Gemeinden eine entsprechende Vorbereitung zu ermöglichen.
6. Für die hierbei entstehenden Kosten sowie für den zukünftigen Wegfall der Möglichkeit der Straßenbaubeitragserhebung wird den Gemeinden ein finanzieller Ausgleich gewährt. Obwohl kein Fall des Art. 97 Abs. 3 Landesverfassung vorliegt soll dies in vollumfänglicher Beachtung des Konnexitätsprinzips erfolgen. Die diesbezüglichen Bestimmungen sollen durch Rechtsverordnung geregelt werden.