In der letzten Woche hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung eine Studie vorgelegt, in welcher untersucht wurde, wie sich ein Braunkohleausstieg im Einklang mit den deutschen Klimazielen auswirken würde. Das Fazit: Wenn der billige deutsche Kohlestrom nicht mehr den Strommarkt in Europa überfluten würde, würde dies den Ausbau der Erneuerbaren auch in den anderen Ländern ankurbeln. Und die Versorgungssicherheit wäre ebenfalls nicht gefährdet. Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber hatte argumentiert, “ein deutscher Kohleausstieg würde zu mehr Importabhängigkeit und höheren CO2-Emissionen im Ausland führen.”
“Herr Gerber argumentiert bewusst mit längst widerlegten Argumenten, um den Kohleausstieg zu verzögern – auf Kosten des Klimaschutzes hierzulande und in Europa.” äußert sich Carsten Preuß, Vorstandsvorsitzender des BUND Brandenburg. Sechs Wirtschafts- und Energieminister hatten heute in einer Pressemeldung die Arbeit der Kohlekommission kritisiert und den Kohleausstieg in Frage gestellt. Albrecht Gerber sagte darin: „Mit einem vorzeitigen Ausstieg aus der Kohleverstromung ist niemandem gedient – auch dem Klima nicht. Flexible konventionelle Kraftwerke gewährleisten, dass die Energieversorgung sicher und bezahlbar bleibt. Sie werden noch so lange gebraucht, bis die erneuerbaren Energien diese Aufgabe vollständig übernehmen können. Dazu brauchen wir dringend einen schnelleren Ausbau der Stromleitungen und Speicher im industriellen Maßstab. Ansonsten machen wir uns immer stärker importabhängig, wenn immer mehr Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Dann hinge die Stromversorgung in Deutschland unter anderem von Kohlestrom aus Polen und Tschechien ab – Emissionen würden lediglich in andere Länder verlagert. Aber in den betroffenen Regionen gäbe es einen erneuten Strukturbruch und einen massenhaften Verlust von gut bezahlten Arbeitsplätzen.“
Ein Team von Wissenschaftlern um die Energieökonomin Claudia Kemfert hat vor dem Hintergrund der anstehenden Tagung der Kohlekommission, die bis Jahresende einen Termin für den Ausstieg vorschlagen soll, die Wirkungen unterschiedlicher Ausstiegsszenarien auf die CO2-Emissionen anhand detaillierter Modellrechnungen verglichen. „Anders als beim Klimaziel für 2020, das bereits als gescheitert gilt, bestehen für 2030 durchaus noch Chancen, die Klimaziele zu erreichen“, sagt Kemfert. „Aber nur, wenn man mit dem Kohleausstieg so schnell wie möglich beginnt und den Ausbau der erneuerbaren Energien forciert.“ Die Analyse zeige auch, dass sich die Kohleverstromung nur zu einem vernachlässigbaren Teil in die Nachbarländer verlagere und stattdessen dort vor allem der Anteil der erneuerbaren Energien steige.
“Entgegen häufig geäußerten Befürchtungen heben sich die Effekte auch nicht durch gegenläufige Tendenzen im restlichen Europa wieder auf, sondern es entstehen zusätzliche Anreize für den Ausbau erneuerbarer Energien, weil der günstige Import deutschen Kohlestroms entfällt und etwa die französischen Atom- oder die polnischen Kohlekraftwerke bereits ausgelastet sind.” heißt es von Seiten des DIW.
Quelle: DIW-Wochenbericht 33/2018
Hintergrund:
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