Wie bekannt wurde, plant die neue schwedische Regierung ihren Staatskonzern auf umweltfreundliche Energien umzubauen. Dafür soll die Braunkohlesparte in der Lausitz verkauft werden. Befürworter und Gegner meldeten sich nun zu Wort und wir haben die verschiedenen Reaktionen zusammengestellt:
Bündnis 90/Die Grünen:
„Vattenfalls Verkaufspläne machen deutlich: Die Energiewende zeigt Wirkung. Die schwedische Regierung hat erkannt, dass Braunkohleverstromung zukünftig kein tragfähiges Wirtschaftsmodell ist; es ist ein Risikogeschäft ohne Gewinnerwartung, aber mit enormen Folgekosten. Braunkohleverstromung wird angesichts der Klimaziele, dem Ausbau der Erneuerbaren und den Sanierungskosten durch Bergschäden und Renaturierung in den betroffenen Regionen immer unrentabler. Neben Vattenfall rechnen derzeit auch andere große Stromversorger den Ausstieg aus der Kohle durch.
Statt sich von Energieversorgern überrumpeln zu lassen, muss die Bundesregierung für Planungssicherheit auf dem Energiemarkt sorgen. Angesichts der Überkapazitäten bedeutet dies, den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung einzuleiten und endlich den politischen Rahmen für den Kohleausstieg zu schaffen. Auch das klimapolitische Signal Schwedens muss die Bundesregierung ernst nehmen. Mit dem Verkauf der Braunkohlesparte will Schweden seine schlechte CO2-Bilanz verbessern. Die Bundesregierung muss einsehen, dass wir die deutschen Klimaziele nur erreichen, wenn es zu einer Reduzierung der Kohleverstromung kommt.
In besonderer Verantwortung stehen zudem die Landesregierungen von Sachsen und Brandenburg. Auch sie sollten die Zeichen der Zeit erkennen, den Strukturwandel einleiten und neuen Tagebauen eine klare Absage erteilen.“
Brandenburger Landesregierung:
Die heutige Mitteilung von Vattenfall, strategische Optionen für sein Braunkohleengagement untersuchen zu wollen, ändert nach Einschätzung von Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers nichts an der Notwendigkeit weiterer Braunkohleverstromung in Deutschland. Der Beschluss des Aufsichtsrates sei in gewisser Weise die Wiederholung bisheriger Ankündigungen und überrasche deshalb nicht. In ersten Reaktionen formulierten beide Politiker die Erwartung, dass der schwedische Staatskonzern den eigenen Aussagen nun endlich Taten folgen lässt und tatsächlich weiter verantwortlich für die Menschen in der Lausitz handelt. Gleichzeitig mahnten Woidke und Christoffers eine zügige Entscheidungsfindung an.
Ministerpräsident Woidke wörtlich:
„Offenbar bestehen sowohl in der Unternehmensführung als auch beim Eigentümer weiterhin nur vage Vorstellungen zur zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens. Das finde ich nach den vielen Diskussionen in den vergangenen Jahren unbefriedigend. Ich erwarte, dass vor allem innerhalb der neuen schwedischen Regierung rasch Klarheit über die zukünftige Unternehmensstrategie in Deutschland geschaffen wird. Der Ministerpräsident Stefan Lövfen und seine Regierungsmannschaft tragen hierfür Verantwortung. Diese Verantwortung muss im Interesse der Menschen in der Lausitz auch wahrgenommen werden. Unabhängig der Entscheidung von Vattenfall gilt: Die Braunkohleverstromung ist und bleibt nach dem Atomausstieg ein unverzichtbarer Baustein der Energiewende in Deutschland. Nur so können die Bürger und der Industriestandort Deutschland sicher und bezahlbar mit Energie versorgt werden. Brandenburg als das erfolgreichste Bundesland bei der Förderung Erneuerbarer Energien spürt das täglich hautnah. Gleichzeitig sichert die Braunkohle die Wohlfahrt Zehntausender. Auch wenn der wirtschaftliche Strukturwandel seit Jahren voranschreitet, sind die Kraftwerke und die Tagebaue für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in der Lausitz immer noch von großer Bedeutung. Auch deshalb wird die Landesregierung den von Vattenfall angekündigten Dialog mit Brandenburg und Sachsen sehr nachdrücklich einfordern. Meine Erwartung ist, dass dazu die Unternehmensführung zügig zu Beratungen in die Lausitz kommt.“
Wirtschaftsminister Ralf Christoffers wörtlich:
„Im Interesse der Kolleginnen und Kollegen, aber auch der vom Braunkohletagebau betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner in der Lausitz, muss der derzeitig unerträgliche Zustand der Ungewissheit beendet werden. Das ist die Bringeschuld gerade eines staatlichen Unternehmens. Ich erwarte zudem von der schwedischen Regierung, dass sie den Bemühungen Brandenburgs für eine erfolgreiche Energiewende die gleiche Beachtung schenkt wie den Anstrengungen zu Hause.“
Umweltgruppe Cottbus:
Der Umweltverband GRÜNE LIGA fordert von der schwedischen Regierung, das Braunkohlegeschäft des Staatsunternehmens Vattenfall nicht zu verkaufen, sondern einen schrittweisen Ausstieg aus der Verstromung der Braunkohle mitzugestalten. „Klimapolitisch wäre es Etikettenschwindel, einfach andere den Dreck machen zu lassen. Es bleibt abzuwarten, ob die schwedische Regierung sich mit einem so plumpen Trick aus der Verantwortung stehlen kann.“ sagt René Schuster, Vertreter der Umweltverbände im Braunkohlenausschuss des Landes Brandenburg. Schuster weiter: „Eine Entscheidung darüber ist nicht gefallen. Verkaufsabsichten wurden von Vattenfall bereits sein einem Jahr nicht mehr dementiert. Im vollen Bewusstsein dieser Option hatte die neue Regierung in Stockholm einen anderen Weg angekündigt. Diesem Weg sollte sie treu bleiben. Angesichts der energiepolitischen Unsicherheiten und der angekündigten Klageverfahren gegen Braunkohlenpläne dürfte es Vattenfall zudem schwer fallen, für die Lausitzer Braunkohle einen attraktiven Preis zu erzielen.“ Vattenfall hat heute in Stockholm angekündigt, „Optionen für eine neue Eigentümerstruktur seines Braunkohlegeschäfts zu prüfen“. In den nächsten Monaten soll jedoch zugleich eine Arbeitsgruppe aus vier Ministern die Eignerdirektive für das Staatsunternehmen überarbeiten. Eine Entscheidung kann erst am Ende beider Prozesse fallen. Sie ist von der schwedischen Politik, nicht von den Managern des Unternehmens zu treffen. Vattenfall plant bisher fünf neue Braunkohlentagebaue in der Lausitz, für die 3300 Bewohner umgesiedelt werden müssten. Erst am Montag hatten Lausitzer Kommunalpolitiker aller Parteien die schwedische Regierung aufgefordert, den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung voranzutreiben und die Umsiedlung weiterer Dörfer durch den Staatskonzern Vattenfall abzuwenden.
Pro Lausitzer Braunkohle:
Vattenfall stellt Weichen für Verkauf der Lausitzer Braunkohle. Der Pro Lausitzer Braunkohle e.V. begrüßt die schnelle Entscheidung in Schweden!
Nach Wochen höchster Verunsicherung um die Zukunft der Lausitzer Braunkohle, zeichnet sich eine Weichenstellung ab. Der Aufsichtsrat von Vattenfall in Schweden hat beschlossen, den Verkauf seiner Braunkohlensparte vorzubereiten. Der Verein Pro Lausitzer Braunkohle sieht darin ein hoffnungsvolles Zeichen, das Braunkohlengeschäft in einem geordneten Prozess in neue Hände zu übergeben.
„Unsere Strategie sieht klar eine Reduzierung unserer Kohlendioxidexponierung und eine Umstellung unseres Erzeugungsportfolios auf erneuerbare Energien vor“, betont Magnus Hall, neuer CEO und Präsident von Vattenfall AB in Auswertung der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch. Daher wurde „entschieden, dass Vattenfall Optionen für eine nachhaltige und neue Eigentümerstruktur seines Braunkohlegeschäfts prüfen wird“.
Den Verantwortlichen von Vattenfall ist bewusst, dass die in Schweden ungeliebte Braunkohle in Deutschland einen hohen Stellenwert besitzt. „Wir verstehen die gegenwärtige und künftige Bedeutung der Stromerzeugung aus Braunkohle für die regionale Wirtschaft und für Deutschlands Energiepolitik“, stellt Hall klar. Die Landesregierungen von Brandenburg und Sachsen seien wichtige Ansprechpartner für Vattenfall in der Lausitz. Hall: „Wir setzen auch weiterhin auf den engen Dialog.“
Mit dieser Entscheidung geht es um die vollständige Herauslösung der Braunkohlesparte aus dem Konzern. „Seinen übrigen Geschäftsaktivitäten in Deutschland – Fernwärme, Vertrieb und Verteilnetze sowie Handel, Windkraft und weitere Energieerzeugung – bleibt Vattenfall weiterhin vollauf verpflichtet“, beteuert das Unternehmen.
Erst am Vortag der Aufsichtsratssitzung war eine Delegation von SPD-Abgeordneten aus dem Bund und den Ländern Brandenburg und Sachsen aus Stockholm zurückgekehrt. Die Gespräche dort hatten gezeigt, dass die Ausrichtung Vattenfalls und die Lausitzer Braunkohle in den augenblicklichen politischen Debatten in Schweden anders als vielfach suggeriert, keine vorrangige Rolle spielt.
Der Verein Pro Lausitzer Braunkohle begrüßt die Entscheidung des Aufsichtsrates. „Wir begrüßen die schnelle Entscheidung und haben immer betont, dass Vattenfall die Braunkohle, wenn sie wirklich in Schweden politisch nicht mehr vermittelbar ist, verkaufen sollte, damit ein neuer Eigentümer mit größerer Wertschätzung und strategischer Klarheit das Geschäft in der Lausitz zum Nutzen aller weiter führen kann“, erklärt Vereinschef Wolfgang Rupieper. Wichtig sei nun für alle Beteiligten, „dass der Prozess zügig vorangetrieben wird und wir schnell Gewissheit über die neue Eigentümerstruktur bekommen. Dabei müssen wir darauf achten, dass die Konzernstruktur mit Braunkohleförderung und -verstromung in der Lausitz in einer Hand bleibt und nicht zerschlagen wird.“
SPD Fraktion Brandenburg:
Zur Ankündigung des Unternehmens Vattenfall, die Eigentümerstruktur seines Braunkohlegeschäfts in der Lausitz auf den Prüfstand zu stellen, erklärt der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag, Klaus Ness:
„Die Lausitzer Energiewirtschaft steht vor einer wichtigen Investitionsentscheidung. Für ganz Ostdeutschland hängt von dieser Entscheidung viel ab, deshalb haben wir ein großes Interesse daran, dass sie rasch getroffen wird und dabei die deutschen Belange Berücksichtigung finden. Eine sichere Stromversorgung zu akzeptablen Preisen ist auf absehbare Zeit nur mit der Nutzung der heimischen Braunkohle möglich. Sie wird als Brückentechnologie auch gebraucht, damit Brandenburg Vorreiter beim Ausbau der erneuerbaren Energien bleiben kann. Es kommt jetzt darauf an, durch die fällige Investitionsentscheidung – unabhängig von der künftigen Eigentümerstruktur – die Kohle-Arbeitsplätze in der Lausitz zu sichern.“
Klaus Ness hat in dieser Woche in Stockholm politische Gespräche über die Zukunft der Braunkohle-Sparte von Vattenfall geführt. „Ich habe dabei unser Interesse an einer stabilen Energieversorgung in Deutschland und an der Sicherung von Arbeitsplätzen in der Lausitz deutlich gemacht“, erklärt der Fraktionschef.