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NIEDERLAUSITZ aktuell

Elbe-Elster Klinikum warnt vor Rückschritt bei Krankenhausplanung

18:00 Uhr | 12. Juni 2025
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Im Landkreis Elbe-Elster reißt der Streit um die Zukunft der Krankenhausstruktur nicht ab. Obwohl der Kreistag im April den Weg für einen möglichen Bau eines zentralen Klinikums geebnet hatte, soll am kommenden Montag über eine Beschlussvorlage beraten werden, die diesen Kurs wieder kippen will. Am gestrigen Mittwoch schlugen die Geschäftsführung des Elbe-Elster Klinikums, Chefärzte, die Arbeitnehmervertretung sowie die Gewerkschaft öffentlich Alarm. Bei einer gemeinsamen Veranstaltung in Finsterwalde machten sie ihre Sorge über die politische Entwicklung deutlich und sprachen sich klar für den nun eingeschlagenen Weg des Klinikneubaus mit ergänzenden Gesundheitszentren aus. Die Beschlussvorlage sieht hingegen vor, alle drei bestehenden Klinikstandorte im Landkreis dauerhaft zu erhalten und auszubauen. Der Streit um die Zukunft der Krankenhausstruktur hält den Landkreis seit mittlerweile fast zwei Jahren in Atem, die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern eines Zentralkrankenhauses sind verhärtet.

Klinikchef warnt vor „Entscheidung gegen die Realität“

Bereits im April hatte der Kreistag beschlossen, die Planungen für ein zentrales Krankenhaus an einem neuen Standort in Gang zu bringen. Die bestehenden Häuser in Finsterwalde, Elsterwerda und Herzberg sollen perspektivisch in moderne Gesundheitszentren überführt werden. Doch mit der neuen Beschlussvorlage der Fraktion Freie Wähler und einiger Abgeordneter soll dieser Kurs gestoppt werden. Die neue Beschlussvorlage fordert die sofortige Einstellung aller Planungen zum Klinikneubau und die Weiterentwicklung der bisherigen Standorte.

Klinikums-Geschäftsführer Michael Winkler zeigte sich im Gespräch mit Niederlausitz aktuell überrascht von dem Vorstoß: „Ich war überrascht, auch weil dieser Antrag oder diese Vorlage nicht sauber und faktisch begründet ist.“ Er betonte: „Wir schlagen Alarm, weil wir im Haus, im Elbe-Elster-Klinikum, mit unseren Chefärzten, mit unseren Mitarbeitern uns genau auf den Weg machen, auf dieses neue Modell hin zu einem Zentralklinikum. Weil wir die Realität tatsächlich sehen, dass es anders für die Zukunft nicht mehr möglich sein wird.“ Mit der Realität meint Winkler die bereits vorhandene strukturelle Überforderung des Betriebs von drei Standorten. Mit Blick auf die Krankenhausreform werden zudem Leistungsgruppen mit entsprechenden Mindesanforderungen festgelegt, die ein Haus erfüllen muss. Diese gilt es dann ebenfalls zu erfüllen.

Argumente der Antragsteller: Versorgung wohnortnah erhalten

Laut Begründung der neuen Beschlussvorlage sei das 3+1-Modell nicht tragfähig. Genannt werden mehrere Punkte: Die Erreichbarkeit eines Zentralklinikums sei für viele Bürger nicht zumutbar, ein Neubau würde frühestens in acht Jahren stehen, mit der Gefahr, dass bis dahin Strukturen an den Altstandorten wegbrechen. Zudem sei das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz noch nicht endgültig in seiner Ausgestaltung absehbar. Eine vorschnelle Entscheidung könne daher erhebliche Risiken bergen. Allerdings weisen Krankenhaus und Landkreis darauf hin, dass dieses Gesetz bereits in Kraft getreten ist und die rechtliche Grundlage für die Ausgaltung durchaus absehbar sei.

Weiter heißt es in der Vorlage, dass der Transformationsfonds des Bundes Mittel bereithalte, um bestehende Klinikstandorte zu erhalten und weiterzuentwickeln. Diese Sichtweise teilt die Klinikleitung nicht. Winkler: „Wenn man nur einen Blick in die Gesetze wirft, sieht man, dass das nicht so ist. Der Transformationsfonds ist dafür aufgesetzt, die Gesundheitsreform zu begleiten, um Veränderung zu produzieren. Da ist ein ‚weiter so‘ an dem einzelnen Standort nicht vorgesehen.“ Der Fonds diene der finanziellen Ausgestaltung der Krankenhausreform, um zukunftsfähige Strukturen im Rahmen der neuen Vorgaben zu schaffen.

Verunsicherung bei Mitarbeitenden, Appell zur Sachlichkeit

In der gemeinsamen Veranstaltung von Klinikleitung, Chefärzten, Arbeitnehmervertretung und Gewerkschaft wurde deutlich, dass viele Beschäftigte den politischen Richtungswechsel auf Kreisebene mit Sorge betrachten. Winkler berichtet: „Ich stehe nicht für die Politik, ich stehe für das Krankenhaus. Und ja, ich merke, dass aus vielen rückliegenden Jahren Verletzungen da sind […]. Und manchmal habe ich allerdings auch den Eindruck, dass es gar nicht um das Krankenhaus geht, sondern um Personen. Und das wäre aus meiner Sicht völlig falsch, weil dann tragen wir Themen auf dem Rücken des EE-Klinikums nieder – wohlwissend, dass es gar nicht anders gehen wird.“

Trotz der Debatte sieht sich die Klinikleitung weiterhin in der Pflicht, den bestehenden Beschluss umzusetzen. Man habe bereits Städteplaner und Krankenhausplaner beauftragt, um die Voraussetzungen für einen Förderantrag bis zum 30. August 2025 zu schaffen. Dieser soll wesentlich zur Finanzierung des Projekts beitragen. Winkler: „Der Kreistag hat uns beauftragt – mit dem Beschluss vom 7.4. – uns auf den Weg zu machen.“ Die jetzige Situation hätte deshalb erneut für große Unsicherheit gesorgt.

Vorteile des 3+1-Modells aus Sicht der Klinikleitung

Die Geschäftsführung des Elbe-Elster Klinikums sieht in einem Zentralklinikum die Voraussetzung, um medizinische Versorgung langfristig effizient, qualitätsgesichert und personalstabil zu organisieren. Ziel sei es, Strukturen zu bündeln, Fachpersonal gezielt einzusetzen und ein breites medizinisches Spektrum an einem Standort vorzuhalten. Nur so ließen sich moderne Anforderungen an Ausstattung, Weiterbildung und interdisziplinäre Zusammenarbeit erfüllen.

Aus Sicht von Geschäftsführer Michael Winkler ist eine solche Konzentration auch notwendig, um überhaupt noch ausreichend Fachkräfte zu gewinnen. „Mitarbeiter wollen hier komplett ausgebildet werden – in einer Breite.“ Das sei nur möglich, wenn alle relevanten Fachabteilungen unter einem Dach zusammenarbeiten und genügend Fallzahlen vorliegen. Ein Beispiel ist die Geburtshilfe: Während in Herzberg rund 280 Geburten pro Jahr betreut werden, könnten es an einem zentral gelegenen Standort bis zu 500 sein – ein entscheidender Faktor für die medizinische Qualität und Attraktivität des Arbeitsumfelds, etwa für Hebammen.

Auch die Notfallversorgung in der Nacht zeige die Grenzen der bisherigen Struktur:  „In der Nacht von 21 Uhr bis 7 Uhr morgens betreuen wir an jedem der drei Standorte im Durchschnitt drei Patienten. Zwei, die ambulant wieder nach Hause gehen, und ein Patient, der in die stationäre Versorgung geht. Dafür halten wir an jedem Standort mehr als fünf verschiedene Dienststrecken aufrecht.“ Ziel sei es, künftig Polikliniken oder Gesundheitszentren als erste Anlaufstellen zu etablieren, kombiniert mit einer zentralen Notaufnahme am Klinikneubau. Das sei nicht nur finanzierbar, sondern auch strukturell sinnvoll, so Winkler.

Mehrere Chefärzte des Elbe-Elster Klinikums bestätigten am Mittwoch, dass aus ihrer Sicht nur eine zentrale Klinikstruktur geeignet sei, um den steigenden Anforderungen in der Medizin zu begegnen. Nur durch die Bündelung von Personal und Technik an einem Ort lasse sich dauerhaft eine moderne Versorgung gewährleisten, sowohl fachlich als auch wirtschaftlich. Eine dezentrale Struktur mit drei vollwertigen Standorten sei weder personell noch medizinisch tragfähig, hieß es aus ärztlicher Sicht. Chefarzt der Radiologie Klaus-Peter Hördegen berichtet beispielsweise, dass die beiden Standorte in Elsterwerda und Finsterwalde nur noch aufrechterhalten werden können, weil er selbst regelmäßig nach Finsterwalde fährt. Dies führe an die Belastungsgrenze.

Verwaltung lehnt Beschlussvorlage ab

Auch die Kreisverwaltung empfiehlt, den Antrag am kommenden Montag abzulehnen. In ihrer Stellungnahme heißt es, die Förderung mehrerer vollwertiger Klinikstandorte sei mit den Vorgaben des Transformationsfonds nicht vereinbar. Zudem befinde sich das Elbe-Elster Klinikum in einem Einzugsgebiet mit leistungsfähigeren Nachbarkliniken. Eine dauerhafte Aufrechterhaltung von drei Häusern sei wirtschaftlich nicht tragfähig. Zudem sei das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz bereits in Kraft getreten – die behauptete rechtliche Unklarheit bestehe nicht.

Entscheidung am 16. Juni, Zukunft wieder ungewiss?

Am Montag entscheidet der Kreistag über die neue Vorlage. Sollte sie angenommen werden, müsste der bestehende Beschluss aus dem April formell aufgehoben werden. Damit würde der eingeschlagene Weg zum Klinikneubau gestoppt, trotz bereits laufender Planungen und Vorarbeiten.

Geschäftsführer Michael Winkler appelliert an eine sachliche Auseinandersetzung: „Es geht uns nicht um politische Auseinandersetzungen – sondern darum, wie wir als Gesundheitsanbieter auch in zehn Jahren noch leistungsfähig sein können.“ Und: „Ich fühle mich voll und ganz vom Kollegium unterstützt. […] Ich glaube, unsere Zusammenkunft am Mittwoch hat sehr deutlich gesprochen, wofür wir stehen.“

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Red. / Presseinformation

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