Zu den Greenpeace-Demonstrationen gegen die Quecksilberemissionen aus dem Kraftwerke Jänschwalde heute Morgen erklärt Annalena Baerbock:
„Die Projektionen sind eine gute Aktion zum richtigen Zeitpunkt. Wir brauchen endlich eine ehrliche und offene Debatte über die Folgen der Kohleverstromung für Umwelt und Gesundheit. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung über Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken aufgeklärt wird.
Die Bundesregierung darf die gesundheitlichen Folgen der massiven Quecksilberemissionen nicht länger zu Gunsten der Kohleverstromung ignorieren. Sie muss vielmehr dafür Sorge tragen, dass der Quecksilberausstoß drastisch reduziert wird. Es ist technisch möglich, den Quecksilberausstoß von Großfeuerungsanlagen um 80 Prozent zu reduzieren und damit die gesamtdeutsche Quecksilberemissionsfracht um die Hälfte zu senken. Also muss das auch passieren. Neben einem schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung fordern wir daher auch stringentere Grenzwerte für Quecksilber.“
Hintergrund
Greenpeace hat heute Morgen an einen Kühlturm des Kraftwerks Jänschwalde den Slogan „Kohle ist giftig“, ergänzt um die Menge Quecksilber (Quelle Deutschen Schadstoffregisters im Jahr 2013).
http://www.greenpeace.de/themen/energiewende/fossile-energien/lichtshow-gegen-kohle
Aktualität des Themas
Die grüne Bundestagsfraktion hat vor wenigen Wochen eine Kleine Anfrage zu neuen europäischen Vorgaben für Quecksilberemissionen gestellt. Auf EU-Ebene gibt es die sogenannten BREF-Dokumente (oder BVT-Merkblätter), die den besten Stand der verfügbaren Technik für die EU definieren sollen. Derzeit wird das BREF-Dokument für Emissionen von Großfeuerungsanlagen überarbeitet – und wie es scheint, ist man von deutscher Seite aus sehr zurückhaltend, den besten Stand der Technik durchzusetzen. So gibt es in den USA deutlich höhere Quecksilberemissionsreduktionen durch den Einsatz von Aktivkohle oder Bromsalzen. Doch obwohl es sich bereits im Einsatz durchgesetzt hat, ist es für die Bundesregierung wohl noch eine Technik in der Entwicklung (siehe Antwort 2).
So sagt die Bundesregierung, dass durch den Einsatz besserer Technik die Gesamtfracht von Quecksilber über die Hälfte reduziert werden könne (Antwort 6). Eine Antwort, wie sie dort hinkommen möchte, bleibt sie schuldig. Gerade vor dem Hintergrund der Gesundheitsrisiken von Quecksilber (Schädigung von Leber, Nieren, Nervensystem und Gefährdung von Neugeborenen) ist diese Planlosigkeit grob fahrlässig.
Zusätzlich haben wir den Einfluss von Quecksilberemissionen auf die Flüsse in Deutschland und die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie abgefragt. Es ist erschreckend, wie unverblümt die Bundesregierung damit umgeht, dass die Umweltqualitätsnorm für Quecksilber in den großen Flussgebieten dauerhaft und flächendeckend überschritten wird. Der chemische Zustand aller Wasserkörper der Bundesrepublik Deutschland wird in den 2. Bewirtschaftungsplänen als „nicht gut“ eingestuft. Eine erfolgreiche Emissionsminderung im Anlagenpark der Kohlekraftwerke auf durchschnittlich 1 μg/m³ würde dessen Quecksilbermissionsfracht um knapp 80 Prozent mindern. Die Umweltqualitätsnorm für Biota für Quecksilber wird flächendeckend überschritten. Die Umweltqualitätsnorm für Biota (also Lebenswesen) für Quecksilber wird wahrscheinlich auch 2027 nicht eingehalten werden. Derzeit wird sie flächendeckend überschritten. So wird die Umweltqualitätsnorm für Quecksilber in Fischen der großen Flussgebiete Rhein, Elbe und Donau dauerhaft und flächendeckend überschritten. Sie liegt 5 bis 15fach über der empfohlenen Umweltqualitätsnorm.
Die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass wir bei der Erarbeitung neuer EU-Standards nicht unter das amerikanische Niveau fallen, welches dem Stand der Technik entspricht. Es müssen alle technischen Möglichkeiten genutzt werden, um Mensch und Natur zu schützen.
Hier die Antwort der Bundesregierung: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/043/1804311.pdf
Fotos: Daniel Müller/Greenpeace
Quelle: Bündnis 90/Die Grünen