Der Brand und die Kunst
An diesem verregneten Novembertag wirkt im Zerkwitzer Kunstgarten Schwarzes noch Dunkler, noch Düsterer. Der Regen verstärkt die Kontraste und Strukturen zusätzlich. Wenn da nicht die zarten hellen Farben und Strukturen auf den schwarzen verkohlten Brettern wären …. Der Lübbenauer Künstler Dietrich Lusici steht vor einem seiner zahlreichen Werke, die es eigentlich gar nicht geben durfte, vor einer bemalten verkohlten Tür. Er erinnert sich an das Frühjahr: „Es war der 11. April, ein knastertrockener windiger Tag. In den Gärten ringsum wurde gearbeitet, hier und da Abfälle verbrannt – und plötzlich stand mein Kunstschuppen lichterloh in Flammen. Ein aufmerksamer Radler hatte die Feuerwehr informiert, die schnell kam, aber praktisch nichts mehr retten konnte!“ Im Schuppen war so ziemlich alles gelagert, was der Künstler für seine Arbeit, für Haus und Hof brauchte. Auch viele Kunstwerke gingen in Flammen auf. „Deren Wert überstieg deutlich den Wert des Gebäudes, viele Unikate sind für immer vernichtet worden“, blickt er zurück. Angesichts verkohlter Spaten und Schaufeln, angesichts einer Werkbank, von der nur noch die Metallteile übrigblieben und angesichts einer im Feuer verglühten Kettensäge formte sich vor seinem geistigen Auge schon damals erste Kunstgegenstände – das Einzige, was noch aus dem Brandschutt zu machen wäre. Beim Spreewaldatelier fand der verkohlte Schuppen in diesem Sommer eine Art Auferstehung. Die noch verbliebenen angesengten Bretter dienten als Hülle für eine Unterkunft, darin nur ein verglühtes Bettgestell. Außen wurden die Bretter farblich gestaltet. „Denk-mal 2015“ hat er sein Werk genannt, im Sinne von denk mal nach, was 2015 alles möglich ist! „Dem Betrachter erschloss sich sofort die Parallele zu den Kriegen, zu den verbrannten und ausgebombten Hütten. Die Farbgestaltung außen zeigt, dass das Leben stärker ist, dass es zurückkommt und letztlich siegen wird“, so Dietrich Lusici über sein vielbeachtetes Kunstwerk. Daheim im Garten entstanden im Laufe der Wochen und Monate weitere Kunstwerke. Was die Flammen übrig ließen, bekam Farbe und Struktur – oft im typischen Lusici-Blau. Die gerade noch als solche erkennbare Kettensäge bekam Messer und Gabeln. Mag jeder Betrachter sich seine eigene Interpretation dazu machen… Viele Gegenstände, alle in Schwarz, manche klein wie ein Teller, manches groß wie eine Tür – alle wurden zu Kunst. „Nie wäre ich darauf gekommen, dass Brandschutt ein derart ergiebiges Material sein kann“, so Dietrich Lusici. „Kunst entsteht zuerst im Kopf, und sie muss auch den Mann/die Frau ernähren. Künstler bewegen sich naturgemäß immer im Existenzrisiko“, ergänzt er noch. Nach dem Schaden ist ihm gelegen, seine Kunst zu verkaufen. Deshalb stehen dem Besucher praktisch immer die Türen seines Kunstgartens offen.