Am 18. April 2016 hatte Vattenfall der schwedischen Regierung als seinem Eigentümer den Verkauf der Braunkohleaktivitäten in Brandenburg und Sachsen an den tschechischen Energieversorger EPH und dessen Finanzpartner PPF Investments vorgeschlagen. Der Eigentümer hat nach einer Prüfung des Vorschlags nun bestätigt, dass er die Verkaufspläne unterstützt.
Der Verkauf soll zum 31. August 2016 vollzogen werden, vorbehaltlich der kartellrechtlichen Freigabe durch die Europäische Kommission.
Wir haben die Reaktionen gesammelt:
Ministerpräsident Dietmar Woidke erklärte in Potsdam:
„Die Unsicherheit für die Kohlekumpel, ihre Angehörigen und die Beschäftigten der Zulieferbetriebe ist nun endlich vorbei. Das ist eine gute Nachricht aus Stockholm. Die Weichen sind nun für EPH gestellt. Vom neuen Eigentümer erwarte ich, dass er sich seiner Verantwortung in der Lausitz genauso stellt wie Vattenfall.
Die Brandenburger Landesregierung wird auch künftig alles dafür tun, dass die politischen Rahmenbedingungen für die Lausitz fair und ausgewogen gestaltet werden. Wir setzen bei der Energiewende weiterhin auf die Braunkohle als heimischen Energieträger, der eine sichere und bezahlbare Energieversorgung gewährleistet, bis die Erneuerbaren diese Rolle wirklich ausfüllen können. Darauf kann sich die Lausitz verlassen.“
Greenpeace Deutschland: „Die schwedische Regierung stiehlt sich mit dieser fatalen Entscheidung aus ihrer Verantwortung. Die Klimawissenschaft ist unmissverständlich: Ein Großteil der Kohle muss im Boden bleiben, um die auf der Weltklimakonferenz in Paris vereinbarten Ziele zu erreichen. Vattenfalls schmutziges Braunkohlegeschäft feige weiterzureichen, ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse.
Die Bundesregierung darf diesem Verkauf nicht tatenlos zusehen. Sie muss endlich aussprechen, was seit Paris ohnehin klar ist: Es darf keine neuen Tagebaue mehr geben, und bis allerspätestens 2030 muss Deutschland aus der Kohle aussteigen. Beides wird sich mit EPH als Investor nicht umsetzen lassen. Die Bundesregierung muss den Verkauf stoppen und die Sparte in eine staatliche Stiftung überführen.“
Pro Lausitzer Braunkohle e.V.: „Viele Menschen in der Lausitz atmen auf. Letztendlich haben sich in Schweden doch Verantwortung und Vernunft gegen grüne Ideologie durchgesetzt. Mit der Zustimmung zum Verkauf der Lausitzer Braunkohlesparte kann die Region nun nach vorn blicken und den Strukturwandel mit der Kohle weiter anpacken.“, so Wolfgang Rupieper, Vorstandsvorsitzender des Pro Lausitzer Braunkohle e.V. zur Entscheidung der schwedischen Regierung, den Verkauf der Lausitzer Braunkohlesparte durch das Staatsunternehmen Vattenfall an EPH zu unterstützen.
Gleichzeitig betont der Verein, dass die Region verlässliche und stabile energiepolitische Rahmenbedingungen aus Berlin benötigt. Hier scheinen aktuelle Entwicklungen – wie die gelockerten Ziele für den Braunkohleausstieg im jüngst veröffentlichten Klimaschutzplan – für einen einsetzenden Erkenntnisprozess zu sprechen. Die Wertschöpfung aus der Lausitzer Braunkohle ist auch künftig zwingend notwendig, um einerseits die Energiewende zum Erfolg zu führen und andererseits den Strukturwandel in der Lausitz zu ermöglichen. So haben sich auch in der LAUSITZRUNDE Kommunalvertreter der Lausitz, die für ca. 1 Millionen Bewohner sprechen, klar für einen Strukturwandel mit der Kohle positioniert.
„Auf diesem in den kommenden Jahrzehnten bevorstehenden Weg werden wir auch vom neuen Eigner eine Partnerschaft für die Lausitz einfordern. Wir begrüßen das Engagement von EPH, das ja bereits im Mitteldeutschen Revier mit einem nachhaltigen Vertrauen in die Zukunft der Braunkohle verbunden ist. Wir werden aber auch genau darauf achten, dass die wirtschaftlichen Interessen immer mit einem Einstehen für die Belange unserer Region korrespondieren.“, steckt Wolfgang Rupieper die Ziele des Vereins ab, der sich auch im Dialog mit dem neuen Eigner als Anwalt der Region versteht.
Aktionsbündnis “Ende Gelände”: Das Aktionsbündnis Ende Gelände kritisiert die Zustimmung der schwedischen Regierung zum Verkauf von Vattenfalls Braunkohlesparte an den tschechischen Investor EPH. Mit dieser Entscheidung setzt sich die rot-grüne Regierung über weltweite Proteste von Klimabewegung und namhaften Wissenschaftler*innen hinweg.
Als Teil seiner Nachhaltigkeitsstrategie will der schwedische Staatskonzern Investitionen aus der fossilen Industrie abziehen und sich künftig auf erneuerbare Energien fokussieren. Doch der neue Eigentümer EPH plant, das klimaschädliche Braunkohlegeschäft noch Jahrzehnte lang fortzuführen.
„Die schwedische Regierung hatte es in der Hand, in der Lausitz den raschen und sozial gerechten Rückbau des Kohlereviers zu ermöglichen und damit rund eine Milliarde Tonnen CO2 zu vermeiden. Sie hat die Chance verpatzt“, kommentiert Hannah Eichberger.
„’Deinvestieren’ darf nicht heißen, dass ein anderer Konzern das schmutzige Geschäft übernimmt“, kommentiert Dorothee Häußermann von Ende Gelände. „Deinvestieren muss heißen: die Kohle im Boden lassen.“
Bei der Aktion „Ende Gelände“ hatten im Mai rund 4000 Menschen aus ganz Europa das Kraftwerk Schwarze Pumpe in der Lausitz blockiert. Die Proteste gegen die Fortführung der Lausitzer Braunkohletagebaue hatten sich seitdem in mehreren europäischen Hauptstädten fortgesetzt, vor allem in Stockholm, wo Aktivist*innen zuletzt das Büro des Ministerpräsidenten bestiegen. Auch Umweltverbände und Prominente wie Naomi Klein und Hans Joachim Schellnhuber warnten vor dem Verkauf. (Übersicht über Proteste, siehe Anhang)
„Unsere Proteste haben eine heftige Debatte um den Vattenfall-Verkauf auf internationaler Ebene befeuert“, äußert sich Hannah Eichberger. „Miese Geschäfte wie diese gehen nicht mehr sang- und klanglos über die Bühne.“
Ingo Senftleben: Wichtige Entscheidung für das Lausitzer Revier und die Kumpels
Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Ingo Senftleben, zeigte sich erfreut über die Zustimmung der schwedischen Regierung, die Planungssicherheit für die Lausitz bringe. „Das ist eine wichtige Entscheidung für das Lausitzer Revier und die Kumpels. Die CDU steht zur Lausitzer Braunkohle und steht fest an der Seite der Tausenden Beschäftigten.“
Senftleben zeigte sich optimistisch, dass der Verkauf nun zügig abgeschlossen werden könne. „Die Landesregierung darf sich auf dieser Entscheidung jedoch nicht ausruhen. Die Lausitz braucht Impulse für eine Strukturentwicklung. Dazu gehören Investitionen in die Forschung und die Wirtschaft aber auch der Ausbau von Straßen, Schienen und schnellem Internet. Wir müssen die Lausitz fit für die Zukunft machen.“
Umweltgruppe Cottbus: “Am Sonnabend verkündete die schwedische Regierung, dass sie dem von Vattenfall vorgeschlagenen Verkauf der Braunkohlesparte an die tschechischen Unternehmen EPH und PPF zustimmt.
Die GRÜNE LIGA forderte umgehend die Landesregierungen und der Bund auf, jetzt alle Möglichkeiten zu nutzen, um die langfristigen Folgekosten der Tagebaue nicht dem Steuerzahler aufzubürden. Das Geld für Rekultivierung und Schäden am Wasserhaushalt muss absolut sicher hinterlegt sein, bevor Gewinne in die Taschen der Oligarchen fließen dürfen.
Die Entscheidung der schwedischen Regierung schadet der Lausitz. Die Chance, Klarheit über einen schrittweisen Kohleausstieg zu schaffen und die Bedrohung von Dörfern wie Proschim endlich zu beenden, wurde vertan. Jetzt leben Bewohner wie Tagebaubeschäftigte weiter in Unsicherheit, weil ihr Schicksal vom Strommarkt und von Gerichtsentscheidungen abhängen kann. Das behindert eine gemeinsame Arbeit am unausweichlichen Strukturwandel in der Region.
Die Skepsis gegenüber den tschechischen Investoren ist in der Lausitz groß, auch wenn Lobbyisten das zu übertönen versuchen. In einer Umfrage der Lausitzer Rundschau im April hatten sich 70% der befragten Lausitzer gegen den Verkauf an ausländische Privatunternehmen ausgesprochen.”
Die Handwerkskammer Cottbus: Der zügige Verkauf der Vattenfall-Braunkohlesparte beruhigt die Region. Die schwedische Regierung hatte am Samstag grünes Licht gegeben. Das sollte Vorbildcharakter haben. Klare Entscheidungen sind in den kommenden Wochen und Monaten auch im Land gefragt – sei es bei der Kreisgebietsreform, den Abwassergebühren oder bei der Bürgermeisterwahl in Guben.
Erfreulich schnell hat Schweden den Weg für den Verkauf der Vattenfall-Braunkohlesparte an EPH frei gemacht. “Damit haben wir ein Stück Planungssicherheit für die Region bekommen”, erklärt Christoph Schäfer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der HWK Cottbus. “Südbrandenburg darf sich jedoch nicht der Illusion hingeben, dass jetzt Ruhe eingekehrt. Wir alle sind gefordert, den Boden für den anstehenden Strukturwandel zu bereiten.”
In den nächsten Wochen und Monaten stehen verschiedene Entscheidungen an, bei denen die Akteure für ein stabiles Umfeld sorgen können und müssen: Der Landtag entscheidet über die Kreisgebietsreform. Wird das Leitbild bestätigt, muss schnell eine Entscheidung über den Zuschnitt der Kreise gefunden werden, um klare Verhält-nisse zu schaffen. Diese stehen auch bei der zukünftigen Gestaltung der Abwassergebühren aus. Gebietskörperschaften und Wasserverbände haben es in der Hand, für Planungssicherheit zu sorgen.
Und auch die Südbrandenburger Bürger können einen Beitrag leisten, z.B. bei den anstehenden Bürgermeisterwahlen in Guben. “Die Verdienste des früheren Amtsinhabers Klaus-Dieter Hübner stehen außer Frage”, erkennt Christoph Schäfer an. Aber er gibt zu bedenken: “Hübners Suspendierung nach der Wahl, mit der aufgrund der Verurteilung wegen Bestechlichkeit und Untreue durchaus zu rechnen ist, würde zum Gegenteil von klaren Verhältnissen führen. Gewinnt er und wird gleich wieder aus dem Amt entfernt, wird Guben die mannigfaltigen Herausforderungen eher schwierig meistern.” Dies gelte es bei der Wahlentscheidung zu berücksichtigen.
Unternehmen investieren in Standorte, die wirtschaftlich attraktiv sowie politisch verlässlich und stabil sind. Das südbrandenburgische Handwerk profitiert von Investitionen jedweder Art – sei es als direkter Auftragnehmer oder von der Kaufkraft, die mit dem Aufbau oder Erhalt von Arbeitsplätzen einhergeht.