Das Besondere an den Kunstwerken ist, dass sie weder mit Pinsel noch Stift entstanden sind, sondern mit der Kraft der Gedanken des Künstlers. Das innovative Verfahren „Brain Painting“ macht diese Gedankenbilder sichtbar und ermöglicht damit bewegungslosen und eingeschränkten Menschen, sich schöpferisch auszudrücken. Für den in Königs Wusterhausen lebenden Jürgen Thiele ist Brain Painting die Rettung vor der Kreativlosigkeit.
Im Jahr 2006 erhielt der Bildhauer, Architekt und Maler die Diagnose Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Durch diese Nervenkrankheit wurde er vollständig bewegungsunfähig. Dennoch kann er weiterhin künstlerisch tätig sein. Wie das funktioniert, erklärte Loic Bortel von der Universität Würzburg bei der Ausstellungseröffnung am 22. Juni in Lübben.
Seit geraumer Zeit arbeitet der Doktorand am Lehrstuhl für Psychologie mit Jürgen Thiele im Rahmen eines Forschungsprojektes zusammen. . Beim “Brain Painting” übersetzt ein Computerprogramm Hirnströme in Formen und Farben, erläuterte er. Ein roter Kreis, ein blaues Viereck, gelb-schwarze Quadrate oder weiße Perlen fügen sich zu einer Aussage. Grundlage des Programms sei die Biotechnologie Brain-Computer-Interface (BCI), die als Schnittstelle zwischen Gehirn und Computer fungiere. Mittels Elektroden würden die Hirnströme an den Computer übermittelt und elektronische Signale in Bilder umgewandelt. Dem Künstler stünden auf einem Monitor unterschiedlichen Malwerkzeuge wie zum Beispiel Formen, Pinselgrößen und Farben zur Verfügung. Er habe 48 Befehle mit Pausen-Funktion zur Auswahl, auf die er sich konzentrieren kann. Immer wieder blinken die Symbole auf und lösen einen Reiz im Gehirn aus. Der Computer registriere den Reiz und wähle das gewünschte Malwerkzeug aus. Das Würzburger Forschungsteam arbeitet an der Weiterentwicklung des Brain-Painting-Programms.
Jürgen Thiele konnte aufgrund seiner Krankheit nicht selbst an der Ausstellungseröffnung teilnehmen. Seit Herbst 2013 ist der Künstler vollständig gelähmt. Er hat keine Möglichkeit mehr, sich über die Motorik auszudrücken. „Brain Painting war meine Rettung – damit bin ich nicht mehr gefangen und werde noch lange malen können, weil es meine Gedanken immer geben wird“, sagte Thiele bei einer zwei Jahre zurück liegenden Ausstellungseröffnung in Königs Wusterhausen.
Ausstellungskurat Herbert Schirmer hielt die Laudatio auf den Künstler. Die Bilderschau in Lübben mache deutlich, dass Jürgen Thiele die Idealbesetzung für das Brain-Painting-Programm sei, weil er als ehemaliger Architekt schon immer mit geometrischen Formen und mit Farben gearbeitet habe. Er würdigte das künstlerische Schaffen von Jürgen Thiele.
Foto: LDS-Pressestelle, Ausstellungseröffnung „malerei digital“ von Jürgen Thiele