„Der Klimawandel bedroht die historischen Gärten in ihrem Charakter als Kunstwerk.“ Das ist das Fazit aus den aktuellen Beobachtungen und Untersuchungen, das Michael Hörrmann, der Vorsitzende des Vereins Schlösser und Gärten Deutschland e.V., bei einem Pressegespräch in Schloss Branitz am 6. November zog. Gemeinsam mit Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz hatte Schlösser und Gärten Deutschland e.V. eingeladen, um auf die Bedrohung des gartenkulturellen Erbes in Deutschland durch den Klimawandel hinzuweisen.
Dazu teilte die Stiftung Museum Park und Schloss Branitz weiter mit:
Die Besetzung des Rednertischs war hochkarätig: Neben Michael Hörrmann sprachen Gert Streidt, Direktor der Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz, Claudius Wecke, Gartenleiter Park Branitz, sowie Fürst Alexander zu Sayn-Wittgenstein, 2. Vorsitzender des Vereins Schlösser und Gärten Deutschland, Vorsitzender der Stiftung der Deutschen Burgenvereinigung und Vorsitzender Europa Nostra Deutschland.
Dramatische Folgen des Klimawandels für historische Park- und Gartenanlagen
Die zunehmend heißen und trockenen Sommer hinterlassen deutlich sichtbare Spuren in den großen Gärten. Tote Äste und abgestorbene Bäume werden immer deutlicher im Erscheinungsbild vor allem der Landschaftsgärten – und dabei sind vor allem auch die angestammten alten Bäume mitbetroffen, die Baumriesen, die in manchen Fällen seit der Anlage des Gartenkunstwerks im späten 18. oder im 19. Jahrhundert das Bild des Gartens prägen. „Es sind tatsächlich vor allem die großen historischen Landschaftsgärten, die schon jetzt sehr deutlich die Schädigungen zeigen“, erklärt Michael Hörrmann. Durch den Klimawandel entstehen Schäden in den historischen Gärten, die einen massiven Verlust am kulturellen Erbe befürchten lassen, wenn nicht sofort durch zusätzliche Pflegemaßnahmen, durch verstärkte anlagengenetische Forschung und die Entwicklung neuer Methoden zu Erhaltung und Betreuung gegengesteuert wird. Diese Herausforderungen seien kein regionales Phänomen, sondern in allen Schlösserverwaltungen Deutschlands bereits bedrohliche Realität. Und die Veränderungen seien kein kurzfristiges Phänomen, sondern ein Schritt in einer seit Jahren zu beobachtenden Entwicklung.
Die aktuelle Situation im Park von Schloss Branitz
Im Verlauf des Jahres 2019 stellten die Parkverantwortlichen ein ungewöhnlich hohes Maß an kranken Bäumen im Branitzer Park fest. Untersuchungen durch den Pflanzenschutzdienst des Landes Brandenburg ergaben neue Krankheitsbilder an einigen Baumarten. So wurde die sogenannte „Komplexkrankheit“ an Rotbuchen und Stieleichen, beides Hauptbaumarten des Branitzer Parks, nachgewiesen. Ein anschließendes Monitoring durch einen Sachverständigen für Arboristik und Gehölzmanagement registrierte, dass die Anzahl der geschädigten Bäume innerhalb weniger Wochen weiter rapide zunahm. Neben der Baumkontrolle aller Parkbäume werden bei diesem Monitoring auch abiotische Faktoren wie Grundwasser, Klima und Boden analysiert. Die Auswertung ist noch nicht abgeschlossen.
„Die Entwicklung der Vitalität unserer Baumbestände führt uns zwingend vor Augen, dass wir uns am Beginn eines schwerwiegenden Entscheidungsprozesses befinden. Wenn diese Entwicklung weiter fortschreitet, dann steht unseren leicht veränderbaren Gartenkunstwerken wie dem Branitzer Park eine sehr schwierige und unsichere Zukunft bevor,“ warnt der Parkleiter des Branitzer Parks, Claudius Wecke.
Dass der Umgang mit dem Klimawandel und seinen Folgen den Aufwand beträchtlich erhöhen wird, den es braucht, um die historischen Gärten als Kunstwerke zu erhalten, ist das Fazit, das Michael Hörrmann aus dem aktuellen Kenntnisstand zieht: „Der Klimawandel schädigt die Gartenkunstwerke zusätzlich. Wir alle müssen daher im Umgang mit den Denkmalen noch vorsichtiger und sensibler werden. Der Klimawandel stellt eine neue Herausforderung für Erhalt und Vermittlung dar. Das bedeutet auch mehr Einsatz: Künftig werden zusätzliche Mittel und Stellen notwendig werden.“
Schlösser und Gärten Deutschland e.V.
Der Verein Schlösser und Gärten Deutschland e.V. – die bisher einzige bundesweite Vereinigung staatlicher und nichtstaatlicher Besuchermonumente – versteht sich als Zusammenschluss der großen, prägenden Schlösser, Burgen, Klöster und Gärten in Deutschland. Inzwischen gehören ihm die staatlichen, kommunalen und privaten Betreiber/Besitzer von rund 340 Monumenten mit ca. 16 Mio. jährlichen Besuchern an, sowie einige Organisationen, wie die Deutsche Burgenvereinigung, die Aktionsgemeinschaft privates Denkmaleigentum, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur oder die Deutsche Burgenstraße. In einem aktuellen Positionspapier hat der Verein grundsätzliche Thesen zusammengefasst. Die Aufgabe, auf die besondere Situation der Denkmaleigentümer hinzuweisen, steht dabei aktuell im Zentrum. Dabei richtet sich der Blick sowohl auf Privatpersonen als auch Institutionen der öffentlichen Hand, kommunal oder staatlich. Die Mitglieder sind, so das Positionspapier: „Besitzer und Bewahrer der prägenden öffentlich zugänglichen Schlösser, Burgen, Klöster und Gärten Deutschlands“. Ihr gemeinsames Ziel: in Achtung vor dem Denkmalwert und der wissenschaftlichen Bedeutung die Monumente als Bestandteile des europäischen und des deutschen kulturellen Erbes zu erhalten. Ebenso sieht man im Verein Schlösser und Gärten Deutschland e.V. eine prominente Aufgabe darin, in kultureller und touristischer Verantwortung der eigenen Region gegenüber, die Monumente allen Interessierten zugänglich machen.
Der Pressetermin in Schloss Branitz ist ein gemeinsames Projekt von Schlösser und Gärten Deutschland e.V. und Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz.
Red./Presseinfo
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