Das Menschenrechtszentrum Cottbus, ein Verein, dem damals wie heute mehrheitlich ehemalige politische Gefangene der DDR, die im Zuchthaus Cottbus einsaßen, angehören, wird dieses Jahr 10 Jahre alt. Dies ist ein Grund zu feiern. Aus diesem Anlass sind Samstag, dem 17. Juni, ab 15:00 Uhr die Tore der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus (Bautzener Straße 140), die der Verein als Eigentümer betreibt, für die Öffentlichkeit kostenlos geöffnet.
Als sich am 31. Oktober 2007 das Menschenrechtszentrum Cottbus gründete, konnte kaum einer die rasante Entwicklung dieses Vereins ahnen. Die Gründer hatten eine Vision: Aus dem einstigen berüchtigten Zuchthaus Cottbus eine Gedenkstätte zu schaffen, in der sowohl über das begangene Unrecht als auch über Menschenrechte gesprochen wird. 2011 kaufte der Verein mit Hilfe des Landes Brandenburg und von Spendern das brach liegende und ruinöse Gefängnis, bestehend aus 22.000 qm und sieben Gebäuden. Nach der einjährigen Sanierung des ehemaligen Hafthauses 1 konnte nun der Verein als Eigentümer und Betreiber 2012 die Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus eröffnen. Ende 2013 folgte dann die Eröffnung der Dauerausstellung „Karierte Wolken – politische Haft im Zuchthaus Cottbus 1933 – 1989“, die viel Anerkennung in der Fachwelt, bei Besuchern und Zeitzeugen gefunden hat. Der Weg war bis heute steinig. Mit Unterstützung vieler ehemaliger Häftlinge, Bürger, zahlreicher Firmen, Institutionen, des Bundes, des Landes Brandenburg und der Stadt Cottbus ist eine einmalige Gedenkstätte geschaffen worden, die in Häftlingshand ist. Im ehemaligen Unrechtsort, in dem Tausende junger Männer zu Unrecht einen Teil ihrer Jugend verloren, ist ein Menschenrechtszentrum entstanden. Für seine Arbeit hat der Verein bereits in dieser kurzen Zeit sechs Auszeichnungen erhalten, zuletzt 2016 den Brandenburger Freiheitspreis. „Seit seiner Gründung ist Ziel unseres Vereins, nicht mit Hass auf das erlittene Unrecht zurück zu blicken, sondern zu erinnern, zu mahnen, damit dies nie wieder auf deutschem Boden passiert und einen Beitrag zur Versöhnung zu leisten. Aus diesem Grunde ist es für uns sehr bedeutend, Mitglied der weltweiten Nagelkreuzgemeinschaft zu sein, die für Versöhnung eintritt,“ sagt der Vereinsgründer und ehemalige politische Häftling, Dieter Dombrowski.
Zum 10. Geburtstag des Vereins werden zahlreiche Akteure der ersten Stunde anwesend sein. Besucher haben die Möglichkeit sich mit der Dauerausstellung und zahlreichen anderen Sonderausstellungen, Filmen, Aktionen für die Menschenrechte und Gesprächen über die Arbeit des Vereins und der Gedenkstätte zu informieren. Darüber hinaus stehen folgende Angebote auf dem Programm:
15:30 „Zeitenwende-Lebenswende“, Lesung mit dem Schauspielerehepaar Claudia Wenzel und Rüdiger Joswig
Die beiden Schauspieler reflektieren mit der Lesung ihre Erfahrungen aus der DDR, aus der Umbruchszeit 1989/90 und im vereinigten Deutschland und ziehen nach 27 Jahren der Wiedervereinigung eine sehr persönliche Bilanz, die weit über das Private hinausgeht.
17:00 „China: Supermacht, aber ohne Menschenrechte“, Vortrag und Diskussion mit Hubert Körper, (Internationale Gesellschaft für Menschenrechte) und Frau Xu Hui. Sie ist eine Zeitzeugin, die selbst die Hölle im berüchtigten Masanjia Zwangsarbeitslager in der Provinz Liaoning hautnah erlebt hat. Sie wurde wegen des Übens der Meditationspraktik Falun Gong verhaftet und ohne Gerichtsurteil für zwei Jahre im Zwangsarbeitslager interniert. Dort erlitt sie unvorstellbare Folterungen – Zwangsernährung mit Senföl, Elektroschocks, Aufhängen an den Armen, Anketten an ein Eisenbett für mehrere Tage, Prügel, Fußtritte, Beschimpfungen und Verleumdungen. Auch Bluttests und Organuntersuchungen wurden zum Zwecke der Organentnahmen an ihr vorgenommen. Nach zwei Jahren Martyrium wurde sie schließlich mit 40 Kilogramm Körpergewicht todgeweiht als Krüppel entlassen. Mithilfe des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen (UNHCR) konnte sie später über einen Drittstaat nach Deutschland ausreisen. Frau Xu wird über ihr Schicksal berichten.
Um 15:30 und um 17:00 Uhr können interessierte Besucher an einer einstündigen Führung durch die Gedenkstätte teilnehmen. Der Liedermacher und ehemalige politische Häftling Detlef Jablonski begleitet während des Tages die Veranstaltung musikalisch.
pm/red