Am Dienstag, 15. Juli 2014, hat Cottbusverkehr den nunmehr vierten Langläufer fertiggestellt und damit den Grundstein zur Serienproduktion moderner Straßenbahnen gelegt.
„Das Projekt Langläufer ist eine Herzensangelegenheit der Cottbusverkehr GmbH, welches im Jahr 2011 auf Eigeninitiative ins Leben gerufen wurde“, berichtet Geschäftsführer Jörg Reincke. Da die Anschaffung von Neufahrzeugen äußerst kostspielig, das Durchschnittsalter der Bahnen aber gleichzeitig sehr hoch ist, war Cottbusverkehr gezwungen, eine Lösung zu finden. „Intensiv haben wir deshalb nach einer Möglichkeit gesucht, um den Spagat zwischen der finanziell unmöglichen Neuanschaffung und dem schlechten Zustand der Fahrzeuge zu meistern“, so Reincke weiter. Die Modernisierung zu Langläufern stellt zwar keine dauerhafte Alternative zum Kauf neuer Straßenbahnen dar, ist vorübergehend aber eine umweltfreundliche und kostengünstigere Lösung.
Um eine Straßenbahn vom Typ KTNF6 zu einem modernen Langläufer umzubauen, sind eine exakte Planung von Material und Ressourcen, ein genaues Controlling der vorgesehenen Modernisierungsmaßnahmen sowie ein sehr gut ausgebildetes und motiviertes Werkstattpersonal notwendig. Ebenso ist die enge Zusammenarbeit aller beteiligten Gewerke wichtig. Dies sind unter anderem:
– Getriebe-, Elektro- und Aggregatewerkstatt
– Karosserieinstandsetzung
– Drehgestellaufarbeitung
– Lackiererei
– Technologie
– Marketing
– externe Firmen und Zulieferer
Alles in allem dauert das Modernisierungsprogramm – vom Entfernen des alten Lackkleides bis zur ersten Probefahrt – etwa ein halbes Jahr. Insgesamt leisten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Straßenbahnwerkstatt währenddessen rund 4.500 Arbeitsstunden. Dabei verbrauchen sie ca. eine Tonne Sand zur Aufarbeitung der gesamten Karosserie und später rund 60 kg Farbe für den neuen Anstrich. Außerdem werden so viele Meter Kabel neu verlegt, dass damit fast ein ganzes Fußballfeld umrandet werden könnte. Auch im Fahrgastraum finden umfangreiche Veränderungen statt. Neben dem Boden, den Seitenwänden und der Decke, werden auch die Haltestangen, Treppen und Sitze erneuert. Berücksichtigt werden dabei vor allem die Bedürfnisse mobilitätseingeschränkter Personen, Pendler und junger Familien. So finden im geräumigen und offenen Mittelteil Rollstühle oder Rollatoren, Gepäck und Kinderwagen ihren Platz. Moderne Fahrgastinformationssysteme mit LED-Technik, ein großer Liniennetzplan und die ausfahrbare Rampe erhöhen den Komfort und steigern die Fahrgastsicherheit beim Ein- und Ausstieg. „Jeder einzelne Teilschritt ist wichtig und trägt zum Erfolg der Maßnahme und zur Qualitätsverbesserung bei“, fasst Reincke zusammen. Schwerpunkte des umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungsprozesses:
– Aufarbeitung der gesamten Karosserie mit Teilsandstrahlung
– Neugestaltung des Fahrgastraumes (durchgehender Fußboden, neue Seitenwände, moderne Deckengestaltung, neue Faltenbalgverkleidung und Haltestangen aus Edelstahl, neue Bestuhlung, neue Treppen)
– Einbau moderner Fahrgastinformationssysteme und eines zweiten Fahrscheinautomats
– Erneuerungsarbeiten in Bereich der Fahrerkabine einschließlich des Fahrersitzes
– Sicherung des für den weiteren Betriebseinsatzes wichtigen Baugruppen, die Brems- und Fahrzeugsteuerung, statischer Umrichter und Gelenkübergänge
– Aufarbeiten der gesamten Fahr- und Laufwerke (inklusive Ultraschall und Magnetpulverprüfung der Achsen)
Aktuell hat Cottbusverkehr 21 Straßenbahnen, von denen inklusive der heute fertiggestellten schon vier zu Langläufern modernisiert wurden. Jährlich kommen ein bis zwei weitere Fahrzeuge hinzu. Die Modernisierung findet immer in Zusammenhang mit einer großen Inspektion statt. Diese erfolgt planmäßig alle acht Jahre und ist vergleichbar mit dem TÜV für Autos.
Insgesamt möchte Cottbusverkehr in den nächsten Jahren bis zu 16 Straßenbahnen zu Langläufern umbauen. Nach der Modernisierung können diese dann bis zu 16 Jahre „lang laufen“.