Im Juli und August bereichert die kleine, aber feine Kopfstudie von der Hand Cranachs d. Ä. die Ausstellung „HERRSCHAFTSZEITEN! Adel in der Niederlausitz“. Dargestellt ist ein Graf – der erste aus der Familie derer zu Solms, der die Niederlausitzer Herrschaft Sonnewalde in Besitz nahm. Das war im Jahr 1537, bis 1945 gab es die Grafen zu Solms in Sonnewalde.
Der dargestellte Philipp zu Solms-Lich stammte aus reichsunmittelbarem Adel mit Stammgütern in Hessen. Der katholische Graf stand bei Kaiser und Reich in großem Ansehen. Als kaiserlicher Rat war er für Maximilian I. (1459-1519) und Karl V. (1500-1558) tätig. Als Ratgeber und Diplomat diente er 1506 bis 1514 auch dem sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise (1463-1525), für den er die Veste Coburg verwaltete.
Und warum Sonnewalde? Das 16. Jahrhundert war das Zeitalter der Reformation – die Konfessionsfrage war ausschlaggebend. Sonnewalde war im Besitz der Brüder von Minckwitz, frühe Anhänger Martin Luthers. Ihr Lehnsherr, Herzog Georg der Bärtige von Sachsen (1471–1539), war jedoch ein entschiedener Gegner Luthers. Er weigerte sich, den aufmüpfigen Herren von Minckwitz das Lehen über die Herrschaft zu erneuern und zwang sie so zum Verkauf.
Der neue Besitzer, Philipp zu Solms, hielt sich selbst in Sonnewalde vermutlich nur selten auf. Er starb 1544 in Frankfurt/Main. Auch sein Enkel Friedrich Magnus (1521-1561), der Sonnewalde erbte und kurfürstlich-sächsischer Hofmarschall war, lebte nicht vor Ort.
Lucas Cranach d. Ä. war einer der bedeutendsten Maler der deutschen Renaissance. Der sächsische Kurfürst Friedrich berief Cranach 1505 als Hofmaler nach Wittenberg. Einer der Cranach-Mitarbeiter in Wittenberg war der Maler Hans Döring (um 1483-1559), den wiederum der Graf zu Solms zu seinem Hofmaler bestellte. Vielleicht war Döring im Besitz der höchst eindrucksvollen Kopfstudie. In der Praxis der Cranach-Werkstatt war es nicht unüblich, für Porträts sogenannte Bildnisstudien anzufertigen, die eine spätere Wiederverwendung erlaubten. Dafür wurden Papier oder Pergament benutzt. Die Studie des Grafen ist zu einer Darstellung des Heiligen Sebastian auf der Innenseite eines noch in Eichstätt erhaltenen Altarflügels Cranachs benutzt worden. Den gleichen Kopf zeigen zwei weitere, in dasselbe Jahr datierte Bildnisse von der Hand Dörings.
Die Ölstudie auf Papier wird aus dem Bautzener Museum ausgeliehen, das innerhalb seiner reichen Bestände auch über mehrere Cranach-Arbeiten verfügt.
HERRSCHAFTSZEITEN! Adel in der Niederlausitz.
Schloss Branitz
Robinienweg 5, D-03042 Cottbus
Zeitraum: 09. Mai – 31.Oktober 2014
Öffnungszeiten: täglich 10.00 – 18.00 Uhr
Eintritt: 5,50 Euro, ermäßigt 4 Euro
BEGLEITPROGRAMM
Sonderführung mit Stiftungsdirektor Gert Streidt
25. Juni 2014 und 10. September 2014
jeweils um 14:00 Uhr / Schloss Branitz
EINTRITT: 5,50 + 2,00 €; ermäßigt: 4,00 € + 2,00 €
Nächste Kuratorenführungen mit Dr. Simone Neuhäuser
6. September 2014, um 12:00 Uhr
15. September 2014, um 15:00 Uhr
11. Oktober 2014, um 15:00 Uhr
Schloss Branitz
EINTRITT: 5,50 + 2,00 €; ermäßigt: 4,00 € + 2,00 €
Zum Ausstellungsthema
Eine Premiere in Branitz und der Lausitz! Erstmals präsentiert eine Ausstellung im Schloss Branitz die „wahren Herrscher“ der Region. Vom ausgehenden Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert lag die Niederlausitz als Grenzland fernab vom jeweiligen Landesherrn. Das Markgraftum gehörte zunächst zum Königreich Böhmen, dann zum Kurfürstentum Sachsen und schließlich zu Brandenburg. Die Schwäche der Landesherrschaft eröffnete dem Adel viel Spielraum zur freien Entfaltung. Er herrschte fast unbeschränkt auf seinen Gütern.
Bereits in böhmischer Zeit entstanden die HERRSCHAFTEN der Niederlausitz, große Adelsbesitzungen mit einem zentralen Ort und mehreren Dörfer und Vorwerken, die heute teilweise in Polen liegen – Lübbenau, Sonnewalde, Lieberose, Drehna, Straupitz, Forst, Pförten (Brody) oder Sorau (Żary). Wie „kleine Fürsten“ regierten die Standesherren ihre Untertanen. Mehr als die Hälfte der Niederlausitz gehörte zu einer adligen Standesherrschaft.
Die Kuratorin Dr. Simone Neuhäuser hat nach monatelangen Recherchen über 100 Exponate, wie Gemälde, Grafiken und Mobiliar, aus sechs Jahrhunderten zusammen getragen, die auf 470 qm Ausstellungsfläche präsentiert werden.
Politik-, Kultur- und Selbstverständnis der „kleinen Fürsten“ stehen im Mittelpunkt der Ausstellung im Schloss Branitz und gewährt einen Blick auf diese wenig bekannte Geschichte der Niederlausitz zwischen Böhmen, Sachsen und Brandenburg-Preußen.
Europäischer Parkverbund Lausitz
Die deutsch-polnische Ausstellung „HERRSCHAFTSZEITEN! Adel in der Niederlausitz“ ist Teil der grenzüberschreitenden 2. Verbund-Ausstellung des Europäischen Parkverbundes Lausitz. In Forst (Lausitz) erfährt man ab September 2014 mehr über sieben Jahrhunderte Standesherrschaft Forst-Pförten zwischen Böhmen, Sachsen und Preußen bei der Schau „Herrenzeiten“. Wer nach dem Besuch der Branitzer Ausstellung die Lausitz und ihre Herrschaften weiter erkunden will, wird auch in den Dauerausstellungen und den Parks in Bad Muskau/ Łęknica und in Brody (ehemalig Pförten) fündig. Seit 2010 sind Park & Schloss Branitz, der Muskauer Park/Park Mużakowski, der Ostdeutsche Rosengarten Forst und der Schlosspark Brody im Europäischen Parkverbund Lausitz vereint.
Weitere Informationen unter: www.parkverbund.eu