In Zukunft mehr strukturbestimmende Branchen
Die Ergebnisse der 5. gemeinsamen Konjunkturumfrage der IHKs Cottbus und Dresden für die Lausitz im Herbst 2015 bestätigen der Lausitzer Wirtschaft eine stabile – hauptsächlich von der Binnenkonjunktur getragene – Verfassung. Die Geschäftserwartungen für die nächsten Monate sind branchenübergreifend eher von Zurückhaltung geprägt.
Die Hauptgeschäftsführer der IHKs Cottbus und Dresden, Dr. Wolfgang Krüger und Dr. Detlef Hamann, stellten am 19.11.2015 in Geierswalde die Ergebnisse der fünften gemeinsamen Konjunkturumfrage für die Lausitz vor. Der Wirtschaftsraum Lausitz verbindet beide Kammerbezirke über die Grenzen Brandenburgs und Sachsens hinweg. An der Umfrage beteiligten mehr als 600 Unternehmen aus Industrie, Bauwirtschaft, Groß- und Einzelhandel, Verkehr und dem Dienstleistungsgewerbe aus den Landkreisen Bautzen, Görlitz, Elbe-Elster, Oberspree-wald-Lausitz, Spree-Neiße und der Stadt Cottbus.
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Diskussionen um die Zukunft der Lausitz, insbesondere im Kontext der Braunkohleförderung und -verarbeitung, wurden die regionalen Unternehmen erstmals zu ihrer Abhängigkeit von der Braunkohle, alternativen Geschäftsfeldern und den Herausforderungen des Strukturwandels befragt.
Dabei wurde unter anderem deutlich, dass „jedes zweite befragte Unternehmen – quer durch alle Wirtschaftsbereiche – direkte oder indirekte Beziehungen zur Energie- und Braunkohlebranche als Auftraggeber besitzt. Das belegt, wie tiefgreifend der anstehende Strukturwandel in der Lausitz ist”, so Dr. Wolfgang Krüger, Hauptgeschäftsführer IHK Cottbus. „Die Lausitzer Unternehmen schätzen realistisch ein, dass für die wirtschaftliche Zukunft ihrer Region nicht nur eine einzige industrielle Alternative in Frage kommen kann, sondern sich die Basis weiter verbreitern wird und muss”, ergänzt Dr. Detlef Hamann, Hauptgeschäftsführer der IHK Dresden.
Konjunktur:
Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage belegen, dass die Lausitzer Wirtschaft eine stabile und überwiegend positive Geschäftslage verzeichnet. So gaben im Herbst 2015 insgesamt 46 % der befragten Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage mit „gut”, 44 % mit „befriedigend” und 10 % mit „schlecht” an.
Getragen wird die gute Geschäftslage hauptsächlich vom Binnenkonsum. So regen ein weiterhin niedriges Zins- und Inflationsniveau sowie die stabile Lage am Arbeitsmarkt und Einkommenszuwächse die privaten Konsumausgaben an.
Allerdings könnte die konjunkturelle Entwicklung leicht an Schwung verlieren, wie die aktuellen Prognosen der Unternehmen belegen. So rechnen 12 % in den kommenden Monaten mit günstigeren Geschäftsverläufen, 67 % erwarten gleichbleibende und 21 % ungünstigere Geschäfte.
Für die künftige Entwicklung sehen die Betriebe ein beträchtliches Geschäftsrisiko in der Entwicklung der Arbeitskosten. Ebenso beeinträchtigen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen die konjunkturelle Entwicklung. Dazu gehören die zunehmende Bürokratie und Reglementierung ebenso wie das erschwerte Agieren auf einer Reihe von Außenmärkten. Inlands- und Auslandsnachfrage spielen ebenso eine entscheidende Rolle.
Das Investitionsklima zeigt sich leicht aufgehellt. So planen 21 % der Unternehmen steigende Investitionen, 56 % wollen ihr Investitionsengagement auf gleichem Niveau halten, 23 % planen rückläufige Investitionen. Haupteinflussfaktoren auf das Investitionsgeschehen sind nach wie vor Auftragsengpässe und wirtschaftpolitische Rahmenbedingungen. Dazu kommen anhaltende internationale Konflikte und die schwache Konjunktur in wichtigen EU-Ländern. Künftige Investitionen sind vor allem als betriebswirtschaftlich notwendige Ersatzbeschaffungen geplant, mit deutlichem Abstand folgen Investitionen in Rationalisierungsmaßnahmen.
Die Beschäftigungssituation zeigt sich mittlerweile seit dem Frühjahr 2014 fast unverändert stabil. 84 % der Befragten beabsichtigen, ihren Personalbestand beizubehalten bzw. aufzustocken, 16 % hingegen rechnen mit einer Reduzierung der Stellen.
Branchenbewertung:
Die Stimmung in der Industrie ist auf hohem Niveau stabil geblieben. 55 % der Betriebe berichten über eine gute Geschäftslage. Vor allem der Maschinenbau und die Papierindustrie konnten 2015 Umsatzzuwächse verbuchen. Die Prognosen der Industrie signalisieren einen eher moderaten Geschäftsverlauf, wobei vor allem auf die schwache Inlandsnachfrage verwie-sen wird. So rechnen 21 % mit sich verschlechternden Geschäften.
Das Baugewerbe kann auch 2015 bisher auf einen erfolgreichen Geschäftsverlauf verweisen. 50 % der Firmen berichten über eine gute Geschäftslage. Kostendruck und harter Preiskampf schmälern jedoch deutlich die Gewinne. Die Prognosen trüben vor allem saisonal bedingt ein, dennoch dürfte die Baunachfrage insbesondere der Öffentlichen Hand und privater Bauherren anhalten. 27 % prognostizieren schlechtere Geschäfte.
Der Handel beurteilt seine Geschäftslage überwiegend positiv (34 % „gut”). Der Einzelhandel profitiert dabei von der stabilen Lage am Arbeitsmarkt und den Einkommenszuwächsen. Dem Großhandel kommen dagegen die konjunkturellen Impulse aus Industrie und Bauwirtschaft zu Gute. Die Erwartungen sind überwiegend zuversichtlich. Trotz Weihnachts- und Jahresendge-schäft werden die Umsatzprognosen aber nach unten korrigiert. 21 % rechnen mit schlechteren Geschäften.
Das Dienstleistungsgewerbe verweist auf solide Geschäfte. 43 % melden eine gute Ge-schäftslage. Die Auftrags- und Umsatzentwicklung ist überwiegend zufriedenstellend verlaufen. Die unternehmensnahen Branchen profitieren von der gewerblichen Wirtschaft und die verbrau-cherbezogenen von der privaten Nachfrage. Dennoch sind die Prognosen eher vorsichtig. 19 % der Befragten erwarten schlechtere Geschäfte.
Zukunft des Wirtschaftsstandortes Lausitz:
Die Diskussionen um die Energiewende und die politische Entscheidung, den CO2-Ausstoß zu senken, hat zu einer erheblichen Verunsicherung in der regionalen Wirtschaft geführt. Hinzu kommen die Verkaufsabsichten für die Braunkohlesparte von Vattenfall. Neben der Abhängigkeit von der Kohlewirtschaft wurden in der IHK-Umfrage mögliche Alternativen für die Zukunft der Lausitz, Maßnahmen für die Bewältigung des Strukturwandels und Herausforderungen für das eigene Unternehmen abgefragt.
Das mit Abstand größte Potenzial (73 %) sehen die Unternehmen im Ausbau der Tourismuswirtschaft. Es folgt mit 47 % der Ausbau der Erneuerbaren Energien. 37 % sehen in der stofflichen Nutzung der Braunkohle weiterhin eine Zukunft als Energieregion Ostdeutschlands. Aber auch im Ausbau der Chemie- und Kunststoffindustrie (34 %), der Metallindustrie bzw. beim Maschinenbau (30 %) und der Ernährungswirtschaft (27 %) sehen die Unternehmen Alternativen für die industrielle Wirtschaftsstruktur der Lausitz.
Dass die Lausitz ein Imageproblem hat, sehen auch die Unternehmen der Region. 47 % plädie-ren daher für eine Vermarktung der Stärken der Region. Um den Strukturwandel zu bewältigen, muss die Infrastruktur ausgebaut werden (59 %), um so wirtschaftsfreundliche Rahmenbedin-gungen zu schaffen. Auch Förderstrukturen müssen verbessert werden, meinen 44 % der Un-ternehmen. Die Stärkung der Innovationskraft von Unternehmen als wichtige Rahmenbedingung steht mit 31 % erst an vierter Stelle.
Die Abhängigkeit Lausitzer Unternehmen von der Energiewirtschaft spiegelt sich in ihren künftigen Herausforderungen wider. 65 % sehen in der Neukundenakquise die größte Herausforderung, um den Strukturwandel zu meistern. 45 % erachten die Erschließung neuer Geschäftsfelder als Schwerpunkt. Immerhin 27 % wollen neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Eine Standortverlagerung innerhalb Deutschlands (4 %) oder in das Ausland (1 %) sehen die Unternehmer derzeit nicht als Alternativen. Keine Herausforderungen durch den Strukturwandel sehen nur 21 % der Betriebe.
Quelle: IHK Dresden, IHK Cottbus