Die Ereignisse um den Flugzeugabsturz der Germanwings-Maschine in der vergangenen Woche haben zu politischen Diskussionen über eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht geführt. Der Vorstand der Landesärztekammer Brandenburg (LÄKB) hält eine solche Lockerung für nicht tragbar.
„Wenn es zu einer Aufweichung der ärztlichen Schweigepflicht kommt, geht das Arzt-Patienten-Verhältnis verloren“ sagt Dr. Udo Wolter, Präsident der Landesärztekammer Brandenburg. Auch der Vizepräsident, Prof. Dr. Ulrich Schwantes, äußert Bedenken: „Die ärztliche Schweigepflicht darf nicht zur Disposition stehen oder aufgeweicht werden. Ein Patient muss sich darauf verlassen können, dass alles, was er seinem Arzt mitteilt, vertraulich ist. Mit anderen Worten: das grundlegende dem Arzt entgegen gebrachte Vertrauen darf nicht gefährdet werden. Es kann auch nicht zulässig werden, dass Ausnahmen, für welche Berufsgruppe auch immer, gemacht werden. Wenn Piloten oder wer auch immer wissen, dass bestimmte Aussagen nicht mehr der Verschwiegenheit unterliegen, werden sie diese eben nicht mehr machen, um keinen Nachteil zu erleiden. Und wo aufhören, wenn man mit den Piloten anfängt? Busfahrer? Lokführer? Taxifahrer? Oder gleich doch jeder PKW-Lenker? Alle, wirklich alle hätten das Potenzial, sogar wirklich große Katastrophen auszulösen. Die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen reichen aus, im Ausnahmefall, unter Abwägung der Rechtsgüter, vom Schweigegebot abzuweichen.“
Aus Sicht von Dipl.-Med. Sigrid Schwark, Vorstandsmitglied der LÄKB, sollten die Kriterien der betriebsmedizinischen Untersuchung angepasst werden. Eine Aufweichung der ärztlichen Schweigepflicht befürwortet auch sie nicht.
Ähnlich äußert sich Dr. Renate Schuster, ebenfalls Vorstandsmitglied der LÄKB: „Die Diskussion um die ärztliche Schweigepflicht, die jetzt entstanden ist, finde ich richtig und wichtig. Betriebliche Kontrollen können und müssen sowohl die Interessen des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers berücksichtigen. Besonders in den Bereichen, in denen Menschen transportiert oder behandelt werden, müssen durch den Arbeitgeber feste Aktionspläne aufgestellt werden: was passiert im Falle, dass ein Mitarbeiter schwer erkrankt, welche Ausschlusskriterien greifen dann, bzw. wann und vor allem, welche Alternativen bietet man dem Mitarbeiter, damit dieser nicht aus Angst, seine Arbeit zu verlieren, Krankheiten verschweigt.“
Bezugnehmend auf das Statement des Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery (www.bundesaerztekammer.de), äußert sich Vorstandsmitglied Dr. Hanjo Pohle ebenfalls zu der Thematik: „Montgomery ist nichts hinzuzufügen, er hat alles Wesentliche benannt. Gerade die Politik ist es doch, die im Zweifelsfall den Arzt belangt, wenn er einmal ausversehen die Schweigepflicht verletzt.“
Die Diskussion war zustande gekommen, nachdem bekannt wurde, dass der Co-Pilot der verunglückten Germanwings-Maschine diese absichtlich zum Absturz gebracht haben soll und seit längerer Zeit an einer psychischen Erkrankung gelitten habe.
Quelle: Landesärztekammer Brandenburg