Der Cottbuser Kreiselternat fordert erneut den Rücktritt von Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst. In einem Schreiben an den Ministerpräsidenten Dietmar Woidke hat der Kreiselternrat nochmals seine Enttäuschung gegenüber dem Bildungsministerium geschildert, die bisher noch immer ungeklärten Fragen erneut angefügt sowie die klare Forderung nach einem Nachfolger für Britta Ernst geäußert. Laut dem Kreiselternrat werde man keinen Tag länger bereit sein, weiterhin die Konsequenzen für dieses politische Versagen zu übernehmen.
Der Kreiselternrat Cottbus teilte dazu mit:
Sehr geehrter Herr Dr. Woidke, sehr geehrte Landtagspräsidentin, sehr geehrte Landtagsmitglieder, vor mehr als anderthalb Jahren, am 18.03.2020, wurden die Schulen aufgrund des Coronavirus geschlossen. Diese Entscheidung war damals wegen fehlender Informationen über die Natur des Virus richtig und angemessen, auch wenn diese Verkündung alle an dem System „Schule“ Beteiligten – Politik, Schüler, Eltern und Lehrer – vor gewaltige Herausforderungen stellte.
Es wurden in weiterer Folge unter Beteiligung aller Betroffenen zahlreiche Lösungen entwickelt, um zumindest einen ansatzweise ordnungsgemäßen Schulbetrieb zu organisieren, die Bildung unserer Kinder zu gewährleisten und gleichzeitig die gesundheitlichen Risiken für die Schüler und Lehrer durch praktikable Maßnahmen zu minimieren. Durch die Einführung des Wechselunterrichts am 25.05.2020 konnte zumindest eine Perspektive aufgezeigt werden, die eine Entspannung der Situation versprach und eine gewisse Rückkehr zu einem normalen Alltagsleben in Aussicht stellte.
Diverse schulische Gremien und andere Interessierte, die das „Recht auf Bildung“ nicht nur als Lippenbekenntnis führen, sondern diesem Recht zum Durchbruch verhelfen wollen, hatten bereits vor den Sommerferien 2020 Konzepte eingefordert, die für den Fall erneuter Schulschließungen Orientierung und Planbarkeit hätten geben können. Es wäre die Pflicht der Bildungsministerin gewesen, ein solches zeitnah vorzulegen.
Bis Mitte Dezember 2020 war nichts dergleichen geschehen. Als Brandenburg am 14.12.2020 in einen neuerlichen Lockdown ging, wurde wiederum weder den Eltern, noch den Lehrern, noch den Schülern die Möglichkeit eingeräumt, sich rechtzeitig auf die veränderte Lage einzustellen. Was zu Beginn der letzten Schulwoche vor den Weihnachtsferien 2020 unausweichlich folgte, war ein Kommunikationschaos, das seinesgleichen sucht.
Die Ministerin hat uns Eltern in zahlreichen Reden und Stellungnahmen ihren Dank ausgesprochen. Wir dürfen freundlich darauf hinweisen, dass wir an warmen Worten gänzlich uninteressiert sind. Was wir stattdessen gebraucht hätten und worauf wir einen Anspruch haben, wären praktikable Antworten auf drängende Probleme. Auf diese Antworten warten wir seit Beginn dieses beispiellosen Chaos vor anderthalb Jahren noch heute. Grundsätzliche Fragen bleiben ungeklärt:
Wie soll es an den Schulen weitergehen? Wie soll der verpasste Unterrichtsstoff aufgeholt werden? Was passiert in den Ferien? Was passiert mit denjenigen Jungen und Mädchen, die unter den Folgen des Lockdowns psychisch gelitten haben und immer noch leiden? Wie wird den Lehrern geholfen, mit dieser komplexen Situation umzugehen? Warum haben einige Schüler immer noch keinen Laptop, obwohl das Ministerium diese Unterstützung im vergangenen Jahr vollmundig zugesagt hatte und sich dafür in Pressemitteilungen selbst gelobt hat? Und vor allem: Wann können wir mit einem Mindestmaß an Planbarkeit rechnen und welche Voraussetzungen müssen dazu erfüllt sein?
Genau diese Zeilen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, haben wir Ihnen am 18.03.2021 schon einmal gesendet. Bis heute gab es keine Stellungnahme auf diese Rücktrittsforderung, bis heute gab es keine Stellungnahmen auf all die anderen Schreiben, die wir Ihnen und dem Bildungsministerium gesendet haben. Vielmehr werden diese Schreiben zum Spielball von Zuständigkeiten und erinnern an „Asterix erobert Rom“ und der Suche nach dem Passierschein A38. Auch Antworten, die drei Monate später erfolgen, verfehlen ihre Wirkung, denn die Zeit ist nicht stehen geblieben. Erschreckend ist, dass diese Zeilen auch heute noch aktueller denn je sind.
Es ist nichts passiert! Rein gar nichts! Es gibt weder einen vernünftigen Corona-Plan, auf die zahlreichen Lösungsvorschläge seitens der diversen schulischen Gremien wurde nicht eingegangen, noch gibt es vernünftige Konzepte!
Unsere Kinder, Herr Dr. Woidke, haben ein Recht auf bestmögliche Bildung. Unsere Lehrer müssen in die Lage versetzt werden, diese Bildung ermöglichen zu können. Wir Eltern haben ein Recht auf zuverlässige Informationen; wir haben ein Recht, unseren Alltag planen zu können und wir dürfen zurecht, gerade in Krisenzeiten, erwarten, dass die Interessen unserer Kinder im Zentrum der Bemühungen des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport stehen.
Das Bild, was das Bildungsministerium seit anderthalb Jahren abgibt, ist schlichtweg inakzeptabel. Die fehlende Bereitschaft, die Beteiligten in angemessener Form einzubeziehen; die fehlende Bereitschaft, für Fehler Verantwortung zu übernehmen und sich zu entschuldigen; die offenkundige Ignoranz, was die Zustände in vielen Familien angeht und der permanente Schlingerkurs bei der Ankündigung und Umsetzung von Maßnahmen – das Verhalten der Bildungsministerin ist derart lebensfremd und absurd, dass es einem die Sprache verschlägt. Wir nehmen mit Fassungslosigkeit zur Kenntnis, dass die Ministerin offenbar auch weiterhin bereit ist, Kinder, Eltern und Lehrer sehenden Auges an den Rand der Verzweiflung zu treiben. Auch diese Zeilen dürften Ihnen aus unserem Schreiben vom 18.03.2021 sehr bekannt vorkommen, Herr Dr. Woidke.
Die nun ab dem 29.11.2021 geltende Aussetzung der Präsenzpflicht ist die Konsequenz des völlig verfehlten Krisenmanagements des MBJS und deren Ministerin, die nur reagiert, anstatt zu agieren. Was die Ministerin sehr wohl kann, ist die Verantwortung, die sie hätte übernehmen müssen, nur allzu gern an die Lehrkräfte, die Eltern und die Kinder weiterzureichen.
Wir wissen nicht, wodurch sich die Ministerin zu einem solchen Verhalten hinreißen lässt. Was wir aber wissen, ist, dass wir keinen Tag länger bereit sind, weiterhin die Konsequenzen für dieses politische Versagen übernehmen zu müssen.
Sehr geehrter Herr Dr. Woidke, sehr geehrte Landtagspräsidentin, sehr geehrte Landtagsmitglieder, aus all diesen Gründen fordern wir Sie erneut mit Nachdruck dazu auf, Bildungsministerin Ernst den Rücktritt nahezulegen und dieses so wichtige Amt mit einem geeigneten Nachfolger bzw. einer geeigneten Nachfolgerin neu zu besetzen.
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Red. / Presseinfo