Es gibt viele Argumente dafür, mit dem Rauchen aufzuhören: Die Fitness verbessert sich, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinkt, bei körperlicher Anstrengung fällt das Atmen leichter. Die meisten Raucher wissen um diese positiven Effekte, dennoch fällt es vielen schwer, mit dieser Gewohnheit aufzuhören. Viele Raucher verdrängen auch schlicht die Risiken, die mit dem Nikotingenuss einhergehen: Da sich die Folgen erst allmählich einstellen, tritt ein Gewöhnungseffekt ein – viele Raucher haben sich mit Symptomen wie Kurzatmigkeit und Husten schlicht arrangiert.
Das neuartige Corona-Virus rüttelt nun auf. Viele Raucher fragen sich besorgt, ob sie zur Risikogruppe zählen; ob die Veränderungen in ihrer Lunge sie anfälliger für einen schweren Verlauf der Krankheit Covid-19 machen. Generell lässt sich sagen, dass die Datenlage über das Corona-Virus für gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse noch zu ungenau ist. Nach aktuellem Stand gilt Rauchen als Risikofaktor, allerdings ist über das Virus aufgrund seiner Neuartigkeit bislang noch nicht genug bekannt, um mit Bestimmtheit sagen zu können, ob und wie Rauchen und eine erhöhte Anfälligkeit der Lunge zusammenhängen.
Mittelbar erhöhtes Risiko durch Rauchen
Erwiesen ist jedoch, dass Rauchen bestimmte Schädigungen der Lunge und Bronchien begünstigt. Beispielsweise leiden etwa 20 Prozent aller Raucher an COPD, einer chronischen Lungenerkrankung, die zu einer Verengung der Atemwege führt. Die typische Erscheinungsform ist eine chronische Bronchitis, mit permanentem Reizhusten und Kurzatmigkeit bei körperlicher Belastung. COPD gilt wiederum gesichert als Risikofaktor. Menschen, die an COPD leiden, tragen ein höheres Risiko, dass sie im Fall einer Infektion mit dem Corona-Virus einen schweren Krankheitsverlauf erleiden. Die neue Atemwegserkrankung verdeutlicht damit ganz konkret, wie wichtig es ist, gesundheitliche Risiken so weit wie möglich zu minimieren. Doch ganz allgemein werden ehemalige Raucher schon bald nach der letzten Zigarette die ersten Anzeichen dafür feststellen, dass sich ihre Fitness, ihr Wohlbefinden und damit ihre Lebensqualität deutlich verbessern. Motivationsfaktoren gibt es demnach viele, doch beim Rauchen handelt es sich um eine Sucht, was bedeutet, dass Körper und Geist mit Entzugserscheinungen reagieren, sobald die gewohnte Dosis Nikotin ausbleibt. Mögliche Symptome sind unter anderem gesteigerter Appetit, Reizbarkeit und Nervosität.
Schlusspunkt-Methode: Eine Herausforderung für Körper und Psyche
Viele Ratgeber zur Raucherentwöhnung empfehlen die “Schlusspunkt-Methode”, bei der man von jetzt auf gleich mit dem Rauchen aufhört. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass man seinen Vorsatz nicht immer wieder verschiebt, weil es gerade nicht passt – was in der Konsequenz häufig dazu führt, dass die Raucherentwöhnung auch nach Jahren noch nicht gelungen ist. Es zeugt sicherlich von einer außerordentlichen Selbstdisziplin, wenn man es schafft, die letzte Packung in den Müll zu werfen und fortan nie wieder zu einer Zigarette zu greifen. Doch Raucher, die sich angesichts der Corona-Pandemie angespornt fühlen, nun endlich den Nikotinentzug in Angriff zu nehmen, sollten den damit einhergehenden Stress nicht unterschätzen – egal, ob sie eher zur Gruppe der Genuss- oder der Stressraucher gehören. Denn beide Rauchertypen stehen vor einigen Herausforderungen.
Entwöhnungsstrategien für unterschiedliche Rauchertypen
Stressraucher: Nikotinzufuhr allmählich reduzieren
Stressraucher rauchen, wenn sie angespannt und nervös sind, wenn etwas nicht wie geplant funktioniert und sie eine Pause brauchen. Rauchen verringert Anspannung, Ängste und Langeweile. Die allgegenwärtigen Nachrichten über neue Infektionen und Todesfälle sowie die mit der Pandemie einhergehenden sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen sind jedoch ein permanenter Stressfaktor: Der Körper reagiert mit der Ausschüttung von Adrenalin, die Muskulatur verkrampft sich, der Magen auch. Wer nun seinem Körper ausgerechnet die Substanz entzieht, die Anspannung bisher zuverlässig reduziert hat, setzt sich damit einem weiteren Stressfaktor aus. Denn oft fehlen Methoden dafür, wie sich Körper und Geist aktiv entspannen lassen – der Griff zur Zigarette hat bislang ausgereicht. Mehr Stress und keine erprobten Strategien zur anderweitigen Stressreduktion: Die Methode, nur mit purer Willenskraft von jetzt auf gleich mit dem Rauchen aufzuhören, erscheint vor diesem Hintergrund nicht sehr aussichtsreich. Stressrauchern kann es beispielsweise helfen, eine Ersatzhandlung zu finden, die dem Nervensystem Entspannung signalisiert. Sinnvoll ist es, dem Körper das Nikotin nicht unmittelbar zu entziehen: Wenn alle Gedanken nur noch ums Rauchen kreisen, weil Körper und Geist nach der gewohnten Substanz verlangen, erscheinen die Einschränkungen des Alltags umso einschneidender. Kommen Entzugssymptome wie Kopfschmerzen, Gereiztheit oder Schlafstörungen hinzu, sind alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Rauchentwöhnung mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht gelingt. Bewährt und für Stressraucher gut geeignet sind Mittel, die dem Körper Nikotin in geringer Dosierung zuführen. Nikotinkaugummis wirken gleich zweifach: Das enthaltende Nikotin – üblich ist eine Konzentration zwischen 2 und 4 mg – reduziert die Wahrscheinlichkeit von psychischen und physischen Entzugssymptomen und das Kauen wirkt entspannend. Die Frequenz und die Konzentration der Nikotinzufuhr werden allmählich reduziert, sodass das vegetative Nervensystem nicht in einen Alarmzustand versetzt wird.
Genussraucher: Den Alltag neu strukturieren
Genussraucher wiederum verbinden mit einer Zigarette bestimmte Momente: Die Zigarette nach dem Essen, zum Feierabend, nach getaner Hausarbeit. Das Rauchen strukturiert den Tag und ist Belohnung für wenig geliebte Tätigkeiten. Auch für sie bedeutet ein abrupter Nikotinentzug Stress. Weniger, weil eine bewährte Entlastungsstrategie wegfällt, sondern weil die ersehnte Kompensation ausbleibt. Die Corona-Pandemie bedeutet ohnehin eine erhebliche Umstellung des Alltags – fehlt in dieser Phase auch noch der vertraute Zug an der Zigarette, laufen Genussraucher Gefahr, erhebliche Stresssymptome zu entwickeln, weil der Organismus mit den vielen gleichzeitigen Veränderungen überfordert ist.
Gemeinsam erfolgreich zum Nichtraucher
Allen Rauchern kann es helfen, sich auszutauschen und ihre Gewohnheiten zu reflektieren. Allgemein gilt eine begleitende Verhaltenstherapie oder ein Coaching in der Gruppe als sehr erfolgversprechend. Dabei erlernen Raucher Strategien und Methoden, den Alltag sinnvoll zu strukturieren, Stress anderweitig zu reduzieren und gesündere Formen der Selbstbelohnung zu finden. Zwar ist aufgrund der zurzeit geltenden Beschränkungen eine Therapie in den Praxisräumen behandelnder Psychologen nicht möglich, doch gibt es einige digitale Coaching-Angebote – zum Beispiel von Krankenkassen. Online sind diverse Informationsangebote zugänglich, die über die Ursachen und Auswirkungen der Nikotinsucht informieren und die Schritte hin zu einer vollständigen Entwöhnung beschreiben. Nicht zuletzt kann es sehr hilfreich sein, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen – seien es Bekannte, die ebenfalls mit dem Rauchen aufhören möchten, oder Freunde, die den Weg zum Nichtrauchen erfolgreich gemeistert haben. Denn nicht nur in Zeiten von Corona gilt: Herausforderungen lassen sich am besten gemeinsam meistern.