Wenn das Gepäck auf einem Flug gänzlich verloren geht, beschädigt wird oder erst Tage später ankommt, ist Urlaubsfrust vorprogrammiert. Welche Ansprüche Betroffene dann gegenüber dem Reiseveranstalter oder der Fluggesellschaft haben und wie sie vorbeugen können, erklärt Reiserechtsexpertin Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg.
Was müssen Urlauber tun, wenn sie ihr Gepäck nach der Landung gar nicht, beschädigt oder erst Tage später erhalten?
Sabine Fischer-Volk: „Eine Beschädigung oder das Fehlen von aufgegebenem Reisegepäck sollten Verbraucher am besten schriftlich anzeigen, sobald sie es bemerken. Dazu können sie sich direkt im Flughafen an den Lost-and-Found-Schalter wenden. Fotos von Schäden erleichtern spätere Ersatzansprüche. Bei einer Flugpauschalreise müssen Verbraucher auch die Reiseleitung vor Ort bzw. den Reiseveranstalter verständigen. Um Ansprüche geltend zu machen, müssen Betroffene Beschädigungen am Gepäck innerhalb von sieben Tagen nach Erhalt anzeigen, Verspätungen des Gepäcks innerhalb von 21 Tagen ab Erhalt.
Wer bezahlt den Kauf von Ersatzkleidung und Kosmetika, wenn das Gepäck nicht rechtzeitig ankommt?
Fischer-Volk: „Wer am Urlaubsort ohne Gepäck dasteht, erhält von der Fluggesellschaft ein Notfall-Set mit den wichtigsten Hygieneartikeln. Kosten für weitere notwendige Käufe wie eine Grundausstattung der dringendsten Kleidungsstücke kann er ebenfalls geltend machen. Pauschal-Reisende können dafür vom Reiseveranstalter sogar einen Kostenvorschuss verlangen.
Die zu erstattende Summe muss sowohl dem Charakter der gebuchten Reise als auch den Möglichkeiten vor Ort angemessen sein. So dürfen Kreuzfahrt-Urlauber unter Umständen mehr Geld ausgeben als Städte-Reisende mit vielfältigeren Shoppingangeboten. Zu den notwendigen Käufen können bei der gebuchten Trekkingreise aber auch hochwertige Wanderschuhe gehören oder ein schicker Anzug für die Strandhochzeit, wenn das eigentliche Ensemble für seinen Einsatz nicht zur Verfügung steht. Für eine Erstattung der angefallenen Kosten sind Kaufbelege unerlässlich.
Da der Urlauber dann über neue Sachen verfügt, wird der Reiseveranstalter beziehungsweise die Fluggesellschaft nicht den vollen Kaufpreis erstatten, sondern eine Verrechnung zwischen Neu und Gebraucht vornehmen (u. a. AG Köln, Urteil vom 11.01.2016, 142 C 392/14).“
Welche weiteren Ansprüche haben Urlauber gegenüber Fluggesellschaft und Reiseveranstalter?
Fischer-Volk: „Die Fluggesellschaft haftet bei Verschulden für das bei ihr aufgegebene Reisegepäck, das sich an Bord oder sonst in ihrer Obhut befindet. Der Zeitraum beginnt, wenn das Gepäck am Abfertigungsschalter auf die Waage gestellt wird, und endet mit der Wegnahme der Gepäckstücke vom Transportband. Die Haftung ist jedoch begrenzt auf derzeit 1.386 Euro je Reisenden, gegebenenfalls mit Abweichungen durch Umrechnungskurse. Wer wertvollere Gegenstände aufgeben will wie ein Surfbrett oder eine Golfausrüstung, sollte vor der Flugreise gegen Zahlung eines Zuschlages eine Wertdeklaration bei der Fluglinie vornehmen. Dann muss die Fluggesellschaft bei Verlust des Gepäckes Schadenersatz bis zum deklarierten Wert erstatten, die genannte Haftungsgrenze gilt nicht.
Außerdem kann der Pauschalurlauber für jeden Reisetag, an dem das Gepäck nicht oder nicht vollständig zur Verfügung steht, den Tagesreisepreis um etwa 20 bis 50 Prozent mindern. Auch eine Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit muss der Veranstalter zahlen, wenn der Urlauber statt sich zu erholen nach dem Verbleib seines Gepäcks recherchieren muss.“
Wann können Fluggesellschaft oder Reiseveranstalter Ansprüche der Urlauber ablehnen?
Fischer-Volk: „Haben Urlauber zum Beispiel im aufgegebenen Gepäck empfindliche Sachen wie etwa eine Videokamera oder ein Laptop verstaut, dann bestehen keine Ansprüche auf Entschädigung, wenn diese nicht bruchsicher verpackt worden sind und daher den Transport nicht schadlos überstanden haben. Solche Gegenstände sollten Reisende besser im Handgepäck mit an Bord nehmen.“
Bei Fragen hilft die Verbraucherzentrale individuell:
– persönliche Verbraucherberatung, Terminvereinbarung unter 0331 / 98 22 999 5 (Mo bis Fr, 9 bis 18 Uhr) oder online unter www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/termine,
– telefonische Beratung unter 09001 / 775 770 (Mo bis Fr, 9 bis 18 Uhr,
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