Fußball ist in vielen Ländern auf der Welt die Volkssportart schlechthin. England gilt als legitimes Mutterland dieser Sportart und ist sinnigerweise auch der Ort, an dem derzeit die meisten Summen für professionelle Kicker hin und her geschoben werden.
Der Fußball erlebte gerade in der Mitte des 20. Jahrhunderts einen kometenhaften Aufstieg und einen Popularitäts-Boost, wie es ihn bei kaum einer anderen Sportart je gegeben hat. Die Internationalisierung des Fußballs durch länderübergreifende Wettbewerbe war ein Schlüsselfaktor, der dem Vereinsfußball bis heute seinen besonderen Reiz verleiht. In der Champions League (früher: Europapokal der Landesmeister), die im Jahr 1992 im aktuellen Format ihre Premiere feierte, duellieren sich die besten Clubs Europas um den begehrten „Henkelpott“. Im Laufe der Zeit hat sich dieser Wettbewerb stark verändert. Beispielsweise wurde das frühere K.o.-System durch die heute übliche Gruppenphase abgelöst. Auf diese Weise finden mehr Begegnungen statt und das Turnier gewinnt an Spannung.
Seinen beispiellosen Siegeszug hat der Sport sicherlich auch seiner Einfachheit zu verdanken. Während in anderen Sportarten bestimmte, teils kostenintensive Ausrüstung erforderlich ist, glänzt der Fußball mit Minimalismus. Mehr als ein paar Schuhe und dem Spielgerät in runder Form sind bereits völlig ausreichend, um Kinder und Jugendliche oder auch Erwachsene den ganzen Nachmittag zu beschäftigen. Fußball ist also ein Sport, der einerseits von der Einfachheit der Ausrüstung lebt, bezieht seine Popularität andererseits aber ebenso durch klare und leicht verständliche Regeln. Fußball ist somit ein „Sport des Volkes“.
Die Loyalität als wesentliche Charaktereigenschaft
Ein weiterer wichtiger Faktor, der den Fußball auf den Thron der weltweit beliebtesten Sportarten katapultiert hat, ist die Identifikation der Fans mit den Vereinen. Viele Clubs waren in ihrer Anfangszeit eine Anlaufstelle für die „Arbeiterklasse“ und waren daher ein wichtiger sozialer Faktor. Die Anhänger konnten sich selbst wiedererkennen im hart kämpfenden, sich aufopfernden Fußballer, der jedem Ball hinterherrennt, für seinen Verein und die dazugehörigen Fans bis an die Schmerzgrenze geht und nach dem Spiel völlig erschöpft, ausgelaugt, dreckig und von Fouls der Gegenspieler gezeichnet vom Feld humpelt.
Mit dieser Mentalität konnten sich die ebenfalls hart arbeitenden Anhänger identifizieren, die den ganzen Tag einem körperlich intensiven Job nachgingen und sich von ihrem spärlichen Lohn eine Eintrittskarte zusammensparten, um ihre Helden auf dem Fußballfeld ebenso kämpfen zu sehen. Nicht selten war und ist es in den Augen vieler Fans sogar wichtiger als der Sieg, wenn die Spieler des geliebten Vereins den Eindruck vermittelten, alles in ihrer Macht stehende auf dem „Schlachtfeld“ versucht zu haben, um ihrem Verein alle Ehre zu machen.
Außerdem spielte die Loyalität eine große Rolle. Spieler, die durch das Ausschlagen anderer Angebote ihrem Verein die Treue ebenso hielten, waren bei den Fans hoch angesehen. Jemand, der der erstbesten Verlockung nachgab, galt als Verräter, als Opportunist, Söldner und Ausgestoßener. Oftmals waren oder sind in einem solchen Fall die Verdienste dieses Spielers um den Klub nichtig.
Fußballer heutzutage – noch immer Männer des Volkes?
Im Laufe der Zeit allerdings hat sich das Bild ein wenig gewandelt. Der Fußball hat sich zunehmend professionalisiert. Die einstigen Männer des Volkes werden heutzutage gerne argwöhnisch beäugt. Der Grund dafür ist in der Explosion der Gehälter und Ablösesummen zu suchen. Opportunismus wird in Reinform zelebriert. Die Spieler von heute spielen in ihrer 15-jährigen Karriere für rund zehn Vereine, umgeben sich mit hübschen Spielerfrauen und posieren mit teuren Sportwagen. So empfindet es oftmals der „normale“ Fußballfan.
Auf diese Weise entfernen sich die Stars immer mehr von ihren Anhängern. Dem Durchschnittsverdiener, der hart arbeitend seine Familie ernähren kann, fällt es schwer, sich mit jemandem zu identifizieren, der am Tag mehr verdient, als er selbst im ganzen Jahr. Je weiter diese Schere auseinander driftet, umso häufiger keimt die Frage auf, ob solche astronomischen Summen überhaupt noch gerechtfertigt sind.
Millionenschwere Ablösesummen als Tagesgeschäft
Noch weltfremder als die Gehälter erscheinen die heutigen Ablösesummen. Viele griffen sich ungläubig an den Kopf, als einer der besten Fußballer seiner Zeit, Diego Maradona, Anfang der 80er Jahre für umgerechnet 3,5 Mio. € zum großen FC Barcelona wechselte.
Knappe zehn Jahre später empfand es sogar der Vatikan als höchst unmoralisch, als der AC Mailand für den Spieler Lentini etwa 15 Mio. Euro auf den Tisch von Turin legte. Der für damalige Verhältnisse utopische Betrag wäre heute, 25 Jahre später, nicht mal mehr unter den 250 höchsten Ablösesummen zu finden.
Die gezahlten Beträge sind sprichwörtlich längst durch die Decke gegangen und für den geneigten Betrachter kaum noch nachvollziehbar. Mittlerweile ist selbst die magische Grenze von 100 Mio. Euro mehrmals durchbrochen worden. Doch damit nicht genug: Frankreichs Top-Club Paris St.-Germain hat dem Wahnsinn um immer höhere Transfersummen unlängst mit der Verpflichtung des Brasilianers Neymar die Krone aufgesetzt. Sage und schreibe 222 Mio. Euro ist die Zahl, die jeden anderen bisher dagewesenen Wert geradezu pulverisiert. Nicht erst seit dem Neymar-Transfer drängt sich vielen die Frage auf, wie solche Summen zustande kommen und wie sich diese eigentlich refinanzieren lassen. Schließlich ist auch ein Fußballclub heutzutage im Regelfall ein Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht.
Wertbestimmende Faktoren im Fußball
Rein aus sportlicher Sicht sind solche Beträge wohl wahrlich nicht zurechtfertigen. Selbst wenn ein Fußballer einen Verein spielerisch derart verstärkt, dass dieser mehrmals hintereinander die Champions League gewinnen sollte, so sind die Ticketeinnahmen und Siegprämien der UEFA sicherlich noch immer nicht hoch genug, um eine Summe von 222 Mio. Euro auch nur annähernd wieder zurück in die Vereinskasse zu spülen – zumal ein Spieler alleine noch lange nicht den Erfolg einer gesamten Mannschaft determinieren kann.
Das ist allerdings auch gar nicht notwendig, denn der wirtschaftliche Nutzen, den ein Spieler dem Verein bringt, ist längst nicht mehr ausschließlich auf seine Aktionen auf dem Spielfeld beschränkt. Bei der Verpflichtung eines Spielers spielen auch immer mehr marketingstrategische Überlegungen eine Rolle. Nicht selten kann mit Merchandisingartikeln in den richtigen Märkten ein Großteil der investierten Ablösesumme wieder eingenommen werden.
Wird beispielsweise ein japanischer Spieler verpflichtet, öffnet das für den Verein den asiatischen Markt. Die Trikotverkäufe in den asiatischen Ländern werden angekurbelt, TV-Anstalten interessieren sich plötzlich für den Verein, der den heimischen Star beschäftigt und asiatische Unternehmen bieten einträgliches Sponsoring an. Die Popularität des ganzen Vereins in diesem Erdteil erlebt einen sprunghaften Anstieg.
Ausbleibender sportlicher Erfolg? Nicht so schlimm!
Leider bleiben die sportlichen Leistungen mancher Spieler hinter den Erwartungen zurück, sodass ihn auch all diese Faktoren irgendwann nicht mehr davor retten können, den Verein verlassen zu müssen. Aus Sicht der Vereine allerdings ein durchaus probates Mittel. Der Spieler wird mehr oder weniger mit durchgeschleift und seine Popularität in zahlungskräftigen und fußballverrückten Regionen gemolken.
Der Idealfall tritt natürlich ein, sobald der verpflichtete Spieler auch aus sportlicher Sicht weiterhelfen kann. Dieses Modell beherrscht vor allem Real Madrid in Perfektion. Viele Menschen haben sich die Augen gerieben, als die Königlichen plötzlich große Namen am Fließband verpflichteten. Der sportliche Sinn dahinter wurde nicht selten angezweifelt, der wirtschaftliche Nutzen hingegen war unbestritten und so verkauften die „Galaktischen“ Unmengen an Merchandisingartikel. Vor allem der Trikotverkauf mit solch illustren Namen wie Zidane, Beckham, Figo, Ronaldo, Kaka usw. war ein durchaus einträgliches Geschäft und hat die Ausgaben in vielen Fällen mehr als aufgewogen.
Fazit – der Markt rechtfertigt hohe Summen
Natürlich wird die Diskussion über die Summen, die den Besitzer wechseln, weiter andauern und für viele hart arbeitende Menschen bleibt es nach wie vor unverständlich. So realitätsfern Ablösesummen jenseits der 100 Mio. Euro jedoch auch klingen mögen: Diese Ausgaben sind keineswegs willkürliche Zahlen, die auf der Weihnachtsfeier der Geschäftsstelle im Rahmen eines Unterhaltungsprogramms ausgewürfelt werden. Dahinter stecken messerscharfe Kalkulationen äußerst fähiger Fachleute, was die Vermarktbarkeit des jeweiligen Spielers anbetrifft. Wer sich also von dem Gedanken verabschiedet, dass diese Summen allein den sportlichen Gegenwert des Spielers darstellen und sich im Klaren darüber wird, welche Einnahmen mit dessen Popularität außerhalb des Feldes generiert werden können, wird schnell zu dem Schluss kommen, dass ein Spieler nach Abwägung aller marketingstrategischen Gesichtspunkte sehr wohl 100 Mio. Euro oder mehr wert sein kann.
Wer sich daran stört, sollte sich auch selbst an die eigene Nase fassen. Schließlich sind es am Ende die Fans selbst, welche die teuren Pay-TV Verträge abschließen, beflockte Shirts ihrer Lieblingsspieler erwerben und nicht zuletzt Woche für Woche den Weg ins Stadion finden.