„Mangelnder Respekt mag zwar weniger aggressiv erscheinen als eine direkte Beleidigung, kann aber ebenso verletzend sein. Man wird nicht beleidigt, aber man wird auch nicht beachtet; man wird nicht als ein Mensch angesehen, dessen Anwesenheit etwas zählt.“
Dieses Zitat des amerikanischen Soziologen Richard Sennett (Respekt im Zeitalter der Ungleichheit. Berlin, 2002, Berlin Verlag) werden vermutlich nur wenige mit dem Erleben von Pflege und Pflegenden in Verbindung bringen. Aber genau das empfinden viele Betroffene immer wieder.
Der Zeitgeist sagt immer noch: Geiz ist geil. Auf dem Markt muss alles möglichst billig sein. Da ist es kein Wunder, dass auch Pflege gehandelt wird wie eine Ware im Supermarkt. Erneut lassen die tröpfchenweise bekannt werdenden aktuellen Reformansätze zur Pflege erkennen, dass soziale Aktivitäten und Leistungen noch stärker an Kriterien der Effizienz gemessen werden sollen. Es ist zynisch, wenn einerseits eine zu teure Pflege beklagt wird und andrerseits Erhöhungen der Leistungsentgelte praktisch ausgeschlossen werden. Die Wahrheit:
Die geforderte hohe Pflegequalität ist ohne qualifizierte und gut bezahlte Mitarbeitende nicht zu haben. Und die sind ohne entsprechende Entlohnung auf Dauer nicht zu halten und kaum noch zu finden.
Man muss anerkennen: Das demografische Altern ist genau wie die Schrumpfung der Bevölkerung Realität. Deswegen gerät auch in Brandenburg das Gleichgewicht zwischen gesellschaftlicher Fürsorge und individueller Verantwortung vielerorts aus der Balance. Besonders betroffen vom demografischen Wandel ist die Fläche mit ihren vielen kleinen Kommunen und Landkreisen. Demografischer Wandel, Abwanderung und klamme Haushaltskassen verlan-gen den Landbewohnern viel ab und bedeuten eine abnehmende Lebensqualität. Generationengerechtigkeit und wirtschaftliche Vernunft erfordern es, diese Entwicklung anzunehmen.
Politiker kündigen die längst überfällige Reform der Pflegeversicherung an. Aber im Vordergrund stehen ausschließlich finanzielle Erwägungen. Diese sind wichtig, aber nicht nur sie zählen dabei. Was vielen fehlt, ist oft genug die Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse und der ehrliche Respekt und die Wertschätzung der geleisteten Arbeit von Angehörigen, Nachbarn und Fachkräften. Menschliche Wertschätzung kann jedoch nicht als Nachtisch zur Hauptmahlzeit serviert werden (Heike Baehrens – Diakonisches Werk Württemberg – Referat am 19.05.09 in Hamburg).
Allen Reformern ins Stammbuch geschrieben: Es geht um die voraussetzungslose Annahme, Vertrauen, Zutrauen und Wohlwollen. Wer nur an das Geld denkt, braucht davon nicht zu reden. Es bleibt darum gemeinsame Aufgabe und auch Verantwortung von Politik und von Verwaltung und von den vielen Anbietern sozialer Leistungen, soziale Qualität zu gewährleisten. Das ist schwer genug,
Dort, wo es um Menschen unmittelbar geht, muss es Raum geben für nicht marktförmige Beziehungen. Denn hier geht es stets auch Beziehungsarbeit. Es geht eben nicht nur um die aktuelle Situation der Pflege.
Es geht um das Bild, das wir von den Menschen haben, die die Zuwendung der Nächsten und der Gesellschaft benötigen. Ständig zu übersehen, dass eine nachhaltige hohe Qualität für alle ihren Preis hat, das kann nicht auf Dauer funktionieren. Wenn wir demnächst keine ausreichende Zahl an Fachkräften mehr haben werden, dann ist hier einer der Gründe. Ökonomisierung und Modernisierung brauchen eine innere Orientierung an den Werten, die uns vertraut und wichtig sind. Das schließt die Mitarbeitenden in der Sozialwirtschaft ein. Der Wert sozialer Arbeit ist mehr als preiswert. Und darum sollte dieser Mehrwert von wertegebundener sozialer Arbeit auch politisch anerkannt und wertgeschätzt werden. Der frühere Bundespräsident Johannes Rau hatte recht, als er formu¬lierte: „Die ganze Welt ist ein Markt; man weiß von allem den Preis und von nichts den Wert“.
Wenn wundert es, dass in den vergangenen 10-15 Jahren die Tarifsysteme und der Durchschnittsverdienst für Pflegende gefährdet wurden? In vielen ambulanten Sozialstationen erleben wir täglich, dass es mit dem vermehrten Einsatz osteuropäischer Kräfte in Haushalten schon heute zu einem Abbau von regulären Arbeitsplätzen kommt. Die Folgen: Eine Schwächung der Einnahmensituation der der Sozialversicherungen und damit eine Schwächung unserer Sozialsysteme. Man muss sich doch fragen: Ist das eine gewollte oder ungewollte Konsequenz?
Wenn menschliche Wertschätzung kein Nachtisch werden soll, dann müssen wir fordern: Moderne Sozialpolitik ist nicht möglich, ohne gesellschaftliche Auseinandersetzungen um Gerechtigkeit und Gleichheit, ihre praktische Umset¬zung sowie die Notwendigkeit der Umverteilung. Und wir brauchen mehr Respekt vor den tatsächlichen Verhältnissen und Bedingungen. Dann ist und ein bekömmliches Menü gelungen, bei dem jeder Gang gleichwertig ist.
„Mangelnder Respekt mag zwar weniger aggressiv erscheinen als eine direkte Beleidigung, kann aber ebenso verletzend sein. Man wird nicht beleidigt, aber man wird auch nicht beachtet; man wird nicht als ein Mensch angesehen, dessen Anwesenheit etwas zählt.“
Dieses Zitat des amerikanischen Soziologen Richard Sennett (Respekt im Zeitalter der Ungleichheit. Berlin, 2002, Berlin Verlag) werden vermutlich nur wenige mit dem Erleben von Pflege und Pflegenden in Verbindung bringen. Aber genau das empfinden viele Betroffene immer wieder.
Der Zeitgeist sagt immer noch: Geiz ist geil. Auf dem Markt muss alles möglichst billig sein. Da ist es kein Wunder, dass auch Pflege gehandelt wird wie eine Ware im Supermarkt. Erneut lassen die tröpfchenweise bekannt werdenden aktuellen Reformansätze zur Pflege erkennen, dass soziale Aktivitäten und Leistungen noch stärker an Kriterien der Effizienz gemessen werden sollen. Es ist zynisch, wenn einerseits eine zu teure Pflege beklagt wird und andrerseits Erhöhungen der Leistungsentgelte praktisch ausgeschlossen werden. Die Wahrheit:
Die geforderte hohe Pflegequalität ist ohne qualifizierte und gut bezahlte Mitarbeitende nicht zu haben. Und die sind ohne entsprechende Entlohnung auf Dauer nicht zu halten und kaum noch zu finden.
Man muss anerkennen: Das demografische Altern ist genau wie die Schrumpfung der Bevölkerung Realität. Deswegen gerät auch in Brandenburg das Gleichgewicht zwischen gesellschaftlicher Fürsorge und individueller Verantwortung vielerorts aus der Balance. Besonders betroffen vom demografischen Wandel ist die Fläche mit ihren vielen kleinen Kommunen und Landkreisen. Demografischer Wandel, Abwanderung und klamme Haushaltskassen verlan-gen den Landbewohnern viel ab und bedeuten eine abnehmende Lebensqualität. Generationengerechtigkeit und wirtschaftliche Vernunft erfordern es, diese Entwicklung anzunehmen.
Politiker kündigen die längst überfällige Reform der Pflegeversicherung an. Aber im Vordergrund stehen ausschließlich finanzielle Erwägungen. Diese sind wichtig, aber nicht nur sie zählen dabei. Was vielen fehlt, ist oft genug die Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse und der ehrliche Respekt und die Wertschätzung der geleisteten Arbeit von Angehörigen, Nachbarn und Fachkräften. Menschliche Wertschätzung kann jedoch nicht als Nachtisch zur Hauptmahlzeit serviert werden (Heike Baehrens – Diakonisches Werk Württemberg – Referat am 19.05.09 in Hamburg).
Allen Reformern ins Stammbuch geschrieben: Es geht um die voraussetzungslose Annahme, Vertrauen, Zutrauen und Wohlwollen. Wer nur an das Geld denkt, braucht davon nicht zu reden. Es bleibt darum gemeinsame Aufgabe und auch Verantwortung von Politik und von Verwaltung und von den vielen Anbietern sozialer Leistungen, soziale Qualität zu gewährleisten. Das ist schwer genug,
Dort, wo es um Menschen unmittelbar geht, muss es Raum geben für nicht marktförmige Beziehungen. Denn hier geht es stets auch Beziehungsarbeit. Es geht eben nicht nur um die aktuelle Situation der Pflege.
Es geht um das Bild, das wir von den Menschen haben, die die Zuwendung der Nächsten und der Gesellschaft benötigen. Ständig zu übersehen, dass eine nachhaltige hohe Qualität für alle ihren Preis hat, das kann nicht auf Dauer funktionieren. Wenn wir demnächst keine ausreichende Zahl an Fachkräften mehr haben werden, dann ist hier einer der Gründe. Ökonomisierung und Modernisierung brauchen eine innere Orientierung an den Werten, die uns vertraut und wichtig sind. Das schließt die Mitarbeitenden in der Sozialwirtschaft ein. Der Wert sozialer Arbeit ist mehr als preiswert. Und darum sollte dieser Mehrwert von wertegebundener sozialer Arbeit auch politisch anerkannt und wertgeschätzt werden. Der frühere Bundespräsident Johannes Rau hatte recht, als er formu¬lierte: „Die ganze Welt ist ein Markt; man weiß von allem den Preis und von nichts den Wert“.
Wenn wundert es, dass in den vergangenen 10-15 Jahren die Tarifsysteme und der Durchschnittsverdienst für Pflegende gefährdet wurden? In vielen ambulanten Sozialstationen erleben wir täglich, dass es mit dem vermehrten Einsatz osteuropäischer Kräfte in Haushalten schon heute zu einem Abbau von regulären Arbeitsplätzen kommt. Die Folgen: Eine Schwächung der Einnahmensituation der der Sozialversicherungen und damit eine Schwächung unserer Sozialsysteme. Man muss sich doch fragen: Ist das eine gewollte oder ungewollte Konsequenz?
Wenn menschliche Wertschätzung kein Nachtisch werden soll, dann müssen wir fordern: Moderne Sozialpolitik ist nicht möglich, ohne gesellschaftliche Auseinandersetzungen um Gerechtigkeit und Gleichheit, ihre praktische Umset¬zung sowie die Notwendigkeit der Umverteilung. Und wir brauchen mehr Respekt vor den tatsächlichen Verhältnissen und Bedingungen. Dann ist und ein bekömmliches Menü gelungen, bei dem jeder Gang gleichwertig ist.