Für seine neue Produktion hat sich das „Piccolo Theater“ am Erich Kästner Platz ein Stück von Hartmut El Kurdi ausgesucht. Der erfolgreiche Schauspieler und Kindertheaterautor stammt aus eine deutsch-arabischen Ehe und wurde in Jordanien geboren. Derzeit laufen seine Stücke mit großem Erfolg an vielen Theatern Deutschlands. Das „Piccolo“ brachte nun am vergangenen Samstag mit „Angstmän“ einen Text auf die Bühne, für den El Kurdi 2003 den Deutschen Kinderhörspielpreis bekommen hat.
Jennifer, ein fußballspielendes Mädchen muss eine Nacht allein zu Hause verbringen, weil ihre Mutter plötzlich zur Nachtschicht einberufen wird. Der Vater, welcher von der Familie getrennt lebt, darf nichts erfahren und so versucht Jennifer ihre Angst mit einer langen Liste „aller Sachen, die ich gern mal machen möchte“ zu unterdrücken. Dies scheint auch ganz gut zu klappen bis plötzlich ein verhaltenes Husten aus dem Schrank ertönt…
Diese wunderbare Geschichte von den Superhelden Angstmän und Pöbelmän die Jennifer jetzt kennenlernt, sollten Eltern, Großeltern, Onkels und Tanten auf keinen Fall ihren Kindern, Enkelkindern, Nichten und Neffen ab 8 Jahren vorenthalten, vor allem weil das Stück auch für Erwachsene äußerst vergnüglich daherkommt.
Regisseur Matthias Heine findet für den Text eine altersgerechte Umsetzung, gibt seinen Figuren viel Raum zu einem phantasievollen Spiel und spickt die Szenen mit lustigen und einfallsreichen Ideen, auch wenn an einer Stelle das Telefonkabel gefährlich lang wird.
Mit Maria Schneider hat Heine eine hervorragende Interpretin die glaubwürdig in die Rolle der neunjährigen Jennifer schlüpft und zur Premiere das Publikum, egal ob jung oder alt, von Beginn an fesselte. Sie versteht es nicht nur die komplette Gefühlspalette eines Kindes von Angst, Neugier, Freundschaft und Abneigung überzeugend darzustellen, sondern gibt der Figur auch jene Kraft, die nur Wut über eklatante Ungerechtigkeit, erzeugen kann. So bleibt sie die ganze Geschichte über das sympathische Mädchen Jennifer und kann trotzdem bestehen neben den Figuren Angstmän und Pöbelmän, die als Comic-Superhelden die ganze Palette der absurdesten und aberwitzigsten Verhaltensweisen an den Tag legen.
Angstmän zum Beispiel, in blauem Trikot, Antistolperschuhen und unbedingt mit Fahrradhelm, hat die Furcht vor allem, so in sich eingesogen, dass sie bei ihm bis in die letzte Haarwurzel kriecht. Werner Bauer spielt die Rolle mit großer körperlicher Intensität, unglaublichen Witz und der ehrlichen Verzweiflung des gemobbten Superhelden. Sein Gegenspieler Pöbelmän kommt derart hässlich und unsympathisch daher, wie man sich Hauke Grewe gar nicht hat vorstellen können. Köstlich spannt er den weiten Bogen vom größten Super – Ekel des Universums bis zum kleinen Dicken der geärgert wird. Auch er mit der wunderbaren körperlichen Intensität des Superhelden, egal ob beim Suchen, Tanzen oder in der Prügelei mit Angstmän.
Musikalisch wird das Ganze von Stefan Friedrich, der ab und zu neben dem herrlichen Schrank auftaucht, begleitet. Eine großartige Bereicherung die entscheidend zur Qualität der Inszenierung beiträgt.
Natürlich kann Theater keine Lösungen anbieten, aber als Anlass zur Reflektion und zur Debatte über solche Themen wie Mut und Freundschaft oder Angst und Mobbing, ist dieses Stück, bei allem Spaß, hervorragend geeignet.
Karten, Informationen oder Anmeldung unter 0355-23687. Eltern, greift zum Telefon!
Fotos: Michael Helbig
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