Die Glasmanufaktur Brandenburg GmbH in Tschernitz steht nach dem Scheitern einer Investorenlösung vor der Schließung, seit Montag sind die Beschäftigten freigestellt. Vor dem Werk protestieren seit dem Morgen zahlreiche Mitarbeitende und Einwohnerinnen und Einwohner und fordern, dass der Standort doch noch erhalten wird. Die Gewerkschaft IGBCE und Landesregierung warnen übereinstimmend vor einer vollständigen Abhängigkeit Europas von Solarglasimporten aus Asien. Auch die Gemeinde ist stark betroffen, da neben den Arbeitsplätzen die Zukunft der werkseigenen Feuerwehr ungewiss ist.
Protest seit dem Morgen
Ab heute sind die Beschäftigten der Glasmanufaktur Brandenburg GmbH in Tschernitz freigestellt. Das Scheitern einer Investorenlösung wurde Ende der vergangenen Woche öffentlich. Nach Angaben des Brandenburger Wirtschaftsministeriums erhalten rund 215 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Kündigung. Seit den Morgenstunden versammeln sich Beschäftigte und zahlreiche Einwohnerinnen und Einwohner vor dem Werk. Viele Teilnehmende tragen Plakate, auf denen sich Zukunftssorgen, Kritik an politischen Entscheidungen und Forderungen nach einer Perspektive äußern. Immer wieder wird auf die Bedeutung des Solarglasstandorts für die regionale Wirtschaft und für die Energiepolitik hingewiesen. Die zentrale Forderung der Protestierenden lautet, dass auf Bundesebene noch einmal alle Möglichkeiten geprüft werden sollen, um den Standort in Tschernitz zu erhalten.
Belastung für die Gemeinde
Für die Gemeinde kommt die Entwicklung sehr plötzlich. Nach Angaben aus dem Ort wurde Bürgermeister Maik Sieling von der Nachricht zum Scheitern der Investorenlösung deutlich getroffen. Neben dem Verlust der Arbeitsplätze betrifft die Situation auch die werkseigene Feuerwehr, die im regionalen Umfeld unterstützend tätig ist.
Gewerkschaft weist auf industriepolitische Folgen hin
Die IGBCE hatte erklärt, dass mit der Schließung nach ihrer Darstellung der letzte Solarglas-Hersteller der Europäischen Union wegfallen würde (wie berichtet). Damit entstünde eine vollständige Abhängigkeit von hoch subventionierten Importen aus Asien. Die drohende Schließung sei ein schwerer Schlag für die Belegschaft. Ebenso kritisierte die Gewerkschaft die mangelnde Verlässlichkeit des Investors. Zusätzlich wird darauf verwiesen, dass aus Sicht der IGBCE die Bundespolitik zu lange auf Marktmechanismen gesetzt habe. Und auch Kritik am früheren Gesellschafter Borosil, der sich nach Kurzarbeit und Insolvenz aus der Verantwortung zurückgezogen habe, kam zum Ausdruck.
Wirtschaftsministerium warnt ebenfalls vor wachsender Abhängigkeit
In der Mitteilung des Brandenburger Wirtschaftsministeriums bezeichnete Wirtschaftsminister Daniel Keller das Scheitern der Investorenlösung als schreckliche Nachricht für die Beschäftigten: „Ich kann die grenzenlose Enttäuschung nachempfinden und habe volles Verständnis für die große Wut und Verärgerung der Beschäftigten“. Keller erklärte zudem, dass nun auch der letzte verbliebene europäische Solarglashersteller seinen Betrieb einstelle. Nach seinen Angaben laufe die Europäische Union sehenden Auges in eine Abhängigkeit von außereuropäischen Produkten, insbesondere aus China. Er bezeichnete dies als fatale Entwicklung im Hinblick auf die Bedeutung des Solarglases für die Energiegewinnung. Das Ministerium führte aus, dass in den vergangenen Monaten verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung überprüft worden seien. Dazu zählen politische Initiativen zur Senkung der Energiepreise sowie Schreiben an die Bundesregierung und an EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič zum Schutz der Solarglasindustrie. Gleichzeitig kündigte das Ministerium an, dass die Bundesagentur für Arbeit die Beschäftigten bei der Vermittlung begleiten werde. Die Wirtschaftsförderung Brandenburg soll sich um mögliche Optionen für eine gewerbliche Nachnutzung des Standorts kümmern.
Offene Zukunft trotz fortdauernder Proteste
Ob es noch Möglichkeiten gibt, den Standort zu retten, ist derzeit nicht absehbar. Die Protestierenden fordern, dass alle politischen und wirtschaftlichen Optionen geprüft werden.
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Red. / Presseinfo

















