CO2 versenken – Brandenburg als Endlager?
Mit Hilfe der Carbon Capture and Storage-Technologie (CCS) sollen fossile Energieträger verbrannt werden, ohne dass klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre gelangt. Es wird stattdessen aus den Abgasen herausgefiltert, verflüssigt und unterirdisch gespeichert. Für die weitere Erforschung dieser Hochtechnologie plant der Stromkonzern Vattenfall in Brandenburg bei Neutrebbin und Beeskow die Verpressung von Kohlendioxid aus einem Demonstrationskraftwerk in Jänschwalde. Dagegen regt sich der Protest betroffener Gemeinden. Auch Wissenschaftler sehen noch viele ungeklärte wasserwirtschaftliche und geologische Fragen. Schließlich geht es um die Endlagerung eines gefährlichen Industrieabfalls.
CO2 verpressen – ein Abgas als Müll?
Kaum ein chemisches Molekül wird so heiß diskutiert wie CO2. Dank seiner Eigenschaften wirkt es einerseits als Klimagas, kann andererseits bei ausreichender Tiefe in “überkritischem” Zustand zwischen flüssig und gasförmig andere Stoffe wie Wasser verdrängen und deshalb in porösem Gestein eingelagert werden. Aus langjährigen Erfahrungen bei der CO2-Verpressung in Öl- und Gaslagerstätten wurde das CCS-Verfahren zur unterirdischen Endlagerung ent-wickelt. Pionierarbeit dabei leistet Vattenfall in Brandenburg. Doch die von solchen Plänen betroffenen Gemeinden wehren sich mit vielen Sicherheitsargumenten.
Gestein unter Druck – der Pionierversuch in Ketzin
Seit 2008 wird im brandenburgischen Ketzin bei Potsdam CO2 gespeichert. Industrie-Partner und wissenschaftliche Einrichtungen aus neun europäischen Ländern sind an diesem Innovationsprojekt CO2SINK unter Führung des Potsdamer Geoforschungszentrums beteiligt. Ziel ist es unter anderem, mit modernsten Messmethoden die unterirdische Ausbreitung in porösen Sandsteinschichten und die Dichtheit der darüber liegender Tonschichten zu studieren. Wie viel sagt dieser Versuch aus über die Sicherheitsfragen geplanter Großlagerstätten?
Kettenreaktion – Wenn Salzwasser aufsteigt
Seit 1925 wurden im thüringenschen Werra-Kali-Revier über eine Milliarde m³ hoch-konzentrierte Abwassersalzlauge in poröse Zechsteinschichten aus Plattendolomit verpresst. Mit der Folge, dass immer mehr Trinkwasserbrunnen in den betroffenen Gebieten Hessens und Thüringens versalzen. Auch weil das Abwasser urzeitliches Formationswasser mit hohem Salzgehalt aus diesen Schichten verdrängt und nach oben drückt. Grundwasserexperten vergleichen dies mit möglichen Folgen künftiger CO2-Verpressung in so genannte saline Aquifere.
Undichtes Brandenburg – Salz im Trinkwasser
Tief unter Brandenburg finden sich Spuren des Zechsteinmeeres, das vor 260 Millionen Jahren ganz Norddeutschland bedeckte. Es hinterließ dicke labile Salzschichten und Wasser, das sich in darauf liegendem porösem Sandstein einlagerte, in den auch CO2 gepresst werden soll. Der Salzgehalt dieses “Formationswassers” ist bis zu 50mal so hoch wie das vom Ostseewasser. Vielerorts steigt es in Brandenburg bereits jetzt empor und gefährdet auch das Trinkwasser, weil die letzte Eiszeit in darüber liegende, isolierende Tonschichten tiefe Schmelzwasserrinnen spülte.
Beeskow und Neutrebbin – Endlager in Ost-Brandenburg?
Jeweils bis zu 100 Millionen Tonnen CO2 aus dem geplanten Demonstrationskraftwerk Jänschwalde will der Energiekonzern Vattenfall in zwei geeignete saline Aquiferen des Norddeutschen Beckens in Ost-Brandenburg pressen: Beeskow-Birkholz und Neutrebbin. Wohl auch, weil die Entfernung zum Braunkohlekraftwerk Jänschwalde vergleichsweise gering ist. Es sind aber Orte mit anspruchvollster Geologie. Kritiker verweisen auf Störungszonen und alte Tiefbohrlöcher, die die abdichtenden Bodenschichten perforieren. Vattenfall verspricht, vor der Verpressung eine intensive Erforschung, um zu erkunden, ob der Untergrund wirklich dicht ist. Betroffene Gemeinden wollen das gar nicht erst zulassen.
Sendung “OZON unterwegs”
28.03.2011, 22.15 Uhr, rbb-Fernsehen
Moderation Hellmuth Henneberg
Quelle: PM DNR Redaktionsbüro Fachverteiler / rbb-Fernsehen