Sucht man nach dem Wort „Hochschulregion“, so findet man natürlich auch „Hochschulregion Lausitz“. Doch schnell zeigt sich, dass eben Wort und Begriff nichts Identisches sein müssen. Denn nirgendwo sonst wird unter Entwicklung einer Hochschulregion verstanden, lediglich aus zwei unterschiedlichen Hochschulformen eine Universität mit starkem Fachhochschulanteil zu machen. Außerdem geht es in anderen Regionen um ganz andere Dimensionen. Das wird sehr schnell klar, wenn man sich ansieht, was zum Beispiel „Hochschulregion Tübingen-Hohenheim“ oder „Hochschulregion Stuttgart“ bedeuten. Jedes mal geht es um innovative Versuche, Universitäten und Fachhochschulen einer Region über die Grenzen verschiedener Hochschulformen in Forschung, Lehre und Service für Studierende in kooperativer Weise zusammenzubringen. In Tübingen-Hohenheim agieren im Verbund zwei Universitäten und vier Fachhochschulen. Bei der Hochschulregion Stuttgart geht es immerhin um insgesamt einundzwanzig Hochschuleinrichtungen. Die selbst gestellte Zukunftsaufgabe lautet hier, die Region für Studierende, Wissenschaftler und Unternehmer weltweit attraktiv zu machen.
Daran gemessen ist das Projekt „Hochschulregion Lausitz“ eine recht provinzielle Sache. Wenn es dann in dieser Region nur noch eine Hochschuleinrichtung geben sollte, dann passte auch der Begriff „Hochschulregion“ nicht mehr. Das Wort selbst würde zur Hülse ohne Inhalt werden.
Das heißt allerdings überhaupt nicht, dass es im Land Brandenburg keinen Reformbedarf im Hochschulbereich gibt. Das heißt auch nicht, dass an der BTU und an der Hochschule Lausitz alles so bleiben sollte, wie es ist.
Doch was hat der Gesetzentwurf mit den zu lösenden wirklichen Problemen zu tun?
Zuerst die strukturelle Unterfinanzierung aller Universitäten und Fachhochschulen des Landes: Durch eine Brandenburgische Technische Universität Cottbus/Senftenberg wird sich hier wohl nichts ändern.
Weiter, die neue Herausforderung, Bachelor- und Masterabschlüsse einerseits anzugleichen, die Übergänge durchlässiger zu machen, andererseits aber auch die unterschiedlichen Aufgaben von Fachhochschulen und Universitäten zu beachten: Fachhochschulen als vorwiegend an sehr konkreten Berufen und wirtschaftlicher Praxis orientiert und eben Universitäten als Zentren eines darüber hinaus gehenden kritischen Denkens. Die Praxisbeziehungen sind dann verschiedene. Die Aufgaben sind nicht besser oder schlechter, sondern unterschiedlich. Warum die Hochschule Lausitz immer wieder dafür gelobt wird, dass sie teilweise Universitätsniveau erreicht hätte, und nicht vor allem dann, wenn sie mit ihren Absolventen die Erwartungen an konkrete Berufsbilder erfüllt, bleibt mir ein Rätsel. Außerdem sollten wir vielleicht beachten, dass Kooperation und Arbeitsteilung nicht an Ländergrenzen halt machen können. Auf der Fahrt von Potsdam zur Senftenberger Biotechnologie müssen Sie rechtzeitig bremsen, sonst landen Sie ein paar Kilometer weiter im Dresdner Biotechnologiezentrum mit etwa 230 Wissenschaftlern.
Was wird aus Hochschulangehörigen, die jetzt nach Landestarif bezahlt werden und dann mit dem TV-Umbau erheblich schlechter gestellt sein werden?
Was wird aus der Musikpädagogik, wenn sie nicht mehr der Musik allein wegen gelehrt werden kann, sondern einem bestimmten Zweck am Markte dienen soll?
Aber auch: Was passiert, wenn Forschungsleistungen an der Fachhochschule erbracht werden, die nur von Universitäten zu erwarten sind? Die Antwort des neuen Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz Horst Hippler ist deutlich: „Die Ausstattung müsste dann so sein wie an Universitäten mit hinreichendem Mittelbau. Auch das Lehrdeputat müsste von 18 auf neun Stunden verringert werden, damit FH-Professoren achtbare Forschungsnachweise erbringen können. Wenn FHs dann in der gleichen Liga mitspielen, sollte man sie in Unis umwandeln.“ (Erziehung & Wissenschaft, 10/12, S. 22)
Die für mich wichtigste Frage ist, wie wir im Land zukünftig damit umgehen, dass das Geld für mehrere Volluniversitäten und Doppelungen im Lehrangebot der Fachhochschulen nicht reichen wird. Wir brauchen eine neue Struktur, eine neue Konzeption für das Hochschulsystem des Landes insgesamt. Allein schon die Diskussion darüber würde wahrscheinlich allen Hochschulleitungen wehtun – auch denen in Senftenberg und Cottbus. Dennoch: Arbeitsteilung und Kooperation und mutige Entscheidungen nach demokratischer Beteiligung aller Betroffenen sind auf Landesebene angesagt, nicht separat im Süden.
In der Lausitz auszuprobieren, wo die Schmerzgrenze liegt, ist der falsche Weg, wie sich zeigt. Es ist auch nicht fair, von einem parallelen Prozess der Erarbeitung eines Landeshochschulkonzeptes zu sprechen, wenn in der Lausitz die Festlegungen über Modernisierungsvorhaben mit dem festen Willen zum „Durchregieren“ umgesetzt werden, ohne Rücksicht auf andere, vielleicht bessere Ideen, die inzwischen entstanden sind. So besteht die Gefahr, dass dieses Gesetz die unter den konkreten brandenburgischen Bedingungen notwendigen Veränderungen zum Besseren behindert und nicht befördert.
Da allerdings ein hoher Grad der Sensibilisierung und Beteiligung zu hochschulpolitischen Fragen erreicht ist und die Anhörung im Ausschuss noch aussteht, ist es noch nicht zu spät.
Quelle: Gerd-Rüdiger Hoffmann, im Landtag am 15.11.2012
Sucht man nach dem Wort „Hochschulregion“, so findet man natürlich auch „Hochschulregion Lausitz“. Doch schnell zeigt sich, dass eben Wort und Begriff nichts Identisches sein müssen. Denn nirgendwo sonst wird unter Entwicklung einer Hochschulregion verstanden, lediglich aus zwei unterschiedlichen Hochschulformen eine Universität mit starkem Fachhochschulanteil zu machen. Außerdem geht es in anderen Regionen um ganz andere Dimensionen. Das wird sehr schnell klar, wenn man sich ansieht, was zum Beispiel „Hochschulregion Tübingen-Hohenheim“ oder „Hochschulregion Stuttgart“ bedeuten. Jedes mal geht es um innovative Versuche, Universitäten und Fachhochschulen einer Region über die Grenzen verschiedener Hochschulformen in Forschung, Lehre und Service für Studierende in kooperativer Weise zusammenzubringen. In Tübingen-Hohenheim agieren im Verbund zwei Universitäten und vier Fachhochschulen. Bei der Hochschulregion Stuttgart geht es immerhin um insgesamt einundzwanzig Hochschuleinrichtungen. Die selbst gestellte Zukunftsaufgabe lautet hier, die Region für Studierende, Wissenschaftler und Unternehmer weltweit attraktiv zu machen.
Daran gemessen ist das Projekt „Hochschulregion Lausitz“ eine recht provinzielle Sache. Wenn es dann in dieser Region nur noch eine Hochschuleinrichtung geben sollte, dann passte auch der Begriff „Hochschulregion“ nicht mehr. Das Wort selbst würde zur Hülse ohne Inhalt werden.
Das heißt allerdings überhaupt nicht, dass es im Land Brandenburg keinen Reformbedarf im Hochschulbereich gibt. Das heißt auch nicht, dass an der BTU und an der Hochschule Lausitz alles so bleiben sollte, wie es ist.
Doch was hat der Gesetzentwurf mit den zu lösenden wirklichen Problemen zu tun?
Zuerst die strukturelle Unterfinanzierung aller Universitäten und Fachhochschulen des Landes: Durch eine Brandenburgische Technische Universität Cottbus/Senftenberg wird sich hier wohl nichts ändern.
Weiter, die neue Herausforderung, Bachelor- und Masterabschlüsse einerseits anzugleichen, die Übergänge durchlässiger zu machen, andererseits aber auch die unterschiedlichen Aufgaben von Fachhochschulen und Universitäten zu beachten: Fachhochschulen als vorwiegend an sehr konkreten Berufen und wirtschaftlicher Praxis orientiert und eben Universitäten als Zentren eines darüber hinaus gehenden kritischen Denkens. Die Praxisbeziehungen sind dann verschiedene. Die Aufgaben sind nicht besser oder schlechter, sondern unterschiedlich. Warum die Hochschule Lausitz immer wieder dafür gelobt wird, dass sie teilweise Universitätsniveau erreicht hätte, und nicht vor allem dann, wenn sie mit ihren Absolventen die Erwartungen an konkrete Berufsbilder erfüllt, bleibt mir ein Rätsel. Außerdem sollten wir vielleicht beachten, dass Kooperation und Arbeitsteilung nicht an Ländergrenzen halt machen können. Auf der Fahrt von Potsdam zur Senftenberger Biotechnologie müssen Sie rechtzeitig bremsen, sonst landen Sie ein paar Kilometer weiter im Dresdner Biotechnologiezentrum mit etwa 230 Wissenschaftlern.
Was wird aus Hochschulangehörigen, die jetzt nach Landestarif bezahlt werden und dann mit dem TV-Umbau erheblich schlechter gestellt sein werden?
Was wird aus der Musikpädagogik, wenn sie nicht mehr der Musik allein wegen gelehrt werden kann, sondern einem bestimmten Zweck am Markte dienen soll?
Aber auch: Was passiert, wenn Forschungsleistungen an der Fachhochschule erbracht werden, die nur von Universitäten zu erwarten sind? Die Antwort des neuen Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz Horst Hippler ist deutlich: „Die Ausstattung müsste dann so sein wie an Universitäten mit hinreichendem Mittelbau. Auch das Lehrdeputat müsste von 18 auf neun Stunden verringert werden, damit FH-Professoren achtbare Forschungsnachweise erbringen können. Wenn FHs dann in der gleichen Liga mitspielen, sollte man sie in Unis umwandeln.“ (Erziehung & Wissenschaft, 10/12, S. 22)
Die für mich wichtigste Frage ist, wie wir im Land zukünftig damit umgehen, dass das Geld für mehrere Volluniversitäten und Doppelungen im Lehrangebot der Fachhochschulen nicht reichen wird. Wir brauchen eine neue Struktur, eine neue Konzeption für das Hochschulsystem des Landes insgesamt. Allein schon die Diskussion darüber würde wahrscheinlich allen Hochschulleitungen wehtun – auch denen in Senftenberg und Cottbus. Dennoch: Arbeitsteilung und Kooperation und mutige Entscheidungen nach demokratischer Beteiligung aller Betroffenen sind auf Landesebene angesagt, nicht separat im Süden.
In der Lausitz auszuprobieren, wo die Schmerzgrenze liegt, ist der falsche Weg, wie sich zeigt. Es ist auch nicht fair, von einem parallelen Prozess der Erarbeitung eines Landeshochschulkonzeptes zu sprechen, wenn in der Lausitz die Festlegungen über Modernisierungsvorhaben mit dem festen Willen zum „Durchregieren“ umgesetzt werden, ohne Rücksicht auf andere, vielleicht bessere Ideen, die inzwischen entstanden sind. So besteht die Gefahr, dass dieses Gesetz die unter den konkreten brandenburgischen Bedingungen notwendigen Veränderungen zum Besseren behindert und nicht befördert.
Da allerdings ein hoher Grad der Sensibilisierung und Beteiligung zu hochschulpolitischen Fragen erreicht ist und die Anhörung im Ausschuss noch aussteht, ist es noch nicht zu spät.
Quelle: Gerd-Rüdiger Hoffmann, im Landtag am 15.11.2012