Tausende von Kranichen machen im Frühjahr und Herbst Station in Brandenburg – für Vogelfans ein einzigartiges Erlebnis. Mit den Kranichen kommen zahlreiche Gäste aus ganz Deutschland, um das Naturschauspiel des Vogelzuges zu bewundern. Und nicht nur das: „Die Anzahl der Kranichbrutpaare ist im Raum Calau in den letzten Jahren stark gewachsen. Daneben finden sich Trupps von Kranichen zusammen, die noch nicht am Brutgeschehen teilnehmen. Diese verbringen die Nacht in ihren Schlafgewässern, das heißt in Flachwasserbereichen, die ihnen Schutz zum Beispiel vor dem Fuchs bieten. Am Tage fliegen sie zu ihren Nahrungsgebieten“, so Jürgen Jentsch von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises OSL in Calau. Für Touristiker und Naturschützer ist diese Entwicklung ein Segen. So manchen Landwirt macht der Einflug der „Vögel des Glücks“ jedoch nicht so glücklich. Insbesondere dann, wenn sich eben diese Trupps über Felder mit frischer Maissaat hermachen.
Ende Mai ließ sich eine Vogelschar von 130 bis 150 Kranichen auf 20 Hektar Land bei Calau nieder. „Anfang Mai hatten wir schon einen massiven Schaden auf unseren Feldern. Dies betraf eine Fläche von ungefähr neun Hektar. Aber diesmal ist der Schaden weitaus größer. Von der Fläche her ein Totalschaden“, sagt Andre Scharkowski von der Bäuerlichen Produktionsgemeinschaft Saßleben GmbH & Co.KG. Der Produktionsleiter traf sich Anfang Juni mit Geschäftsführer Helmut Richter und Jürgen Jentsch, um bei einer Vor-Ort-Begehung den Vorfall zu besprechen. „So etwas hat es bei uns in dieser Größenordnung noch nicht gegeben. Wir wissen, dass wir dagegen nichts machen können, aber wollen dieses Treffen, um das Problem aufzuzeigen. Ich habe auch schon von ähnlichen Fällen im Luckauer Raum gehört. Es entsteht ein immenser materieller und wirtschaftlicher Schaden. Wir möchten mit dem Problem nicht allein dastehen“, so Scharkowski.
Auch Jürgen Jentsch ist überrascht von dem Ausmaß: „In der Form habe ich das heute zum ersten Mal gesehen. Hier wurden gezielt die Maiskörner aus dem Boden gepickt. Die Kraniche sind so in der Reihe gelaufen, wie die Maiskörner durch die Maschine gelegt wurden. Sie nutzten den Zeitraum zwischen dem Legen und dem 2-Blattstadium der Maispflanze. Und wenn der Mais schmeckt, kommen sie wieder, für ein Wildtier nichts Untypisches.“ Und offensichtlich hat es gemundet. Mehrere Tage verbrachten die Kraniche auf der Fläche, bis sie das Feld „abgegrast“ hatten. Das bestätigte auch Helmut Hahn, Jäger des Reviers im benachbarten Waldstück. Er hat das Treiben beobachtet: „Die stehen in einer Reihe, picken sich Pflanze für Pflanze heraus und essen dann das Korn. Die Kraniche kommen gegen 6 Uhr morgens und verschwinden gegen 20:30 Uhr abends wieder. Ich selbst habe auch schon versucht, sie zu verscheuchen.“ Das Verscheuchen ist wohl auch das einzige Mittel, um die gefiederten Plünderer vom Feld zu vertreiben. „Da die Kraniche ja nicht immer da sind, sondern in einem Zeitraum von ca. 14 Tagen, könnte man darüber nachdenken jemanden zum Verscheuchen an den Feldrand zu postieren. Das hat man früher auch schon gemacht, um sie mit Hilfe von Klatschen zu vertreiben“, so Jentsch.
Andere Mittel stehen für geschädigte Landwirte bislang nicht zur Verfügung. Sie müssen sich mit den Kranichen arrangieren. „Wir als Landwirte sind an gewisse Parameter wie Bodentemperatur und Bodenfeuchtigkeit gebunden. Wir sind Ökolandwirte, da wir nicht mit Spritzmitteln arbeiten, müssen wir uns an die Aussaat-Termine halten. Die liegen zwischen Ende April und Mitte Mai. Dieses Zeitfenster müssen wir treffen, weil sich im Juni die Bodenfeuchtigkeit ändert und dadurch der Mais nicht mehr richtig ausreifen kann. Wenn wir uns jetzt noch an der Zugzeit der Kraniche orientieren, können wir gar nichts mehr aussähen. Wir werden das Feld noch einmal neu bestellen, auf einer Hälfte Mais, auf der anderen Hälfte Hirsegras anbauen. Dann heißt es abwarten und hoffen, dass die Kraniche das Land verschonen“, so Andre Scharkowski.
Quelle: Bäuerliche Produktionsgemeinschaft Saßleben GmbH & Co.KG