Um den Sport für Menschen mit Handicap im eigenen Land zu verbessern, ihn zu intensivieren und breiter aufzustellen, weilt derzeit eine 12-köpfige Delegation aus Sarawak, dem größten Bundesland Malaysias, in der Lausitz, um beim weltweit erfolgreichen Brandenburgischen Präventions- und Rehabilitationssportverein e.V. zu hospitieren. Angeführt wird die Gruppe von Matthew Chin Hiong Choi, dem Präsidenten der Association for Sports and Recreation of Special Needs People. Im folgenden Interview für NIEDERLAUSITZaktuell berichtet er über den derzeitigen Stand der Begleitung dieser Sportler und der Hoffnung, in Cottbus Erlebtes nach Hause zu übertragen.
Bevor wir auf Ihre mit der Reise nach Europa verbundenen Hoffnungen und Wünsche zu sprechen kommen, interessiert es natürlich, wie es daheim um den Para-Sport steht. Wie viele Sportlerinnen und Sportler mit Handicap trainieren im Bundesland Sarawak?
Es sind genau 211 Aktive, die von unseren Trainerinnen und Trainern in zehn verschiedenen Sportarten in den Parateams begleitet werden. Das geht von der Leichtathletik über Schwimmen, Badminton – natürlich über Asiens Sportart Nummer eins, dem Tischtennis – bis hin zum Powerlifting. In dem hatten wir die größten Erfolge, denn in der Kategorie bis 65 Kilo konnten wir in Tokio und in Paris bei den Paralympics Gold gewinnen. Aber wir wollen auch in den anderen Sportarten besser werden. Darum sind wir hier, um zu schauen, wie das Thema in Deutschland unterstützt wird.
Haben Sie in der Ferne die Erfolge des in Cottbus beheimateten BPRSV wahrgenommen und sich deshalb für einen Besuch gerade hier entschieden?
Nein, ganz ehrlich: Bis letzten Sonntag wussten wir überhaupt nichts von Cottbus. Es gibt in unserem Verband einen deutschen Trainer, Hans-Peter Thun, der hat den Kontakt mit Berlin hergestellt. Dort wurde uns empfohlen, doch Cottbus zu besuchen, weil dieser Stützpunkt innerhalb des Behindertensports eine große Bedeutung hat und die Bedingungen dort so besonders gut sind. Wir haben schon 15 Meistertitel in Sarawak gewonnen, wir wollen aber Schritt für Schritt weiterkommen – zuerst in Gesamt-Malaysia, dann in Asien. Und in Zukunft sehr gern in vielen Sportarten bei den Paralympischen Spielen antreten. Diesem Ziel dient unsere Reise.
Die ersten Tage sind vorüber – was beeindruckt Sie bei der Betrachtung der Cottbuser Bedingungen?
Was den Sport betrifft, bin ich total begeistert von der Indoor-Halle. Schauen Sie: Deutschland hat vier Jahreszeiten, Malaysia nur eine – den Sommer. Wir haben tropisches Monsunklima. In den Monaten um den Jahreswechsel ist Regenzeit, auch mit Gewittern. Wegen der übermäßigen Hitze können wir auch im Sommer kaum trainieren, da wäre eine Sporthalle wie in Cottbus ideal.
Was nehmen Sie mit, wenn es in der nächsten Woche heimwärts geht?
Was ich mir besonders wünsche, ist ein andauernder Kontakt mit unseren Gastgebern. Diese Kollaboration wollen wir unbedingt weiterführen. Wir haben hier in Cottbus so viele sportliche Impressionen gesammelt, die uns helfen werden. Denn unsere Ministerin hat einen Plan, ein ähnliches „Para-Village“ für viele unserer Sportarten und die jungen Menschen zu bauen. Momentan gibt es bei uns keinen Parasport für unsere Kinder. Darum ist es gut und wichtig, alles zusammen konzentriert aufzubauen – die Schule, das Internat, die Sportanlagen, eben wie hier bei euch in Cottbus. Gut wäre auch, wenn eine Cottbuser Gruppe von Trainern und Sportlern uns besuchen kommt, um unseren Planern gute Inputs zu geben und bei der Gelegenheit auch mit unserer Ministerin in Kontakt zu kommen, um ihr wichtige Auskünfte zu geben. Was wir hier erleben, soll für alle ganz transparent sein, um unser großes Ziel auf den Weg zu bringen.
Wird die genannte Transparenz auch Auswirkungen auf personelle Zuwächse im Parasport in Sarawak nach sich ziehen?
Schauen Sie, wir sind nicht dem Sportministerium zugeordnet. Es gibt bei uns ein Ministerium für das Wohlergehen der Einwohner – also der Kinder, der Frauen und der Behinderten. Man geht bei uns einen anderen Weg als hier in Deutschland.
Ihre Studien am BPRSV bilden einen Teil Ihrer Reise nach Cottbus. Wie nehmen Sie denn unsere Stadt grundsätzlich wahr?
Für mich war diese Sauberkeit in den Straßen total überraschend und schön zugleich. Bei uns gibt es hunderte freilaufende wilde Hunde und Katzen – hier gibt’s das nicht. Hundehalter führen ihre Tiere geordnet an der Leine. Das ist ein wichtiger Punkt. Und ich frage mich, ob es denn hier keine Industrie gibt, denn es sieht alles aus wie auf dem Dorf mit vielen Bäumen und viel Gras. Damit macht alles einen ruhigen Eindruck. Und das Wetter, das ich hier erleben kann, ist einfach wunderschön. Zu diesem tollen Gesamtbild passt aktuell sehr gut, dass ich gestern eine Anfrage von unserer Ministerin bekam, als sie fragte, in welchem Land man wohl Studien für die Planung und den späteren Bau eines „Para-Village“ machen kann. Voller Überzeugung konnte ich ihr da schon schreiben, dass man hier in Cottbus – von wo großartige Para-Sportler kommen – alles bestens beobachten kann und viele Impressionen auch für diesen Neubau mitnehmen kann.
Das Interview führt unser Sportreporter Georg Zielonkowski.
Sprachlich unterstützt wurde das Gespräch vom in Bielefeld geborenen Peter Jähne, der inzwischen seit 32 Jahren in Malaysia lebt.