In den vergangenen Wochen kam es im Stadtgebiet von Cottbus wiederkehrend zu nicht angemeldeten, als Spaziergänge deklarierte Versammlungen gegen die geltenden Coronamaßnahmen. Damit verbunden waren Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere des Infektionsschutzes zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Daher hat die Polizeidirektion Süd folgende Allgemeinverfügung erlassen, die nicht angemeldete Versammlungen untersagt.
Verbot bis 13.02.2022
Mit der Verbotsverfügung werden die Veranstaltung von und die Teilnahme an nicht angemeldeten und nicht behördlich bestätigten, insbesondere mit generellen Aufrufen zu Cottbuser „Spaziergängen“ in Zusammenhang stehenden, Versammlungen oder Aufzügen unter freiem Himmel untersagt. Das Verbot betrifft die Gemarkungen Altstadt, Brunschwig, Ströbitz, Schmellwitz, Sandow, Branitz Spremberger Vorstadt, Sachsendorf, Saspow und Madlow der Stadt Cottbus. Das Verbot gilt vom 31.01.2022 bis 13.02.2022 unabhängig vom Wochentag und unabhängig davon, ob einmalig oder wiederkehrend stattfindend, und umfasst auch Ersatzversammlungen.
Die Allgemeinverfügung samt Begründung liegt in den Öffnungszeiten, Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr im Sicherheitszentrum, Stadtverwaltung Cottbus, Berliner Str. 154, 03046 Cottbus zur Einsichtnahme aus und wird auch im Fenster desselben ausgehängt. Darüber hinaus ist die Verbotsverfügung auch unter www.polizei.brandenburg.de online abrufbar.
Allgemeinverfügung
(Auszüge)
Allgemeinverfügung gemäß § 15 I BVersG der Polizeidirektion Süd:
1. Hiermit werden die Veranstaltung von und die Teilnahme an nicht angemeldeten und nicht behördlich bestätigten, insbesondere mit generellen Aufrufen zu Cottbuser „Spaziergängen“ in Zusammenhang stehenden, Versammlungen oder Aufzügen unter freiem Himmel auf den Gemarkungen Altstadt, Brunschwig, Ströbitz, Schmellwitz, Sandow, Branitz, Spremberger Vorstadt, Sachsendorf, Saspow und Madlow der Stadt Cottbus, ab dem 31.01.2022 unabhängig vom Wochentag und unabhängig davon, ob einmalig oder wiederkehrend stattfindend, sowie deren Ersatzversammlungen verboten.
2. Bei Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 verfügten Verbote kann unmittelbarer Zwang angewendet werden, welcher hiermit angedroht wird.
3. Die sofortige Vollziehung der in Ziffer 1 verfügten Verbote wird hiermit im besonderen öffentlichen Interesse gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO angeordnet.
4. Die Allgemeinverfügung wird am 29.01.2022 bekannt gemacht und gilt am 31.01.2022 als öffentlich bekannt gegeben und ist ab diesem Datum, 00:00 Uhr, wirksam.
5. Die Allgemeinverfügung tritt, soweit sie nicht zuvor aufgehoben wird, mit Ablauf des 13.02.2022 außer Kraft.
Begründung:
Die Polizeidirektion Süd ist die zuständige Versammlungsbehörde für die Untersagungsverfügung. Rechtsgrundlage für das Verbot ist § 15 I BVersG.
Danach kann die zuständige Behörde eine Versammlung unter freiem Himmel verbieten, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren.
Dieses Versammlungsverbot gegen den sog. „Cottbuser Spaziergang“ ab Montag, dem 31. Januar 2022, ist zu treffen, da die Versammlungsteilnehmenden die infektionsschutzrechtlichen Bestimmungen regelmäßig nicht einhalten. Neben fristgerecht angemeldeten Versammlungen finden in letzter Zeit vermehrt nicht angemeldete
Versammlungen statt. Dazu gehört auch der o.g. „Cottbuser Spaziergang“.
Auch wenn diese Versammlungen nicht als solche, sondern als „Spaziergänge“ deklariert wurden und werden, sind sie als Versammlungen im Sinne des BVersG einzuordnen. Nach hiesigen Erkenntnissen wird zu den „Spaziergängen“ digital (Telegram usw.) aufgerufen. Danach soll sich eine möglichst größere Anzahl von Menschen im öffentlichen Raum zusammenfinden. Zu den Aktionen wird nach Erkenntnissen der Polizei unter Nennung der Termine und Örtlichkeiten sowie teilweise Handlungsempfehlungen von einer bestimmten Person bzw. verschiedenen Mitgliedern einer Personengruppe aufgerufen. Hintergrund dieser Aufrufe ist die Ablehnung der ergriffenen Maßnahmen gegen die Corona – Pandemie.
Verstoß gegen Verordnung. Polizei ignoriert
Zum Zeitpunkt des Verbotes liegen erkennbare Umstände vor, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Hierfür liegen nachweisbare Tatsachen als Grundlage der Gefahrenprognose vor. Im Rahmen der „Cottbuser Spaziergänge“, welche regelmäßig am Samstag und Montag
stattfinden, bewegen sich die Teilnehmenden, teilweise mit Kerzen oder LED Lichtern in jeglicher Form, mit Plakaten, skandierend oder schweigend bislang durch den innerstädtischen Bereich von Cottbus. Die meisten Teilnehmenden dieser konkreten Versammlung trugen keine medizinische Maske und hielten keinen Mindestabstand. Aus diesem Vorgehen wird ersichtlich, dass die Veranstalter der „Cottbuser Spaziergänge“
bewusst das Anmeldeerfordernis und die daraufhin in der Regel folgenden Auflagen, die einer angemeldeten Versammlung auferlegt werden können, umgehen, um ungehindert von solchen Auflagen ihre Versammlung durchführen zu können oder unabhängig von einem Ausnahmeantrag gem. § 9 Abs. 2 2. SARS–CoV–2–EindV mehr als 1.000 Versammlungsteilnehmer bei ihrem Aufzug mitzunehmen. Insbesondere wollen die Teilnehmenden an den nicht angemeldeten „Cottbuser Spaziergängen“ durch ihr Verhalten auch verhindern, dass die Versammlungsbehörden und die Polizei die notwendigen organisatorischen Maßnahmen treffen können, wie etwa auch bestimmte Wegstrecken oder eine stationäre Versammlung vorzuschreiben und ausreichend personelle Kräfte zur Wahrung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorzuhalten.
Insofern ist bei Würdigung aller erkennbaren Umstände daher davon auszugehen, dass bei einer erneuten Durchführung des nicht angemeldeten „„Cottbuser Spaziergangs“, welcher in den sozialen Medien beworben wird, ohne dass die Versammlung durch entsprechende Auflagen im Vorhinein und auch aufgrund des Fehlens einer Versammlungsleitung und von Ordnern etwa die Maskentragepflicht und das Einhalten von Abständen nicht aufrechterhalten wird, die öffentliche Sicherheit erheblich gefährdet wäre. Eine nicht unerhebliche Anzahl der Versammlungsteilnehmenden haben sich in der Vergangenheit gerade bei dieser nicht angemeldeten Versammlung des „Cottbuser Spaziergangs“ am 27.12.2021, 03.01.2022, am 08.01.2022, 10.01.2022 sowie am 15.01.2022, am 17.01.2022, 18.01.2022, 22.01.2022 und am 24.01.2022 trotz Lautersprecherdurchsagen, weder an die Maskentragepflicht noch sich an die Abstandsregelungen gehalten noch nach erfolgter Auflösung der Versammlung sich entfernt.
Zudem sind im Zuständigkeitsbereich der hiesigen Versammlungsbehörde außerhalb von Cottbus und zeitweise im ganzen Land Brandenburg keine unangemeldeten Versammlungen mit so hohen Teilnehmerzahlen wie bei den „Cottbuser Spaziergängen“ festgestellt worden
Schutz von Leben und Gesundheit der Gesamtbevölkerung
Bei Prüfung der Sachlage ist bei einer weiteren Verbreitung des neuartigen Corona Virus (SARS–CoV–2) eine hohe Gefahr für die verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit einer Vielzahl von Menschen – sowohl der Teilnehmer der Versammlung als auch der Gesamtbevölkerung – anzunehmen. Insbesondere erfordert die vorliegende Sachlage ein hohes Aufgebot von Polizeikräften, welche aufgrund von polizeilichen Maßnahmen engen Körperkontakt mit den Versammlungsteilnehmern haben und somit besonders gefährdet werden (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 10.04.2021 – Az 6 B 177/21)
Bei den „Cottbuser Spaziergängen“ ist durchgängig erkennbar, dass ein individuelles Hygienekonzept weder vorlag noch umgesetzt wurde. Insbesondere erfolgte keine Zutritts– und Aufenthaltssteuerung sowie –beschränkung. Ferner wurden weder auf die Einhaltung des Abstandsgebotes noch auf die Maskentragepflicht gedrungen.
Letztlichen wurden polizeilichen Aufforderungen und damit eingeschlossen versammlungsrechtlichen Verfügungen, die gegenüber den Versammlungsteilnehmenden ergangen sind, nicht Folge geleistet. Vielmehr wurde aktiv durch die Versammlungsteilnehmenden die Bekanntgabe solcher Aufforderungen, Auflagen und
Verfügung durch zielgerichtetes Entfernen von der Ansage oder Lärmentwicklung faktisch unmöglich gemacht wurde.
Regelmäßig erfolgt, ohne Rücksicht auf die Vermengung mit dem Publikumsverkehr oder unbeteiligten Passanten ein ungeordneter Aufzug unmittelbar nach Beginn der polizeilichen Maßnahmen. In der Entwicklung ist festzustellen, dass die Teilnehmer der nicht angemeldeten Versammlungen auf die Polizeipräsenz reagieren und in kleineren Gruppen sich im Stadtgebiet verteilen, um so polizeilichen Maßnahmen auszuweichen. Weiterhin
wurden die nicht angemeldeten Versammlungen wohl aus den selben Beweggründen auch an anderen Tagen veranstaltet.
Die Zielsetzung der teilnehmenden Personenmehrheit des regelmäßigen samstags und montags sowie unregelmäßig an anderen Terminen stattfindenden „Cottbuser Spaziergangs“ ist es, die gebotene Anzeige gem. § 14 BVersG zu umgehen. Dies manifestiert sich insbesondere in der regelmäßig ohne Anmeldung stattfindenden
Versammlung. Insofern sollen die zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit gebotenen – behördlichen Präventiv–/und Steuerungsmaßnahmen der Versammlungsbehörde und Polizei unterlaufen werden sowie die Verantwortlichkeit des Veranstaltenden und/oder der Versammlungsleitung verschleiern.
Das Robert Koch – Institut hat seine Risikobewertung bezüglich COVID–19 am 14.01.2022 angepasst. Es schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland als insgesamt sehr hoch ein und kommt noch zu einer größeren Bedrohungslage als der Expertenrat zuvor.
Hohes Übertragungsrisiko. Maßnahmen unmöglich
In der Allgemeinverfügung heißt es: “Ein Übertragungsrisiko besteht aber bei größeren Menschenansammlungen – wie den beabsichtigten „Cottbuser Spaziergängen“ – auch im Freien, wenn der Mindestabstand von 1,5 m ohne Mund–Nasen–Bedeckung unterschritten wird (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Coronavirus SARS–CoV–2: Erhöhte Ansteckungsgefahr in Herbst und Winter“, insbesondere „Wieso ist die Ansteckungsgefahr draußen geringer als drinnen?“, Stand: 18.01.2022. abrufbar hier
Bei dieser Sachlage ist das präventive Versammlungsverbot anmeldefähiger, aber nicht angemeldeter Versammlungen, die sich gegen die Coronamaßnahmen richten, geeignet, das Risiko potentieller Übertragungen von SARS–CoV–2 auf diesen nicht angemeldeten Versammlungen zu verringern. Diese Verpflichtung erscheint auch erforderlich, weil keine mildere, aber gleich geeignete Maßnahme ersichtlich ist. Als eine solche dürften hier
insbesondere nicht beschränkende Auflagen, wie die Verpflichtung, während der Versammlungen eine FFP–2 Maske zu tragen, in Betracht kommen, da es der Versammlungsbehörde gerade durch die geplante „Nichtanmeldung“ unmöglich gemacht wird, durch vorherige Kooperation mit der Versammlungsleitung mildere Maßnahmen abzustimmen. Denn die Durchführung angemeldeter Versammlungen, die in der Regel entsprechenden Auflagen unterliegen, die durch die Polizei dann in Zusammenarbeit mit Versammlungsleitung und Ordnern auch durchsetzbar sind, ohne dass die Versammlung aufgelöst werden muss, bleibt weiterhin erlaubt. Mithin möchte die Versammlungsbehörde lediglich die rechtsmissbräuchliche Nichtanmeldung von geplanten Versammlungen (entgegen § 14 BVersG) verhindern, um so die Menschenansammlungen auf engem Raum ohne das Einhalten der Hygienevorschriften, der Abstandsregeln und der Maskenpflicht gar nicht erst entstehen zu lassen. Denn die Ansteckungsgefahr ist bei solchen engen Kontakten von Personen auch im Freien gerade auch durch die ansteigende Verbreitung der neuen Omikronvariante sehr hoch.”
Strafen bei Teilnahme
Allen Veranstaltern geplanter Versammlungen bleibt es weiterhin offen, diese entsprechend den Bestimmungen des Versammlungsgesetzes anzumelden und durchzuführen.
Seitens der Versammlungsbehörde wird laut Allgemeinverfügung nicht verkannt, dass es sich bei der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG um ein überragendes Rechtsgut handelt. Die vorliegende Verbotsverfügung ist jedoch die ultima ratio, da alle weiteren Maßnahmen, wie Auflagen an die Versammlung erteilen oder Auflösung der Versammlung, welche in der Vergangenheit angewandt wurden, erfolglos geblieben sind.
Zum Schutz der Allgemeinheit, insbesondere des Schutzes der kritischen Infrastruktur (Gesundheitsversorgung, Polizei) war vorliegend die sofortige Vollziehung anzuordnen.
Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BVersG handelt ordnungswidrig, wer an einer öffentlichen Versammlung oder einem Aufzug teilnimmt, deren Durchführung durch vollziehbares Verbot untersagt ist. Dieses kann gemäß § 29 Abs. 2 BVersG mit einem Bußgeld von bis zu 500 € geahndet werden.
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