Die Zahl der registrierten Straftaten im Land Brandenburg ist im vergangenen Jahr um knapp 11.000 Fälle zurückgegangen. Das entspricht einem Minus von 5,8 Prozent. Erstmals wurden damit weniger als 180.000 Straftaten im Land Brandenburg erfasst; nämlich fast genau 175.000. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik 2017 hervor, die Innenminister Karl-Heinz Schröter und Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke am Donnerstag in Potsdam vorstellten.
Anstieg der Gewaltkriminalität
Im vergangenen Jahr wurden insgesamt gut 5.100 Gewaltstraftaten festgestellt. Das sind rund 1.000 mehr als im Jahr 2015 und etwa 400 Straftaten mehr als im Jahr 2016. Zuvor war die Gewaltkriminalität im Land bis zum Jahr 2015 langjährig zurückgegangen. Schröter: „Selbstverständlich sind dies genau die Straftaten, die das Sicherheitsgefühl der Menschen in ganz besonderer Weise beeinträchtigen. Das ist völlig klar. Insofern sind wir gefordert, hier massiv dagegenzuhalten. Mit einer Vielzahl polizeilicher Maßnahmen tun wir dies auch.“ Dies drücke sich unter anderem in einer besonders hohen Aufklärungsquote bei Gewaltverbrechen von 84 Prozent aus, die gegenüber dem Vorjahr um 4,5 Prozent gesteigert werden konnte.
Die Eigentumskriminalität im Land hat dagegen deutlich abgenommen. Auch der Anteil an der Gesamtkriminalität sank von knapp 41 Prozent im Jahr 2016 auf gut 38 Prozent im Jahr 2017. Zugleich konnte die Aufklärungsquote bei Eigentumsdelikten auf 27,2 Prozent gesteigert werden, ein Plus um 1,2 Prozent.
Im Jahr 2017 wurden in Brandenburg weniger Kraftfahrzeuge gestohlen als im Jahr zuvor. Insgesamt wurden 2.513 Kraftfahrzeuge entwendet, das sind 348 weniger als im Jahr 2016. Brandenburg verzeichnet damit einen Rückgang um gut zwölf Prozent und liegt nun etwas besser als im Jahr 2015. Die Aufklärungsquote konnte leicht auf 20,2 Prozent gesteigert werden.
Deutlich weniger Wohnungseinbrüche
Eine besonders günstige Entwicklung kann die Kriminalstatistik beim Wohnungseinbruchdiebstahl feststellen: Wohnungseinbrüche gingen im Land Brandenburg von knapp 4.200 im Jahr 2016 auf knapp 3.200 im Jahr 2017 zurück. Das entspricht einem Rückgang um etwa 25 Prozent. Dies ist auch der niedrigste Wert seit 2011. Die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbruch beträgt 22,4 Prozent. Über 60 Prozent der Wohnungseinbrüche werden im Umland von Berlin festgestellt.
Beim rückläufigen Trend bei Wohnungseinbrüchen könnte nach Auffassung des Ministers eine Rolle spielen, dass die Prävention der Polizei und der Haus- und Wohnungseigentümer nun deutlich stärker Wirkung zeige als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Die „Präventionslücke“ hat sich in den letzten Jahren zunehmend geschlossen. Während noch vor wenigen Jahren rund 40 Prozent aller Wohnungseinbrüche bundesweit im Versuchsstadium steckenblieben, waren es in Brandenburg nur 30 Prozent. 2017 liegt die Versuchsquote in Brandenburg bei über 39 Prozent, rund zehn Prozent besser als noch vor einigen Jahren.
Während die Zahl der Rauschgiftdelikte im Land um 270 Fälle leicht auf insgesamt gut 7.600 Fälle gestiegen ist, gab es bei den festgestellten Rauschgifttoten eine weitaus drastischere Entwicklung: 30 Rauschgifttote wurden erfasst, das sind neun mehr als noch im Jahr 2016. Es handelt sich dabei um einen neuen Höchststand im Land Brandenburg.
Rückgang der Kriminalität im Berliner Umland und auch an der Grenze
Auffällig in der Gesamtbetrachtung ist, dass sich der Rückgang der Gesamtkriminalität sowohl auf den „Speckgürtel“ um Berlin bezieht (80.054 Straftaten, 2016: 82.651Straftaten) als auch auf den grenznahen Raum an Oder und Neiße (Grenzgemeinden: 17.799 Straftaten, 2016: 19.618 Straftaten).
Die Polizei konnte im Jahr 2017 insgesamt 66.642 Tatverdächtige feststellen. Davon waren 16.313 nichtdeutsche Tatverdächtige, dies entspricht einem Anteil von 24,5 Prozent. Unter den festgestellten ausländischen Tatverdächtigen dominieren Polen (2.583), Syrer (2.153), russische Staatsangehörige (1.746) und Afghanen (814).
Ohne Berücksichtigung aufenthaltsrechtlicher Verstöße konnten insgesamt 62.616 Tatverdächtige festgestellt werden (- 0,9 Prozent). Darunter befanden sich 12.298 nichtdeutsche Tatverdächtige (+ sieben Prozent), und darunter wiederum 4.776 Zuwanderer (+ 9,5 Prozent). Der Anteil der Zuwanderer an den nichtdeutschen Tatverdächtigen beträgt knapp 39 Prozent. Sie verübten insgesamt 9.928 Straftaten (ohne ausländerrechtliche Verstöße), das entspricht einem Zuwachs von 4,1 Prozent. Unter den tatverdächtigen Zuwanderern fallen vor allem Syrer (1.207), russische Staatsangehörige (634) und Afghanen (610) auf.
Straftaten durch Zuwanderer machen insgesamt 6,5 Prozent der Gesamtkriminalität aus (2016: 5,4 Prozent), ohne ausländerrechtliche Verstöße 4,1 Prozent (2016: 3,2 Prozent).
Reaktionen:
Heike Trautmann, stellvertretende Landesvorsitzende des Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK): „Die rückläufige Entwicklung der Fallzahlen und der Anstieg der Aufklärungsquote sind auf den ersten Blick erfreulich. Hiervon dürfen wir uns aber nicht in die Irre führen lassen – die Situation ist sehr trügerisch. Die Belastung der Kripo in Brandenburg ist so hoch wie noch nie! Mit großer Sorge betrachten wir den erneuten Anstieg bei den Gewaltdelikten! Insbesondere Gewaltdelikte im Zusammenhang mit Migranten bereiten uns Kopfzerbrechen. Oftmals handelt es sich um gefährliche Körperverletzungen oder Kapitaldelikte, die nicht mal eben so nebenbei mit einem Anhörbogen abgearbeitet werden können. Hier sind umfangreiche kriminalpolizeiliche Ermittlungen notwendig. Vernehmungen müssen oftmals mit Dolmetschern durchgeführt werden – sind dadurch komplizierter, umfangreicher und nehmen bedeutend mehr Zeit in Anspruch.Viele tausende Euro werden aus dem Haushalt der Polizei dafür aufgebracht und stehen für andere zwingend notwenige Ausgaben nicht mehr zur Verfügung! Nach fast drei Jahrzehnten können wir es uns vor dem Hintergrund der stetig steigenden Anforderungen nicht länger leisten, Polizisten im Land generalisiert auszubilden. Zeitnah müssen hierzu Entscheidungen getroffen werden, um die Kriminalpolizei intelligent aufzustellen. Vor dem Hintergrund der düsteren personellen Situation bei der Kriminalpolizei kann sich das Ergebnis allerdings sehen lassen. Ist es doch Zeugnis von dem hohen Engagement und der großen Einsatzbereitschaft der gesamten Polizei in unserem Land!“
Björn Lakenmacher, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion: „Wir haben großen Respekt vor der Leistung unserer Polizisten und Polizistinnen, ihnen allen gebührt unser Dank. Jede aufgeklärte Straftat und jeder gefasste Täter ist ein Beitrag zur Sicherheit der Brandenburger.“ In der Abnahme der Straftaten sieht Lakenmacher einen deutschlandweiten Trend bestätigt. „In der gesamten Bundesrepublik hat die Kriminalität im vergangenen Jahr abgenommen. Auch Brandenburg profitiert von diesem Trend, wenn auch leider nicht so stark wie andere Bundesländer. Der Anstieg der Gewaltkriminalität scheint ein Beleg für eine gewisse Verrohung der Menschen in den vergangenen zwei Jahren zu sein. Dem müssen wir als Gesellschaft geschlossen entgegen treten. Wer Hass und Hetze streut, wird eine Bereitschaft zur Gewalt jedoch befördern. Im Vergleich zu 2015 hat sich die Anzahl der Drogentoten verdreifacht und das obwohl die Statistik einen Rückgang an erfassten Drogendelikten ausweist. Ich rate daher davon ab, voreilig Rückschlüsse aus der Kriminalitätsstatistik zu ziehen. Fakt bleibt jedoch, dass die Brandenburger Landesregierung weiterhin ein modernes Polizeigesetz schuldig bleibt und es auf absehbare Zeit auch nicht schaffen wird, die Folgen des massiven Polizeiabbaus von SPD und Linke aufzufangen. Von den zusätzlichen Stellen, die nach den Beschlüssen der Großen Koalition in den Bundesländern geschaffen werden sollen ganz zu schweigen. Die Dienstbelastung für Brandenburger Polizisten und Polizistinnen wird weiterhin am Anschlag bleiben. Wir müssen ein System des Förderns und Forderns gesetzlich verankern. Dazu gehört, dass wir Menschen mit Bleibeperspektive in Arbeit bringen und ihnen unsere Werte vermitteln, dazu gehört aber auch, dass Menschen ohne Bleibeperspektive wieder ausreisen müssen. Da handeln SPD und Linke leider wenig konsequent. Das muss sich endlich ändern.“
Hans-Peter Goetz, stellvertretendee Landesvorsitzende der Brandenburger FDP: “Die Erkenntnis des Innenministers, dass der frühere Glaube, mit abnehmender Einwohnerzahl ginge auch die Kriminalität zurück, ein Irrtum war, ist sicher richtig. Jetzt müssen daraus aber auch deutlichere Schlüsse gezogen werden: Wir brauchen mehr Beamte bei Schutz- und Kriminalpolizei ebenso wie deutliche Personalverstärkungen bei Staatsanwaltschaften und Gerichten. Es wird Zeit für eine fünfte Brandenburger Einsatzhundertschaft. Recht ist nur dann Recht, wenn es auch durchgesetzt wird. Ansonsten sind das nur Appelle. Und mit Appellen ist kein Staat zu machen.”
Daniel Kurth, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion: „Die Gesamtkriminalität ist deutlich zurückgegangen und erreicht ein Rekordtief. Noch nie konnten sich die Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg so sicher fühlen, insbesondere vor Einbrechern und Dieben. Das ist zu begrüßen und in erster Linie der guten Arbeit der Polizistinnen und Polizisten zu verdanken. Auch die erfolgreiche Reform der Organisationsstrukturen bei der Landespolizei und die stärkere Präsenz auf der Straße, auf die wir als SPD-Fraktion gedrungen haben, zeigen positive Wirkung. Dass zugleich die Aufklärungsquote gestiegen ist, nimmt hoffentlich den Kritikern Wind aus den Segeln. Zwei Entwicklungen allerdings bereiten Sorgen: Der Anstieg der Gewaltkriminalität, dem die Polizei massiv entgegenwirken muss. Außerdem der wachsende Anteil von Jugendlichen und Heranwachsenden unter den Tatverdächtigen – auch hier sollte durch Präventionsmaßnahmen eine Trendumkehr erreicht werden. Dies ist eine Aufgabe für die staatlichen Institutionen ebenso wie die Gesellschaft.“