Am Freitag, dem 15.04.2016, sagte Albrecht Gerber (Energie- und Wirtschaftsminister, SPD), dass die rot-rote Koalition sich die Fragen eines möglichen Braunkohlekraftwerksneubaus oder einer -erweiterung in der Lausitz offen lasse. Ferner meinte er, dass aus seiner Sicht ein Braunkohleausstieg direkt nach dem Atomausstieg industriepolitisch nicht verantwortbar ist. Zudem mochte Gerber in Verbindung mit einem Braunkohleausstieg kein Zieldatum nennen und meinte im Hinblick auf die anstehenden Anti-Kohle-Aktionen zu Pfingsten, er könne “nur hoffen, dass diese sich legal verhalten”.
Dazu positioniert sich stellvertretend für die Linksjugend [‘solid] Brandenburg (der unabhängige, parteinahe Jugendverband der LINKEN Brandenburg) der Landessprecher*innenrat der Linksjugend [‘solid] Brandenburg:
Die Offenheit der Landesregierung gegenüber einer möglichen Erweiterung oder einem Braunkohlekraftwerksneubau ist realitätsfern. Braunkohleabbau ist nicht nur höchst umweltschädlich, sondern auch noch unrentabel.
Die Nachricht, dass der Käufer EHP sogar Geld von Vattenfall bekommt, um die Tagebaue zu übernehmen, ist entlarvend. Die 1,6 Mrd. € von Vattenfall wirken wie ein Schmerzensgeld für den Nachfolger. EHP wird wahrscheinlich das aus den Tagebauen noch herausholen, was es herauszuholen gibt, und die Sparte anschließend zerschlagen.
Tom Berthold, Landessprecher, bemerkt: “Gerber (SPD) darf in seiner Argumentation nicht vergessen, dass die Lausitz sich schon längst in einem Strukturwandel befindet, welcher damals mit der Wende begann.
Jetzt gilt es, den Strukturwandel sinnvoll zu begleiten und zu fördern.
Dabei sollte verantwortungsbewusst gegenüber den Folgen der Abwicklung der Energiegewinnung aus Braunkohle gehandelt werden. So sollte Gerber (SPD) Probleme beim gerade stattfindenden Strukturwandel besser lösen, als sie für eine Pro-Braunkohle-Argumentation zu nutzen. Das bringt weder die ökologischen Ziele, noch die Lausitz voran.”
Es lohnt sich ein Blick in den Koalitionsvertrag: Dort wird die Energiegewinnung aus Braunkohle fest als Brückentechnologie definiert, der Strukturwandel in der Lausitz in Zusammenhang mit einem fortschreitenden Ausstieg aus Braunkohleenergiegewinnung soll untersützt werden. Auch soll ein Kraftwerksneubau ausdrücklich nur dann geschehen, wenn die klimapolitischen Ziele bis 2030 dadaurch nicht gefährdet werden. Dazu Jürgen Engert, ebenfalls Landessprecher: “Diese Ziele sind jedoch jetzt schon stark gefährdet, wie eine Schätzung des Forums ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FOES) offenbart. So hat die Emission von CO2 wieder um 1% zugenommen. Ein Grund: Es wurde wieder mehr Braunkohle verstromt. Damit wird es immer unwahrscheinlicher, dass klimapolitische Ziele erreicht werden und eine Erweiterung des Braunkohletagebaus oder ein Kraftwerksneubau in der Lausitz werden immer weniger rechtfertigbar.”
Iris Burdinski, Landessprecherin, fügt hinzu: “Die Braunkohle wird ‘Brückentechnologie’ genannt. Da die Nutzung von Erneuerbaren Energien stetig zunimmt, klingt es doch unlogisch, dass die ‘Brücke’, um im sprachlichen Bild zu bleiben, länger oder größer werden muss. In Brandenburg könnten theoretisch bereits über 93% des Strombedarfs durch Erneuerbare Energien gedeckt werden – ein Großteil der erzeugten Energie wird nämlich exportiert. Natürlich müssen insbesondere noch der Netzausbau voranschreiten und effiziente Speichertechnologien entwickelt werden. Dies rechtfertigt jedoch nicht eine Offenhaltung gegenüber der Frage, ob in Zukunft der Bereich Braunkohle nicht doch ausgebaut werden könnte.”
“Ein weiteres dringendes Problem ist die Sulfatbelastung der Spree und somit des Berliner Trinkwassers. Die Ursachen für die hohen Sulfatwerte werden nicht nur in der Flutung von ehemaligen Tagebauen gesehen, sondern auch in den aktuell noch betriebenen Braunkohletagebauen. Somit ist die Braunkohle auf mehreren Ebenen umweltschädlich und als fossiler Energieträger weder umwelt- noch zeitgemäß.”, ergänzt Tina Lange vom Landessprecher*innen-Rat einen weiteren Aspekt.
Die Linksjugend [‘solid] Brandenburg wird sich an den Aktionen der Initiative “Ende Gelände” beteiligen und ruft alle, denen noch etwas an ihrem Planeten gelegen ist, dazu auf, es ihr gleich zu tun. “Wir finden es unmöglich, dass Herr Gerber den Aktivist*innen von “Ende Gelände” mit seiner Aussage unterstellt, sie könnten kriminell sein. Alle Aktionen sind angekündigt und folgen dem Konzept des Zivilen Ungehorsams. Im Vergleich zu den Schäden, die der Braunkohleabbau tagtäglich verursacht, ist es absolut lächerlich, eine gewaltfreie Protestaktion zu kriminalisieren.”, stellt Iris Burdinski fest.
“Letztendlich hoffen wir, dass auch Brandenburg seinen Teil dazu beitragen wird, den Pariser Klimavertrag zu ratifizieren und somit die nationalen Verpflichtungen zum Wohle der Umwelt erfüllen wird. Somit ist doch spätestens das Jahr 2050 als Datum für den Braunkohleausstieg nennbar. Das ist ein Datum, was international verplichtend gesetzt ist für die Reduktion der CO2-Emmissionen um 95% und somit schon passend als spätestes Zieldatum. Strafen bei Nichteinhaltung findet die Natur ganz alleine.”, meint Tom Berthold abschließend.
Ein Ende der Zukunftsangst von Braunkohle-Arbeiter*innen, wie Dietmar Woidke es nun kommen sieht, gibt es also nicht. Es wird Zeit, dass die Entscheidungsträger*innen in der Lausitz sich von ihrer Lebenslüge Braunkohle verabschieden und endlich wirklich neue Wege gehen.
Quelle: Linksjugend [‘solid] Brandenburg