Erneuter Marktcheck von Verbraucherzentrale und Mieterbund verdeutlicht weiteren Nachholbedarf
Ein Marktcheck von Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) und Deutschem Mieterbund Land Brandenburg ergab: Zwei von fünf Immobilienanzeigen enthalten auch ein Jahr nach Einführung der neuen Regeln immer noch nicht die nötigen Angaben zur Energieeffizienz. Insbesondere Mietwohnungen sind betroffen. Verbraucher haben einen echten Nachteil, können sie doch ohne die Angaben ihren künftigen Energieverbrauch nicht seriös schätzen.
Obwohl seit Mai 2014 eine Pflicht dazu besteht, fehlen in Brandenburger Immobilienanzeigen immer noch wichtige Angaben. Im vergangenen Jahr haben beide Vereine bereits einen Marktcheck durchgeführt, der unhaltbare Zustände bei der Angabe von Effizienzangaben aufdeckte: Nur 43 Prozent der Anzeigen waren vollständig. Der Wert ist binnen eines Jahres zwar auf knapp 60 Prozent gestiegen. „Aber nach einer solch langen Übergangszeit sollte man erwarten, dass alle die Regeln befolgen“, so Dr. Christian A. Rumpke, VZB-Geschäftsführer. „Verbraucher benötigen die Angaben, denn sonst kann ein böses Erwachen bei den späteren Heizkosten drohen.“
Bei Anzeigen in Tageszeitungen fehlen in 51 Prozent der Stichprobe sämtliche Angaben, in 12 Prozent der Fälle sind sie unvollständig. Wer online sucht, hat größere Chancen, auf vollständige Anzeigen zu stoßen: Über 80 Prozent erfüllen die Anforderungen der novellierten Energieeinsparverordnung (EnEV). Besonders schlecht schneiden nach wie vor private Anbieter ab: 85 Prozent aller Anzeigen enthalten keine oder unvollständige Angaben. Die schlechten Werte können zwei Ursachen haben: Entweder liegt noch gar kein Energieausweis vor, oder vorliegende Angaben werden nicht oder nur unvollständig in Anzeigen aufgenommen.
„Unser Marktcheck zeigt, dass Mieter besonders im Nachteil sind“, so Dr. Rainer Radloff, Vorsitzender des Mieterbundes Brandenburg. „Nur 13 Prozent der Kaufanzeigen enthalten gar keine Angaben, bei Mietobjekten sind es fast drei Mal so viele. Wir fordern Vermieter auf, die Energieeffizienzangaben nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Auch Mieter haben ein Recht darauf, den Energieverbrauch der Wohnung vor Einzug zu erfahren.“
Nicht besonders förderlich für eine Veränderung ist das Verhalten der Unteren Bauaufsichtsbehörden. Diese sind für Umsetzung der EnEV und Sanktionierung zuständig. Doch eine Anfrage von Verbraucherzentrale und Deutschem Mieterbund wirft Fragen auf. Das zuständige Ministerium antwortete u.a.: „Die unteren Bauaufsichtsbehörden sind bisher Verstößen […] nicht nachgegangen. […] [Sie] wurden im Rahmen der Novellierung der EnEV nicht mit zusätzlichen Personalressourcen ausgestattet. […] [Sie] werden Immobilienanzeigen in Zeitungen oder im Internet nicht auf ihre Konformität mit der EnEV überwachen. […] [B]ei begründeten Hinweisen auf Pflichtverstöße [sind] – unter Beachtung des Opportunitätsprinzips – Ordnungswidrigkeitsverfahren durchzuführen [..].“ (www.vzb.de/theorie-gut-praxis-mangelhaft)
„Leider ist von einer entschlossenen Umsetzung der EnEV zum Wohle der Verbraucher nichts zu spüren”, so Rumpke. „Wir fordern, dass sich die zuständigen Behörden im Land so organisieren, dass sie die EnEV-Umsetzung auch kontrollieren können.“
VZB und Mieterbund werden die Entwicklung weiterhin kritisch begleiten. Sie planen erste Abmahnungen von Akteuren, die sich pflichtwidrig verhalten.
Rechte für Kauf- und Mietinteressenten
Die Novellierung der EnEV trat am 1. Mai 2014 in Kraft. Seit dem 1. Mai 2015 können Verstöße mit einem Bußgeld sanktioniert werden.
Die EnEV soll Miet- und Kaufinteressenten neue Rechte gegenüber Eigentümern garantieren. Immobilienanzeigen müssen folgende Pflichtangaben enthalten:
- die Art des Energieausweises (Bedarfs- oder Verbrauchsausweis)
- der Wert des Bedarfs bzw. Verbrauchs (angegeben in kWh/m²a)
- der wesentliche Energieträger der Gebäudeheizung
- das Baujahr
- (bei Vorhandensein eines neuen Energieausweises) die Energieeffizienzklasse
Bei der Wohnungsbesichtigung müssen Vermieter bzw. Eigentümer den Energieausweis unaufgefordert vorlegen. Damit haben Mieter bzw. Käufer die Möglichkeit, den Kennwert in ihre Entscheidung einzubeziehen. Dabei gilt generell: Je weiter der Wert im grünen Bereich liegt, desto besser. Auch die Einordnung in Energieeffizienzklassen ist ein geeignetes Instrument, ohne fachliche Kenntnisse den Energieverbrauch eines Gebäudes einzuschätzen.
Bei Abschluss des Vertrages müssen Anbieter den Mietern bzw. Käufern eine Kopie des Ausweises zur Verfügung stellen. Das Dokument sollten diese dann zusammen mit den Vertragsunterlagen aufbewahren.
Einschränkung: Sollte noch kein gültiger Energieausweis vorliegen, dann muss nicht eigens für die Immobilienanzeige ein Ausweis erstellt werden. Allerdings muss spätestens beim Besichtigungstermin ein gültiger Energieausweis vorliegen.
Über die Verbraucherzentrale Brandenburg e.V.
Die Verbraucherzentrale Brandenburg e.V. ist die wichtigste Interessenvertretung der Brandenburger Verbraucher gegenüber Politik und Wirtschaft. Sie bietet Verbraucherberatung,
-information und -bildung auf hohem Niveau. Ihre Themen reichen von Markt und Recht, Reise und Freizeit, Finanzen, Versicherungen, Lebensmittel und Ernährung über Medien und Telefon bis zu Energie, Bauen und Wohnen. Zudem berät sie zu deutsch-polnischem Verbraucherrecht und ist Trägerin der Unabhängigen Patientenberatung im Land.
Darüber hinaus mahnt die Verbraucherzentrale Brandenburg Unternehmen ab, die zu Ungunsten von Verbrauchern gegen geltendes Recht verstoßen und klärt die Öffentlichkeit über Verbraucherrechte, Abzockmaschen und Spartipps auf. Im Jahr 2015 feiert sie ihren 25. Geburtstag.
Aktuelle Informationen zur Verbraucherzentrale Brandenburg gibt es auf www.vzb.de und www.facebook.com/vzbrandenburg.
Die Verbraucherzentrale Brandenburg wird gefördert durch das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz.
Über den Deutschen Mieterbund Land Brandenburg e.V.
Der Deutsche Mieterbund Land Brandenburg e.V. ist als Dachorganisation für derzeit 26 Mietervereine (darunter dem einzigen deutschen Internet-Mieterverein) einer von 15 Landesverbänden im Deutschen Mieterbund e.V. (DMB). Er ist Interessenvertreter der Mieterinnen und Mieter, aber auch der Nutzer in Brandenburg. In den Mietervereinen Brandenburgs sind über 27.000 Mitgliedshaushalte organisiert.
Er setzt sich unter anderem für die verfassungsmäßige Garantie des Grundrechts auf Wohnung, eine soziale Wohnungs- und Bodenpolitik, sozialverträgliche Mieten und gesetzlich begrenzte Betriebskosten, weitestgehenden Kündigungs- und Räumungsschutz bei Wohnungen ein. Die örtlichen Mietervereine bieten ihren Mitgliedern Beratung in allen mietrechtlichen Angelegenheiten und unterstützen auf kommunaler Ebene die Interessenvertretung der Mieter, Nutzer sowie Pächter. Der Deutsche Mieterbund und seine örtlichen Mietervereine finanzieren sich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen.
Weitere Informationen gibt es auf www.mieterbund-brandenburg.de
Quelle: Verbraucherzentrale Brandenburg