Vor einigen Tagen wurde die Entdeckung eines mittelalterlichen Ziegelbrennofens auf einer Baustelle in der Cottbuser Stadtmitte, am Spreeufer, bekannt. Archäologen hatten nach Abriss- und Erdarbeiten das gut erhaltene Gemäuer freigelegt und auf das 15. Jahrhundert datiert. Er befindet sich auf Höhe der alten Stadtmauer und soll für Ziegelnachschub nach Beschädigungen dieser gedient haben.
Eine Vermutung über das Alter des Ofens gibt die direkte Nähe zur Stadtmauer. Möglicherweise wurde der Ofen errichtet nachdem die Hussiten die Stadt 1429 belagert hatten. Aber das ist nur eine von mehreren Theorien.
Steffen Krestin, Leiter des Stadtmuseums sagt dazu: “Ich wünsche mir den Erhalt. Es ist ein einmaliger, besonderer Fund in der Stadt. Bei Stadtführungen wäre es ein neuer Höhepunkt. Für die stadtgeschichtliche Bedeutung muss man die kommenden Forschungen abwarten. Es ist ungewöhnlich, dass inmitten des Stadtareals ein Brennofen existiert. Denn dann hat dort keine Wohnbebauung existiert. Auch ist nicht sicher, ob die Ziegel für den Kirchenbau oder für die Stadtmauer genutzt wurden. Im 14. Jahrhundert wurde die Klosterkirche gebaut, im 15. Jahrhundert wurde die Oberkirche nach Brand wieder aufgebaut. Ob die Hussiten die Stadt im 15. Jahrhundert erobert haben oder nicht, ist aufgrund verschiedener Quellen auch nicht ganz sicher, auch für den Wiederaufbau der Stadtmauer wäre es denkbar.”
Egal wofür der Brennofen exisitert hat, die Zumutbarkeit für den heutigen Bauherren muss laut Landesgesetz gegeben sein. Einem privater Investor kann eine öffentliche Zugänglichkeit nicht zugemutet werden. Wenn der Ziegelofen für die Öffentlichkeit erhalten bleiben soll, ist Geld notwendig, um den Fund zu betreuen, zugänglich zu machen und entsprechend zu konservieren. Das Landesamt müsste dafür Mittel für einen Archäologen und einen Restaurator einstellen, die es in Cottbus derzeit aufgrund von Sparzwängen nicht gibt. Vorstellbar wäre auch, das Baurecht so zu ändern, dass der Ofen wieder zugeschüttet wird und so erstmal erhalten bleibt. Es ist Pragmatismus gefragt in der Sache. (Bericht über den Fund)
Menschen engagieren sich für den Erhalt
Mittlerweile haben sich auch Bürger zu Wort gemeldet, die den Erhalt des Ziegelbrennofens fordern und wünschen. Im sozialen Netzwerk Facebook gibt es eine Gruppe “Wir retten den historischen Ziegelsteinbrennofen – Cottbus“. Innerhalb weniger Tage hat sie über 250 Mitglieder und sucht nach Ideen für den Erhalt und weiteren Mitstreitern. ” In Cottbus wurde ein Jahrhunderte alter Ziegelsteinbrennofen gefunden. Er ist herausragendes Zeugnis der Geschichte von Cottbus, er ist ein archeologischer Schatz. Schaffen wir es, ihn für künftige Generationen im Original zu erhalten, um zu erklären und zu verstehen, wozu er Cottbusern diente und in welcher Zeit und Epoche Cottbuser ihn brauchten? Erhalten, sichtbar und verstehbar machen – nötigenfalls an anderem Ort in der Stadt – wenn Du dafür bist, tritt der Gruppe bei und setze Dich für den Erhalt des historischen Fundstücks ein! Ideen wie es weiter gehen soll sind willkommen, weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter auch.”heißt es in der Beschreibung der Gruppe.
Auch Gerd-Christian Treutler, Vorsitzender der Brandenburgischen genealogischen Gesellschaft “Roter Adler” e.V. fordert einen Erhalt des historischen Fundes: „Ein Abriss wäre eine Schande. Was Jahrhunderte überstanden hat, darf nicht mit einem Federstrich vernichtet werden. Wir können uns den Erhalt an Ort und Stelle in Form eines sogenannten archäologischen Fensters, wie man es aus Köln, Spandau, Regensburg oder anderen Städten kennt sehr gut vorstellen. Dieses sollte in geeigneter Form in das private Bauprojekt eingebunden werden und für die Öffentlichkeit zugänglich sein. So könne ein weiteres Highlight für Cottbus, seine Besucher und nachfolgende Generationen geschaffen werden.” Er bringt auch Frau Dr. Martina Münch, zuständige Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, in der Sache ins Spiel: “Wenn die Kosten für den Erhalt dem Bauherren nicht zuzumuten seien, müssen hier umgehend Lösungen auf Landesebene gefunden werden.“
Hintergrund:
Hussitenkriege (Quelle: Stadtmuseum Cottbus)
Seit 1420 tobt auch in der Ober- und Niederlausitz der sogenannte Hussitenkrieg. Trotzdem sich die Stände der Niederlausitz 1422 zu gegenseitigem Schutz und zur Verteidigung des Landes verpflichten, ziehen hussitische Armeen weiterhin durch das Land. So schließt das Haupt der Cottbuser Herrenfamilie, Johann III., bereits 1423 ein Bündnis gegen die Hussiten mit dem Erzbischof von Magdeburg und begibt sich ab 1424 unter dem Schutz des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Streitbaren. Dieser “nimmt den Hans von Kothebus und seine Erben mit ihrer Stadt Kothbus und mit allen ihren Schlössern, Mannen und Unterthanen in seinen Schutz, nöthigenfalls sie auch mit dem Kriege zu vertheidigen, jedoch den römischen König und den Markgrafen Friedrich ausgenommen, auch sollen die von Kothebus keinen Krieg und Fehde anheben. […]”(1) Im Gegenzug verpflichtet sich Johann III. ihm gegen “Futter und Brodt” zu dienen.
1427 unternehmen die Stände der Ober- und der Niederlausitz einen Feldzug gegen die Hussiten. An diesem beteiligen sich auch Johann III. sowie seine Söhne Reinhard und Friedehelm. Ein Jahr später folgt ein weiterer Feldzug. Bei diesem führt Johann 48 Pferde ins Feld. 1429 helfen die Cottbuser den Bautzenern erfolgreich in ihrem Widerstand gegen die Hussiten. Hier ist überliefert, dass ein Angehöriger des Cottbuser Adels den Bautzener Stadtschreiber der Sabotage überführte: “Der Stadtschreiber daselbst war mit gelde gestochen, und hatte in das Büchsenpulver Wasser gegossen, und dasselbe zu nichte gemacht, als aber solches durch den von Cottbus, einen vom Adel, welcher sich zu dene in Budissin in die Stadt begeben, offenbar ward, wurde der Verräter geviertheilet und sein Herz ihme in das Angesicht geworffen.” (2) Nach der erfolglosen Belagerung der Stadt Bautzen ziehen die Hussiten durch die Niederlausitz.
Am 20.10.1429 stehen die Hussiten auch vor der Cottbuser Stadtmauer und belagern die Stadt. Den Ausführungen des ehemaligen Stadtarchivars Fritz Schmidt zufolge wird die Stadt durch die Hussiten eingenommen. Dazu führt er aus, dass “Cottbus und Guben […] mit Gewalt erobert, alle männlichen Bewohner erschlagen, weder Frauen noch Jungfrauen geschont und alle Gebäude in Brand gesteckt [wurden].” (3) In der von Franz Specht zusammengestellten Chronik aus dem Jahr 1930 ist hingegen von der “vergeblichen Belagerung der Stadt durch die Hussiten” die Rede. (4)