Am vergangenen Freitag fand der mittlerweile neunte Scheunentalk in der Theaterscheune Ströbitz statt. Die Gäste zum Thema Doping, Olympia und Leistungssport ließen erahnen, dass es heiß hergehen würde. So kam es dann auch. Claudia Pechstein, erfolgreichste Eisschnellläuferin der Welt erzählte wie es ihr als Dopingverdächtige ging und wie sie seit ihrer zweijährigen Sperre durch die internationale Eislaufunion um ihre Rehabilitation vor Gerichten aller Institutionen kämpft. Im Gespräch kam auch ihre dunkelste Stunde zu Tage. Sie erzählte wie weit ihre Überlegungen aufgrund der psychischen Belastungen waren, sich das Leben zu nehmen. In der Diskussion um die Richtlinien wer wann “gedopt” hat, erklärte ihr Lebensgefährte Matthias Große das Vorgehen der internationalen Gremien und Dr. Frank Käßner, Leistungsdiagnostiker aus Cottbus, versuchte die Problematik für alle zu erklären.
Stephan Freigang, Marathonläufer aus Hohenleipisch und Olympiadritter in Barcelona 1992, ging auf seine Karriere und die Nominierungskriterien des Bundes ein und gab einen Einblick in diese Praxis. Weiterhin war Dietrich “Didi” Thurau zu Gast, er galt als “6 Tage Legende” und Tour de France Teilnehmer, wurde aber im späteren Verlauf wegen Dopings gesperrt und bekannte sich nach Ende seiner Karriere zur Einnahme illegaler Dopingmittel.
Andreas Gerlach, Leiter des Landessportbundes Brandenburg mahnte an, dass es neben den Spielsportarten wie Fußball noch andere Sportarten gibt, die in der Öffentlichkeit aber Großteils untergehen aber regelmäßig olympische Medaillen hervorbringt und deutschlandweit weit vorn mit dabei ist. Auch die gesamte Leistungssportförderung thematisiert er, gerade im Vergleich mit anderen Ländern und dem Abschneiden der deutschen und Brandenburger Olympioniken in Rio.
Insgesamt entwickelte sich ein spannender Abend mit vielen neuen Einsichten, den wir in einzelnen Videoabschnitten online gestellt haben und im Youtubekanal von Niederlaustiz aktuell angeschaut werden kann. Auch die Zusammenfassung führt zu den einzelnen Gästen und ihren ausführlichen Statements.
Die Gäste:
Claudia Pechstein – Sechs Olympiateilnahmen mit fünfmal Gold, zweimal Silber und zweimal Bronze. 32 Weltcupsiege, 6 gewonnene Weltmeisterschaften und drei Europameisterschaften und 28-mal Gold in Deutschland. Das ist die beeindruckende Bilanz der erfolgreichsten Eisschnellläuferin der Welt, die in Ost-Berlin geboren und ihre ersten Erfolge bereits 1985 bei der Kinder- und Jugendspartakiade über 1500 Meter feiern konnte. Im Juli 2009 wurde die Bundespolizistin für zwei Jahre von der internationalen Eislaufunion wegen Blutdopings gesperrt und kämpfte vor verschiedenen Gerichten um ihre Rehabilitation. Der Bundesgerichtshof wies im Juni 2016 die Berufung gegen vorherige Urteile ab.
Dietrich Thurau galt bereits als Jugend- und Juniorenfahrer als eines der größten Westdeutschen Talente im Radsport. Bei seiner ersten Tour de France im Jahr 1977 trug der damals 22-Jährige 15 Tage lang das gelbe Trikot. Er wurde Weltmeister mit dem Bahnvierer, deutscher Straßen-Meister und „6-Tage“-Legende. 1980 wurde er nach drei positiven Dopingproben innerhalb einer Saison aus der Tour de France ausgeschlossen. Nach dem Ende seiner Laufbahn gestand er den regelmäßigen Gebrauch leistungssteigernder Mittel ein.
Der bis 2005 aktive Langstreckenläufer Stephan Freigang war Dritter des Marathons bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona. Nach einem schweren Motorradunfall 1989 stand seine Sportlerkarriere auf der Kippe, er lief sich 1990 mit einem Sieg beim Berliner Halbmarathon aber wieder an die deutsche Spitze. Er wurde deutscher Marathonmeister 1998 und mit 2:09:45 h der viertschnellste Deutsche auf dieser Strecke.
Dr. Frank Käßner ist Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Schlafmediziner, Ärztlicher Leiter und Geschäftsführender Gesellschafter des Ambulanten Zentrums für Lungenkrankheiten und Schlafmedizin in Cottbus und betreut leistungsdiagnostisch Spitzenradsportler und Boxer aus der Region.
Andreas Gerlach – Einst DDR-Meister im Degenfechten und neun Jahre Teil der DDR Fechtmannschaft. Bei der „Ersatz-Olympiade“ der ehemaligen Ostblockländer 1984 in Budapest wurde er Zweiter mit dem DDR Team. Aktiv war er bis 2008, ehe ihn ein Muskelfaserriss stoppte. Der studierte Journalist war bei Zeitungen und im öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätig und ist seit 1999 Hauptgeschäftsführer des Landessportbunds Brandenburg und Vorsitzender des Trägervereins des Olympiastützpunkts Brandenburg.
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