Die prekären Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit machen es den Professionellen immer schwerer qualitativ gute Arbeit zu leisten. Schlechte Bezahlung, hoher Arbeitsdruck und zum Teil unsinnige Anforderungen sind auch persönlich schwer auszuhalten. Auf diese Problematik machte die Fakultät 3 (Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Musikpädagogik) der Hochschule Lausitz mit drei Vorträgen zu den Wissenschaftstagen am 28. November aufmerksam. Dass dies ein höchst aktuelles Thema ist, belegt die Anwesenheit von mehr als 90 Praktiker/innen der Sozialen Arbeit unter den insgesamt 360 Besuchern.
Bereits am Vormittag des Thementages zur Sozialen Arbeit stellte Frau Dr. Vera Hähnlein, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in Cottbus, in ihrem Vortrag das Thema Burnout in den Mittelpunkt. Die psychosoziale Arbeit führt häufig zum Ausbrennen und damit zur Arbeitsunfähigkeit, wenn man sich nicht davor schützt. Dazu gehört z.B. eine Trennung von Berufs- und Privatleben, persönlicher Ausgleich durch Hobby oder Sport, sowie eine regelmäßige Supervision, die in der Regel vom Arbeitgeber bereitgestellt werden sollte.
Dass fachliche Standards aktuell nicht immer gewährleistet sind, war eines der Themen von Dr. Marie-Luise Conen, die auf Einladung des des Arbeitskreisses Kritische Sozialarbeit Cottbus und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Brandenburg als Referentin für den Nachmittag gewonnen werden konnte. Sie hatte 2011 das Buch veröffentlicht: Ungehorsam ‐ eine Überlebensstrategie. Professionelle Helfer zwischen Realität und Qualität. Die Dipl.-Psychologin und Dipl.-Pädagogin setzt sich seit langem mit den Rahmenbedingungen auseinander, unter denen Fachkräfte Sozialer Arbeit unter hohem Arbeits- und Verantwortungsdruck ihrer Arbeit nachgehen. Dazu gehört neben sinkenden Sozialetats auch die damit einhergehende Arbeitsverdichtung, die professionelle Helfer nicht selten in einen fachlichen Konflikt bringen: Entweder sie machen Abstriche in der Qualität oder versinken in totaler Arbeitsüberlastung. So gaben einer Studie zufolge 78 Prozent der Sozialarbeiter an, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen eine erfolgreiche Arbeit behindern. Fachliche Standards und Qualität spielen bei den Kostenträgern, im Angesicht der Kostenfrage so gut wie keine Rolle : Es werden zu viele kurzfristige Hilfen anstatt strukturverändernde langfristige Maßnahmen gefördert. Langfristig seien viele Entscheidungen dabei keineswegs ökonomisch, da das Stopfen von Löchern auf Dauer, neben fatalen persönlichen Folgen für die Klientel und auch für die Fachkräfte selbst, letztlich Mehrausgaben verursache.
Conen bemängelte ein unzureichendes politisches Verständnis der Profession, die vorherrschende Anpassung an immer schlechter werdende Rahmenbedingungen sowie den bislang niedrigen Organisationsgrad des Berufsstandes. Sie verwies auf die dringende Notwendigkeit, auch im Sinne der Nutzer Sozialer Arbeit, für die Interessen der Profession zu kämpfen: Fachkräfte müssen sich positionieren, einmischen und auf die Qualität in ihrer Arbeit bestehen. Alternative Widerstandsstrategien zielen dabei auf einen geplanten, subversiven Ungehorsam ab, mit dem unsinnigen Anforderungen begegnet werden kann. Sollte auch dieser Dienst nach Vorschrift nicht mehr ausreichen, so müsse man sich stets Alternativen zum Beruf offen halten, um nicht im Burnout zu enden, was vielen Kollegen das weitere Arbeiten mit Klienten sowieso unmöglich macht. Arbeitslosigkeit ist schon jetzt kein Problem in der Sozialen Arbeit, demnächst werde es sogar einen Fachkräftemangel geben.
In ihrem ersten Vortrag zu „Multiproblemfamilien“ hatte Frau Conen den Praktikern und Lernenden sehr konkrete Hinweise zum Umgang mit diesem besonderen Klientel gegeben Aber auch hier wirkt die politische Seite mit, wenn nicht genügend Zeit für sozialpädagogische Interventionen bewilligt wird oder zu viel des Guten geschieht, wenn eine Familie beispielsweise bei einer Fallkonferenz zehn „Helfern“ aus Ämtern, Schule, Einzelbetreuung usw. gegenübersitzt.
Unterstützt wurde die Veranstaltung zudem mit einem Kuchenbasar von Schülern der Pestalozzi-Schule im Rahmen des Projekts „Lernen durch Engagement“, so dass in der Pause ernsthafte und vertiefende Diskussionen etwas versüßt wurden, denn die Situation in der sozialen Arbeit ist alles andere als süß.
HINTERGRÜNDE:
Die Wissenschaftstage der Hochschule Lausitz werden jährlich durchgeführt. In diesem Jahr kooperierte das Lehrgebiet Soziale Arbeit mit dem Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband bei der Durchführung des ersten der drei Programmtage.
Der Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit Cottbus existiert seit März 2012 und ist eine parteien- und trägerunabhängige Vereinigung von Sozialarbeitern, Studenten, Absolventen, Interessierten und Hochschuldozenten, die für die Stärkung der Sozialarbeit/ -pädagogik in der Region Cottbus einstehen und sich in gesellschafts- und sozialpolitische Themen einmischen.
Er bietet eine Plattform sowie ein Forum für alle oben aufgeführten Beteiligten, wo aktuelle Themen diskutiert, bewertet und öffentlich gemacht werden. Die Mitglieder eint das Diskutieren, Formulieren und Realisieren von Perspektiven kritischer Sozialarbeit. Damit entsprechen sie den Anliegen des deutschlandweiten Forums Kritischer Sozialarbeit. (siehe http://www.kritischesozialearbeit.de/)
Fotos: Susann Bartowiak
Die prekären Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit machen es den Professionellen immer schwerer qualitativ gute Arbeit zu leisten. Schlechte Bezahlung, hoher Arbeitsdruck und zum Teil unsinnige Anforderungen sind auch persönlich schwer auszuhalten. Auf diese Problematik machte die Fakultät 3 (Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Musikpädagogik) der Hochschule Lausitz mit drei Vorträgen zu den Wissenschaftstagen am 28. November aufmerksam. Dass dies ein höchst aktuelles Thema ist, belegt die Anwesenheit von mehr als 90 Praktiker/innen der Sozialen Arbeit unter den insgesamt 360 Besuchern.
Bereits am Vormittag des Thementages zur Sozialen Arbeit stellte Frau Dr. Vera Hähnlein, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in Cottbus, in ihrem Vortrag das Thema Burnout in den Mittelpunkt. Die psychosoziale Arbeit führt häufig zum Ausbrennen und damit zur Arbeitsunfähigkeit, wenn man sich nicht davor schützt. Dazu gehört z.B. eine Trennung von Berufs- und Privatleben, persönlicher Ausgleich durch Hobby oder Sport, sowie eine regelmäßige Supervision, die in der Regel vom Arbeitgeber bereitgestellt werden sollte.
Dass fachliche Standards aktuell nicht immer gewährleistet sind, war eines der Themen von Dr. Marie-Luise Conen, die auf Einladung des des Arbeitskreisses Kritische Sozialarbeit Cottbus und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Brandenburg als Referentin für den Nachmittag gewonnen werden konnte. Sie hatte 2011 das Buch veröffentlicht: Ungehorsam ‐ eine Überlebensstrategie. Professionelle Helfer zwischen Realität und Qualität. Die Dipl.-Psychologin und Dipl.-Pädagogin setzt sich seit langem mit den Rahmenbedingungen auseinander, unter denen Fachkräfte Sozialer Arbeit unter hohem Arbeits- und Verantwortungsdruck ihrer Arbeit nachgehen. Dazu gehört neben sinkenden Sozialetats auch die damit einhergehende Arbeitsverdichtung, die professionelle Helfer nicht selten in einen fachlichen Konflikt bringen: Entweder sie machen Abstriche in der Qualität oder versinken in totaler Arbeitsüberlastung. So gaben einer Studie zufolge 78 Prozent der Sozialarbeiter an, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen eine erfolgreiche Arbeit behindern. Fachliche Standards und Qualität spielen bei den Kostenträgern, im Angesicht der Kostenfrage so gut wie keine Rolle : Es werden zu viele kurzfristige Hilfen anstatt strukturverändernde langfristige Maßnahmen gefördert. Langfristig seien viele Entscheidungen dabei keineswegs ökonomisch, da das Stopfen von Löchern auf Dauer, neben fatalen persönlichen Folgen für die Klientel und auch für die Fachkräfte selbst, letztlich Mehrausgaben verursache.
Conen bemängelte ein unzureichendes politisches Verständnis der Profession, die vorherrschende Anpassung an immer schlechter werdende Rahmenbedingungen sowie den bislang niedrigen Organisationsgrad des Berufsstandes. Sie verwies auf die dringende Notwendigkeit, auch im Sinne der Nutzer Sozialer Arbeit, für die Interessen der Profession zu kämpfen: Fachkräfte müssen sich positionieren, einmischen und auf die Qualität in ihrer Arbeit bestehen. Alternative Widerstandsstrategien zielen dabei auf einen geplanten, subversiven Ungehorsam ab, mit dem unsinnigen Anforderungen begegnet werden kann. Sollte auch dieser Dienst nach Vorschrift nicht mehr ausreichen, so müsse man sich stets Alternativen zum Beruf offen halten, um nicht im Burnout zu enden, was vielen Kollegen das weitere Arbeiten mit Klienten sowieso unmöglich macht. Arbeitslosigkeit ist schon jetzt kein Problem in der Sozialen Arbeit, demnächst werde es sogar einen Fachkräftemangel geben.
In ihrem ersten Vortrag zu „Multiproblemfamilien“ hatte Frau Conen den Praktikern und Lernenden sehr konkrete Hinweise zum Umgang mit diesem besonderen Klientel gegeben Aber auch hier wirkt die politische Seite mit, wenn nicht genügend Zeit für sozialpädagogische Interventionen bewilligt wird oder zu viel des Guten geschieht, wenn eine Familie beispielsweise bei einer Fallkonferenz zehn „Helfern“ aus Ämtern, Schule, Einzelbetreuung usw. gegenübersitzt.
Unterstützt wurde die Veranstaltung zudem mit einem Kuchenbasar von Schülern der Pestalozzi-Schule im Rahmen des Projekts „Lernen durch Engagement“, so dass in der Pause ernsthafte und vertiefende Diskussionen etwas versüßt wurden, denn die Situation in der sozialen Arbeit ist alles andere als süß.
HINTERGRÜNDE:
Die Wissenschaftstage der Hochschule Lausitz werden jährlich durchgeführt. In diesem Jahr kooperierte das Lehrgebiet Soziale Arbeit mit dem Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband bei der Durchführung des ersten der drei Programmtage.
Der Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit Cottbus existiert seit März 2012 und ist eine parteien- und trägerunabhängige Vereinigung von Sozialarbeitern, Studenten, Absolventen, Interessierten und Hochschuldozenten, die für die Stärkung der Sozialarbeit/ -pädagogik in der Region Cottbus einstehen und sich in gesellschafts- und sozialpolitische Themen einmischen.
Er bietet eine Plattform sowie ein Forum für alle oben aufgeführten Beteiligten, wo aktuelle Themen diskutiert, bewertet und öffentlich gemacht werden. Die Mitglieder eint das Diskutieren, Formulieren und Realisieren von Perspektiven kritischer Sozialarbeit. Damit entsprechen sie den Anliegen des deutschlandweiten Forums Kritischer Sozialarbeit. (siehe http://www.kritischesozialearbeit.de/)
Fotos: Susann Bartowiak
Die prekären Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit machen es den Professionellen immer schwerer qualitativ gute Arbeit zu leisten. Schlechte Bezahlung, hoher Arbeitsdruck und zum Teil unsinnige Anforderungen sind auch persönlich schwer auszuhalten. Auf diese Problematik machte die Fakultät 3 (Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Musikpädagogik) der Hochschule Lausitz mit drei Vorträgen zu den Wissenschaftstagen am 28. November aufmerksam. Dass dies ein höchst aktuelles Thema ist, belegt die Anwesenheit von mehr als 90 Praktiker/innen der Sozialen Arbeit unter den insgesamt 360 Besuchern.
Bereits am Vormittag des Thementages zur Sozialen Arbeit stellte Frau Dr. Vera Hähnlein, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in Cottbus, in ihrem Vortrag das Thema Burnout in den Mittelpunkt. Die psychosoziale Arbeit führt häufig zum Ausbrennen und damit zur Arbeitsunfähigkeit, wenn man sich nicht davor schützt. Dazu gehört z.B. eine Trennung von Berufs- und Privatleben, persönlicher Ausgleich durch Hobby oder Sport, sowie eine regelmäßige Supervision, die in der Regel vom Arbeitgeber bereitgestellt werden sollte.
Dass fachliche Standards aktuell nicht immer gewährleistet sind, war eines der Themen von Dr. Marie-Luise Conen, die auf Einladung des des Arbeitskreisses Kritische Sozialarbeit Cottbus und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Brandenburg als Referentin für den Nachmittag gewonnen werden konnte. Sie hatte 2011 das Buch veröffentlicht: Ungehorsam ‐ eine Überlebensstrategie. Professionelle Helfer zwischen Realität und Qualität. Die Dipl.-Psychologin und Dipl.-Pädagogin setzt sich seit langem mit den Rahmenbedingungen auseinander, unter denen Fachkräfte Sozialer Arbeit unter hohem Arbeits- und Verantwortungsdruck ihrer Arbeit nachgehen. Dazu gehört neben sinkenden Sozialetats auch die damit einhergehende Arbeitsverdichtung, die professionelle Helfer nicht selten in einen fachlichen Konflikt bringen: Entweder sie machen Abstriche in der Qualität oder versinken in totaler Arbeitsüberlastung. So gaben einer Studie zufolge 78 Prozent der Sozialarbeiter an, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen eine erfolgreiche Arbeit behindern. Fachliche Standards und Qualität spielen bei den Kostenträgern, im Angesicht der Kostenfrage so gut wie keine Rolle : Es werden zu viele kurzfristige Hilfen anstatt strukturverändernde langfristige Maßnahmen gefördert. Langfristig seien viele Entscheidungen dabei keineswegs ökonomisch, da das Stopfen von Löchern auf Dauer, neben fatalen persönlichen Folgen für die Klientel und auch für die Fachkräfte selbst, letztlich Mehrausgaben verursache.
Conen bemängelte ein unzureichendes politisches Verständnis der Profession, die vorherrschende Anpassung an immer schlechter werdende Rahmenbedingungen sowie den bislang niedrigen Organisationsgrad des Berufsstandes. Sie verwies auf die dringende Notwendigkeit, auch im Sinne der Nutzer Sozialer Arbeit, für die Interessen der Profession zu kämpfen: Fachkräfte müssen sich positionieren, einmischen und auf die Qualität in ihrer Arbeit bestehen. Alternative Widerstandsstrategien zielen dabei auf einen geplanten, subversiven Ungehorsam ab, mit dem unsinnigen Anforderungen begegnet werden kann. Sollte auch dieser Dienst nach Vorschrift nicht mehr ausreichen, so müsse man sich stets Alternativen zum Beruf offen halten, um nicht im Burnout zu enden, was vielen Kollegen das weitere Arbeiten mit Klienten sowieso unmöglich macht. Arbeitslosigkeit ist schon jetzt kein Problem in der Sozialen Arbeit, demnächst werde es sogar einen Fachkräftemangel geben.
In ihrem ersten Vortrag zu „Multiproblemfamilien“ hatte Frau Conen den Praktikern und Lernenden sehr konkrete Hinweise zum Umgang mit diesem besonderen Klientel gegeben Aber auch hier wirkt die politische Seite mit, wenn nicht genügend Zeit für sozialpädagogische Interventionen bewilligt wird oder zu viel des Guten geschieht, wenn eine Familie beispielsweise bei einer Fallkonferenz zehn „Helfern“ aus Ämtern, Schule, Einzelbetreuung usw. gegenübersitzt.
Unterstützt wurde die Veranstaltung zudem mit einem Kuchenbasar von Schülern der Pestalozzi-Schule im Rahmen des Projekts „Lernen durch Engagement“, so dass in der Pause ernsthafte und vertiefende Diskussionen etwas versüßt wurden, denn die Situation in der sozialen Arbeit ist alles andere als süß.
HINTERGRÜNDE:
Die Wissenschaftstage der Hochschule Lausitz werden jährlich durchgeführt. In diesem Jahr kooperierte das Lehrgebiet Soziale Arbeit mit dem Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband bei der Durchführung des ersten der drei Programmtage.
Der Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit Cottbus existiert seit März 2012 und ist eine parteien- und trägerunabhängige Vereinigung von Sozialarbeitern, Studenten, Absolventen, Interessierten und Hochschuldozenten, die für die Stärkung der Sozialarbeit/ -pädagogik in der Region Cottbus einstehen und sich in gesellschafts- und sozialpolitische Themen einmischen.
Er bietet eine Plattform sowie ein Forum für alle oben aufgeführten Beteiligten, wo aktuelle Themen diskutiert, bewertet und öffentlich gemacht werden. Die Mitglieder eint das Diskutieren, Formulieren und Realisieren von Perspektiven kritischer Sozialarbeit. Damit entsprechen sie den Anliegen des deutschlandweiten Forums Kritischer Sozialarbeit. (siehe http://www.kritischesozialearbeit.de/)
Fotos: Susann Bartowiak
Die prekären Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit machen es den Professionellen immer schwerer qualitativ gute Arbeit zu leisten. Schlechte Bezahlung, hoher Arbeitsdruck und zum Teil unsinnige Anforderungen sind auch persönlich schwer auszuhalten. Auf diese Problematik machte die Fakultät 3 (Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Musikpädagogik) der Hochschule Lausitz mit drei Vorträgen zu den Wissenschaftstagen am 28. November aufmerksam. Dass dies ein höchst aktuelles Thema ist, belegt die Anwesenheit von mehr als 90 Praktiker/innen der Sozialen Arbeit unter den insgesamt 360 Besuchern.
Bereits am Vormittag des Thementages zur Sozialen Arbeit stellte Frau Dr. Vera Hähnlein, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in Cottbus, in ihrem Vortrag das Thema Burnout in den Mittelpunkt. Die psychosoziale Arbeit führt häufig zum Ausbrennen und damit zur Arbeitsunfähigkeit, wenn man sich nicht davor schützt. Dazu gehört z.B. eine Trennung von Berufs- und Privatleben, persönlicher Ausgleich durch Hobby oder Sport, sowie eine regelmäßige Supervision, die in der Regel vom Arbeitgeber bereitgestellt werden sollte.
Dass fachliche Standards aktuell nicht immer gewährleistet sind, war eines der Themen von Dr. Marie-Luise Conen, die auf Einladung des des Arbeitskreisses Kritische Sozialarbeit Cottbus und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Brandenburg als Referentin für den Nachmittag gewonnen werden konnte. Sie hatte 2011 das Buch veröffentlicht: Ungehorsam ‐ eine Überlebensstrategie. Professionelle Helfer zwischen Realität und Qualität. Die Dipl.-Psychologin und Dipl.-Pädagogin setzt sich seit langem mit den Rahmenbedingungen auseinander, unter denen Fachkräfte Sozialer Arbeit unter hohem Arbeits- und Verantwortungsdruck ihrer Arbeit nachgehen. Dazu gehört neben sinkenden Sozialetats auch die damit einhergehende Arbeitsverdichtung, die professionelle Helfer nicht selten in einen fachlichen Konflikt bringen: Entweder sie machen Abstriche in der Qualität oder versinken in totaler Arbeitsüberlastung. So gaben einer Studie zufolge 78 Prozent der Sozialarbeiter an, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen eine erfolgreiche Arbeit behindern. Fachliche Standards und Qualität spielen bei den Kostenträgern, im Angesicht der Kostenfrage so gut wie keine Rolle : Es werden zu viele kurzfristige Hilfen anstatt strukturverändernde langfristige Maßnahmen gefördert. Langfristig seien viele Entscheidungen dabei keineswegs ökonomisch, da das Stopfen von Löchern auf Dauer, neben fatalen persönlichen Folgen für die Klientel und auch für die Fachkräfte selbst, letztlich Mehrausgaben verursache.
Conen bemängelte ein unzureichendes politisches Verständnis der Profession, die vorherrschende Anpassung an immer schlechter werdende Rahmenbedingungen sowie den bislang niedrigen Organisationsgrad des Berufsstandes. Sie verwies auf die dringende Notwendigkeit, auch im Sinne der Nutzer Sozialer Arbeit, für die Interessen der Profession zu kämpfen: Fachkräfte müssen sich positionieren, einmischen und auf die Qualität in ihrer Arbeit bestehen. Alternative Widerstandsstrategien zielen dabei auf einen geplanten, subversiven Ungehorsam ab, mit dem unsinnigen Anforderungen begegnet werden kann. Sollte auch dieser Dienst nach Vorschrift nicht mehr ausreichen, so müsse man sich stets Alternativen zum Beruf offen halten, um nicht im Burnout zu enden, was vielen Kollegen das weitere Arbeiten mit Klienten sowieso unmöglich macht. Arbeitslosigkeit ist schon jetzt kein Problem in der Sozialen Arbeit, demnächst werde es sogar einen Fachkräftemangel geben.
In ihrem ersten Vortrag zu „Multiproblemfamilien“ hatte Frau Conen den Praktikern und Lernenden sehr konkrete Hinweise zum Umgang mit diesem besonderen Klientel gegeben Aber auch hier wirkt die politische Seite mit, wenn nicht genügend Zeit für sozialpädagogische Interventionen bewilligt wird oder zu viel des Guten geschieht, wenn eine Familie beispielsweise bei einer Fallkonferenz zehn „Helfern“ aus Ämtern, Schule, Einzelbetreuung usw. gegenübersitzt.
Unterstützt wurde die Veranstaltung zudem mit einem Kuchenbasar von Schülern der Pestalozzi-Schule im Rahmen des Projekts „Lernen durch Engagement“, so dass in der Pause ernsthafte und vertiefende Diskussionen etwas versüßt wurden, denn die Situation in der sozialen Arbeit ist alles andere als süß.
HINTERGRÜNDE:
Die Wissenschaftstage der Hochschule Lausitz werden jährlich durchgeführt. In diesem Jahr kooperierte das Lehrgebiet Soziale Arbeit mit dem Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband bei der Durchführung des ersten der drei Programmtage.
Der Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit Cottbus existiert seit März 2012 und ist eine parteien- und trägerunabhängige Vereinigung von Sozialarbeitern, Studenten, Absolventen, Interessierten und Hochschuldozenten, die für die Stärkung der Sozialarbeit/ -pädagogik in der Region Cottbus einstehen und sich in gesellschafts- und sozialpolitische Themen einmischen.
Er bietet eine Plattform sowie ein Forum für alle oben aufgeführten Beteiligten, wo aktuelle Themen diskutiert, bewertet und öffentlich gemacht werden. Die Mitglieder eint das Diskutieren, Formulieren und Realisieren von Perspektiven kritischer Sozialarbeit. Damit entsprechen sie den Anliegen des deutschlandweiten Forums Kritischer Sozialarbeit. (siehe http://www.kritischesozialearbeit.de/)
Fotos: Susann Bartowiak