Nachdem 4Ing im ersten Teil die angebrachten Beispiele in der Diskussion um die Zukunft der Lausitzer Hochschullandschaft analysiert hat, geht es nun um die finanzielle Ausstattung der Hochschulen durch das Land Brandenburg und den Bologna-Prozess.
Das Wissenschaftsministerium stützt sich in der Beschreibung des Problems auf die Einschätzung der von ihr eingesetzten Lausitzkommission (Zusammenfassung vom 24.01.12) und der vom Ministerpräsidenten eingesetzten Hochschulstrukturkommission (Bericht vom 08.06.12). Hilfsweise verweist es noch auf das Gutachten des Wissenschaftsrates vom 18.01.2002. Mit Interesse haben wir die vorgenannten Ausarbeitungen gelesen.
Leider lässt die Beschreibung im Gesetzesentwurf eine klare Benennung des Problems vermissen. Ebenso fehlen Zahlen, um das Ausmaß des Problems zu belegen. Alle Hochschulen, die ingenieurwissenschaftliche Fächer anbieten, hatten nach der Rezession in den 90er Jahren einen drastischen Einbruch bei den Studienanfängern zu verzeichnen. Nach dem Platzen der Internetblase 2001 fielen bundesweit die Studienanfängerzahlen in der Informatik mehrjährig in den Keller. Dass eine solch negative Entwicklung einen jungen Standort noch mehr trifft, stellen wir nicht in Abrede.
Auch die geografische Lage hat nicht allein das Problem verschuldet. Viele der 4ING-Mitgliedsfakultäten liegen nicht in Ballungszentren, was Ihnen nicht zum Nachteil gereicht. Es ist ebenso nicht ungewöhnlich, dass in nächster Nähe eine Universität und eine Fachhochschule mit ähnlichem oder sogar überlappendem Fächerangebot angesiedelt sind, da sie sich hinsichtlich ihres Bildungsauftrages und ihres Profils deutlich unterscheiden, auch wenn beide Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten. Um Missverständnissen vorzubeugen, so sollte die Bologna-Reform gerade nicht zu einer Vereinheitlichung der (europäischen) Hochschullandschaft führen.
Vielmehr ist Ziel des Bologna-Prozesses die Errichtung des Europäischen Hochschulraums (European Higher Education Area), der durch die uneingeschränkte Mobilität der Studierenden, Absolventen und Absolventinnen, Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen gekennzeichnet ist. Zu den Kernzielen des Bologna-Prozesses gehören die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen und Studienabschlüssen, die Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse im gestuften System, die europäische Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung, die Verwendung von Transparenzinstrumenten wie dem europäischen Kreditsystem ECTS, der Zeugniserläuterung (Diploma Supplement) und des einheitlichen Qualifikationsrahmens für Hochschulabschlüsse (EQF).
b. Finanzielle Rahmendaten zum Land Brandenburg
Ein Blick auf die Finanzen des Landes Brandenburg zeigt, dass die Situation sehr angespannt ist.
Wir zitieren daher einige Passagen aus dem Bericht der Hochschulstrukturkommission, die sich im Kapitel 4.4.2, S. 63 ff. mit der finanziellen Ausstattung der Hochschulen ausführlich beschäftigt hat:
„Die Ausgaben je Studierenden sind ein Indikator für die Ausstattung der Hochschulen bezogen auf die Erfüllung einer Kernfunktion der Hochschulen. Bei den Ausgaben je Studierenden liegt Brandenburg auf dem vorletzten Platz. Brandenburg gibt 4.700 Euro je Studierenden aus, das drittletzte Land, Schleswig-Holstein zahlt bereits 5.600 Euro für jeden Studierenden an seinen Hochschulen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 6.400 Euro.
Aufgrund der nur gering gestiegenen Grundfinanzierung, der aber stark gestiegenen Studierendenzahl gingen die für jeden Studierenden zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel im vergangenen Jahrzehnt um ca. 1.000 Euro zurück. Bei diesem Vergleich sind die medizinischen Studiengänge und die Verwaltungsfachhochschulen herausgerechnet.
Der Vergleich der Ausgaben je Einwohner zeigt an, welche Bedeutung ein Land der akademischen Bildung seiner Bevölkerung zumisst. Bereits im Abschnitt 4.2. wurde gezeigt, dass die Zahl der Studienanfänger in Brandenburg deutlich geringer ist als die Zahl der Studienanfänger aus Brandenburg. Um ihre Bildungschancen zu wahren, sind Jugendliche gezwungen, das Land zu verlassen. Dies spiegelt sich auch in den Ausgaben je Einwohner, die nirgendwo geringer sind als in Brandenburg. Brandenburg gibt je Einwohner 167 Euro im Jahr für seine Hochschulen aus.
Das ist mit Abstand der niedrigste Wert in ganz Deutschland. Schleswig-Holstein, das auf dem vorletzten Platz liegt, zahlt ein Viertel mehr (209 Euro). Der bundesweite Durchschnittswert liegt mit 321 Euro über 90 Prozent über dem brandenburgischen Wert.
Die Hochschulausgaben dürfen nicht losgelöst von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes betrachtet werden. Diese Sichtweise spiegelt sich im Indikator „Hochschulausgaben als Anteil des BIP“. Hier können theoretisch auch ärmere Länder Spitzenpositionen erreichen, wenn sie den Hochschulausgaben im Verhältnis zu anderen Ausgaben eine hohe Priorität einräumen.
Bei einem Vergleich der Bundesländer erreicht Berlin mit einem Anteil von 2,01 Prozent den Spitzenwert. Nach Bremen folgen auf den Plätzen drei bis fünf und auf Platz 7 alle neuen Länder, die damit vor den wohlhabenderen der alten Länder liegen. Sie gleichen da mit einen Teil der Wettbewerbsnachteile für die Hochschulen, die in der geringeren Wirtschaftskraft begründet sind, aus, indem sie ihren Hochschulen einen größeren Anteil der Einnahmen zubilligen.
Brandenburgs Position ist trotz der geringeren Wirtschaftskraft auf dem letzten Platz. Damit summieren sich die negativen Effekte: Es steht nicht nur weniger Geld zur Verfügung, sondern von dem wenigen Geld wird auch ein geringerer Anteil an die Hochschulen weitergegeben.“ Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Mittelzuweisung z.B. auf Grund von Haushaltssperren erst spät im Jahr erfolgt. So wurde z.B. der Landeshaushalt 2010 erst Mitte des Jahres vom Parlament beschlossen, mit der Konsequenz, dass die Hochschulen deutlich verspätet Ausgaben belastbar planen und realisieren können.
Des Weiteren hat bis 2010 das Wissenschaftsministerium zunächst pauschal ein Viertel der gebildeten Rücklagen aller Hochschulen, die letztlich durch die verspätete Mittelzuweisung erst entstanden sind, aus Gründen der Haushaltskonsoldierung für sich beansprucht. Diese Praxis war bereits Gegenstand eines von der Landesrektorenkonferenz in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Christian Pestalozza.
Aber auch auf der Ebene der einzelnen Professoren wirkt sich die angespannte finanzielle Situation aus: Einem ET-Professor an der BTU steht im Jahr eine Haushaltszuweisung für den gesamten Lehrstuhl, die z.B. für Kopien, Büromaterial und für Reisen zu Konferenzen verwendet werden kann, iHv. 3000€ zu, damit ist eine BTUProfessur nicht konkurrenzfähig im gesamtdeutschen Vergleich.
Hinzukommt, dass auch beim Personal Stellen abgebaut werden sollen, so dass langfristigen Planungen, die idR Berufungen zu Grunde liegen, der Boden entzogen wird. Ohne angemessene Stellenausstattung ist die Qualitätssicherung in Forschung und Lehre nicht zu leisten. Die Forschung an Universitäten wird mehrheitlich von Doktoranden erbracht. In den Ingenieurwissenschaften und der Informatik ist die Assistenzpromotion, bei der der Promovend in einem Arbeitsverhältnis zur Universität steht, das bundesweit führende Modell. Im Durchschnitt stehen einer Professur in den technischen Fächern drei Landesstellen für Promovenden zu.
Wir erkennen die Bemühungen des Landes Brandenburg ausdrücklich an, zu einem ausgeglichenen Haushalt bis 2014 zu kommen, dennoch wäre eine andere Prioritätensetzung im Ausgabenbereich mehr als wünschenswert, erfüllt der Hochschulsektor nicht nur Bildungs- und Forschungsaufgaben, sondern ist zugleich auch Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Regionalförderung.
Die jetzige Lage ist daher nicht dazu angetan, dem Wissenschaftsstandort Brandenburg Verlässlichkeit zu vermitteln geschweige denn Attraktivität zu verleihen.
Im nächsten Teil geht es um die Thematik der Gesamthochschulen, die auch in der Lausitz entstehen würde und von Ministerin Kunst mehrmals erwähnt wurde.
Nachdem 4Ing im ersten Teil die angebrachten Beispiele in der Diskussion um die Zukunft der Lausitzer Hochschullandschaft analysiert hat, geht es nun um die finanzielle Ausstattung der Hochschulen durch das Land Brandenburg und den Bologna-Prozess.
Das Wissenschaftsministerium stützt sich in der Beschreibung des Problems auf die Einschätzung der von ihr eingesetzten Lausitzkommission (Zusammenfassung vom 24.01.12) und der vom Ministerpräsidenten eingesetzten Hochschulstrukturkommission (Bericht vom 08.06.12). Hilfsweise verweist es noch auf das Gutachten des Wissenschaftsrates vom 18.01.2002. Mit Interesse haben wir die vorgenannten Ausarbeitungen gelesen.
Leider lässt die Beschreibung im Gesetzesentwurf eine klare Benennung des Problems vermissen. Ebenso fehlen Zahlen, um das Ausmaß des Problems zu belegen. Alle Hochschulen, die ingenieurwissenschaftliche Fächer anbieten, hatten nach der Rezession in den 90er Jahren einen drastischen Einbruch bei den Studienanfängern zu verzeichnen. Nach dem Platzen der Internetblase 2001 fielen bundesweit die Studienanfängerzahlen in der Informatik mehrjährig in den Keller. Dass eine solch negative Entwicklung einen jungen Standort noch mehr trifft, stellen wir nicht in Abrede.
Auch die geografische Lage hat nicht allein das Problem verschuldet. Viele der 4ING-Mitgliedsfakultäten liegen nicht in Ballungszentren, was Ihnen nicht zum Nachteil gereicht. Es ist ebenso nicht ungewöhnlich, dass in nächster Nähe eine Universität und eine Fachhochschule mit ähnlichem oder sogar überlappendem Fächerangebot angesiedelt sind, da sie sich hinsichtlich ihres Bildungsauftrages und ihres Profils deutlich unterscheiden, auch wenn beide Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten. Um Missverständnissen vorzubeugen, so sollte die Bologna-Reform gerade nicht zu einer Vereinheitlichung der (europäischen) Hochschullandschaft führen.
Vielmehr ist Ziel des Bologna-Prozesses die Errichtung des Europäischen Hochschulraums (European Higher Education Area), der durch die uneingeschränkte Mobilität der Studierenden, Absolventen und Absolventinnen, Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen gekennzeichnet ist. Zu den Kernzielen des Bologna-Prozesses gehören die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen und Studienabschlüssen, die Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse im gestuften System, die europäische Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung, die Verwendung von Transparenzinstrumenten wie dem europäischen Kreditsystem ECTS, der Zeugniserläuterung (Diploma Supplement) und des einheitlichen Qualifikationsrahmens für Hochschulabschlüsse (EQF).
b. Finanzielle Rahmendaten zum Land Brandenburg
Ein Blick auf die Finanzen des Landes Brandenburg zeigt, dass die Situation sehr angespannt ist.
Wir zitieren daher einige Passagen aus dem Bericht der Hochschulstrukturkommission, die sich im Kapitel 4.4.2, S. 63 ff. mit der finanziellen Ausstattung der Hochschulen ausführlich beschäftigt hat:
„Die Ausgaben je Studierenden sind ein Indikator für die Ausstattung der Hochschulen bezogen auf die Erfüllung einer Kernfunktion der Hochschulen. Bei den Ausgaben je Studierenden liegt Brandenburg auf dem vorletzten Platz. Brandenburg gibt 4.700 Euro je Studierenden aus, das drittletzte Land, Schleswig-Holstein zahlt bereits 5.600 Euro für jeden Studierenden an seinen Hochschulen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 6.400 Euro.
Aufgrund der nur gering gestiegenen Grundfinanzierung, der aber stark gestiegenen Studierendenzahl gingen die für jeden Studierenden zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel im vergangenen Jahrzehnt um ca. 1.000 Euro zurück. Bei diesem Vergleich sind die medizinischen Studiengänge und die Verwaltungsfachhochschulen herausgerechnet.
Der Vergleich der Ausgaben je Einwohner zeigt an, welche Bedeutung ein Land der akademischen Bildung seiner Bevölkerung zumisst. Bereits im Abschnitt 4.2. wurde gezeigt, dass die Zahl der Studienanfänger in Brandenburg deutlich geringer ist als die Zahl der Studienanfänger aus Brandenburg. Um ihre Bildungschancen zu wahren, sind Jugendliche gezwungen, das Land zu verlassen. Dies spiegelt sich auch in den Ausgaben je Einwohner, die nirgendwo geringer sind als in Brandenburg. Brandenburg gibt je Einwohner 167 Euro im Jahr für seine Hochschulen aus.
Das ist mit Abstand der niedrigste Wert in ganz Deutschland. Schleswig-Holstein, das auf dem vorletzten Platz liegt, zahlt ein Viertel mehr (209 Euro). Der bundesweite Durchschnittswert liegt mit 321 Euro über 90 Prozent über dem brandenburgischen Wert.
Die Hochschulausgaben dürfen nicht losgelöst von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes betrachtet werden. Diese Sichtweise spiegelt sich im Indikator „Hochschulausgaben als Anteil des BIP“. Hier können theoretisch auch ärmere Länder Spitzenpositionen erreichen, wenn sie den Hochschulausgaben im Verhältnis zu anderen Ausgaben eine hohe Priorität einräumen.
Bei einem Vergleich der Bundesländer erreicht Berlin mit einem Anteil von 2,01 Prozent den Spitzenwert. Nach Bremen folgen auf den Plätzen drei bis fünf und auf Platz 7 alle neuen Länder, die damit vor den wohlhabenderen der alten Länder liegen. Sie gleichen da mit einen Teil der Wettbewerbsnachteile für die Hochschulen, die in der geringeren Wirtschaftskraft begründet sind, aus, indem sie ihren Hochschulen einen größeren Anteil der Einnahmen zubilligen.
Brandenburgs Position ist trotz der geringeren Wirtschaftskraft auf dem letzten Platz. Damit summieren sich die negativen Effekte: Es steht nicht nur weniger Geld zur Verfügung, sondern von dem wenigen Geld wird auch ein geringerer Anteil an die Hochschulen weitergegeben.“ Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Mittelzuweisung z.B. auf Grund von Haushaltssperren erst spät im Jahr erfolgt. So wurde z.B. der Landeshaushalt 2010 erst Mitte des Jahres vom Parlament beschlossen, mit der Konsequenz, dass die Hochschulen deutlich verspätet Ausgaben belastbar planen und realisieren können.
Des Weiteren hat bis 2010 das Wissenschaftsministerium zunächst pauschal ein Viertel der gebildeten Rücklagen aller Hochschulen, die letztlich durch die verspätete Mittelzuweisung erst entstanden sind, aus Gründen der Haushaltskonsoldierung für sich beansprucht. Diese Praxis war bereits Gegenstand eines von der Landesrektorenkonferenz in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Christian Pestalozza.
Aber auch auf der Ebene der einzelnen Professoren wirkt sich die angespannte finanzielle Situation aus: Einem ET-Professor an der BTU steht im Jahr eine Haushaltszuweisung für den gesamten Lehrstuhl, die z.B. für Kopien, Büromaterial und für Reisen zu Konferenzen verwendet werden kann, iHv. 3000€ zu, damit ist eine BTUProfessur nicht konkurrenzfähig im gesamtdeutschen Vergleich.
Hinzukommt, dass auch beim Personal Stellen abgebaut werden sollen, so dass langfristigen Planungen, die idR Berufungen zu Grunde liegen, der Boden entzogen wird. Ohne angemessene Stellenausstattung ist die Qualitätssicherung in Forschung und Lehre nicht zu leisten. Die Forschung an Universitäten wird mehrheitlich von Doktoranden erbracht. In den Ingenieurwissenschaften und der Informatik ist die Assistenzpromotion, bei der der Promovend in einem Arbeitsverhältnis zur Universität steht, das bundesweit führende Modell. Im Durchschnitt stehen einer Professur in den technischen Fächern drei Landesstellen für Promovenden zu.
Wir erkennen die Bemühungen des Landes Brandenburg ausdrücklich an, zu einem ausgeglichenen Haushalt bis 2014 zu kommen, dennoch wäre eine andere Prioritätensetzung im Ausgabenbereich mehr als wünschenswert, erfüllt der Hochschulsektor nicht nur Bildungs- und Forschungsaufgaben, sondern ist zugleich auch Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Regionalförderung.
Die jetzige Lage ist daher nicht dazu angetan, dem Wissenschaftsstandort Brandenburg Verlässlichkeit zu vermitteln geschweige denn Attraktivität zu verleihen.
Im nächsten Teil geht es um die Thematik der Gesamthochschulen, die auch in der Lausitz entstehen würde und von Ministerin Kunst mehrmals erwähnt wurde.
Nachdem 4Ing im ersten Teil die angebrachten Beispiele in der Diskussion um die Zukunft der Lausitzer Hochschullandschaft analysiert hat, geht es nun um die finanzielle Ausstattung der Hochschulen durch das Land Brandenburg und den Bologna-Prozess.
Das Wissenschaftsministerium stützt sich in der Beschreibung des Problems auf die Einschätzung der von ihr eingesetzten Lausitzkommission (Zusammenfassung vom 24.01.12) und der vom Ministerpräsidenten eingesetzten Hochschulstrukturkommission (Bericht vom 08.06.12). Hilfsweise verweist es noch auf das Gutachten des Wissenschaftsrates vom 18.01.2002. Mit Interesse haben wir die vorgenannten Ausarbeitungen gelesen.
Leider lässt die Beschreibung im Gesetzesentwurf eine klare Benennung des Problems vermissen. Ebenso fehlen Zahlen, um das Ausmaß des Problems zu belegen. Alle Hochschulen, die ingenieurwissenschaftliche Fächer anbieten, hatten nach der Rezession in den 90er Jahren einen drastischen Einbruch bei den Studienanfängern zu verzeichnen. Nach dem Platzen der Internetblase 2001 fielen bundesweit die Studienanfängerzahlen in der Informatik mehrjährig in den Keller. Dass eine solch negative Entwicklung einen jungen Standort noch mehr trifft, stellen wir nicht in Abrede.
Auch die geografische Lage hat nicht allein das Problem verschuldet. Viele der 4ING-Mitgliedsfakultäten liegen nicht in Ballungszentren, was Ihnen nicht zum Nachteil gereicht. Es ist ebenso nicht ungewöhnlich, dass in nächster Nähe eine Universität und eine Fachhochschule mit ähnlichem oder sogar überlappendem Fächerangebot angesiedelt sind, da sie sich hinsichtlich ihres Bildungsauftrages und ihres Profils deutlich unterscheiden, auch wenn beide Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten. Um Missverständnissen vorzubeugen, so sollte die Bologna-Reform gerade nicht zu einer Vereinheitlichung der (europäischen) Hochschullandschaft führen.
Vielmehr ist Ziel des Bologna-Prozesses die Errichtung des Europäischen Hochschulraums (European Higher Education Area), der durch die uneingeschränkte Mobilität der Studierenden, Absolventen und Absolventinnen, Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen gekennzeichnet ist. Zu den Kernzielen des Bologna-Prozesses gehören die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen und Studienabschlüssen, die Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse im gestuften System, die europäische Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung, die Verwendung von Transparenzinstrumenten wie dem europäischen Kreditsystem ECTS, der Zeugniserläuterung (Diploma Supplement) und des einheitlichen Qualifikationsrahmens für Hochschulabschlüsse (EQF).
b. Finanzielle Rahmendaten zum Land Brandenburg
Ein Blick auf die Finanzen des Landes Brandenburg zeigt, dass die Situation sehr angespannt ist.
Wir zitieren daher einige Passagen aus dem Bericht der Hochschulstrukturkommission, die sich im Kapitel 4.4.2, S. 63 ff. mit der finanziellen Ausstattung der Hochschulen ausführlich beschäftigt hat:
„Die Ausgaben je Studierenden sind ein Indikator für die Ausstattung der Hochschulen bezogen auf die Erfüllung einer Kernfunktion der Hochschulen. Bei den Ausgaben je Studierenden liegt Brandenburg auf dem vorletzten Platz. Brandenburg gibt 4.700 Euro je Studierenden aus, das drittletzte Land, Schleswig-Holstein zahlt bereits 5.600 Euro für jeden Studierenden an seinen Hochschulen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 6.400 Euro.
Aufgrund der nur gering gestiegenen Grundfinanzierung, der aber stark gestiegenen Studierendenzahl gingen die für jeden Studierenden zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel im vergangenen Jahrzehnt um ca. 1.000 Euro zurück. Bei diesem Vergleich sind die medizinischen Studiengänge und die Verwaltungsfachhochschulen herausgerechnet.
Der Vergleich der Ausgaben je Einwohner zeigt an, welche Bedeutung ein Land der akademischen Bildung seiner Bevölkerung zumisst. Bereits im Abschnitt 4.2. wurde gezeigt, dass die Zahl der Studienanfänger in Brandenburg deutlich geringer ist als die Zahl der Studienanfänger aus Brandenburg. Um ihre Bildungschancen zu wahren, sind Jugendliche gezwungen, das Land zu verlassen. Dies spiegelt sich auch in den Ausgaben je Einwohner, die nirgendwo geringer sind als in Brandenburg. Brandenburg gibt je Einwohner 167 Euro im Jahr für seine Hochschulen aus.
Das ist mit Abstand der niedrigste Wert in ganz Deutschland. Schleswig-Holstein, das auf dem vorletzten Platz liegt, zahlt ein Viertel mehr (209 Euro). Der bundesweite Durchschnittswert liegt mit 321 Euro über 90 Prozent über dem brandenburgischen Wert.
Die Hochschulausgaben dürfen nicht losgelöst von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes betrachtet werden. Diese Sichtweise spiegelt sich im Indikator „Hochschulausgaben als Anteil des BIP“. Hier können theoretisch auch ärmere Länder Spitzenpositionen erreichen, wenn sie den Hochschulausgaben im Verhältnis zu anderen Ausgaben eine hohe Priorität einräumen.
Bei einem Vergleich der Bundesländer erreicht Berlin mit einem Anteil von 2,01 Prozent den Spitzenwert. Nach Bremen folgen auf den Plätzen drei bis fünf und auf Platz 7 alle neuen Länder, die damit vor den wohlhabenderen der alten Länder liegen. Sie gleichen da mit einen Teil der Wettbewerbsnachteile für die Hochschulen, die in der geringeren Wirtschaftskraft begründet sind, aus, indem sie ihren Hochschulen einen größeren Anteil der Einnahmen zubilligen.
Brandenburgs Position ist trotz der geringeren Wirtschaftskraft auf dem letzten Platz. Damit summieren sich die negativen Effekte: Es steht nicht nur weniger Geld zur Verfügung, sondern von dem wenigen Geld wird auch ein geringerer Anteil an die Hochschulen weitergegeben.“ Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Mittelzuweisung z.B. auf Grund von Haushaltssperren erst spät im Jahr erfolgt. So wurde z.B. der Landeshaushalt 2010 erst Mitte des Jahres vom Parlament beschlossen, mit der Konsequenz, dass die Hochschulen deutlich verspätet Ausgaben belastbar planen und realisieren können.
Des Weiteren hat bis 2010 das Wissenschaftsministerium zunächst pauschal ein Viertel der gebildeten Rücklagen aller Hochschulen, die letztlich durch die verspätete Mittelzuweisung erst entstanden sind, aus Gründen der Haushaltskonsoldierung für sich beansprucht. Diese Praxis war bereits Gegenstand eines von der Landesrektorenkonferenz in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Christian Pestalozza.
Aber auch auf der Ebene der einzelnen Professoren wirkt sich die angespannte finanzielle Situation aus: Einem ET-Professor an der BTU steht im Jahr eine Haushaltszuweisung für den gesamten Lehrstuhl, die z.B. für Kopien, Büromaterial und für Reisen zu Konferenzen verwendet werden kann, iHv. 3000€ zu, damit ist eine BTUProfessur nicht konkurrenzfähig im gesamtdeutschen Vergleich.
Hinzukommt, dass auch beim Personal Stellen abgebaut werden sollen, so dass langfristigen Planungen, die idR Berufungen zu Grunde liegen, der Boden entzogen wird. Ohne angemessene Stellenausstattung ist die Qualitätssicherung in Forschung und Lehre nicht zu leisten. Die Forschung an Universitäten wird mehrheitlich von Doktoranden erbracht. In den Ingenieurwissenschaften und der Informatik ist die Assistenzpromotion, bei der der Promovend in einem Arbeitsverhältnis zur Universität steht, das bundesweit führende Modell. Im Durchschnitt stehen einer Professur in den technischen Fächern drei Landesstellen für Promovenden zu.
Wir erkennen die Bemühungen des Landes Brandenburg ausdrücklich an, zu einem ausgeglichenen Haushalt bis 2014 zu kommen, dennoch wäre eine andere Prioritätensetzung im Ausgabenbereich mehr als wünschenswert, erfüllt der Hochschulsektor nicht nur Bildungs- und Forschungsaufgaben, sondern ist zugleich auch Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Regionalförderung.
Die jetzige Lage ist daher nicht dazu angetan, dem Wissenschaftsstandort Brandenburg Verlässlichkeit zu vermitteln geschweige denn Attraktivität zu verleihen.
Im nächsten Teil geht es um die Thematik der Gesamthochschulen, die auch in der Lausitz entstehen würde und von Ministerin Kunst mehrmals erwähnt wurde.
Nachdem 4Ing im ersten Teil die angebrachten Beispiele in der Diskussion um die Zukunft der Lausitzer Hochschullandschaft analysiert hat, geht es nun um die finanzielle Ausstattung der Hochschulen durch das Land Brandenburg und den Bologna-Prozess.
Das Wissenschaftsministerium stützt sich in der Beschreibung des Problems auf die Einschätzung der von ihr eingesetzten Lausitzkommission (Zusammenfassung vom 24.01.12) und der vom Ministerpräsidenten eingesetzten Hochschulstrukturkommission (Bericht vom 08.06.12). Hilfsweise verweist es noch auf das Gutachten des Wissenschaftsrates vom 18.01.2002. Mit Interesse haben wir die vorgenannten Ausarbeitungen gelesen.
Leider lässt die Beschreibung im Gesetzesentwurf eine klare Benennung des Problems vermissen. Ebenso fehlen Zahlen, um das Ausmaß des Problems zu belegen. Alle Hochschulen, die ingenieurwissenschaftliche Fächer anbieten, hatten nach der Rezession in den 90er Jahren einen drastischen Einbruch bei den Studienanfängern zu verzeichnen. Nach dem Platzen der Internetblase 2001 fielen bundesweit die Studienanfängerzahlen in der Informatik mehrjährig in den Keller. Dass eine solch negative Entwicklung einen jungen Standort noch mehr trifft, stellen wir nicht in Abrede.
Auch die geografische Lage hat nicht allein das Problem verschuldet. Viele der 4ING-Mitgliedsfakultäten liegen nicht in Ballungszentren, was Ihnen nicht zum Nachteil gereicht. Es ist ebenso nicht ungewöhnlich, dass in nächster Nähe eine Universität und eine Fachhochschule mit ähnlichem oder sogar überlappendem Fächerangebot angesiedelt sind, da sie sich hinsichtlich ihres Bildungsauftrages und ihres Profils deutlich unterscheiden, auch wenn beide Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten. Um Missverständnissen vorzubeugen, so sollte die Bologna-Reform gerade nicht zu einer Vereinheitlichung der (europäischen) Hochschullandschaft führen.
Vielmehr ist Ziel des Bologna-Prozesses die Errichtung des Europäischen Hochschulraums (European Higher Education Area), der durch die uneingeschränkte Mobilität der Studierenden, Absolventen und Absolventinnen, Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen gekennzeichnet ist. Zu den Kernzielen des Bologna-Prozesses gehören die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen und Studienabschlüssen, die Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse im gestuften System, die europäische Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung, die Verwendung von Transparenzinstrumenten wie dem europäischen Kreditsystem ECTS, der Zeugniserläuterung (Diploma Supplement) und des einheitlichen Qualifikationsrahmens für Hochschulabschlüsse (EQF).
b. Finanzielle Rahmendaten zum Land Brandenburg
Ein Blick auf die Finanzen des Landes Brandenburg zeigt, dass die Situation sehr angespannt ist.
Wir zitieren daher einige Passagen aus dem Bericht der Hochschulstrukturkommission, die sich im Kapitel 4.4.2, S. 63 ff. mit der finanziellen Ausstattung der Hochschulen ausführlich beschäftigt hat:
„Die Ausgaben je Studierenden sind ein Indikator für die Ausstattung der Hochschulen bezogen auf die Erfüllung einer Kernfunktion der Hochschulen. Bei den Ausgaben je Studierenden liegt Brandenburg auf dem vorletzten Platz. Brandenburg gibt 4.700 Euro je Studierenden aus, das drittletzte Land, Schleswig-Holstein zahlt bereits 5.600 Euro für jeden Studierenden an seinen Hochschulen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 6.400 Euro.
Aufgrund der nur gering gestiegenen Grundfinanzierung, der aber stark gestiegenen Studierendenzahl gingen die für jeden Studierenden zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel im vergangenen Jahrzehnt um ca. 1.000 Euro zurück. Bei diesem Vergleich sind die medizinischen Studiengänge und die Verwaltungsfachhochschulen herausgerechnet.
Der Vergleich der Ausgaben je Einwohner zeigt an, welche Bedeutung ein Land der akademischen Bildung seiner Bevölkerung zumisst. Bereits im Abschnitt 4.2. wurde gezeigt, dass die Zahl der Studienanfänger in Brandenburg deutlich geringer ist als die Zahl der Studienanfänger aus Brandenburg. Um ihre Bildungschancen zu wahren, sind Jugendliche gezwungen, das Land zu verlassen. Dies spiegelt sich auch in den Ausgaben je Einwohner, die nirgendwo geringer sind als in Brandenburg. Brandenburg gibt je Einwohner 167 Euro im Jahr für seine Hochschulen aus.
Das ist mit Abstand der niedrigste Wert in ganz Deutschland. Schleswig-Holstein, das auf dem vorletzten Platz liegt, zahlt ein Viertel mehr (209 Euro). Der bundesweite Durchschnittswert liegt mit 321 Euro über 90 Prozent über dem brandenburgischen Wert.
Die Hochschulausgaben dürfen nicht losgelöst von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes betrachtet werden. Diese Sichtweise spiegelt sich im Indikator „Hochschulausgaben als Anteil des BIP“. Hier können theoretisch auch ärmere Länder Spitzenpositionen erreichen, wenn sie den Hochschulausgaben im Verhältnis zu anderen Ausgaben eine hohe Priorität einräumen.
Bei einem Vergleich der Bundesländer erreicht Berlin mit einem Anteil von 2,01 Prozent den Spitzenwert. Nach Bremen folgen auf den Plätzen drei bis fünf und auf Platz 7 alle neuen Länder, die damit vor den wohlhabenderen der alten Länder liegen. Sie gleichen da mit einen Teil der Wettbewerbsnachteile für die Hochschulen, die in der geringeren Wirtschaftskraft begründet sind, aus, indem sie ihren Hochschulen einen größeren Anteil der Einnahmen zubilligen.
Brandenburgs Position ist trotz der geringeren Wirtschaftskraft auf dem letzten Platz. Damit summieren sich die negativen Effekte: Es steht nicht nur weniger Geld zur Verfügung, sondern von dem wenigen Geld wird auch ein geringerer Anteil an die Hochschulen weitergegeben.“ Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Mittelzuweisung z.B. auf Grund von Haushaltssperren erst spät im Jahr erfolgt. So wurde z.B. der Landeshaushalt 2010 erst Mitte des Jahres vom Parlament beschlossen, mit der Konsequenz, dass die Hochschulen deutlich verspätet Ausgaben belastbar planen und realisieren können.
Des Weiteren hat bis 2010 das Wissenschaftsministerium zunächst pauschal ein Viertel der gebildeten Rücklagen aller Hochschulen, die letztlich durch die verspätete Mittelzuweisung erst entstanden sind, aus Gründen der Haushaltskonsoldierung für sich beansprucht. Diese Praxis war bereits Gegenstand eines von der Landesrektorenkonferenz in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Christian Pestalozza.
Aber auch auf der Ebene der einzelnen Professoren wirkt sich die angespannte finanzielle Situation aus: Einem ET-Professor an der BTU steht im Jahr eine Haushaltszuweisung für den gesamten Lehrstuhl, die z.B. für Kopien, Büromaterial und für Reisen zu Konferenzen verwendet werden kann, iHv. 3000€ zu, damit ist eine BTUProfessur nicht konkurrenzfähig im gesamtdeutschen Vergleich.
Hinzukommt, dass auch beim Personal Stellen abgebaut werden sollen, so dass langfristigen Planungen, die idR Berufungen zu Grunde liegen, der Boden entzogen wird. Ohne angemessene Stellenausstattung ist die Qualitätssicherung in Forschung und Lehre nicht zu leisten. Die Forschung an Universitäten wird mehrheitlich von Doktoranden erbracht. In den Ingenieurwissenschaften und der Informatik ist die Assistenzpromotion, bei der der Promovend in einem Arbeitsverhältnis zur Universität steht, das bundesweit führende Modell. Im Durchschnitt stehen einer Professur in den technischen Fächern drei Landesstellen für Promovenden zu.
Wir erkennen die Bemühungen des Landes Brandenburg ausdrücklich an, zu einem ausgeglichenen Haushalt bis 2014 zu kommen, dennoch wäre eine andere Prioritätensetzung im Ausgabenbereich mehr als wünschenswert, erfüllt der Hochschulsektor nicht nur Bildungs- und Forschungsaufgaben, sondern ist zugleich auch Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Regionalförderung.
Die jetzige Lage ist daher nicht dazu angetan, dem Wissenschaftsstandort Brandenburg Verlässlichkeit zu vermitteln geschweige denn Attraktivität zu verleihen.
Im nächsten Teil geht es um die Thematik der Gesamthochschulen, die auch in der Lausitz entstehen würde und von Ministerin Kunst mehrmals erwähnt wurde.