Vorweg eine Anmerkung der Redaktion: Im Gegensatz zu vielen offenen Briefen und Stellungnahmen zu der Diskussion ist bei dieser nicht ersichtlich woher sie stammt. Laut Webseite der HS Lausitz ist die Seite auf der diese Stellungnahme veröffentlicht wurde vom Präsidenten der HS Lausitz bearbeitet worden, es ist also nicht klar, wer von der Fakultät 1 der HS Lausitz diese Stellungnahme verfasst und veröffentlicht hat, noch welche Meinung (Mitarbeiter, Studierende, Leitung) sie wiederspiegelt.
1. Für eine nachhaltige Reform der Lausitzer Hochschullandschaft
Gäbe es die Brandenburgische Technische Universität (im folgenden BTU) und die Hochschule Lausitz (im folgenden HS L oder Hochschule Lausitz) nicht und man könnte gleichsam auf der grünen Wiese planen, dann gäbe es vermutliche eine (Fach‐)Hochschule am Standort Cottbus mit einer starken ingenieurwissenschaftlichen Fakultät, einer Informatik, den Sozialwissenschaften und der Betriebswirtschaftslehre und einer ausgeprägten Profilierung im Bereich Energie. Die Studiengänge würden der Fachkräftesicherung und der Förderung von Entwicklungsprojekten in den Klein‐ und mittelständischen Unternehmen der Region dienen und eine Profilierung um das Thema Energie würde die Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema Energie liefern, derer es in Brandenburg bedarf.
Hinterher ist man natürlich immer klüger. Wie wir alle wissen, ist die Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren etwas anders verlaufen. Ein Teil dieser Leistungen wird in Senftenberg erbracht, ein anderer Teil in Cottbus. Überdies gibt es neue und leistungsfähige Strukturen an der BTU ebenso wie
an der Hochschule Lausitz, die nicht so ohne weiteres in ein solches Bild passen. Es gilt also einen konzeptionell sinnvollen Kompromiss zu finden zwischen dem, was für die Region erforderlich ist, was angesichts der hochschulpolitischen Diskussion Sinn macht und neuen Strukturen, die
erhaltenswert sind.
Ein Kompromiss heißt auch: es wird keine perfekte Lösung geben. Es sollte allerdings eine Lösung sein, die nicht nach wenigen Jahren durch die nächste Umstrukturierungsdebatte abgelöst wird. Sie sollte also auf Dauer tragen. Das bedeutet insbesondere, dass die Studierendenzahlen hinreichend sind, um die neue Einrichtung(en) zu stützen und dass eine auskömmliche Finanzierung gesichert sein muss.
2. Was die Region braucht
Die Region Lausitz braucht Hochschulbildung. Sie ist unter allen peripheren Regionen des Landes Brandenburg diejenige mit der dichtesten industriellen Struktur und ist durch die günstige Lage zwischen Berlin, Dresden und Polen auch in Zukunft für Industriebetriebe attraktiv. Die Unternehmen, die in der Region aktiv sind, brauchen einen gesicherten akademischen Fachkräftenachwuchs und sie brauchen wissenschaftliche Unterstützung bei ihren Entwicklungs‐ und Forschungsaufgaben. Das Gutachten der Lausitz‐Kommission wie auch die Stellungnahme der Ministerin sprechen bei aller Kritik im Detail in diesem Punkt eine deutliche Sprache: Diese Leistungen werden vor allem durch die Hochschule Lausitz, ihre Fakultäten und ihre Studiengänge erbracht, insbesondere durch die Fakultät 1 unter Einschluss des Wirtschaftsingenieurwesen.
Das liegt nicht nur am besonderen Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Cottbus und Senftenberg und an dem kollegialen Betriebsklima, das sich die Hochschule auch unter sehr schwierigen Arbeitsbedingungen bewahren konnte. Im Kern sind diese Leistungen fachhochschultypisch. Denn Fachhochschulprofessoren sind keine Universitätsprofessoren mit einem zufälligen Karriereknick. Sie werden sehr viel mehr daran gemessen, ob sie es schaffen ihre Studierenden in Lohn und Brot zu bringen und ob sie einen Beitrag zur regionalen Entwicklung liefern und weniger daran, wie viele Promotionen sie ermöglichen oder ob sie in einem hochrangigen Journal veröffentlichen konnten – obwohl wir uns auch in dieser Hinsicht nicht zu verstecken brauchen.
Zwischen Berlin und Dresden kann sich eine Technische Universität in Cottbus unter dem gegenwärtigen Finanzierungsmodell über die ganze Breite naturwissenschaftlicher und technischer Studiengänge nicht dauerhaft behaupten. Mit einer Sparten‐ oder Programmuniversität, die sich sowohl im Gutachten der Lausitz‐Kommission als auch in den Verlautbarungen von Frau Prof. Dr. Kunst finden, wird hier die richtige Orientierung vorgegeben: eine Spezialisierung der BTU auf deutlich weniger aber qualitativ hochwertige Fächer, die sich zumeist aber vielleicht nicht nur um das Thema Energie ranken.
3. Die neuen Strukturen
Gegenwärtig sind verschiedene Übersichten über die neuen Strukturen im Umlauf – eine der Lausitz‐Kommission und eine, die die Ministerin, Frau Prof. Dr. Kunst autorisiert hat. Die Lausitz‐Kommission sieht eine Fakultät 1 unter der Bezeichnung Ingenieurwissenschaften und Informatik an der beizubehaltenden Hochschule Lausitz vor. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen, der bislang
ebenfalls zur Fakultät 1 gehört hat, soll hingegen in eine hochschulübergreifende Fakultät Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsingenieurwesen eingebracht werden. Parallel finden sich die technischen Studiengänge der BTU Cottbus in drei verschiedenen Fakultäten: 1. Energie und Umwelttechnik, 2. Informationstechnologien und Mathematik, 3. Maschinenbau‐ und Materialwissenschaften wieder, die vor allem entlang der gewünschten Profilierung der BTU strukturiert sind. Der Vorschlag des MWFK übernimmt die Fakultätsaufteilung der Lausitz‐Kommission, versammelt aber alle Fakultäten unter dem Dach einer einzigen Institution, der Lausitz‐Universität.
Wir nehmen zur Kenntnis, dass viele Akteure an der BTU nicht einverstanden sind mit dem Vorschlag der Ministerin und wir nehmen zur Kenntnis, dass auch eine Zusammenarbeit auf Fakultätsebene bislang wenig Erfolg gezeigt hat. Und es steht noch das Ergebnis der Brandenburg‐Kommission aus, das eine Neuordnung der gesamten Brandenburger Hochschullandschaft vorsieht. Es ist leider auch noch nicht klar, ob und inwieweit sich die Ministerin an die strukturellen Vorschläge der Lausitz‐Kommission unterhalb der Ebene einer Neugründung einer Universität gebunden fühlt. Vor diesem Hintergrund darf man sich nicht wundern, dass sich Unsicherheiten breit machen und Gerüchte
aufkommen.
Deshalb sollte zuallererst gegenüber allen Studierenden deutlich gemacht werden, dass jede und jeder, die heute ein Studium an einer der Hochschulen in einem Studiengang in der Lausitz anfängt, auch die Möglichkeit haben wird, den gewünschten Abschluss in der Lausitz zu machen. Dieser Vertrauensschutz ist mindestens ebenso wichtig wie die Aussage, dass keine Person, die gegenwärtig einen Arbeitsvertrag an der Hochschule Lausitz oder an der BTU hat, wegen der anstehenden Umstrukturierung um seine Stelle fürchten muss. Dieser Vertrauensschutz muss sich auch auf das nicht‐wissenschaftliche Personal, das die Forschung und Lehre in den Laboren absichert und die Studiengänge organisatorisch betreut, erstrecken.
Grundsätzlich sollten Redundanzen in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen zwischen der Hochschule Lausitz und der BTU deutlich verringert werden. Die Fakultät 1 ist hier zu einem konstruktiven Beitrag bereit. Ohne diesen Schritt wird der Wettbewerb zwischen den Ingenieurwissenschaften der Hochschule Lausitz und der BTU um die Studierenden in diesen Fächern weiter aufrechterhalten und es ist für beide möglicherweise zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Notwendig ist eine klare inhaltliche und konzeptionelle Abgrenzung: Die Fakultät 1 konzentriert sich auf anwendungsorientierte Bachelor‐ und Master‐Studiengänge, derenProfilierungen sichtbare Alleinstellungsmerkmale aufweisen und die sich möglicherweise zukünftig verstärkt an Studierende ohne gymnasiale Vorbildung richten. Am Standort Cottbus werden universitäre Studiengänge auf der Grundlage entsprechender Forschungsprofile angeboten.
Die Fakultät 1 ist bereit, in diesem Ausbildungsmodell verstärkt Synergien zu nutzen. In nicht ausgelasteten Studiengängen sollte die Ausbildung der Undergraduates in den Ingenieurwissenschaften, in welcher institutionellen Variante auch immer, nur an einem Standort vorgenommen werden.
(Anwendungsorientierte) Masterstudiengänge halten wir am Standort Senftenberg dort für gerechtfertigt, wo wir dies durch Studierendenzahlen und anwendungsorientierte Forschung untersetzen können.
Gegenwärtig gilt in vielen technischen Studiengängen an Universitäten ein anderes Verständnis der neuen Abschlüsse Bachelor und Master als an (Fach)Hochschulen. Der BA entspricht dort eher dem alten Vordiplom und dient als Basis für die Absicherung der Masterstudiengänge. Dies ist an der Hochschule Lausitz deutlich anders – die Bachelorabschlüsse sind berufsqualifizierend und das wird von Absolventen und Unternehmen genutzt. Das spiegelt sich unter anderem darin, dass das 7 + 3 Modell an der Hochschule Lausitz favorisiert wird und Praxisphasen in Unternehmen im Curriculum integriert sind.
Es liegt auf der Hand, dass diese Unterschiede nicht einfach mit einem so genannten X‐Modell aufgelöst werden. Das X‐Modell sieht unterschiedliche Zugänge zu einem Studiengang, entweder einen fachhochschulspezifischen oder einen universitären, und unterschiedliche Ausgänge des Studiums vor, die ebenfalls diesen Unterschied zwischen den beiden Hochschultypen reflektieren
sollen. Diese Unterschiede manifestieren sich auch auf der Ebene der Inhalte und Methoden der zu lehrenden Module und sind nur schwer miteinander zu vereinbaren. Die Formel eines X‐Modells darf also nicht darüber hinwegtäuschen, dass damit allenfalls das Aufgebot für eine Hochzeit bestellt ist;
im Ehevertrag muss dann deutlich mehr stehen, wenn es nicht zu Dauerkonflikten kommen soll.
In jeder Struktur sollte die wichtigste Qualität der derzeitigen Fakultät 1 auch in der neuen Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik (4) erhalten bleiben – das ist ihre Wirkung in die Region. Ein Fachhochschuldach hat hier den Vorteil, dass die Leistungen der beteiligten Kollegen und Kolleginnen
nicht nach universitären Maßstäben, sondern nach Fachhochschulmaßstäben gemessen werden und da zählt die Ausbildungsleistung für die regionale Wirtschaft und die Kooperation mit der regionalen Wirtschaft deutlich mehr als in einer universitären Struktur. Wenn alle Fakultäten unter dem Dach einer (Bologna‐)Universität organisiert werden sollen, dann muss es institutionelle Vorkehrungen geben, wie diese spezifischen Leistungen geschützt bzw. gefördert werden.
Die Hochschule Lausitz hat in der jüngeren Vergangenheit sehr erfolgreich von
fachhochschulspezifischen (Forschungs‐)Förderprogrammen des Bundes partizipiert. Entweder muss die Antragsberechtigung auch unter dem Dach einer neuen Universität erhalten werden oder es bedarf hier einer Kompensation, um die bewährte Zusammenarbeit mit Unternehmen in einem
finanzierten Rahmen erhält. Wir möchten ferner die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass ein erheblicher Teil der Studierenden an der Fakultät 1 keine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung besitzt. Damit die Studierendenzahlen nicht abnehmen, muss bedacht werden, wie potentielle Studierende aus dieser Gruppe nicht durch die Bezeichnung “Universität” von der Aufnahme eines Studiums in einem Fachhochschulstudiengang abgeschreckt werden. Man kann nicht davon ausgehen, dass innerhalb
der bestehenden Hochschullandschaft von Universitäten und Fachhochschulen, Studieninteressierte sich mit den Details der Strukturen an einer Universität Lausitz beschäftigen und daher die Information, dass dort weiterhin ein Hochschulzugang für sie existiert, allgemein bekannt ist.
Die regionale Wirksamkeit der Fakultät 1 ist auch an die Verfügbarkeit von
wirtschaftswissenschaftlicher Kompetenz gebunden. Jenseits der Frage, in welcher Fakultät die Kolleginnen und Kollegen der Wirtschaftswissenschaften angebunden sind, ist ein Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen vor Ort,
‐ dessen Absolventen vor allem regional und zunehmend überregional gebraucht und gefragt sind,
‐ der erhebliche Synergieeffekte mit den ingenieurtechnischen Fächern aufweist,
‐ dessen Beitrag zur regionalen Wirkung sowie zur Sicherung der Studierendenzahlen der Fakultät bislang erheblich ist, zur Sicherung des Standortes Senftenberg erforderlich.
Ein solcher Studiengang hat überdies auch den Effekt, dass sich die kritische Masse an Stellen in den technischen Fächern wesentlich leichter unter demografisch veränderten Bedingungen aufrechterhalten lässt, wenn die Stelleninhaber einen Teil ihrer Lehrverpflichtung in einem solchen Studiengang erbringen.
4. Zur Finanzierung
Es ist der Fakultät bewusst, dass die finanziellen Möglichkeiten der Landesregierung ebenso wie die demografische Entwicklung Rahmenbedingungen sind, die man auch in der Lausitz beachten muss.
Man kann die schwierige Situation in der Lausitz vor diesem Hintergrund frei nach Hölderlin („…wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch…“) als eine Chance begreifen und wir verstehen die Vorschläge der Lausitz‐Kommission und der Ministerin in diesem Sinne. Die geplanten Reformen bergen allerdings auch das Risiko, dass die Umstrukturierung wenig mehr als ein geschlachtetes Sparschwein liefert, um dem Rest der Brandenburger Hochschullandschaft ein finanzielles Auskommen in den nächsten Jahren zu ermöglichen. Angesichts der Sparzwänge, unter denen das Land steht, ist diese Möglichkeit durchaus nicht abwegig. Deshalb muss sehr früh in dem Prozess Klarheit darüber geschaffen werden, mit welchen Ressourcen in der Lausitz (finanziell und hinsichtlich der
Personalausstattung) gerechnet werden soll.
Folgende Punkte sind mit Blick auf die Finanzen aus unserer Sicht von besonderer Bedeutung. Wir erwarten, dass die getroffenen Zusagen gegenüber denjenigen Kollegen und Kolleginnen, die gegenwärtig befristete Verträge haben bzw. Probezeiten absolvieren müssen, eingehalten werden. Ihre Entfristung darf nicht von Einsparerwartungen oder möglichen Doppelungen von
Denominationen abhängig gemacht werden, sondern nur von fachlichen Gesichtspunkten. Jede andere Verfahrensweise ist nicht nur unsozial sondern sendet das Signal, dass sich der Lehrpersonal an den Hochschulen der Lausitz über seine Perspektiven in der Lausitz nicht sicher sein kann. Das wäre ein verheerender symbolischer Auftakt für jede positive Umstrukturierungsperspektive.
Eine Universität nach dem Muster von Bologna unterstellt einen neuen Professorentypus mit einem sehr viel flexibleren Lehrdeputat in Abhängigkeit von der individuellen Aufteilung zwischen Forschung, Lehre und regionaler Wirkung. Wenn hier nicht dauerhaft zwei Professorentypen mehr schlecht als recht in einem Universitätskollegium koexistieren und Fachhochschulprofessoren die Arbeit von Universitätsprofessoren übernehmen sollen, ohne so gestellt zu sein wie diese, dann bedarf es dafür eines gesetzlichen Rahmens und einer Überleitungsregelung. Hier erwarten wir eine
Klärung.
Das Mittelverteilungsmodell des Landes Brandenburg stellt auf Studierendenzahlen in der Regelstudienzeit ab. Es ist gedeckelt; das heißt bei einer gegebenen Gesamtsumme der zu verteilenden Mittel führt ein Mehr an Studierenden an einer Hochschule A bei gleichbleibenden Studierendenzahlen an einer anderen Hochschule B automatisch zu einer Umverteilung zu Gunsten
von A. Die Hochschulen in der Lausitz, die nach allen bisher bekannt ewordenen Plänen auf die MINT‐Fächer fokussiert sein sollen, können diesen Wettbewerb mit den Hochschulen im Umfeld von Berlin, die vom fehlenden Studienplatzangebot in Berlin profitieren, nur verlieren. Eine auskömmliche Finanzierung der Lausitzer Hochschulen oder einer Universität Lausitz setzt voraus, dass die Landesregierung das Mittelverteilungsmodell für die Hochschulen in der Lausitz mindestens zeitweilig aussetzt und andere Steuerungsmethoden anwendet.
Wir möchten deutlich zum Ausdruck bringen, dass Unklarheiten in diesen Punkten Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Reformabsichten bei den Betroffenen wecken. Wenn die einzige Botschaften am Ende des Tages nur die sind, dass es in Zukunft 20% weniger Studienplätze in der Lausitz und eine
dementsprechend sinkende Mittelausstattung geben soll, und alle Möglichkeiten genutzt werden, um den Prozess so billig wie möglich zu machen, dann bleibt von der geplanten Reform tatsächlich auch nur dies: dass sie in jeder Hinsicht billig war.
5. Ein Schlusswort
Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Restrukturierung der Lausitzer Hochschullandschaft sind die Menschen, die in den Hochschulen lernen, arbeiten, lehren und forschen. Die Politik ebenso wie die Kommissionen können diese Menschen mit ihren Vorschlägen ermutigen aber auch erheblich demotivieren.
Wir möchten nicht das Gefühl haben, lediglich disponible Masse zwischen Institutionen und Standorten zu sein, sondern wir möchten angehört werden. Wir begrüßen es deshalb, wenn die Ministerin ein Diskussionsangebot macht. Wir übersehen aber auch nicht, dass die geplanteNeugründung einer Universität über einen Gesetzesakt die Hochschulautonomie beider Einrichtungen weitgehend aushebelt. Es ist ein Diskussionsangebot unter asymmetrischen Bedingungen, denn die Politik kann uns zu etwas zwingen; wir haben lediglich die Chance, dass gute Argumente Gehör finden. Es wird daher maßgeblich von der gelebten Diskussionspraxis abhängig sein, was das Angebot einer Beteiligung der Betroffenen unter diesen Bedingungen wert ist.
Entscheidend wird sein, ob und wie die Vertreter der betroffenen Hochschulen an der Entwicklung des künftigen Hochschulentwicklungsplans für die Lausitz institutionell beteiligt werden. An unserer Bereitschaft zu einer konstruktiven aber auch zu einer kritischen Mitwirkung wird es jedenfalls nicht fehlen.
Hinweise der Redaktion:
Zu dem Thema haben wir weitere Artikel, Ankündigungen, Stellungnahmen und Berichte:
28.03.2012 Wolfgang Neskovic – Das Projekt Energie-Universität Lausitz: Ein trotziger Alleingang
28.03.2012 Leserbeitrag zur Podiumsdiskussion an der BTU Cottbus zu den Plänen einer neuen Energie Universität Lausitz
27.03.2012 Position der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten der BTU Cottbus zur Neugründung einer technischen Universität in der Lausitz
23.03.2012 Stellungnahme der Studierendenschaft der BTU Cottbus zur Stadtverordnetenversammlung in Cottbus am 19.03.2012
22.03.2012 Cottbuser Hochschulmitarbeiter äußern sich mit offenem Brief zum Stand der Diskussion über die Gründung einer neuen Universität in der Lausitz
21.03.2012 Prof. Dr. Michael Schierack (CDU) zur Hochschullandschaft in der Lausitz: Des Kaisers neue Kleider
21.03.2012 White Devils Cottbus: We love BTU – für den Erhalt unserer Uni!
21.03.2012 Stellungnahme zur geplanten Neugründung einer „Energieuniversität“ in der Lausitz
21.03.2012 Podiumsdiskussion an der BTU Cottbus zur Neugründung der Energie Universität am 27.03. 19 Uhr mit Ministerin Kunst
20.03.2012 Podiumsdiskussion in Cottbus zu Entwicklungsperspektiven der Südbrandenburgischen Hochschulregion – Braucht die Lausitz nur eine Energie-Universität? am 26.03.2012, 19 Uhr
20.03.2012 2000 Demonstranten für den Erhalt der BTU Cottbus
20.03.2012 Cottbuser Studenten verschaffen sich Luft zu den Kunst-Plänen für eine Energie Universität Lausitz
16.03.2012 Gemeinsames Positionspapier der Industrie- und Handelskammer Cottbus und der Handwerkskammer Cottbus zur Hochschuldiskussion in der Lausitz
16.03.2012 BTU Cottbus fordert die Langfassung des Gutachtens und darauf aufbauend eine Diskussion mit der Lausitz-Kommission
15.03.2012 Presseerklärung der Studierendenschaft der BTU Cottbus zum Treffen mit Ministerin Kunst
14.03.2012 Kommunikation zur Universitätsgründung in der Lausitz – Ein offener Brief des Studierendenrats der BTU Cottbus
14.03.2012 Demonstrationszug vom Audimax zum Altmarkt Cottbus für Erhalt der BTU
13.03.2012 Offener Brief von über 800 Studierenden der BTU Cottbus an Ministerpräsident Platzeck
10.03.2012 Wir bleiben BTU! – Cottbuser Studenten und Mitarbeiter machen mobil
27.02.2012 BTU ist für Erhalt der Marke “BTU Cottbus”
23.02.2012 Stellungnahme des Senats der BTU zur Hochschulstrukturdiskussion in der Lausitz
15.02.2012 Statement des Landrates von Oberspreewald-Lausitz zur Debatte einer Uni-Neugründung in der Lausitz
10.02.2012 Landesregierung reagiert mit Strukturvorschlag für eine innovative Struktur der Technischen Universität
02.02.2012 Erfolgskurs der BTU Cottbus verstärkt sich trotz reduzierter Landesmittel
Vorweg eine Anmerkung der Redaktion: Im Gegensatz zu vielen offenen Briefen und Stellungnahmen zu der Diskussion ist bei dieser nicht ersichtlich woher sie stammt. Laut Webseite der HS Lausitz ist die Seite auf der diese Stellungnahme veröffentlicht wurde vom Präsidenten der HS Lausitz bearbeitet worden, es ist also nicht klar, wer von der Fakultät 1 der HS Lausitz diese Stellungnahme verfasst und veröffentlicht hat, noch welche Meinung (Mitarbeiter, Studierende, Leitung) sie wiederspiegelt.
1. Für eine nachhaltige Reform der Lausitzer Hochschullandschaft
Gäbe es die Brandenburgische Technische Universität (im folgenden BTU) und die Hochschule Lausitz (im folgenden HS L oder Hochschule Lausitz) nicht und man könnte gleichsam auf der grünen Wiese planen, dann gäbe es vermutliche eine (Fach‐)Hochschule am Standort Cottbus mit einer starken ingenieurwissenschaftlichen Fakultät, einer Informatik, den Sozialwissenschaften und der Betriebswirtschaftslehre und einer ausgeprägten Profilierung im Bereich Energie. Die Studiengänge würden der Fachkräftesicherung und der Förderung von Entwicklungsprojekten in den Klein‐ und mittelständischen Unternehmen der Region dienen und eine Profilierung um das Thema Energie würde die Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema Energie liefern, derer es in Brandenburg bedarf.
Hinterher ist man natürlich immer klüger. Wie wir alle wissen, ist die Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren etwas anders verlaufen. Ein Teil dieser Leistungen wird in Senftenberg erbracht, ein anderer Teil in Cottbus. Überdies gibt es neue und leistungsfähige Strukturen an der BTU ebenso wie
an der Hochschule Lausitz, die nicht so ohne weiteres in ein solches Bild passen. Es gilt also einen konzeptionell sinnvollen Kompromiss zu finden zwischen dem, was für die Region erforderlich ist, was angesichts der hochschulpolitischen Diskussion Sinn macht und neuen Strukturen, die
erhaltenswert sind.
Ein Kompromiss heißt auch: es wird keine perfekte Lösung geben. Es sollte allerdings eine Lösung sein, die nicht nach wenigen Jahren durch die nächste Umstrukturierungsdebatte abgelöst wird. Sie sollte also auf Dauer tragen. Das bedeutet insbesondere, dass die Studierendenzahlen hinreichend sind, um die neue Einrichtung(en) zu stützen und dass eine auskömmliche Finanzierung gesichert sein muss.
2. Was die Region braucht
Die Region Lausitz braucht Hochschulbildung. Sie ist unter allen peripheren Regionen des Landes Brandenburg diejenige mit der dichtesten industriellen Struktur und ist durch die günstige Lage zwischen Berlin, Dresden und Polen auch in Zukunft für Industriebetriebe attraktiv. Die Unternehmen, die in der Region aktiv sind, brauchen einen gesicherten akademischen Fachkräftenachwuchs und sie brauchen wissenschaftliche Unterstützung bei ihren Entwicklungs‐ und Forschungsaufgaben. Das Gutachten der Lausitz‐Kommission wie auch die Stellungnahme der Ministerin sprechen bei aller Kritik im Detail in diesem Punkt eine deutliche Sprache: Diese Leistungen werden vor allem durch die Hochschule Lausitz, ihre Fakultäten und ihre Studiengänge erbracht, insbesondere durch die Fakultät 1 unter Einschluss des Wirtschaftsingenieurwesen.
Das liegt nicht nur am besonderen Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Cottbus und Senftenberg und an dem kollegialen Betriebsklima, das sich die Hochschule auch unter sehr schwierigen Arbeitsbedingungen bewahren konnte. Im Kern sind diese Leistungen fachhochschultypisch. Denn Fachhochschulprofessoren sind keine Universitätsprofessoren mit einem zufälligen Karriereknick. Sie werden sehr viel mehr daran gemessen, ob sie es schaffen ihre Studierenden in Lohn und Brot zu bringen und ob sie einen Beitrag zur regionalen Entwicklung liefern und weniger daran, wie viele Promotionen sie ermöglichen oder ob sie in einem hochrangigen Journal veröffentlichen konnten – obwohl wir uns auch in dieser Hinsicht nicht zu verstecken brauchen.
Zwischen Berlin und Dresden kann sich eine Technische Universität in Cottbus unter dem gegenwärtigen Finanzierungsmodell über die ganze Breite naturwissenschaftlicher und technischer Studiengänge nicht dauerhaft behaupten. Mit einer Sparten‐ oder Programmuniversität, die sich sowohl im Gutachten der Lausitz‐Kommission als auch in den Verlautbarungen von Frau Prof. Dr. Kunst finden, wird hier die richtige Orientierung vorgegeben: eine Spezialisierung der BTU auf deutlich weniger aber qualitativ hochwertige Fächer, die sich zumeist aber vielleicht nicht nur um das Thema Energie ranken.
3. Die neuen Strukturen
Gegenwärtig sind verschiedene Übersichten über die neuen Strukturen im Umlauf – eine der Lausitz‐Kommission und eine, die die Ministerin, Frau Prof. Dr. Kunst autorisiert hat. Die Lausitz‐Kommission sieht eine Fakultät 1 unter der Bezeichnung Ingenieurwissenschaften und Informatik an der beizubehaltenden Hochschule Lausitz vor. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen, der bislang
ebenfalls zur Fakultät 1 gehört hat, soll hingegen in eine hochschulübergreifende Fakultät Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsingenieurwesen eingebracht werden. Parallel finden sich die technischen Studiengänge der BTU Cottbus in drei verschiedenen Fakultäten: 1. Energie und Umwelttechnik, 2. Informationstechnologien und Mathematik, 3. Maschinenbau‐ und Materialwissenschaften wieder, die vor allem entlang der gewünschten Profilierung der BTU strukturiert sind. Der Vorschlag des MWFK übernimmt die Fakultätsaufteilung der Lausitz‐Kommission, versammelt aber alle Fakultäten unter dem Dach einer einzigen Institution, der Lausitz‐Universität.
Wir nehmen zur Kenntnis, dass viele Akteure an der BTU nicht einverstanden sind mit dem Vorschlag der Ministerin und wir nehmen zur Kenntnis, dass auch eine Zusammenarbeit auf Fakultätsebene bislang wenig Erfolg gezeigt hat. Und es steht noch das Ergebnis der Brandenburg‐Kommission aus, das eine Neuordnung der gesamten Brandenburger Hochschullandschaft vorsieht. Es ist leider auch noch nicht klar, ob und inwieweit sich die Ministerin an die strukturellen Vorschläge der Lausitz‐Kommission unterhalb der Ebene einer Neugründung einer Universität gebunden fühlt. Vor diesem Hintergrund darf man sich nicht wundern, dass sich Unsicherheiten breit machen und Gerüchte
aufkommen.
Deshalb sollte zuallererst gegenüber allen Studierenden deutlich gemacht werden, dass jede und jeder, die heute ein Studium an einer der Hochschulen in einem Studiengang in der Lausitz anfängt, auch die Möglichkeit haben wird, den gewünschten Abschluss in der Lausitz zu machen. Dieser Vertrauensschutz ist mindestens ebenso wichtig wie die Aussage, dass keine Person, die gegenwärtig einen Arbeitsvertrag an der Hochschule Lausitz oder an der BTU hat, wegen der anstehenden Umstrukturierung um seine Stelle fürchten muss. Dieser Vertrauensschutz muss sich auch auf das nicht‐wissenschaftliche Personal, das die Forschung und Lehre in den Laboren absichert und die Studiengänge organisatorisch betreut, erstrecken.
Grundsätzlich sollten Redundanzen in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen zwischen der Hochschule Lausitz und der BTU deutlich verringert werden. Die Fakultät 1 ist hier zu einem konstruktiven Beitrag bereit. Ohne diesen Schritt wird der Wettbewerb zwischen den Ingenieurwissenschaften der Hochschule Lausitz und der BTU um die Studierenden in diesen Fächern weiter aufrechterhalten und es ist für beide möglicherweise zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Notwendig ist eine klare inhaltliche und konzeptionelle Abgrenzung: Die Fakultät 1 konzentriert sich auf anwendungsorientierte Bachelor‐ und Master‐Studiengänge, derenProfilierungen sichtbare Alleinstellungsmerkmale aufweisen und die sich möglicherweise zukünftig verstärkt an Studierende ohne gymnasiale Vorbildung richten. Am Standort Cottbus werden universitäre Studiengänge auf der Grundlage entsprechender Forschungsprofile angeboten.
Die Fakultät 1 ist bereit, in diesem Ausbildungsmodell verstärkt Synergien zu nutzen. In nicht ausgelasteten Studiengängen sollte die Ausbildung der Undergraduates in den Ingenieurwissenschaften, in welcher institutionellen Variante auch immer, nur an einem Standort vorgenommen werden.
(Anwendungsorientierte) Masterstudiengänge halten wir am Standort Senftenberg dort für gerechtfertigt, wo wir dies durch Studierendenzahlen und anwendungsorientierte Forschung untersetzen können.
Gegenwärtig gilt in vielen technischen Studiengängen an Universitäten ein anderes Verständnis der neuen Abschlüsse Bachelor und Master als an (Fach)Hochschulen. Der BA entspricht dort eher dem alten Vordiplom und dient als Basis für die Absicherung der Masterstudiengänge. Dies ist an der Hochschule Lausitz deutlich anders – die Bachelorabschlüsse sind berufsqualifizierend und das wird von Absolventen und Unternehmen genutzt. Das spiegelt sich unter anderem darin, dass das 7 + 3 Modell an der Hochschule Lausitz favorisiert wird und Praxisphasen in Unternehmen im Curriculum integriert sind.
Es liegt auf der Hand, dass diese Unterschiede nicht einfach mit einem so genannten X‐Modell aufgelöst werden. Das X‐Modell sieht unterschiedliche Zugänge zu einem Studiengang, entweder einen fachhochschulspezifischen oder einen universitären, und unterschiedliche Ausgänge des Studiums vor, die ebenfalls diesen Unterschied zwischen den beiden Hochschultypen reflektieren
sollen. Diese Unterschiede manifestieren sich auch auf der Ebene der Inhalte und Methoden der zu lehrenden Module und sind nur schwer miteinander zu vereinbaren. Die Formel eines X‐Modells darf also nicht darüber hinwegtäuschen, dass damit allenfalls das Aufgebot für eine Hochzeit bestellt ist;
im Ehevertrag muss dann deutlich mehr stehen, wenn es nicht zu Dauerkonflikten kommen soll.
In jeder Struktur sollte die wichtigste Qualität der derzeitigen Fakultät 1 auch in der neuen Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik (4) erhalten bleiben – das ist ihre Wirkung in die Region. Ein Fachhochschuldach hat hier den Vorteil, dass die Leistungen der beteiligten Kollegen und Kolleginnen
nicht nach universitären Maßstäben, sondern nach Fachhochschulmaßstäben gemessen werden und da zählt die Ausbildungsleistung für die regionale Wirtschaft und die Kooperation mit der regionalen Wirtschaft deutlich mehr als in einer universitären Struktur. Wenn alle Fakultäten unter dem Dach einer (Bologna‐)Universität organisiert werden sollen, dann muss es institutionelle Vorkehrungen geben, wie diese spezifischen Leistungen geschützt bzw. gefördert werden.
Die Hochschule Lausitz hat in der jüngeren Vergangenheit sehr erfolgreich von
fachhochschulspezifischen (Forschungs‐)Förderprogrammen des Bundes partizipiert. Entweder muss die Antragsberechtigung auch unter dem Dach einer neuen Universität erhalten werden oder es bedarf hier einer Kompensation, um die bewährte Zusammenarbeit mit Unternehmen in einem
finanzierten Rahmen erhält. Wir möchten ferner die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass ein erheblicher Teil der Studierenden an der Fakultät 1 keine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung besitzt. Damit die Studierendenzahlen nicht abnehmen, muss bedacht werden, wie potentielle Studierende aus dieser Gruppe nicht durch die Bezeichnung “Universität” von der Aufnahme eines Studiums in einem Fachhochschulstudiengang abgeschreckt werden. Man kann nicht davon ausgehen, dass innerhalb
der bestehenden Hochschullandschaft von Universitäten und Fachhochschulen, Studieninteressierte sich mit den Details der Strukturen an einer Universität Lausitz beschäftigen und daher die Information, dass dort weiterhin ein Hochschulzugang für sie existiert, allgemein bekannt ist.
Die regionale Wirksamkeit der Fakultät 1 ist auch an die Verfügbarkeit von
wirtschaftswissenschaftlicher Kompetenz gebunden. Jenseits der Frage, in welcher Fakultät die Kolleginnen und Kollegen der Wirtschaftswissenschaften angebunden sind, ist ein Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen vor Ort,
‐ dessen Absolventen vor allem regional und zunehmend überregional gebraucht und gefragt sind,
‐ der erhebliche Synergieeffekte mit den ingenieurtechnischen Fächern aufweist,
‐ dessen Beitrag zur regionalen Wirkung sowie zur Sicherung der Studierendenzahlen der Fakultät bislang erheblich ist, zur Sicherung des Standortes Senftenberg erforderlich.
Ein solcher Studiengang hat überdies auch den Effekt, dass sich die kritische Masse an Stellen in den technischen Fächern wesentlich leichter unter demografisch veränderten Bedingungen aufrechterhalten lässt, wenn die Stelleninhaber einen Teil ihrer Lehrverpflichtung in einem solchen Studiengang erbringen.
4. Zur Finanzierung
Es ist der Fakultät bewusst, dass die finanziellen Möglichkeiten der Landesregierung ebenso wie die demografische Entwicklung Rahmenbedingungen sind, die man auch in der Lausitz beachten muss.
Man kann die schwierige Situation in der Lausitz vor diesem Hintergrund frei nach Hölderlin („…wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch…“) als eine Chance begreifen und wir verstehen die Vorschläge der Lausitz‐Kommission und der Ministerin in diesem Sinne. Die geplanten Reformen bergen allerdings auch das Risiko, dass die Umstrukturierung wenig mehr als ein geschlachtetes Sparschwein liefert, um dem Rest der Brandenburger Hochschullandschaft ein finanzielles Auskommen in den nächsten Jahren zu ermöglichen. Angesichts der Sparzwänge, unter denen das Land steht, ist diese Möglichkeit durchaus nicht abwegig. Deshalb muss sehr früh in dem Prozess Klarheit darüber geschaffen werden, mit welchen Ressourcen in der Lausitz (finanziell und hinsichtlich der
Personalausstattung) gerechnet werden soll.
Folgende Punkte sind mit Blick auf die Finanzen aus unserer Sicht von besonderer Bedeutung. Wir erwarten, dass die getroffenen Zusagen gegenüber denjenigen Kollegen und Kolleginnen, die gegenwärtig befristete Verträge haben bzw. Probezeiten absolvieren müssen, eingehalten werden. Ihre Entfristung darf nicht von Einsparerwartungen oder möglichen Doppelungen von
Denominationen abhängig gemacht werden, sondern nur von fachlichen Gesichtspunkten. Jede andere Verfahrensweise ist nicht nur unsozial sondern sendet das Signal, dass sich der Lehrpersonal an den Hochschulen der Lausitz über seine Perspektiven in der Lausitz nicht sicher sein kann. Das wäre ein verheerender symbolischer Auftakt für jede positive Umstrukturierungsperspektive.
Eine Universität nach dem Muster von Bologna unterstellt einen neuen Professorentypus mit einem sehr viel flexibleren Lehrdeputat in Abhängigkeit von der individuellen Aufteilung zwischen Forschung, Lehre und regionaler Wirkung. Wenn hier nicht dauerhaft zwei Professorentypen mehr schlecht als recht in einem Universitätskollegium koexistieren und Fachhochschulprofessoren die Arbeit von Universitätsprofessoren übernehmen sollen, ohne so gestellt zu sein wie diese, dann bedarf es dafür eines gesetzlichen Rahmens und einer Überleitungsregelung. Hier erwarten wir eine
Klärung.
Das Mittelverteilungsmodell des Landes Brandenburg stellt auf Studierendenzahlen in der Regelstudienzeit ab. Es ist gedeckelt; das heißt bei einer gegebenen Gesamtsumme der zu verteilenden Mittel führt ein Mehr an Studierenden an einer Hochschule A bei gleichbleibenden Studierendenzahlen an einer anderen Hochschule B automatisch zu einer Umverteilung zu Gunsten
von A. Die Hochschulen in der Lausitz, die nach allen bisher bekannt ewordenen Plänen auf die MINT‐Fächer fokussiert sein sollen, können diesen Wettbewerb mit den Hochschulen im Umfeld von Berlin, die vom fehlenden Studienplatzangebot in Berlin profitieren, nur verlieren. Eine auskömmliche Finanzierung der Lausitzer Hochschulen oder einer Universität Lausitz setzt voraus, dass die Landesregierung das Mittelverteilungsmodell für die Hochschulen in der Lausitz mindestens zeitweilig aussetzt und andere Steuerungsmethoden anwendet.
Wir möchten deutlich zum Ausdruck bringen, dass Unklarheiten in diesen Punkten Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Reformabsichten bei den Betroffenen wecken. Wenn die einzige Botschaften am Ende des Tages nur die sind, dass es in Zukunft 20% weniger Studienplätze in der Lausitz und eine
dementsprechend sinkende Mittelausstattung geben soll, und alle Möglichkeiten genutzt werden, um den Prozess so billig wie möglich zu machen, dann bleibt von der geplanten Reform tatsächlich auch nur dies: dass sie in jeder Hinsicht billig war.
5. Ein Schlusswort
Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Restrukturierung der Lausitzer Hochschullandschaft sind die Menschen, die in den Hochschulen lernen, arbeiten, lehren und forschen. Die Politik ebenso wie die Kommissionen können diese Menschen mit ihren Vorschlägen ermutigen aber auch erheblich demotivieren.
Wir möchten nicht das Gefühl haben, lediglich disponible Masse zwischen Institutionen und Standorten zu sein, sondern wir möchten angehört werden. Wir begrüßen es deshalb, wenn die Ministerin ein Diskussionsangebot macht. Wir übersehen aber auch nicht, dass die geplanteNeugründung einer Universität über einen Gesetzesakt die Hochschulautonomie beider Einrichtungen weitgehend aushebelt. Es ist ein Diskussionsangebot unter asymmetrischen Bedingungen, denn die Politik kann uns zu etwas zwingen; wir haben lediglich die Chance, dass gute Argumente Gehör finden. Es wird daher maßgeblich von der gelebten Diskussionspraxis abhängig sein, was das Angebot einer Beteiligung der Betroffenen unter diesen Bedingungen wert ist.
Entscheidend wird sein, ob und wie die Vertreter der betroffenen Hochschulen an der Entwicklung des künftigen Hochschulentwicklungsplans für die Lausitz institutionell beteiligt werden. An unserer Bereitschaft zu einer konstruktiven aber auch zu einer kritischen Mitwirkung wird es jedenfalls nicht fehlen.
Hinweise der Redaktion:
Zu dem Thema haben wir weitere Artikel, Ankündigungen, Stellungnahmen und Berichte:
28.03.2012 Wolfgang Neskovic – Das Projekt Energie-Universität Lausitz: Ein trotziger Alleingang
28.03.2012 Leserbeitrag zur Podiumsdiskussion an der BTU Cottbus zu den Plänen einer neuen Energie Universität Lausitz
27.03.2012 Position der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten der BTU Cottbus zur Neugründung einer technischen Universität in der Lausitz
23.03.2012 Stellungnahme der Studierendenschaft der BTU Cottbus zur Stadtverordnetenversammlung in Cottbus am 19.03.2012
22.03.2012 Cottbuser Hochschulmitarbeiter äußern sich mit offenem Brief zum Stand der Diskussion über die Gründung einer neuen Universität in der Lausitz
21.03.2012 Prof. Dr. Michael Schierack (CDU) zur Hochschullandschaft in der Lausitz: Des Kaisers neue Kleider
21.03.2012 White Devils Cottbus: We love BTU – für den Erhalt unserer Uni!
21.03.2012 Stellungnahme zur geplanten Neugründung einer „Energieuniversität“ in der Lausitz
21.03.2012 Podiumsdiskussion an der BTU Cottbus zur Neugründung der Energie Universität am 27.03. 19 Uhr mit Ministerin Kunst
20.03.2012 Podiumsdiskussion in Cottbus zu Entwicklungsperspektiven der Südbrandenburgischen Hochschulregion – Braucht die Lausitz nur eine Energie-Universität? am 26.03.2012, 19 Uhr
20.03.2012 2000 Demonstranten für den Erhalt der BTU Cottbus
20.03.2012 Cottbuser Studenten verschaffen sich Luft zu den Kunst-Plänen für eine Energie Universität Lausitz
16.03.2012 Gemeinsames Positionspapier der Industrie- und Handelskammer Cottbus und der Handwerkskammer Cottbus zur Hochschuldiskussion in der Lausitz
16.03.2012 BTU Cottbus fordert die Langfassung des Gutachtens und darauf aufbauend eine Diskussion mit der Lausitz-Kommission
15.03.2012 Presseerklärung der Studierendenschaft der BTU Cottbus zum Treffen mit Ministerin Kunst
14.03.2012 Kommunikation zur Universitätsgründung in der Lausitz – Ein offener Brief des Studierendenrats der BTU Cottbus
14.03.2012 Demonstrationszug vom Audimax zum Altmarkt Cottbus für Erhalt der BTU
13.03.2012 Offener Brief von über 800 Studierenden der BTU Cottbus an Ministerpräsident Platzeck
10.03.2012 Wir bleiben BTU! – Cottbuser Studenten und Mitarbeiter machen mobil
27.02.2012 BTU ist für Erhalt der Marke “BTU Cottbus”
23.02.2012 Stellungnahme des Senats der BTU zur Hochschulstrukturdiskussion in der Lausitz
15.02.2012 Statement des Landrates von Oberspreewald-Lausitz zur Debatte einer Uni-Neugründung in der Lausitz
10.02.2012 Landesregierung reagiert mit Strukturvorschlag für eine innovative Struktur der Technischen Universität
02.02.2012 Erfolgskurs der BTU Cottbus verstärkt sich trotz reduzierter Landesmittel
Vorweg eine Anmerkung der Redaktion: Im Gegensatz zu vielen offenen Briefen und Stellungnahmen zu der Diskussion ist bei dieser nicht ersichtlich woher sie stammt. Laut Webseite der HS Lausitz ist die Seite auf der diese Stellungnahme veröffentlicht wurde vom Präsidenten der HS Lausitz bearbeitet worden, es ist also nicht klar, wer von der Fakultät 1 der HS Lausitz diese Stellungnahme verfasst und veröffentlicht hat, noch welche Meinung (Mitarbeiter, Studierende, Leitung) sie wiederspiegelt.
1. Für eine nachhaltige Reform der Lausitzer Hochschullandschaft
Gäbe es die Brandenburgische Technische Universität (im folgenden BTU) und die Hochschule Lausitz (im folgenden HS L oder Hochschule Lausitz) nicht und man könnte gleichsam auf der grünen Wiese planen, dann gäbe es vermutliche eine (Fach‐)Hochschule am Standort Cottbus mit einer starken ingenieurwissenschaftlichen Fakultät, einer Informatik, den Sozialwissenschaften und der Betriebswirtschaftslehre und einer ausgeprägten Profilierung im Bereich Energie. Die Studiengänge würden der Fachkräftesicherung und der Förderung von Entwicklungsprojekten in den Klein‐ und mittelständischen Unternehmen der Region dienen und eine Profilierung um das Thema Energie würde die Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema Energie liefern, derer es in Brandenburg bedarf.
Hinterher ist man natürlich immer klüger. Wie wir alle wissen, ist die Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren etwas anders verlaufen. Ein Teil dieser Leistungen wird in Senftenberg erbracht, ein anderer Teil in Cottbus. Überdies gibt es neue und leistungsfähige Strukturen an der BTU ebenso wie
an der Hochschule Lausitz, die nicht so ohne weiteres in ein solches Bild passen. Es gilt also einen konzeptionell sinnvollen Kompromiss zu finden zwischen dem, was für die Region erforderlich ist, was angesichts der hochschulpolitischen Diskussion Sinn macht und neuen Strukturen, die
erhaltenswert sind.
Ein Kompromiss heißt auch: es wird keine perfekte Lösung geben. Es sollte allerdings eine Lösung sein, die nicht nach wenigen Jahren durch die nächste Umstrukturierungsdebatte abgelöst wird. Sie sollte also auf Dauer tragen. Das bedeutet insbesondere, dass die Studierendenzahlen hinreichend sind, um die neue Einrichtung(en) zu stützen und dass eine auskömmliche Finanzierung gesichert sein muss.
2. Was die Region braucht
Die Region Lausitz braucht Hochschulbildung. Sie ist unter allen peripheren Regionen des Landes Brandenburg diejenige mit der dichtesten industriellen Struktur und ist durch die günstige Lage zwischen Berlin, Dresden und Polen auch in Zukunft für Industriebetriebe attraktiv. Die Unternehmen, die in der Region aktiv sind, brauchen einen gesicherten akademischen Fachkräftenachwuchs und sie brauchen wissenschaftliche Unterstützung bei ihren Entwicklungs‐ und Forschungsaufgaben. Das Gutachten der Lausitz‐Kommission wie auch die Stellungnahme der Ministerin sprechen bei aller Kritik im Detail in diesem Punkt eine deutliche Sprache: Diese Leistungen werden vor allem durch die Hochschule Lausitz, ihre Fakultäten und ihre Studiengänge erbracht, insbesondere durch die Fakultät 1 unter Einschluss des Wirtschaftsingenieurwesen.
Das liegt nicht nur am besonderen Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Cottbus und Senftenberg und an dem kollegialen Betriebsklima, das sich die Hochschule auch unter sehr schwierigen Arbeitsbedingungen bewahren konnte. Im Kern sind diese Leistungen fachhochschultypisch. Denn Fachhochschulprofessoren sind keine Universitätsprofessoren mit einem zufälligen Karriereknick. Sie werden sehr viel mehr daran gemessen, ob sie es schaffen ihre Studierenden in Lohn und Brot zu bringen und ob sie einen Beitrag zur regionalen Entwicklung liefern und weniger daran, wie viele Promotionen sie ermöglichen oder ob sie in einem hochrangigen Journal veröffentlichen konnten – obwohl wir uns auch in dieser Hinsicht nicht zu verstecken brauchen.
Zwischen Berlin und Dresden kann sich eine Technische Universität in Cottbus unter dem gegenwärtigen Finanzierungsmodell über die ganze Breite naturwissenschaftlicher und technischer Studiengänge nicht dauerhaft behaupten. Mit einer Sparten‐ oder Programmuniversität, die sich sowohl im Gutachten der Lausitz‐Kommission als auch in den Verlautbarungen von Frau Prof. Dr. Kunst finden, wird hier die richtige Orientierung vorgegeben: eine Spezialisierung der BTU auf deutlich weniger aber qualitativ hochwertige Fächer, die sich zumeist aber vielleicht nicht nur um das Thema Energie ranken.
3. Die neuen Strukturen
Gegenwärtig sind verschiedene Übersichten über die neuen Strukturen im Umlauf – eine der Lausitz‐Kommission und eine, die die Ministerin, Frau Prof. Dr. Kunst autorisiert hat. Die Lausitz‐Kommission sieht eine Fakultät 1 unter der Bezeichnung Ingenieurwissenschaften und Informatik an der beizubehaltenden Hochschule Lausitz vor. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen, der bislang
ebenfalls zur Fakultät 1 gehört hat, soll hingegen in eine hochschulübergreifende Fakultät Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsingenieurwesen eingebracht werden. Parallel finden sich die technischen Studiengänge der BTU Cottbus in drei verschiedenen Fakultäten: 1. Energie und Umwelttechnik, 2. Informationstechnologien und Mathematik, 3. Maschinenbau‐ und Materialwissenschaften wieder, die vor allem entlang der gewünschten Profilierung der BTU strukturiert sind. Der Vorschlag des MWFK übernimmt die Fakultätsaufteilung der Lausitz‐Kommission, versammelt aber alle Fakultäten unter dem Dach einer einzigen Institution, der Lausitz‐Universität.
Wir nehmen zur Kenntnis, dass viele Akteure an der BTU nicht einverstanden sind mit dem Vorschlag der Ministerin und wir nehmen zur Kenntnis, dass auch eine Zusammenarbeit auf Fakultätsebene bislang wenig Erfolg gezeigt hat. Und es steht noch das Ergebnis der Brandenburg‐Kommission aus, das eine Neuordnung der gesamten Brandenburger Hochschullandschaft vorsieht. Es ist leider auch noch nicht klar, ob und inwieweit sich die Ministerin an die strukturellen Vorschläge der Lausitz‐Kommission unterhalb der Ebene einer Neugründung einer Universität gebunden fühlt. Vor diesem Hintergrund darf man sich nicht wundern, dass sich Unsicherheiten breit machen und Gerüchte
aufkommen.
Deshalb sollte zuallererst gegenüber allen Studierenden deutlich gemacht werden, dass jede und jeder, die heute ein Studium an einer der Hochschulen in einem Studiengang in der Lausitz anfängt, auch die Möglichkeit haben wird, den gewünschten Abschluss in der Lausitz zu machen. Dieser Vertrauensschutz ist mindestens ebenso wichtig wie die Aussage, dass keine Person, die gegenwärtig einen Arbeitsvertrag an der Hochschule Lausitz oder an der BTU hat, wegen der anstehenden Umstrukturierung um seine Stelle fürchten muss. Dieser Vertrauensschutz muss sich auch auf das nicht‐wissenschaftliche Personal, das die Forschung und Lehre in den Laboren absichert und die Studiengänge organisatorisch betreut, erstrecken.
Grundsätzlich sollten Redundanzen in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen zwischen der Hochschule Lausitz und der BTU deutlich verringert werden. Die Fakultät 1 ist hier zu einem konstruktiven Beitrag bereit. Ohne diesen Schritt wird der Wettbewerb zwischen den Ingenieurwissenschaften der Hochschule Lausitz und der BTU um die Studierenden in diesen Fächern weiter aufrechterhalten und es ist für beide möglicherweise zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Notwendig ist eine klare inhaltliche und konzeptionelle Abgrenzung: Die Fakultät 1 konzentriert sich auf anwendungsorientierte Bachelor‐ und Master‐Studiengänge, derenProfilierungen sichtbare Alleinstellungsmerkmale aufweisen und die sich möglicherweise zukünftig verstärkt an Studierende ohne gymnasiale Vorbildung richten. Am Standort Cottbus werden universitäre Studiengänge auf der Grundlage entsprechender Forschungsprofile angeboten.
Die Fakultät 1 ist bereit, in diesem Ausbildungsmodell verstärkt Synergien zu nutzen. In nicht ausgelasteten Studiengängen sollte die Ausbildung der Undergraduates in den Ingenieurwissenschaften, in welcher institutionellen Variante auch immer, nur an einem Standort vorgenommen werden.
(Anwendungsorientierte) Masterstudiengänge halten wir am Standort Senftenberg dort für gerechtfertigt, wo wir dies durch Studierendenzahlen und anwendungsorientierte Forschung untersetzen können.
Gegenwärtig gilt in vielen technischen Studiengängen an Universitäten ein anderes Verständnis der neuen Abschlüsse Bachelor und Master als an (Fach)Hochschulen. Der BA entspricht dort eher dem alten Vordiplom und dient als Basis für die Absicherung der Masterstudiengänge. Dies ist an der Hochschule Lausitz deutlich anders – die Bachelorabschlüsse sind berufsqualifizierend und das wird von Absolventen und Unternehmen genutzt. Das spiegelt sich unter anderem darin, dass das 7 + 3 Modell an der Hochschule Lausitz favorisiert wird und Praxisphasen in Unternehmen im Curriculum integriert sind.
Es liegt auf der Hand, dass diese Unterschiede nicht einfach mit einem so genannten X‐Modell aufgelöst werden. Das X‐Modell sieht unterschiedliche Zugänge zu einem Studiengang, entweder einen fachhochschulspezifischen oder einen universitären, und unterschiedliche Ausgänge des Studiums vor, die ebenfalls diesen Unterschied zwischen den beiden Hochschultypen reflektieren
sollen. Diese Unterschiede manifestieren sich auch auf der Ebene der Inhalte und Methoden der zu lehrenden Module und sind nur schwer miteinander zu vereinbaren. Die Formel eines X‐Modells darf also nicht darüber hinwegtäuschen, dass damit allenfalls das Aufgebot für eine Hochzeit bestellt ist;
im Ehevertrag muss dann deutlich mehr stehen, wenn es nicht zu Dauerkonflikten kommen soll.
In jeder Struktur sollte die wichtigste Qualität der derzeitigen Fakultät 1 auch in der neuen Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik (4) erhalten bleiben – das ist ihre Wirkung in die Region. Ein Fachhochschuldach hat hier den Vorteil, dass die Leistungen der beteiligten Kollegen und Kolleginnen
nicht nach universitären Maßstäben, sondern nach Fachhochschulmaßstäben gemessen werden und da zählt die Ausbildungsleistung für die regionale Wirtschaft und die Kooperation mit der regionalen Wirtschaft deutlich mehr als in einer universitären Struktur. Wenn alle Fakultäten unter dem Dach einer (Bologna‐)Universität organisiert werden sollen, dann muss es institutionelle Vorkehrungen geben, wie diese spezifischen Leistungen geschützt bzw. gefördert werden.
Die Hochschule Lausitz hat in der jüngeren Vergangenheit sehr erfolgreich von
fachhochschulspezifischen (Forschungs‐)Förderprogrammen des Bundes partizipiert. Entweder muss die Antragsberechtigung auch unter dem Dach einer neuen Universität erhalten werden oder es bedarf hier einer Kompensation, um die bewährte Zusammenarbeit mit Unternehmen in einem
finanzierten Rahmen erhält. Wir möchten ferner die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass ein erheblicher Teil der Studierenden an der Fakultät 1 keine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung besitzt. Damit die Studierendenzahlen nicht abnehmen, muss bedacht werden, wie potentielle Studierende aus dieser Gruppe nicht durch die Bezeichnung “Universität” von der Aufnahme eines Studiums in einem Fachhochschulstudiengang abgeschreckt werden. Man kann nicht davon ausgehen, dass innerhalb
der bestehenden Hochschullandschaft von Universitäten und Fachhochschulen, Studieninteressierte sich mit den Details der Strukturen an einer Universität Lausitz beschäftigen und daher die Information, dass dort weiterhin ein Hochschulzugang für sie existiert, allgemein bekannt ist.
Die regionale Wirksamkeit der Fakultät 1 ist auch an die Verfügbarkeit von
wirtschaftswissenschaftlicher Kompetenz gebunden. Jenseits der Frage, in welcher Fakultät die Kolleginnen und Kollegen der Wirtschaftswissenschaften angebunden sind, ist ein Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen vor Ort,
‐ dessen Absolventen vor allem regional und zunehmend überregional gebraucht und gefragt sind,
‐ der erhebliche Synergieeffekte mit den ingenieurtechnischen Fächern aufweist,
‐ dessen Beitrag zur regionalen Wirkung sowie zur Sicherung der Studierendenzahlen der Fakultät bislang erheblich ist, zur Sicherung des Standortes Senftenberg erforderlich.
Ein solcher Studiengang hat überdies auch den Effekt, dass sich die kritische Masse an Stellen in den technischen Fächern wesentlich leichter unter demografisch veränderten Bedingungen aufrechterhalten lässt, wenn die Stelleninhaber einen Teil ihrer Lehrverpflichtung in einem solchen Studiengang erbringen.
4. Zur Finanzierung
Es ist der Fakultät bewusst, dass die finanziellen Möglichkeiten der Landesregierung ebenso wie die demografische Entwicklung Rahmenbedingungen sind, die man auch in der Lausitz beachten muss.
Man kann die schwierige Situation in der Lausitz vor diesem Hintergrund frei nach Hölderlin („…wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch…“) als eine Chance begreifen und wir verstehen die Vorschläge der Lausitz‐Kommission und der Ministerin in diesem Sinne. Die geplanten Reformen bergen allerdings auch das Risiko, dass die Umstrukturierung wenig mehr als ein geschlachtetes Sparschwein liefert, um dem Rest der Brandenburger Hochschullandschaft ein finanzielles Auskommen in den nächsten Jahren zu ermöglichen. Angesichts der Sparzwänge, unter denen das Land steht, ist diese Möglichkeit durchaus nicht abwegig. Deshalb muss sehr früh in dem Prozess Klarheit darüber geschaffen werden, mit welchen Ressourcen in der Lausitz (finanziell und hinsichtlich der
Personalausstattung) gerechnet werden soll.
Folgende Punkte sind mit Blick auf die Finanzen aus unserer Sicht von besonderer Bedeutung. Wir erwarten, dass die getroffenen Zusagen gegenüber denjenigen Kollegen und Kolleginnen, die gegenwärtig befristete Verträge haben bzw. Probezeiten absolvieren müssen, eingehalten werden. Ihre Entfristung darf nicht von Einsparerwartungen oder möglichen Doppelungen von
Denominationen abhängig gemacht werden, sondern nur von fachlichen Gesichtspunkten. Jede andere Verfahrensweise ist nicht nur unsozial sondern sendet das Signal, dass sich der Lehrpersonal an den Hochschulen der Lausitz über seine Perspektiven in der Lausitz nicht sicher sein kann. Das wäre ein verheerender symbolischer Auftakt für jede positive Umstrukturierungsperspektive.
Eine Universität nach dem Muster von Bologna unterstellt einen neuen Professorentypus mit einem sehr viel flexibleren Lehrdeputat in Abhängigkeit von der individuellen Aufteilung zwischen Forschung, Lehre und regionaler Wirkung. Wenn hier nicht dauerhaft zwei Professorentypen mehr schlecht als recht in einem Universitätskollegium koexistieren und Fachhochschulprofessoren die Arbeit von Universitätsprofessoren übernehmen sollen, ohne so gestellt zu sein wie diese, dann bedarf es dafür eines gesetzlichen Rahmens und einer Überleitungsregelung. Hier erwarten wir eine
Klärung.
Das Mittelverteilungsmodell des Landes Brandenburg stellt auf Studierendenzahlen in der Regelstudienzeit ab. Es ist gedeckelt; das heißt bei einer gegebenen Gesamtsumme der zu verteilenden Mittel führt ein Mehr an Studierenden an einer Hochschule A bei gleichbleibenden Studierendenzahlen an einer anderen Hochschule B automatisch zu einer Umverteilung zu Gunsten
von A. Die Hochschulen in der Lausitz, die nach allen bisher bekannt ewordenen Plänen auf die MINT‐Fächer fokussiert sein sollen, können diesen Wettbewerb mit den Hochschulen im Umfeld von Berlin, die vom fehlenden Studienplatzangebot in Berlin profitieren, nur verlieren. Eine auskömmliche Finanzierung der Lausitzer Hochschulen oder einer Universität Lausitz setzt voraus, dass die Landesregierung das Mittelverteilungsmodell für die Hochschulen in der Lausitz mindestens zeitweilig aussetzt und andere Steuerungsmethoden anwendet.
Wir möchten deutlich zum Ausdruck bringen, dass Unklarheiten in diesen Punkten Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Reformabsichten bei den Betroffenen wecken. Wenn die einzige Botschaften am Ende des Tages nur die sind, dass es in Zukunft 20% weniger Studienplätze in der Lausitz und eine
dementsprechend sinkende Mittelausstattung geben soll, und alle Möglichkeiten genutzt werden, um den Prozess so billig wie möglich zu machen, dann bleibt von der geplanten Reform tatsächlich auch nur dies: dass sie in jeder Hinsicht billig war.
5. Ein Schlusswort
Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Restrukturierung der Lausitzer Hochschullandschaft sind die Menschen, die in den Hochschulen lernen, arbeiten, lehren und forschen. Die Politik ebenso wie die Kommissionen können diese Menschen mit ihren Vorschlägen ermutigen aber auch erheblich demotivieren.
Wir möchten nicht das Gefühl haben, lediglich disponible Masse zwischen Institutionen und Standorten zu sein, sondern wir möchten angehört werden. Wir begrüßen es deshalb, wenn die Ministerin ein Diskussionsangebot macht. Wir übersehen aber auch nicht, dass die geplanteNeugründung einer Universität über einen Gesetzesakt die Hochschulautonomie beider Einrichtungen weitgehend aushebelt. Es ist ein Diskussionsangebot unter asymmetrischen Bedingungen, denn die Politik kann uns zu etwas zwingen; wir haben lediglich die Chance, dass gute Argumente Gehör finden. Es wird daher maßgeblich von der gelebten Diskussionspraxis abhängig sein, was das Angebot einer Beteiligung der Betroffenen unter diesen Bedingungen wert ist.
Entscheidend wird sein, ob und wie die Vertreter der betroffenen Hochschulen an der Entwicklung des künftigen Hochschulentwicklungsplans für die Lausitz institutionell beteiligt werden. An unserer Bereitschaft zu einer konstruktiven aber auch zu einer kritischen Mitwirkung wird es jedenfalls nicht fehlen.
Hinweise der Redaktion:
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28.03.2012 Wolfgang Neskovic – Das Projekt Energie-Universität Lausitz: Ein trotziger Alleingang
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10.02.2012 Landesregierung reagiert mit Strukturvorschlag für eine innovative Struktur der Technischen Universität
02.02.2012 Erfolgskurs der BTU Cottbus verstärkt sich trotz reduzierter Landesmittel
Vorweg eine Anmerkung der Redaktion: Im Gegensatz zu vielen offenen Briefen und Stellungnahmen zu der Diskussion ist bei dieser nicht ersichtlich woher sie stammt. Laut Webseite der HS Lausitz ist die Seite auf der diese Stellungnahme veröffentlicht wurde vom Präsidenten der HS Lausitz bearbeitet worden, es ist also nicht klar, wer von der Fakultät 1 der HS Lausitz diese Stellungnahme verfasst und veröffentlicht hat, noch welche Meinung (Mitarbeiter, Studierende, Leitung) sie wiederspiegelt.
1. Für eine nachhaltige Reform der Lausitzer Hochschullandschaft
Gäbe es die Brandenburgische Technische Universität (im folgenden BTU) und die Hochschule Lausitz (im folgenden HS L oder Hochschule Lausitz) nicht und man könnte gleichsam auf der grünen Wiese planen, dann gäbe es vermutliche eine (Fach‐)Hochschule am Standort Cottbus mit einer starken ingenieurwissenschaftlichen Fakultät, einer Informatik, den Sozialwissenschaften und der Betriebswirtschaftslehre und einer ausgeprägten Profilierung im Bereich Energie. Die Studiengänge würden der Fachkräftesicherung und der Förderung von Entwicklungsprojekten in den Klein‐ und mittelständischen Unternehmen der Region dienen und eine Profilierung um das Thema Energie würde die Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema Energie liefern, derer es in Brandenburg bedarf.
Hinterher ist man natürlich immer klüger. Wie wir alle wissen, ist die Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren etwas anders verlaufen. Ein Teil dieser Leistungen wird in Senftenberg erbracht, ein anderer Teil in Cottbus. Überdies gibt es neue und leistungsfähige Strukturen an der BTU ebenso wie
an der Hochschule Lausitz, die nicht so ohne weiteres in ein solches Bild passen. Es gilt also einen konzeptionell sinnvollen Kompromiss zu finden zwischen dem, was für die Region erforderlich ist, was angesichts der hochschulpolitischen Diskussion Sinn macht und neuen Strukturen, die
erhaltenswert sind.
Ein Kompromiss heißt auch: es wird keine perfekte Lösung geben. Es sollte allerdings eine Lösung sein, die nicht nach wenigen Jahren durch die nächste Umstrukturierungsdebatte abgelöst wird. Sie sollte also auf Dauer tragen. Das bedeutet insbesondere, dass die Studierendenzahlen hinreichend sind, um die neue Einrichtung(en) zu stützen und dass eine auskömmliche Finanzierung gesichert sein muss.
2. Was die Region braucht
Die Region Lausitz braucht Hochschulbildung. Sie ist unter allen peripheren Regionen des Landes Brandenburg diejenige mit der dichtesten industriellen Struktur und ist durch die günstige Lage zwischen Berlin, Dresden und Polen auch in Zukunft für Industriebetriebe attraktiv. Die Unternehmen, die in der Region aktiv sind, brauchen einen gesicherten akademischen Fachkräftenachwuchs und sie brauchen wissenschaftliche Unterstützung bei ihren Entwicklungs‐ und Forschungsaufgaben. Das Gutachten der Lausitz‐Kommission wie auch die Stellungnahme der Ministerin sprechen bei aller Kritik im Detail in diesem Punkt eine deutliche Sprache: Diese Leistungen werden vor allem durch die Hochschule Lausitz, ihre Fakultäten und ihre Studiengänge erbracht, insbesondere durch die Fakultät 1 unter Einschluss des Wirtschaftsingenieurwesen.
Das liegt nicht nur am besonderen Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Cottbus und Senftenberg und an dem kollegialen Betriebsklima, das sich die Hochschule auch unter sehr schwierigen Arbeitsbedingungen bewahren konnte. Im Kern sind diese Leistungen fachhochschultypisch. Denn Fachhochschulprofessoren sind keine Universitätsprofessoren mit einem zufälligen Karriereknick. Sie werden sehr viel mehr daran gemessen, ob sie es schaffen ihre Studierenden in Lohn und Brot zu bringen und ob sie einen Beitrag zur regionalen Entwicklung liefern und weniger daran, wie viele Promotionen sie ermöglichen oder ob sie in einem hochrangigen Journal veröffentlichen konnten – obwohl wir uns auch in dieser Hinsicht nicht zu verstecken brauchen.
Zwischen Berlin und Dresden kann sich eine Technische Universität in Cottbus unter dem gegenwärtigen Finanzierungsmodell über die ganze Breite naturwissenschaftlicher und technischer Studiengänge nicht dauerhaft behaupten. Mit einer Sparten‐ oder Programmuniversität, die sich sowohl im Gutachten der Lausitz‐Kommission als auch in den Verlautbarungen von Frau Prof. Dr. Kunst finden, wird hier die richtige Orientierung vorgegeben: eine Spezialisierung der BTU auf deutlich weniger aber qualitativ hochwertige Fächer, die sich zumeist aber vielleicht nicht nur um das Thema Energie ranken.
3. Die neuen Strukturen
Gegenwärtig sind verschiedene Übersichten über die neuen Strukturen im Umlauf – eine der Lausitz‐Kommission und eine, die die Ministerin, Frau Prof. Dr. Kunst autorisiert hat. Die Lausitz‐Kommission sieht eine Fakultät 1 unter der Bezeichnung Ingenieurwissenschaften und Informatik an der beizubehaltenden Hochschule Lausitz vor. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen, der bislang
ebenfalls zur Fakultät 1 gehört hat, soll hingegen in eine hochschulübergreifende Fakultät Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsingenieurwesen eingebracht werden. Parallel finden sich die technischen Studiengänge der BTU Cottbus in drei verschiedenen Fakultäten: 1. Energie und Umwelttechnik, 2. Informationstechnologien und Mathematik, 3. Maschinenbau‐ und Materialwissenschaften wieder, die vor allem entlang der gewünschten Profilierung der BTU strukturiert sind. Der Vorschlag des MWFK übernimmt die Fakultätsaufteilung der Lausitz‐Kommission, versammelt aber alle Fakultäten unter dem Dach einer einzigen Institution, der Lausitz‐Universität.
Wir nehmen zur Kenntnis, dass viele Akteure an der BTU nicht einverstanden sind mit dem Vorschlag der Ministerin und wir nehmen zur Kenntnis, dass auch eine Zusammenarbeit auf Fakultätsebene bislang wenig Erfolg gezeigt hat. Und es steht noch das Ergebnis der Brandenburg‐Kommission aus, das eine Neuordnung der gesamten Brandenburger Hochschullandschaft vorsieht. Es ist leider auch noch nicht klar, ob und inwieweit sich die Ministerin an die strukturellen Vorschläge der Lausitz‐Kommission unterhalb der Ebene einer Neugründung einer Universität gebunden fühlt. Vor diesem Hintergrund darf man sich nicht wundern, dass sich Unsicherheiten breit machen und Gerüchte
aufkommen.
Deshalb sollte zuallererst gegenüber allen Studierenden deutlich gemacht werden, dass jede und jeder, die heute ein Studium an einer der Hochschulen in einem Studiengang in der Lausitz anfängt, auch die Möglichkeit haben wird, den gewünschten Abschluss in der Lausitz zu machen. Dieser Vertrauensschutz ist mindestens ebenso wichtig wie die Aussage, dass keine Person, die gegenwärtig einen Arbeitsvertrag an der Hochschule Lausitz oder an der BTU hat, wegen der anstehenden Umstrukturierung um seine Stelle fürchten muss. Dieser Vertrauensschutz muss sich auch auf das nicht‐wissenschaftliche Personal, das die Forschung und Lehre in den Laboren absichert und die Studiengänge organisatorisch betreut, erstrecken.
Grundsätzlich sollten Redundanzen in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen zwischen der Hochschule Lausitz und der BTU deutlich verringert werden. Die Fakultät 1 ist hier zu einem konstruktiven Beitrag bereit. Ohne diesen Schritt wird der Wettbewerb zwischen den Ingenieurwissenschaften der Hochschule Lausitz und der BTU um die Studierenden in diesen Fächern weiter aufrechterhalten und es ist für beide möglicherweise zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Notwendig ist eine klare inhaltliche und konzeptionelle Abgrenzung: Die Fakultät 1 konzentriert sich auf anwendungsorientierte Bachelor‐ und Master‐Studiengänge, derenProfilierungen sichtbare Alleinstellungsmerkmale aufweisen und die sich möglicherweise zukünftig verstärkt an Studierende ohne gymnasiale Vorbildung richten. Am Standort Cottbus werden universitäre Studiengänge auf der Grundlage entsprechender Forschungsprofile angeboten.
Die Fakultät 1 ist bereit, in diesem Ausbildungsmodell verstärkt Synergien zu nutzen. In nicht ausgelasteten Studiengängen sollte die Ausbildung der Undergraduates in den Ingenieurwissenschaften, in welcher institutionellen Variante auch immer, nur an einem Standort vorgenommen werden.
(Anwendungsorientierte) Masterstudiengänge halten wir am Standort Senftenberg dort für gerechtfertigt, wo wir dies durch Studierendenzahlen und anwendungsorientierte Forschung untersetzen können.
Gegenwärtig gilt in vielen technischen Studiengängen an Universitäten ein anderes Verständnis der neuen Abschlüsse Bachelor und Master als an (Fach)Hochschulen. Der BA entspricht dort eher dem alten Vordiplom und dient als Basis für die Absicherung der Masterstudiengänge. Dies ist an der Hochschule Lausitz deutlich anders – die Bachelorabschlüsse sind berufsqualifizierend und das wird von Absolventen und Unternehmen genutzt. Das spiegelt sich unter anderem darin, dass das 7 + 3 Modell an der Hochschule Lausitz favorisiert wird und Praxisphasen in Unternehmen im Curriculum integriert sind.
Es liegt auf der Hand, dass diese Unterschiede nicht einfach mit einem so genannten X‐Modell aufgelöst werden. Das X‐Modell sieht unterschiedliche Zugänge zu einem Studiengang, entweder einen fachhochschulspezifischen oder einen universitären, und unterschiedliche Ausgänge des Studiums vor, die ebenfalls diesen Unterschied zwischen den beiden Hochschultypen reflektieren
sollen. Diese Unterschiede manifestieren sich auch auf der Ebene der Inhalte und Methoden der zu lehrenden Module und sind nur schwer miteinander zu vereinbaren. Die Formel eines X‐Modells darf also nicht darüber hinwegtäuschen, dass damit allenfalls das Aufgebot für eine Hochzeit bestellt ist;
im Ehevertrag muss dann deutlich mehr stehen, wenn es nicht zu Dauerkonflikten kommen soll.
In jeder Struktur sollte die wichtigste Qualität der derzeitigen Fakultät 1 auch in der neuen Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik (4) erhalten bleiben – das ist ihre Wirkung in die Region. Ein Fachhochschuldach hat hier den Vorteil, dass die Leistungen der beteiligten Kollegen und Kolleginnen
nicht nach universitären Maßstäben, sondern nach Fachhochschulmaßstäben gemessen werden und da zählt die Ausbildungsleistung für die regionale Wirtschaft und die Kooperation mit der regionalen Wirtschaft deutlich mehr als in einer universitären Struktur. Wenn alle Fakultäten unter dem Dach einer (Bologna‐)Universität organisiert werden sollen, dann muss es institutionelle Vorkehrungen geben, wie diese spezifischen Leistungen geschützt bzw. gefördert werden.
Die Hochschule Lausitz hat in der jüngeren Vergangenheit sehr erfolgreich von
fachhochschulspezifischen (Forschungs‐)Förderprogrammen des Bundes partizipiert. Entweder muss die Antragsberechtigung auch unter dem Dach einer neuen Universität erhalten werden oder es bedarf hier einer Kompensation, um die bewährte Zusammenarbeit mit Unternehmen in einem
finanzierten Rahmen erhält. Wir möchten ferner die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass ein erheblicher Teil der Studierenden an der Fakultät 1 keine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung besitzt. Damit die Studierendenzahlen nicht abnehmen, muss bedacht werden, wie potentielle Studierende aus dieser Gruppe nicht durch die Bezeichnung “Universität” von der Aufnahme eines Studiums in einem Fachhochschulstudiengang abgeschreckt werden. Man kann nicht davon ausgehen, dass innerhalb
der bestehenden Hochschullandschaft von Universitäten und Fachhochschulen, Studieninteressierte sich mit den Details der Strukturen an einer Universität Lausitz beschäftigen und daher die Information, dass dort weiterhin ein Hochschulzugang für sie existiert, allgemein bekannt ist.
Die regionale Wirksamkeit der Fakultät 1 ist auch an die Verfügbarkeit von
wirtschaftswissenschaftlicher Kompetenz gebunden. Jenseits der Frage, in welcher Fakultät die Kolleginnen und Kollegen der Wirtschaftswissenschaften angebunden sind, ist ein Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen vor Ort,
‐ dessen Absolventen vor allem regional und zunehmend überregional gebraucht und gefragt sind,
‐ der erhebliche Synergieeffekte mit den ingenieurtechnischen Fächern aufweist,
‐ dessen Beitrag zur regionalen Wirkung sowie zur Sicherung der Studierendenzahlen der Fakultät bislang erheblich ist, zur Sicherung des Standortes Senftenberg erforderlich.
Ein solcher Studiengang hat überdies auch den Effekt, dass sich die kritische Masse an Stellen in den technischen Fächern wesentlich leichter unter demografisch veränderten Bedingungen aufrechterhalten lässt, wenn die Stelleninhaber einen Teil ihrer Lehrverpflichtung in einem solchen Studiengang erbringen.
4. Zur Finanzierung
Es ist der Fakultät bewusst, dass die finanziellen Möglichkeiten der Landesregierung ebenso wie die demografische Entwicklung Rahmenbedingungen sind, die man auch in der Lausitz beachten muss.
Man kann die schwierige Situation in der Lausitz vor diesem Hintergrund frei nach Hölderlin („…wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch…“) als eine Chance begreifen und wir verstehen die Vorschläge der Lausitz‐Kommission und der Ministerin in diesem Sinne. Die geplanten Reformen bergen allerdings auch das Risiko, dass die Umstrukturierung wenig mehr als ein geschlachtetes Sparschwein liefert, um dem Rest der Brandenburger Hochschullandschaft ein finanzielles Auskommen in den nächsten Jahren zu ermöglichen. Angesichts der Sparzwänge, unter denen das Land steht, ist diese Möglichkeit durchaus nicht abwegig. Deshalb muss sehr früh in dem Prozess Klarheit darüber geschaffen werden, mit welchen Ressourcen in der Lausitz (finanziell und hinsichtlich der
Personalausstattung) gerechnet werden soll.
Folgende Punkte sind mit Blick auf die Finanzen aus unserer Sicht von besonderer Bedeutung. Wir erwarten, dass die getroffenen Zusagen gegenüber denjenigen Kollegen und Kolleginnen, die gegenwärtig befristete Verträge haben bzw. Probezeiten absolvieren müssen, eingehalten werden. Ihre Entfristung darf nicht von Einsparerwartungen oder möglichen Doppelungen von
Denominationen abhängig gemacht werden, sondern nur von fachlichen Gesichtspunkten. Jede andere Verfahrensweise ist nicht nur unsozial sondern sendet das Signal, dass sich der Lehrpersonal an den Hochschulen der Lausitz über seine Perspektiven in der Lausitz nicht sicher sein kann. Das wäre ein verheerender symbolischer Auftakt für jede positive Umstrukturierungsperspektive.
Eine Universität nach dem Muster von Bologna unterstellt einen neuen Professorentypus mit einem sehr viel flexibleren Lehrdeputat in Abhängigkeit von der individuellen Aufteilung zwischen Forschung, Lehre und regionaler Wirkung. Wenn hier nicht dauerhaft zwei Professorentypen mehr schlecht als recht in einem Universitätskollegium koexistieren und Fachhochschulprofessoren die Arbeit von Universitätsprofessoren übernehmen sollen, ohne so gestellt zu sein wie diese, dann bedarf es dafür eines gesetzlichen Rahmens und einer Überleitungsregelung. Hier erwarten wir eine
Klärung.
Das Mittelverteilungsmodell des Landes Brandenburg stellt auf Studierendenzahlen in der Regelstudienzeit ab. Es ist gedeckelt; das heißt bei einer gegebenen Gesamtsumme der zu verteilenden Mittel führt ein Mehr an Studierenden an einer Hochschule A bei gleichbleibenden Studierendenzahlen an einer anderen Hochschule B automatisch zu einer Umverteilung zu Gunsten
von A. Die Hochschulen in der Lausitz, die nach allen bisher bekannt ewordenen Plänen auf die MINT‐Fächer fokussiert sein sollen, können diesen Wettbewerb mit den Hochschulen im Umfeld von Berlin, die vom fehlenden Studienplatzangebot in Berlin profitieren, nur verlieren. Eine auskömmliche Finanzierung der Lausitzer Hochschulen oder einer Universität Lausitz setzt voraus, dass die Landesregierung das Mittelverteilungsmodell für die Hochschulen in der Lausitz mindestens zeitweilig aussetzt und andere Steuerungsmethoden anwendet.
Wir möchten deutlich zum Ausdruck bringen, dass Unklarheiten in diesen Punkten Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Reformabsichten bei den Betroffenen wecken. Wenn die einzige Botschaften am Ende des Tages nur die sind, dass es in Zukunft 20% weniger Studienplätze in der Lausitz und eine
dementsprechend sinkende Mittelausstattung geben soll, und alle Möglichkeiten genutzt werden, um den Prozess so billig wie möglich zu machen, dann bleibt von der geplanten Reform tatsächlich auch nur dies: dass sie in jeder Hinsicht billig war.
5. Ein Schlusswort
Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Restrukturierung der Lausitzer Hochschullandschaft sind die Menschen, die in den Hochschulen lernen, arbeiten, lehren und forschen. Die Politik ebenso wie die Kommissionen können diese Menschen mit ihren Vorschlägen ermutigen aber auch erheblich demotivieren.
Wir möchten nicht das Gefühl haben, lediglich disponible Masse zwischen Institutionen und Standorten zu sein, sondern wir möchten angehört werden. Wir begrüßen es deshalb, wenn die Ministerin ein Diskussionsangebot macht. Wir übersehen aber auch nicht, dass die geplanteNeugründung einer Universität über einen Gesetzesakt die Hochschulautonomie beider Einrichtungen weitgehend aushebelt. Es ist ein Diskussionsangebot unter asymmetrischen Bedingungen, denn die Politik kann uns zu etwas zwingen; wir haben lediglich die Chance, dass gute Argumente Gehör finden. Es wird daher maßgeblich von der gelebten Diskussionspraxis abhängig sein, was das Angebot einer Beteiligung der Betroffenen unter diesen Bedingungen wert ist.
Entscheidend wird sein, ob und wie die Vertreter der betroffenen Hochschulen an der Entwicklung des künftigen Hochschulentwicklungsplans für die Lausitz institutionell beteiligt werden. An unserer Bereitschaft zu einer konstruktiven aber auch zu einer kritischen Mitwirkung wird es jedenfalls nicht fehlen.
Hinweise der Redaktion:
Zu dem Thema haben wir weitere Artikel, Ankündigungen, Stellungnahmen und Berichte:
28.03.2012 Wolfgang Neskovic – Das Projekt Energie-Universität Lausitz: Ein trotziger Alleingang
28.03.2012 Leserbeitrag zur Podiumsdiskussion an der BTU Cottbus zu den Plänen einer neuen Energie Universität Lausitz
27.03.2012 Position der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten der BTU Cottbus zur Neugründung einer technischen Universität in der Lausitz
23.03.2012 Stellungnahme der Studierendenschaft der BTU Cottbus zur Stadtverordnetenversammlung in Cottbus am 19.03.2012
22.03.2012 Cottbuser Hochschulmitarbeiter äußern sich mit offenem Brief zum Stand der Diskussion über die Gründung einer neuen Universität in der Lausitz
21.03.2012 Prof. Dr. Michael Schierack (CDU) zur Hochschullandschaft in der Lausitz: Des Kaisers neue Kleider
21.03.2012 White Devils Cottbus: We love BTU – für den Erhalt unserer Uni!
21.03.2012 Stellungnahme zur geplanten Neugründung einer „Energieuniversität“ in der Lausitz
21.03.2012 Podiumsdiskussion an der BTU Cottbus zur Neugründung der Energie Universität am 27.03. 19 Uhr mit Ministerin Kunst
20.03.2012 Podiumsdiskussion in Cottbus zu Entwicklungsperspektiven der Südbrandenburgischen Hochschulregion – Braucht die Lausitz nur eine Energie-Universität? am 26.03.2012, 19 Uhr
20.03.2012 2000 Demonstranten für den Erhalt der BTU Cottbus
20.03.2012 Cottbuser Studenten verschaffen sich Luft zu den Kunst-Plänen für eine Energie Universität Lausitz
16.03.2012 Gemeinsames Positionspapier der Industrie- und Handelskammer Cottbus und der Handwerkskammer Cottbus zur Hochschuldiskussion in der Lausitz
16.03.2012 BTU Cottbus fordert die Langfassung des Gutachtens und darauf aufbauend eine Diskussion mit der Lausitz-Kommission
15.03.2012 Presseerklärung der Studierendenschaft der BTU Cottbus zum Treffen mit Ministerin Kunst
14.03.2012 Kommunikation zur Universitätsgründung in der Lausitz – Ein offener Brief des Studierendenrats der BTU Cottbus
14.03.2012 Demonstrationszug vom Audimax zum Altmarkt Cottbus für Erhalt der BTU
13.03.2012 Offener Brief von über 800 Studierenden der BTU Cottbus an Ministerpräsident Platzeck
10.03.2012 Wir bleiben BTU! – Cottbuser Studenten und Mitarbeiter machen mobil
27.02.2012 BTU ist für Erhalt der Marke “BTU Cottbus”
23.02.2012 Stellungnahme des Senats der BTU zur Hochschulstrukturdiskussion in der Lausitz
15.02.2012 Statement des Landrates von Oberspreewald-Lausitz zur Debatte einer Uni-Neugründung in der Lausitz
10.02.2012 Landesregierung reagiert mit Strukturvorschlag für eine innovative Struktur der Technischen Universität
02.02.2012 Erfolgskurs der BTU Cottbus verstärkt sich trotz reduzierter Landesmittel