Grenzen für Regierungshandeln vor Wahlen klargestellt
Der Hauptausschuss des Landtags Brandenburg hat heute Leitlinien für die Bewertung von regierungsamtlichem Handeln beschlossen. Dazu erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Björn Lüttmann:
„Der von den Koalitionsfraktionen getragene Beschluss orientiert sich an der einschlägigen Rechtsprechung. Danach wird es als unzulässig angesehen, wenn die Regierung in einem Zeitraum von sechs Wochen vor Landtagswahlen etwa amtliche Leistungs- und Erfolgsberichte oder Informationsschreiben mit möglichen werbenden Auswirkungen veröffentlicht. Gleiches soll nach dem heutigen Beschluss für Eröffnungs- und Einweihungsveranstaltungen sowie Fördermittelvergaben gelten, sofern sie terminlich variabel sind und/oder mit Wahlwerbung verbunden werden, sowie für die Veranstaltung von Tagen der offenen Tür durch Ministerien ohne terminliche Tradition oder besonderen sachlichen Grund, die der Wahlwerbung dienen. Zudem sind regierungsamtliche Auszeichnungs- oder Würdigungsveranstaltungen als unzulässig zu betrachten, ohne dass eine langfristige Tradition deren Durchführung innerhalb von sechs Wochen vor der Wahl nahelegt. Auf Grundlage dieser Vorschläge soll die Landesregierung eigene Kriterien erarbeiten.”
Zu den Anschuldigungen der Opposition erklärt Björn Lüttmann:
„Die inszenierte Empörung von CDU und Grünen ist vollkommen unbegründet. Ich bedauere es, dass sich die Vertreter der Opposition einem gemeinsamen Beschluss verweigert haben und stattdessen versuchen, aus einer Sachfrage parteipolitisches Kapital zu schlagen. Differenzen gab es ohnehin nur in einem Detail: Ein grundsätzliches Verbot der Verwendung von Amtsbezeichnungen bei politischen Werbemaßnahmen, wie es CDU und Grüne zusätzlich gefordert haben, wäre aus unserer Sicht sach- und weltfremd und würde die politische Verantwortung, in der Regierungsmitglieder stehen, gerade vor Wahlen verschleiern. Der demokratischen Kul-tur wäre mit einer solchen Regelung ein Bärendienst erwiesen. Die Bezeichnung Ministerpräsident findet sich sogar auf dem Wahlzettel, und so soll es auch bleiben. Kabinettsmitglieder und Regierungschef müssen sich nicht verstecken oder gar dafür schämen, dass sie dem Land dienen.”
Regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit
Der Regierungschef und die Minister dürfen ihre herausgehobene Stellung nicht für Wahlwerbung ihrer Parteien missbrauchen. Dies geht aus dem im Grundgesetz verankerten Neutralitätsgebot für die Regierung und dem Prinzip der Chancengleichheit politischer Bewerber hervor. Da gegen diese Prinzipien im politischen Alltag Brandenburgs regelmäßig verstoßen wird, haben sich die Parlamentarischen Geschäftsführer der Koalitionsfraktionen und von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor einigen Wochen auf einen gemeinsamen Vorschlag zu Vorgaben für die „regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit“ verständigt. SPD und Linke haben vor der heutigen Sitzung des Hauptausschusses kurzfristig einen neuen Vorschlag vorgelegt, in dem ein zentraler Passus, der das wahlwerbende Auftreten von Mitgliedern der Landesregierung als unzulässig einstuft, fehlt. Dazu sagen der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion der CDU JAN REDMANN und der Vorsitzende der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN AXEL VOGEL:
JAN REDMANN: „SPD und Linke weigern sich, aus ihrem bisherigen Fehlverhalten Lehren zu ziehen. Nicht einmal das Mindestmaß an politischer Fairness, wie es von Verwaltungsgericht und Parlamentarischem Beratungsdienst definiert wurde, will man in der Koalition akzeptieren. Das lässt nur einen Schluss zu: SPD und Linke haben den Vorsatz, auch weiterhin mit Steuergeldern Wahlwerbung in eigener Sache zu betreiben.“
AXEL VOGEL: „Mit der Streichung des Grundsatzes, wahlwerbendes Auftreten von Mitgliedern der Landesregierung als unzulässig einzustufen, hat Rot-Rot den Antrag völlig entkernt. Das eigentliche Anliegen, zu definieren, was die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung im Wahlkampf darf und was nicht, wird damit konterkariert. Rot-Rot ist bestrebt, die Vorgaben so weit wie möglich zu verwässern. Dass die Landesregierung auf Betreiben von SPD und Linker erst Ende 2017 über die getroffenen Maßnahmen berichten soll, ist ein weiterer Beleg dafür.“
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