Bis zum 1.1.2022 müssen alle öffentlichen Verkehrsmittel – auch in Brandenburg – vollständig barrierefrei nutzbar sein. So sieht es § 8 des Personenbeförderungsgesetzes vor. Dazu müssen Haltestellen umgerüstet und Fahrzeuge neu angeschafft werden. Der DBV befürchtet den Todesstoß für fast alle Straßenbahnbetriebe in Brandenburg. Denn das Land Brandenburg will diese Mammutaufgabe nicht finanziell unterstützen.
Im Moment gibt es sieben Straßenbahnbetriebe in Brandenburg: in Brandenburg (Havel), Cottbus, Frankfurt (Oder), Potsdam, in Schöneiche-Rüdersdorf, Strausberg und Woltersdorf. Wird davon ab 2022 nur noch Potsdam übrig bleiben? Denn fast überall fahren Straßenbahnen, die weit über 25 Jahre alt und nicht behindertengerecht sind. Sie umzubauen oder gar durch neue Fahrzeuge zu ersetzen, erfordet einen zusätzlichen Millionenaufwand, den die klammen Kommunen nicht leisten können. Und genauso einfach, wie es sich im Moment die Bundesregierung macht (auch sie hat für die bundesweit notwendige Umrüstung kein zusätzliches Geld vorgesehen), macht es sich das Land Brandenburg. Die Kommunen sind auf sich selber bei der Umsetzung gestellt. Den letzten beißen die Hunde! Dabei wäre es doch auch ein gutes regionales Investitionsprogramm, wenn Haltestellen barrierefrei erneuert werden und Fahrzeuge neu angeschafft werden…?
So stehen in Brandenburg mittelfristig alle Straßenbahnen mit Ausnahme von Potsdam zur Disposition – wenn sich an der ablehnenden Haltung der Bundes- und Landesregierung nichts ändert. Teilhabe für mobilitätseingeschränkte Menschen, Klimaziele, umweltfreundliche Mobilität, Stadtentwicklung, demografischer Wandel? Sie bleiben Sprechblasen, wenn es keine finanzielle Unterstützung gibt.
Brandenburg ist das einzige Bundesland das keine Förderung für neue Busse und Straßenbahnen ausgibt, alle anderen Bundesländer haben entsprechende Förderungen in ihren Programmen.
Christin Heldt, Pressesprecherin von Cottbusverkehr: “Die Haltestellen im Stadtgebiet sind weniger das Problem, hauptsächlich die Hufelandstraße und Görlitzer Straße Nord müssten noch umgebaut werden. Im Umland sieht es weniger gut aus. Die Busse haben zwar eine Absenktechnik, unter Umständen reicht das aber nicht aus. Langfristig müssen neue Straßenbahnen her, da nur das Mittelteil unserer Fahrzeuge als Niederflur vorhanden ist und somit Platzprobleme entstehen, wenn Rollatoren oder Kinderwagen bereits drin stehen und Rollstuhlfahrer zusteigen wollen. Deutschland spricht über Elektropmobilität, die Straßenbahnen sind seit über 100 Jahren elektrisch, nun müssen aufgrund von gesetzlichen Neuerungen ohne Förderung womöglich wieder Dieselbusse zum Einsatz kommen.”
Eine neue Straßenbahn kostet zwischen zwei und drei Millionen Euro. Allein bei Cottbusverkehr sind derzeit 21 Straßenbahnen im Bestand, die alle kurz- und mittelfristig ausgetauscht werden müssten um die Barrierefreiheit zu erfüllen. Dazu kommen Schulungen für das Wartungspersonal und neue Geräte.