Das Präsidium des Deutschen Behindertensportverbandes hatte zunächst vor drei Wochen weitreichende Entscheidungen zum Verhalten seiner Mitglieder bezüglich des Umgangs mit dem Corona-Virus getroffen. Alle Sportlerinnen und Sportler, die den Rehasport betreiben, sollten den Trainings- und Übungsbetrieb einstellen. Noch härter traf es in der Woche danach die Leistungssportler mit Handicap, als sich am 24.März der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees Andrew Parsons mit einem Brief an seine Mitglieder wandte und die Verschiebung der Paralympischen Spiele in Tokio bekanntgab.
Hier Auszüge aus dem Schreiben des 40-jährigen Brasilianers:
„Liebe Freunde, ich schreibe Ihnen, um Ihnen mitzuteilen, dass die Paralympischen Spiele Tokio 2020 auf 2021 verschoben werden. Die Verschiebung der Paralympischen Spiele Tokio 2020 als Folge des weltweiten COVID-19-Ausbruchs ist absolut richtig. Die Gesundheit und das Wohlergehen des menschlichen Lebens müssen immer unsere oberste Priorität sein, und die Durchführung einer Sportveranstaltung jeglicher Art während dieser Pandemie ist einfach nicht möglich. Was die Verschiebung betrifft, so muss noch mit allen Beteiligten daran gearbeitet werden, die genauen Termine für die Olympischen und Paralympischen Spiele im nächsten Jahr festzulegen. Die Spiele werden jedoch zu einem Zeitpunkt nach 2020, spätestens jedoch im Sommer 2021 stattfinden. Bitte informieren Sie Ihre Athleten, damit sie sicher bleiben und ihre Gesundheit um jeden Preis schützen.
Auch die Sportlerinnen und Sportler, aber auch die Übungsleiter und Trainer des BPRSV sind von dieser Entscheidung betroffen. Georg Zielonkowski hat sich mit dem Leiter des Cottbuser Stützpunktes Ralf Paulo zu einem Gespräch getroffen. Zu sehen im Videointerview:
Medaillen-Kandidatin Jana Majunke und Trainer René Schmidt im Gespräch
Eine der aussichtsreichen Medaillen-Hoffnungen ist Jana Majunke. Die 29-jährige ist in der glücklichen Lage, trotz aller Besonderheiten dieser Tage, regelmäßig mit ihrem Trainer Reneè Schmidt das nun um Monate verlängerte Vorbereitungsprogramm im Training zu absolvieren. Georg Zielonkowski sprach mit den beiden …
Jana, wie hart hat Dich die Nachricht von der Absage der Paralympics getroffen?
Ich muss ehrlich sagen, so richtig überrascht hat mich diese Entscheidung nicht mehr. Wir waren ja noch kurz vor der Bekanntmachung auf Lanzarote im Trainingslager, wo wir auch über alle möglichen Varianten geredet haben – auch über eine Verschiebung nach 2021.
Nun kommen zwölf weitere Vorbereitungsmonate hinzu. Ist das ärgerlich oder ist die verlängerte Trainingszeit sogar günstig?
Zurückgeworfen hat mich das nicht unbedingt. Schließlich dürfen wir ja weiter trainieren, nur das Ziel ist nun in weiterer Ferne. Wichtig aber ist mir, dass wir nach der jetzigen Zeit der Krise später im Jahr und unabhängig von Olympia noch an verschiedenen Wettkämpfen teilnehmen können.
An den Trainer Reneè Schmidt die Frage, wie zufrieden er ist, dass seine Schützlinge überhaupt noch trainieren dürfen, andere Sportarten trifft es ja weit härter …
Das stimmt, denn wir sind den Brandenburger Sportfunktionären sehr dankbar, dass die Olympiakandidaten weiter trainieren dürfen. Wir Radsportler haben ja ohnehin einen kleinen Vorteil, denn wir brauchen keine Räume, wir trainieren draußen bei immer besser werdendem Wetter.
Ist es für die anderen Sportarten des BPRSV schwieriger?
Ja es ist eben anders, denn unsere Leichtathleten arbeiten beispielsweise abseits der Trainingshallen ihre Programme individuell ab, immer abgestimmt mit den jeweiligen Trainern. Technische Einzelheiten im Trainingsablauf lassen sich natürlich weit schwerer realisieren.
Jana, Du hast die Paralympics vor vier Jahren in Rio nicht nur miterlebt, sondern Du hast als Dritte auch auf dem Treppchen gestanden. Wärst Du 2021 erneut mit Bronze zufrieden, oder glaubst Du, dass es für Dich noch höher hinaus gehen wird, wenn die besten zum Siegerpodest gerufen werden?
Bronze war schon toll, und ich wäre auch in Tokio glücklich mit einem Platz auf dem Treppchen. Davor kommt ja auch erst einmal die Quali, die man schaffen muss. Und dann vor Ort muss man schauen, wie sich die Konkurrenz zeigt. Denn wie wir feststellen, drängt der Nachwuchs stark nach vorn. Aber ich bin ehrlich, in meiner Leistungsklasse bin ich zwar eine der Jüngeren. Aber wie gesagt, man muss sich überraschen lassen, wie gut die anderen Länder aufgeholt haben.
Abschließend will ich nochmals fragen, ob der Aufschub bis August 2021 doch auch jede Menge Frust bereithält. Das Trainingsprogramm war ja auf 2020 ausgerichtet.
Einen kleinen Vorteil hat die Sache für mich persönlich auch, muss ich gestehen. Denn ich habe seit ein paar Wochen ein neues Rad. Und es braucht im Leistungssport doch eine ziemliche Zeit bis dann Mensch und Maschine eins sind, wie man so sagt. Insofern sind die zusätzlichen Wochen des Trainings am Ende sogar ein wenig hilfreich!
Coronavirus in der Lausitz. Aktuelle Lage und Entscheidungen
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Autor: Georg Zielonkowski