Am Samstag, 13.07.2019, will die AfD ab 15 Uhr ihren Wahlkampf für die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen am 1.September 2019 beginnen. Neben Jörg Meuthen, Bundessprecher der Partei haben auch Björn Höcke, Landesvorsitzender aus Thüringen, Jörg Urban, Landesvorsitzender aus Sachsen, sowie Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender aus Brandenburg ab 15 Uhr Reden auf dem Stadthallenvorplatz angekündigt. Weiterhin haben Marianne Spring-Räumschüssel (Vorsitzende der Stadtfraktion Cottbus und Direktkandidatin) sowie Lars Schieske (Direktkandidat für den Landtag) ihre Teilnahme angekündigt. Sie wollen mit einem Volksfest unter dem Motto “Vollende die Wende” Wähler motivieren. Durch mehrere Stadtfraktionen (Linke, SPD und Unser Cottbus) wurde ein Appell an den Landesverband der AfD verschickt, insbesondere Björn Höcke keine Redezeit zu gewähren, “da er die Sprache des dritten Reichs nutzt, den Holocaust leugnet und für Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit steht”, heißt es im Schreiben an die AfD. Wenige Meter weiter im Puschkinpark hat eine Initiative verschiedener Akteure unter dem Slogan “AppellvonCottbus” ebenfalls ein Fest mit verschiedenen kulturellen Beiträgen und Redner organisiert, rund um den Stadthallenvorplatz hängen seit wenigen Tagen viele Regenbogenfahnen und Plakate mit “Platzverweiß Höcke”.
Beide Veranstaltungen starten gegen 15 Uhr. Während die AfD-Stadtfraktion im Vorfeld inhaltlich nicht auf ihre Redner eingeht, ist der Protest gegen die Wahlkampfauftaktveranstaltung deutlicher. “Platzverweis Höcke – Cottbus bleibt mehr!” und das Schreiben der drei Cottbuser Fraktionen zeigen deutlich, was sie von der Veranstaltung halten.
Im Schreiben an den AfD-Landesverband steht: “Cottbus, als Ort für Reden, die Ausgrenzung und Anfeindung zu normalem politischen Diskurs machen wollen, zu präsentieren, widerspricht massiv dem Interesse der Stadt. Redner wie Björn Höcke, der den Holocaust leugnet und eine Spracke nutzt, die aktiv Parallelen zu Vertretern des “Dritten Reiches” sucht, darf in unserer Stadt keine Bühne gegeben werden. Deswegen fordern wir im Interesse der Stadt Cottbus die AfD, auhc als Trägerin ihrer Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung Cottbus auf, Björn Höcke keine Redezeit zur Verfügung zu stellen. Strukturelle Entwicklung und Kommunalpolitik für unsere Stadt und das Vertrauen in ihre Integrität brauchen Offenheit und Zugewandheit für Zusammenarbeit und Gemeinschaftssinn.” Unterzeichnet wurde das Schreiben von Philipp Gärtner (Unser Cottbus), André Kaun (Linke) und Gunnar Kurth (SPD).
Im Appell von Cottbus heißt es: “Der Stadt Cottbus wird an diesem Wochenende eine zweifelhafte Ehre zu Teil: Die sogenannte Alternative für Deutschland gibt den Startschuss für den Landtagswahlkampf 2019. Dabei geht es weder explizit um Cottbus, noch um das Land Brandenburg – sondern um den Wahlkampfauftakt in den ostdeutschen Bundesländern. Dem „Kernland“ des sogenannten Flügels. Es wird vor allem ein Stelldichein dieser innerparteilichen Bewegung, vor der vermutlich selbst Parteien wie die NPD ehrfurchtsvoll ihren Hut ziehen. Neben der Gallionsfigur dieser rechtsaußen-Gruppe, Bernd (Björn) Höcke, wird auch der ewige Zweite, Andreas Kalbitz vor Ort sein. Komplettiert wird das Dreigespann durch den derzeit vielleicht größten Verlierer innerhalb der Partei, Sachsens Parteichef Jörg Urban. Der Kopf jenes Landesverbandes, der sich bei der Aufstellung seiner Listenkandidaten für die Landtagswahl so dermaßen dilettantisch verhalten hat, dass der schon sicher geglaubte Sieg quasi unmöglich wird. Noch-Parteichef Jörg Meuthen wird ebenfalls erwartet – um der weiteren Demontage seines Einflusses in der AfD beizuwohnen. Denn vieles deutet darauf hin: Beerben könnte ihn Björn Höcke. Der thüringische Landesvorsitzende ist auch innerhalb der Partei hochumstritten, wird aber geduldet. Denn er bringt verlässlich Stimmen, vor allem aus der heterogenen Gruppe der extremen Rechten. Auf diesen Effekt setzt die AfD am Samstag auch in Cottbus. Aber dieses Mal passiert etwas in der Stadt. Cottbus steht in diesem Fall stellvertretend für die vielen Städte landes- und bundesweit, in denen sich Widerstand regt. Die Cottbuser wollen es nicht mehr hinnehmen, dass auf ihren Plätzen Hass gepredigt wird, ausländische Mitbürger pauschal zu Kriminellen erklärt oder Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Und wir laden ein: In unmittelbarer Nähe zum von der AfD als „Volksfest mit Hüpfburg und Kinderschminken“ beworbenen Hassveranstaltung wird es einen deutlich sichtbaren Gegenpol geben. Keine Gegenveranstaltung, sondern ein eigenständig Angebot an die Cottbuser, ihre Gäste, an Menschen aus ganz Deutschland, die gemeinsam eine schöne Zeit verbringen wollen. Verschiedene Bürger der Stadt organisieren ein Familienfest im Puschkinpark. Im Fokus steht dabei ein Miteinander, kein Gegeneinander. Gemeinsam wollen wir an einer Vision für diese Stadt arbeiten, konstruktiv sein ohne auszugrenzen. Die extremen Rechten sehen in Cottbus einen Hoffnungsschimmer. Eine nationale Bastion, von der aus das Land auf rechts gekrempelt wird. Gemeinsam können wir zeigen, dass rechtsextreme Phantasien am Ende genau das sind: Hirngespinste. Dafür braucht es Unterstützung. Wir laden alle ein, am Samstag nach Cottbus zu kommen und mit uns gemeinsam zu feiern, zu essen und eine schöne Zeit zu verbringen. Wir wissen: Wir sind nicht die Einzigen, die keine Lust mehr haben von sogenannten „besorgten Bürgern“, Hand in Hand mit Neonazis, in Geiselhaft genommen zu werden. Wir sind nicht die Einzigen, die für eine offene Gesellschaft und ein Miteinander von Kulturen, Sprachen und Menschen einstehen. Wir sind immernoch mehr.
Unter der Woche gab es mehrere Berichte, dass Parteichef Jörg Meuthen eine rechtsextreme Unterwanderung der Partei fürchtet. Alexander Gauland, im Brandenburger Landtag vertreten und ebenfalls im Vorstand der Bundes-AfD mahnt zur Mäßigung, während Björn Höcke (Wie Andreas Kalbitz ein Vertreter des sogenannten “Flügels” der AfD) der eigenen Führung droht und einen “Nichtangriffspakt” mit Fraktionschefin Alice Weidel geschlossen hat.
Weiterhin wurde die “Identitäre Bewegung” die Verbindungen zum Flügel und zur Jungen Alternative (Jugendorganisation der AfD) hat, vom Verfassungsschutz als eindeutig rechtsextrem eingestuft. Vertreter der Identitären haben bei verschiedenen Demonstrationen des Golßener Vereins “Zukunft Heimat” teilgenommen. Der Flügel und die Junge Alternative werden als sogenannter Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet.
Zum Ablauf des Programms auf dem Stadthallenvorplatz liegen uns keine Informationen vor.
Bühnenprogramm am 13.07.2019 im Puschkinpark:
15:00 Uhr – Kathrin Clara Jantke, Chanson
15:20 Uhr – Christoph Polster, Rede
15:40 Uhr – Julie Mynářová Szelinsky (Gesang) und Ilya Dikariev (Akkordeon), Jiddische Lieder
16:00 Uhr – Torsten Karow, Songs
16:20 Uhr – Michael Becker, Brecht-Programm
16:40 Uhr – Pitkunnings, sorbischer Liederpoet
17:00 Uhr – Emotional Winter, Rock (dark)
17:20 Uhr – Poetry Slam
17:40 Uhr – Salsa – Rueda mit LatinLausitz
18:00 Uhr – Sebastian Thiele (Gesang)
18:20 Uhr – „Five Spirits“, Trip-Pop
18:40 Uhr – „Platzverweis“, Cottbuser Musiker erteilen Höcke eine Absage, mit dabei unter anderem Philipp Gärtner, Torsten Weihrauch, Tom Reißmann, Hundert11, Jan Schwarzer