„Ist er schon an?“ – Das war die erste Frage die ich mir stellte, als ich am Flughafen Tegel in den Tesla Model S stieg und nach kurzer Einweisung den Startknopf drückte, denn ich hörte… NICHTS. Vollkommen normal bei einem Elektroauto, aber dennoch ungewohnt für einen Dieselfahrer. Vorab gebe ich zu durchaus ein Faible für Elektroautos zu haben. Zumindest für die, die von der Reichweite her nicht schon nach ein paar Kilometern Schweißtropfen auf der Suche nach der nächsten Steckdose beim Fahrer hinterlassen. Das Model S von Tesla gehört rein vom Anschaffungspreis her sicher nicht zu den Alltagsautos, aber hier sieht man, was technisch alles möglich ist und auch wirklich auf den Straßen fährt.
Nun hatte ich vor ein paar Tagen das überraschende Vergnügen mit einem Model S vom Flughafen Tegel über Biesdorf zurück nach Cottbus fahren zu dürfen – unter Realbedingungen sozusagen. Anfangs ein wenig erschlagend ist das riesige Touchdisplay in der Mitte, aber nach wenigen Minuten gewöhnt man sich daran, genauso wie an die Doppelbremsfunktion. Als Automatikfahrer bin ich es gewohnt, entweder auf „N“ zu schalten oder in den „P“-Modus zu gehen, wenn ich an einer Ampel stehe. Drückt man beim Tesla stärker auf die Bremse wenn er steht, rollt er nicht mehr los ehe man das Gaspedal betätigt. Praktisch! Er schnurrt regelrecht und ist ein Blickfang, aber im Berliner Freitagnachmittagsstadtverkehr steht er genauso im Stau wie jedes andere Auto. Nur die Blicke der übrigen Verkehrsteilnehmer, von Fußgängern bis zu Autofahrern, sind neu. Alle gucken noch ein wenig erstaunt und nicht wenige Kinder winkten und grinsten von den Rücksitzen ihrer Gefährte.
So geht es voller Neugier durch Berlin. In Biesdorf angekommen hält sich die Begeisterung beim E-Auto-Skeptiker zuerst in Grenzen, doch dann siegt die Neugier. Alle „Klappen“ werden geöffnet und eine Probefahrt auf einer leeren Straße mit „Anzugstest“ lässt Freude aufkommen. Elektroauto eben – die Kraft ist sofort da. Die versteckte Malfunktion auf dem Display ist für den Nachwuchs ein nettes Extra.
Auf dem Weg raus aus Berlin plötzlich ein Gedanke bei einem 80er Schild aufgrund von Lärmschutz. Gilt das auch für mich? Den einzigen „Lärm“ den das Auto macht, kommt von den Reifen und dem Luftwiderstand. Innen unterhalten wir uns genauso wie bei 30 km/h, das Radio ist nicht einen Deut lauter gestellt worden. Eine Thematik mit der sich die deutschen Verkehrsregelexperten in naher Zukunft vielleicht mal auseinandersetzen sollten? Wir haben uns jedenfalls an die 80km/h gehalten, obwohl die Diskussion im Falle eines Blitzerfotos oder einer Verkehrskontrolle sicher interessant geworden wäre.
Die Routenberechnung zurück (gemietet wurde er in Cottbus) weist uns darauf hin, dass wir in Berstetal tanken müssen. Dort stehen vier Tesla-Supercharger. Die größeren Versionen des Model S schaffen laut Herstellerangaben bis zu 849 km. Ich bin mit der 60kW-Version unterwegs. Bei sparsamer Fahrweise wäre es möglich gewesen, aber ausprobieren gehört dazu, so auch das Tanken.
Ab auf die Autobahn, da geht es flott voran, ein tolles Gefühl leise unterwegs zu sein, selbst bei 150km/h (und später mal kurz bei 200km/h) ist erstens das Fahrgefühl weiterhin sehr gut (das Auto liegt gut auf der Straße, bei zwei Tonnen Gewicht und niedrigem Schwerpunkt aber auch nicht anders zu erwarten) und der Lautstärkeregler des Radios bleibt weiter unberührt. An der Abfahrt Berstetal angekommen, erst einmal eine kleine Verunsicherung. Als Dieselfahrer ist man eben große Tankstellen mit entsprechender Beschilderung gewöhnt. Das Navi führt uns aber direkt zu den Ladestationen vor einem Hotel. Aussteigen, anschließen, los geht’s. Das war leicht. 15 Minuten Laden zeigt er uns an um noch mit 20 Prozent Restreichweite in Cottbus anzukommen. Wir packen noch ein paar Minuten drauf, erkunden das Auto in der Zeit mit all seinen Funktionen ganz genau. Stromtanken ist für Teslakunden beim Model S an den Superchargern übrigens kostenlos (beim Kauf bis zum 15.01.2017). Weiterhin hätten wir, wie wir später erfuhren, in dem Hotel als Tankkunden noch einen kostenfreien Kaffee bekommen. Da fehlte leider der Hinweis an den Säulen.
In Cottbus waren wieder viele Augen auf uns oder besser das Auto gerichtet. Aufmerksamer als sonst musste ich Radfahrer überholen und auf Fußgänger achten, die die Straße überqueren wollten. Menschen sind im Straßenverkehr fast nur noch auf Geräusche ausgerichtet, oft gab es erstaunte Blicke, wenn sie sich doch mal umgesehen haben und wir uns näherten. Man stelle sich eine Innenstadt ohne Motorengeräusche vor. Das wird aber noch eine Weile dauern und benötigt Umgewöhnungszeit für andere Verkehrsteilnehmer.
Bei der Rückgabe des Autos kam ein wenig Wehmut auf. Ich mag meinen Dieselkombi, aber das Fahrgefühl und der Stand der Technik des Teslas sind schon beeindruckend. Beim Blick auf den Preis erkennt man dennoch seine eigenen Grenzen, jedoch sollte man in die Überlegungen auch Steuer- und Tankersparnisse einberechnen sowie weniger Wartungsintervalle und Werkstattbesuche. Nachfüllen braucht man beim Elektroauto beispielsweise nur das Scheibenwischwasser.
Gemietet hatten wir das Model S bei „Grün durch den Spreewald“ – wo sich Interessierte auch einen Renault Zoe ausleihen können. Ich freue mich auf weitere E-Autotests und würde mich ebenso freuen, wenn von deutscher Herstellerseite endlich etwas alltagstaugliches auf die Straßen kommt und die Ladeinfrastruktur endlich einheitlich und dezentraler z.B. auch auf Supermarktparkplätzen für den kurzen Zwischenlader zur Verfügung stünden.