Werter Leser, ich muss zugeben, dass es mir ein wenig schwer fällt, für dich in ein paar Worten zusammenzufassen, was wir – Wolfgang Wache, Susann Vogel und Yana Arlt – am vergangenen Sonntag während der viertelstündigen Performance im Zechensaal des ehemaligen Verwaltungsgebäudes in Brieske-Marga erlebten. Der Ablauf ist schnell berichtet: Tag des offenen Denkmals, Ortschronisten öffnen die Begegnungsstätte in der Parkstraße 12, um 17:00 Uhr Start des zweiten Spaziergangs zu den beiden Denkmalen „Kraftzentrale“ und „Zechenhaus“. Im Zechenhaus werden die Besucher mit Trommelklängen empfangen, Wolfgang Wache begrüßt zur literarisch-klanglichen Darbietung, Entzünden der Grubenlampe, Lesung von eigenen Texten, Klangstück mit verschiedenen Percussionsinstrumenten, Abschluss, Löschen der Grubenlampe, Verabschiedung.
Welche Worte können aber beschreiben, was wir drei Künstler empfunden haben? Wie schildert man diese unglaubliche Atmosphäre? Wolfgang Wache kommen erst auf dem Rückweg ein paar Sätze über die Lippen: „Wenn ich mir überlege, welche Bedeutung dieses Gebäude für die Entwicklung von Marga hatte… Meine eigene Geschichte steckt in diesen Mauern. Meine Großeltern wollten bloß kurz hier bleiben, etwas Geld verdienen – für den Neuanfang in Amerika. Meine Mutter wurde in Marga geboren… mein Vater … beide liegen hier auf dem Friedhof… Die Waschkauentreppe kann so viel erzählen…“ Es sind Geschichten, die ich schon oft von Wolfgang Wache gehört habe aber sie bekommen eine andere Gewichtung, wenn er sie vor und im Zechenhaus erzählt, wenn sich beim Erinnern sein Blick verändert.
Susann Vogel gesteht, dass sie sich fast in einen anderen Wahrnehmungszustand getrommelt hat: „Wir hätten von mir aus stundenlang so weiter trommeln können.“ Der Rhythmus klingt noch immer in den Händen, dem ganzen Körper nach. Ich erinnere mich, wie sie lesend durch den Raum ging, wie auch Wolfgang Wache mit verschiedenen Stimmlagen und der Akustik experimentierte. Die Texte hatte ich bei der kompletten Performance im letzten Jahr in der Parkstraße 12 schon einmal gehört – aber der Klang im Saal scheint die Texte zu wandeln. Orte wirken auf Menschen. Auf die Art wie sie sich bewegen, wie sie reden, wie sie sehen und hören, wie sie sich erinnern. Wird jemand dereinst zurück denken an diesen Spätnachmittag im September und die Sechsuhrschläge der Zechenhausturmuhr im Ohr haben, die gerade dann einsetzten, als die letzten Worte der Künstler verklungen waren? „Macht das Licht aus. Löscht die Lampe. Vergesst. Vergesst.“*
Text: Jana Arlt Foto: Wolfgang Wache