Schmierereien an Häuserwenden und unleserliche Schriftzüge. Damit verbinden die meisten Menschen Graffiti. Das immerwiederkehrende ’ACAB’ (Abkürzung einer Beleidigung gegenüber Polizisten, Anmerk. d. Redak.) lädt dabei auch nicht zum Verweilen und Betrachten ein. Das Graffiti viele Facetten hat und durchaus ernst zu nehmende Kunst sein kann, zeigte ein Projekt in den Sommerferien. Sozialpädagogen des Vereins Freie Jugendhilfe Niederlausitz e.V. und des ASB Ortsverbandes Lübbenau/Vetschau e.V. gestalteten mit Kindern und Jugendlichen aus den Jugendclubs Calau und Vetschau eine Woche zum Thema Graffiti. Die Erwartung „Dose her und los…“ wurde dabei schnell durchkreuzt. „ Wir nähern uns dem Thema Schritt für Schritt.“ so Enrico Kullick, Sozialpädagoge aus Calau und Leiter des Projektes. „Wo kommt Graffiti her, welche Werkzeuge und Materialien kommen zum Einsatz. Wie sieht die rechtliche Lage aus und natürlich auch das Thema Schutz der eigenen Gesundheit sind nur einige Aspekte.“ so Kullick weiter. Dies führte auch zu kontroversen Diskussionen. Ist es wirklich schlimm eine graue, alte Garagenwand illegal mit einem lustigen Bild zu besprühen? Die Teilnehmer vertreten durchaus unterschiedliche Meinungen.
Zum einen werden die Vorteile genannt. „Ich muss nicht erst lange um Erlaubnis fragen.“ meint einer Jungen. Andere sehen in einer solchen Aktion auch einen Mut-Beweis. Aber auch Nachteile werden angesprochen. Es ist und bleibt Sachbeschädigung und hat rechtliche Konsequenzen. Außerdem sind illegale Kunstwerke oft schnell wieder übersprüht oder werden durch die Hauseigentümer entfernt. „Dann hat man ja auch nichts davon wenn man es nachher keinem mehr zeigen kann.“ resümiert eine kleine Gruppe von Mädchen. „Genau an diesem Punkt muss soziale Arbeit ansetzen. Den Teilnehmern Alternativen aufzeigen. Einen Anreiz zu schaffen, das Kreative legal auszuleben. Statt Strafverfolgung Lob zu erhalten.“ erklärt Katja Kläuschen, Sozialpädagogin aus Vetschau. „Dazu bietet so ein Projekt die optimalen Möglichkeiten.“ In der praktischen Umsetzung bedeutet das nach Möglichkeiten zu suchen, die Kunst legal öffentlich zu präsentieren. Ein Weg war der Höhepunkt des Projektes am Freitag. Es ging in das Vetschauer Freibad. Nach Rücksprache mit der Stadtverwaltung und dem Freibadteam vor Ort konnten die Kinder und Jugendlichen dann zeigen was sie in der Woche gelernt haben. In den Augen der anwesenden Badegäste war das große Kunst und so fanden sich viele lobende Worte und Anerkennung. Auf die Frage eines Betrachters was den dieses ’ACAB’ heiße was immer an den Wänden steht, gab es eine klare Antwort: ’All Colors are beautiful’ – Alle Farben sind schön. „So ist das oft im Leben. Man kann etwas daraus machen was für Unmut sorgt oder etwas was die Menschen erfreut.“ so Enrico Kullick. „Die Entscheidung trifft jeder für sich selbst. Wir können nur den Weg aufzeigen und unterstützen.“
Dieses gelungenem Projekt stellte den Auftakt einer Reihe von Aktionen zu dem Thema Graffiti dar, welche bereits im Spätsommer fortgesetzt werden soll. Das funktioniert natürlich nur dank der Unterstützung der Stadtverwaltungen Calau und Vetschau. Außerdem ist die Arbeit nur durch die finanzielle Unterstützung des Jugendamtes OSL und der EnviaM möglich. Beide Institutionen förderten bereits auch in der Vergangenheit derartige Projekte.
pm/red