Im Coronajahr 2020 gab es in Brandenburg deutlich weniger Straftaten. Zum siebten Mal in Folge sind die Zahlen der Kriminalstatistik laut Innenminister Michael Stübgen gesunken. Insgesamt wurden 162.941 Straftaten registriert, 8.887 weniger als im Vorjahr. Dennoch ist im Pandemie-Jahr die häusliche Gewalt gestiegen. Knapp 20 Prozent mehr Fälle wurden registriert.
Das Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg teilte dazu mit:
Die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten hat in Brandenburg einen historischen Tiefststand erreicht. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 162.941 Straftaten registriert. Das entspricht einem Rückgang von 8.887 Straftaten beziehungsweise 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das teilte heute Innenminister Michael Stübgen bei der Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik zusammen mit Polizeipräsident Oliver Stepien mit. Die Zahl der erfassten Fälle der Kriminalstatistik ist damit zum siebten Mal in Folge gesunken.
Stübgen: „Der erneute Rückgang ist erfreulich, aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere zeigt ein drastisches Bild: Die häusliche Gewalt ist im Pandemie-Jahr extrem gestiegen. Knapp 20 Prozent mehr Fälle mussten registriert werden. Menschen blieben häufiger zu Hause, Existenzängste machten sich breit, der Zugang zu Hilfsangeboten war erschwert. Das sind erste Erklärungsansätze, rechtfertigen aber keine Taten. Sie zeigen vielmehr, dass Corona sich auch auf die Kriminalstatistik ausgewirkt hat. Durch die Pandemie haben sich Tatgelegenheiten verändert. Diebstahl- und Betrugsdelikte sind gesunken, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Sachbeschädigung hingegen gestiegen. Besonders trifft mich die erneut hohe Fallzahl an Gewalt gegenüber Polizistinnen und Polizisten. Täglich sorgen sie für die Sicherheit im Land, werden aber zu oft selbst zum Opfer. Darüber kann auch nicht der leichte Rückgang der Fallzahlen hinwegtäuschen. Gewalt gegen Polizeibedienstete ist nicht tolerierbar und muss mit der vollen Härte des Rechtsstaats begegnet werden. Deshalb setze ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen von CDU und CSU für eine Verschärfung des Strafmaßes ein, wie wir in der Heilbronner Erklärung deutlich gemacht haben.“
Von den erfassten 162.941 Straftaten konnten 91.874 aufgeklärt werden. Das entspricht einer Aufklärungsquote von 56,4 Prozent. Damit ist die Quote geringfügig um 0,1 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Ermittelt wurden 2020 insgesamt 63.835 Tatverdächtige, das entspricht einem Rückgang von 2,4 Prozent beziehungsweise 1.539 Tatverdächtigen.
Stepien: „Die Kriminalitätsbilanz für das vergangene Jahr ist eine Mischung aus Licht und Schatten. Die Corona-Pandemie hat das Kriminalitätsgeschehen in Brandenburg beeinflusst. Seit Beginn des Jahrtausends haben wir nie weniger Straftaten festgestellt als im letzten Jahr. Beispielsweise ereigneten sich so wenig Diebstähle wie seit 20 Jahren nicht mehr und wurde weniger in Häuser und Wohnungen eingebrochen. Fälle häuslicher Gewalt hingegen haben drastisch zugenommen. Nicht hinnehmbar ist das anhaltend hohe Niveau von Fällen der Gewalt gegen Polizeibeamte. Hier gilt es diejenigen bestmöglich zu sichern, die tagtäglich für Schutz sorgen.“
Kriminalitätsentwicklung 2020 nach ausgewählten Deliktsbereichen
Grundsätzlich ist in den vergangenen fünf Jahren ein Wandel in der Zusammensetzung der Gesamtkriminalität festzustellen. Diebstahlsdelikte machen zwar weiterhin den größten Teil an der Gesamtkriminalität aus, dennoch hat sich der Anteil in den vergangenen Jahren erheblich um insgesamt sieben Prozentpunkte auf nunmehr 33,7 Prozent reduziert. Hingegen hat sich der Anteile der Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit im vergangenen Jahr um 2,1 Prozentpunkte auf 14,9 Prozent erhöht.
Im Jahr 2020 wurden insgesamt 5.235 Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt in der Polizeilichen Kriminalstatistik registriert, davon 260 Fälle als mit Strafe bedrohte Versuchshandlungen (2019: 165 Fälle). Damit war ein Anstieg um 19,8 Prozent zu verzeichnen. Der Anteil an den Gesamtstraftaten beläuft sich auf 3,2 Prozent und ist somit um 0,7 Prozentpunkte gestiegen. Insbesondere wurden mehr Körperverletzungen (3.761 Fälle; +23,0 %) und mehr Bedrohungen (475 Fälle; +41,4 %) erfasst. Im Jahr 2020 wurden 4.275 Tatverdächtige ermittelt, davon war der Hauptanteil männlich (2020: 75,8%; 2019:77,2 %). Wie in den vergangenen Jahren auch waren weibliche Opfer am häufigsten von häuslicher Gewalt betroffen. Von den insgesamt 5.073 Opfern (2019: 4.101) waren 70,9 Prozent (2019: 71,8%) weiblichen und 29,1 Prozent (2019: 28,2 %) männlichen Geschlechts. Besonders hoch ist die Gefährdung bei weiblichen Personen im Alter zwischen 21 und 40 Jahren.
Die Anzahl der Diebstahlsdelikte ist gegenüber dem Vorjahr um 7,1 Prozent gesunken (2020: 54.862 Fälle; 2019: 59.079 Fälle). Insbesondere war ein Rückgang der Fallzahlen bei Diebstahl von Fahrrädern von 12.236 auf 10.942 Fälle (-1.294 Fälle; -10,6 %), bei Diebstahl in/aus Dienst-, Büro-, Fabrikationsräumen von 3.651 auf 3.207 Fälle (-444 Fälle; -12,2 %), beim Taschendiebstahl von 1.176 auf 845 Fälle (-331 Fälle; -28,1 %) und beim Diebstahl in/aus Gärten, Gartenanlagen, Gartenlauben, Bungalows von 2.285 auf 2.051 Fälle (-234 Fälle; -10,2 %) festzustellen. Auch beim Diebstahl von Kraftwagen konnte ein Rückgang von 2.019 auf 1.796 Fälle (-223 Fälle; -11,0 %) registriert werden. Im Jahr 2020 waren 33,7 Prozent (2019: 34,4%) aller erfassten Straftaten Diebstahlsdelikte.
Um 10,6 Prozent ist die Zahl der registrierten Betrugsstraftaten gesunken (2020: 15.840 Fälle; 2019: 17.718 Fälle). Ein deutlicher Rückgang war insbesondere bei Beförderungserschleichung (2020: 2.138 Fälle; -16,1 %) und Tankbetrug (2020: 2.622 Fälle; -10,1 %) zu verzeichnen.
Bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung war gegenüber dem Vorjahr ein leichter Anstieg um 1,2 Prozent (2020: 2.152 Fälle; 2019: 2.127 Fälle) zu verzeichnen. Deren Anteil an der Gesamtkriminalität betrug 1,3 Prozent (2019: 1,2 %). Ursächlich für die Gesamtentwicklung war die Zunahme von Delikten des Verbreitens pornografischer Schriften (+84 Fälle; 18,3 %) und der sexuellen Belästigung (+65 Fälle; +17,3 %). Dagegen sind die Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern um 10,5 Prozent auf 511 Fälle zurückgegangen.
Im Jahr 2020 wurden 9.462 Fälle der Rauschgiftkriminalität erfasst. Das waren 183 Fälle weniger als im Vorjahr (2019: 9.645 Fälle). Hauptsächlich wurde der Rückgang durch den unerlaubten Handel und Schmuggel mit/von Rauschgiften (1.174 Fälle; -11,9 %) bestimmt. Der Anteil der Rauschgiftkriminalität an der Gesamtkriminalität betrug 5,8 Prozent (2019: 5,6 %).
Die erfassten Fälle von Gewaltkriminalität sind um 6,7 Prozent auf 4.693 Fälle (2019: 5.028 Fälle) zurückgegangen. In diesen Bereich fallen unter anderem Delikte wie gefährliche und schwere Körperverletzung, Vergewaltigung, Mord und Totschlag. Insgesamt wurden 2020 in zehn Fällen Mordermittlungen der Polizei abgeschlossen. Das entspricht einem Rückgang von 44,4 Prozent (2020: 10 Fälle; 2019: 18 Fälle). Ebenso gab es einen Rückgang bei versuchtem Totschlag und Totschlag um 13,2 Prozent (2020: 33 Fälle; 2019: 38 Fälle).
Leicht zurückgegangen ist die Gewalt gegen Polizeibedienstete. Im vergangenen Jahr wurden 1.158 Fälle registriert. Das ist ein Rückgang von 98 Fällen (2019: 1.256 Fälle). Dabei wurden 2.085 Polizistinnen und Polizisten als Opfer gezählt, 71 weniger als im Vorjahr. Der Anstieg beträgt 26,6 Prozent. Widerstandsdelikte gegen Polizeivollzugsbeamte machen den Hauptanteil der Fälle aus. Von den 1.149 aufgeklärten Fällen standen in der Hälfte (50,7%) der Fälle die Tatverdächtigen unter dem Einfluss von Alkohol.
Die registrierte Gesamtkriminalität in den brandenburgischen Grenzgemeinden zu Polen ist gegenüber dem Vorjahr minimal zurückgegangen. Im Jahr 2020 wurden 0,2 Prozent weniger Straftaten registriert (2020: 17.857 Fälle; 2019: 17.890 Fälle). Die Aufklärungsquote betrug 59,3 Prozent (2018: 60 %).
Gesunken ist ebenfalls die registrierte Gesamtkriminalität im engeren Verflechtungsraum mit Berlin. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 72.588 Straftaten im sogenannten engeren Verflechtungsraum registriert. Gegenüber 2019 ist das ein Rückgang um 6,2 Prozent (2019: 77.369 Fälle). Die Aufklärungsquote lag bei 54,4 Prozent (2019: 53,1 %).
Die Anzahl der Straftaten mit Tatbeteiligung von Zuwanderern ist leicht rückläufig. Im Jahr 2020 wurden landesweit 11.474 Straftaten durch Zuwanderer erfasst. Das ist ein Rückgang um 0,8 Prozent. Ohne Berücksichtigung der ausländerrechtlichen Verstöße fällt der Rückgang mit 1,4 Prozent noch stärker aus (2020: 6.652 Straftaten; 2019: 6.746).
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Red. / Presseinfo
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