Denkt man an Regionen, die maßgeblich das Gesicht Deutschlands prägen, fallen den meisten Menschen vermutlich in erster Linie das Allgäu, die Ostsee oder der Schwarzwald ein. Etwas unscheinbar erscheint dagegen die Lausitz. Dabei muss sich die Gegend im Osten Deutschlands überhaupt nicht verstecken.
Schließlich hat sie viel zu bieten: Eindrucksvolle Seen- und Berglandschaften, historische Städte sowie kulinarische Köstlichkeiten Made in Germany – allen voran Spreewaldgurken. Mit Blick auf diese abwechslungsreiche Mischung schlummert in der Gegend offenbar viel erfolgsversprechendes Potenzial. Doch entspricht das auch der Realität? Wie steht es aktuell tatsächlich um die wirtschaftliche Entwicklung in der Lausitz?
Herausforderungen, die es zu meisten gilt
Wie aktuelle Prognosen zeigen, wird die Lausitz zukünftig mit einigen Herausforderungen zu kämpfen haben. Doch was zunächst nach einer recht düsteren Prophezeiung klingt, birgt gleichzeitig viele neue Chancen und Möglichkeiten. Eine Baustelle ist zum Beispiel die Bevölkerungsentwicklung. Diese ist von Cottbus über Görlitz bis nach Bautzen seit Jahren rückläufig. Lebten in den 1990er Jahren noch gut 1,4 Millionen Menschen in der Region ist die Zahl im Jahr 2012 bereits auf 1,1 Millionen gesunken – das entspricht einem Minus von 22 Prozent. Als Gründe für diesen Negativtrend nennen Experten bereits jetzt den demografischen Wandel. Und dieser wird sich weiterhin fortsetzen. Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2030 vermutlich nur noch 870.000 Einwohner in der Lausitz leben werden. Nicht gerade rosig sieht es außerdem für einen der wichtigsten lokalen Wirtschaftszweige aus: Die Braunkohleindustrie. Zwar hängen an ihr noch immer gut 24.000 Arbeitsplätze. Doch diese könnten in den kommenden Jahren aufgrund des stufenweisen Kohleausstiegs ebenfalls wegfallen.
Vielseitiger Branchenreichtum vor Ort
Umso wichtiger ist es, dass sich die Lausitz aus wirtschaftlicher Sicht auf ihre Stärken besinnt und auf die Region zugeschnittene Innovationen sowie Lösungen vorantreibt. Ein großer Vorteil ist hier unter anderem die reiche Branchenvielfalt. Neben Bergbau und Energieerzeugung spielen mittlerweile zukunftweisende Sektoren wie Solarenergie, Anlagen- und Fahrzeugbau sowie Elektrotechnik eine wachsende Rolle. Das kann die Gegend aus Sicht von mittelständischen und international agierenden Unternehmen zukünftig attraktiv machen. Zudem setzen viele lokale Betriebe bei der Abwicklung von Aufträgen oder der Lagerverwaltung mittlerweile auf digitale Lösungen wie ERP-Systeme oder ein Warenwirtschaftssystem. Regionale Firmen haben also bereits die Vorteile der zunehmenden Digitalisierung erkannt, ohne den Anschluss zu verlieren. Ein wichtiges Standbein sind zudem Wissenschaftsstandorte wie die BTU Cottbus oder die Hochschule Zittau-Görlitz. Hier können neue Ideen sowie Konzepte entstehen, welche die Lausitz in den kommenden Jahren wirtschaftlich voranbringen.
Die Tourismusbranche wächst
Nicht außer Acht gelassen werden darf nach wie vor die Bedeutung des Tourismussektors. Laut Zahlen von Sachsens Staatsregierung zieht es zum Beispiel jährlich rund 100.000 Besucher in das Lausitzer Seenland – Tendenz steigend. Schließlich soll hier bis 2021 Deutschlands größte künstlich erschaffene Wasserlandschaft entstehen. Ein weiterer Besuchermagnet ist der Spreewald, dem 2017 gut 733.565 Gäste einen Besuch abstatteten. Die geografische Nähe zu Polen und Tschechien sowie zur Hauptstadt Berlin beschert der Region einen hohen Durchgangsverkehr, den sich Gastronomie und Hotellerie zu Nutze machen können. Verlockend ist ebenfalls der relativ moderate Gewerbesteuerhebesatz vor Ort, wie dieser Berechnungsübersicht für Deutschland zu entnehmen ist. Die letztendliche Steuerschuld für Unternehmen sowie Gründer fällt dadurch vergleichsweise gering aus, was zusätzliche Touristik-Investoren anziehen kann.
Herausforderungen, die neue Möglichkeiten eröffnen
Zusammengefasst mag die Lausitz nicht unbedingt zu den Boom-Regionen innerhalb Deutschlands zählen. Verantwortlich dafür sind in erster Linie ein rasanter Bevölkerungsschwund sowie die mögliche Gefahr, welche die langfristige Umstellung auf regenerative Energien darstellt – schließlich ist der Braunkohlesektor immer noch einer der wichtigsten Arbeitgeber für die Menschen vor Ort. Doch trotz dieser negativen Entwicklungen kann die Lausitz dennoch auch positiv in die Zukunft blicken. Dafür sorgen zum einen der florierende Tourismus und zum anderen die vielfältige Mischung verschiedener Industriezweige, in deren Umfeld neue Arbeitsstätten entstehen. Diese Kombination aus Tradition und Innovation kann die Lausitz als einzigartigen Wettbewerbsvorteil für sich nutzen. Dann können sich nachhaltige Strukturentwicklungen, wie sie dieses Jahre bereits beim „Forum Lausitz“ diskutiert wurden, problemlos entfalten.
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