Wie der Spiegel berichtet, gab es in der Strukturkommission vertrauliche Gespräche, an deren Ende ein Kompromiss für den Kohleausstieg steht. Zwischen 2035 und 2038 sollen laut dem Magazin die letzten Braunkohlekraftwerke abgeschalten werden. Einer der Kommissionsvorsitzenden, Ronald Pofalla, soll den Kompromiss ausgehandelt haben und ihn dem Bundesumweltamt und Bundeskanzleramt vorgelegt.
Nach den Planungen, die im Spiegel veröffentlicht wurden, sollen bis 2020 fünf bis sieben Gigawatt Kohlestrom abgeschalten werden und bei Bedarf in eine Sicherheitsreserve überführt werden. In dieser Größenordnung gab es bereits bei den sogenannten Jamaikaverhandlungen zur neuen Bundesregierung 2017 Vorschläge der Grünen. Ein zweites wichtiges Datum ist das Jahr 2027, bis dahin soll überprüft werden, ob der Ausstiegsplan eingehalten werden kann, dafür soll es ein Bundesgesetz geben.
Der befürchtete Sttrukturbruch soll mit Jobperspektiven und Infrastrukturmaßnahmen vermieden werden, die ebenfalls in einem Gesetz festgeschrieben werden sollen. Der Ausbau der Breitbandnetze sowie der Eisenbahnstrecke Görlitz – Berlin gehören genauso dazu, wie die Ansiedlung von Bundesbehörden, mit einer konkreten Anzahl an Beschäftigten, die vor allem in die Lausitz kommen sollen, da die Region am stärksten vom Braunkohleausstieg betroffen ist. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier sprach in den letzten Tagen von der Ansiedlung eines Forschungsinstituts für Batteriezellenforschung sowie einer Batteriefabrik in der Lausitz und in Westpolen.
Der Kohlelobbyverein “Pro Lausitzer Braunkohle” kritisierte die möglichen Vereinbarungen. Ihr Vorsitzender Wolfgang Rupieper sagte: „Die Äußerungen von Ronald Pofalla sind für die Lausitz ein weiterer Schlag ins Gesicht. Sein Vorstoß steht im krassen Widerspruch der Zusagen der Kommission, zuerst Pläne für die Reviere und Ersatz für wegfallende Jobs zu generieren und erst dann über ein Datum für den Kohleausstieg zu sprechen. Offensichtlich ist er als Vollstrecker Merkels nun vorgeprescht und in dieser Form für die Kommission nicht mehr als Vorsitzender tragbar. Sonst macht er sie tatsächlich zur Kohleausstiegskommission.”
Greenpeace-Geschäftsführer und Mitglied der Kohlekommission Martin Kaiser: „Von einer Einigung in der Kommission kann keine Rede sein. Die Verhandlungen über das Tempo des Kohleausstiegs haben in der Kommission nicht einmal begonnen. Greenpeace kennt keinen Vorschlag von Herrn Pofalla, und wir sind irritiert, dass er eigene Vorschläge mit Bundesministerien diskutiert, bevor sie in der Kommission besprochen werden. Wir erwarten, dass Pofalla seinen Vorschlag in der kommenden Sitzung der Kommission vorstellt.
Die Kommission wird den gesellschaftlichen Konflikt um den Kohleausstieg nur dann lösen, wenn das Ausstiegsdatum Deutschlands Beitrag zum in Paris vereinbarten Zielen sicherstellt, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu beschränken. Pofallas Vorschlag aber dürften alleine Vertretern der Konzerne und Bergbaugewerkschaft unterstützen. Der täglich breiter werdende friedliche Protest gegen RWEs irrsinnige Kohlepläne im Hambacher Forst zeigt, dass viele Menschen endlich klare Schritte zu mehr Klimaschutz erwarten. Die letzten Kohlemeiler erst in der zweiten Hälfte der 30er Jahre vom Netz zu nehmen, ist wenig mehr als ein ,Weiter so‘. Das können sich weder Deutschland noch der Schutz des Klimas leisten.“
Christine Herntier, Bürgermeisterin von Spremberg und Vorsitzende der Lausitzrunde: “Mir ist nicht bekannt, dass in der Kommission bereits über ein Ausstiegsdatum verhandelt wird. Die Kommission hat den Auftrag geeignete Instrumente zu entwickeln, um ganz im Sinne ihres Titels überhaupt erst die Voraussetzungen für einen Kohleausstieg zu schaffen. Es ist jetzt an der Zeit, dass die konkreten Vorschläge der Lausitz, verankert im Positionspapier des kommunalen Bündnisses Lausitzrunde, nun endlich mit dem dringend gebotenen Ernst umgesetzt werden. Ich nehme mein Mandat in der Kommission sehr ernst und werde mich nicht davon abbringen lassen, die strukturellen Defizite der Region zu benennen und die dringend gebotenen Maßnahmen zur Beseitigung dieser Defizite konsequent einzufordern. Arbeitsplätze vor Kohleausstieg, so hat es der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier versprochen. Daran wird er und die gesamte Regierung gemessen werden.”
Hintergrund:
Am 1.10.2018 geht in der Lausitz der erste Kraftwerksblock mit 500 MW Leistung des Kraftwerks Jänschwalde in die Sicherheitsreserve. Am 1.10.2019 folgt der zweite Block mit 500 MW. Beide bleiben bis 2023 als Sicherheitsreserve in einem Ruhezustand.
Die LEAG hat bereits im März 2017 ihre Revierpläne vorgestellt, wonach nur das Sonderfeld Mühlrose II am Tagebau Nochten II aufgeschlossen wird. Weitere Planungen wurden auf Eis gelegt und für 2020 angekündigt. Vor allem das Tagebaufeld Welzow Süd II ist noch nicht entschieden. Betroffen wären Proschim und Teile der Stadt Welzow.