Er ist so normal, so sehr Teil unseres Alltags, dass wir nur seinen ausgefallensten Exemplaren Beachtung schenken: Der Stuhl. So schlicht, so einfach, so grandios. Ein Möbelstück, welches schon seit seiner Erfindung Status symbolisierte und Machtverhältnisse abbildete. Emporgeklettert zum beliebtesten Designobjekt, ist der Stuhl seit jeher mehr als nur praktische Sitzgelegenheit.
Vom Anbeginn der Stuhl-Zeit
Der Stuhl war zunächst ein Statussymbol des Königtums und Adels. Bei Ausgrabungen wurde entdeckt, dass die ersten Stühle – nämlich Throne – vermutlich bereits in der Jungsteinzeit existiert haben. Die Herrschenden saßen also auf pompösen, bequemen Sitzgelegenheiten, während ihre Untertanen auf dem Boden hockten oder schlicht standen.
Auch in der Kirche war es lange Zeit nur Mönchen und Priestern erlaubt in Stühlen zu sitzen und im Mittelalter konnten selbst die hochangesehen Ritter nur zum Hocker greifen, um an der Tafelrunde Platz zu nehmen. Die Demonstration von Macht, verkörpert in einer Lehne, einer Sitzfläche und vier Beinen, blieb an dem Stuhl über viele Jahrhundert haften.
Das große Stühlerücken im 16. Jahrhundert
Erst im 16. Jahrhundert entwarf der englische Tischer Thomas Chippendale einen alltagstauglichere Version des Objekts als den Thron. Doch es sollte trotzdem noch einmal hundert Jahre dauern, bis schließlich das große Stühlerücken begann: Michael Thonet entwickelte in Wien ein Verfahren, Rundhölzer zu biegen und so gelang es ihm, die bis heute beliebten Wiener Kaffeehausstühle zu entwerfen. Diese konnten fortan günstig in Serie produziert werden und der Stuhl wurde auch für die breite Bevölkerung erschwinglich.
Es wundert wohl kaum, dass schließlich auch Designer die Sitzgelegenheit entdeckten. Sie begannen mit Materialen zu spielen, entwarfen kompliziertere, ausgefallener, schlichtere und verspieltere Versionen des heutigen Alltagsgegenstands. Jeweils Abbildung ihrer Zeitepoche und des vorherrschenden Stils in dieser, avancierte der Stuhl über die Jahrhunderte vom Machtsymbol zum Geschichtenerzähler. Nicht selten findet sich der Stuhl im Zentrum einer Museumsausstellung wieder.
Der wohl beliebteste Stuhl verlacht seine Geschichte
Obwohl der Stuhl heutzutage wohl in jeder Wohnung und jedem Haus zu finden ist, in mehrfacher Anzahl und in unterschiedlichem Design, verwendet als Sitzgelegenheit am Esszimmertisch oder am Schreibtisch, gekauft im Möbelhaus um die Ecke oder online im dänische Möbel online shop, bleibt ihm ein Hauch seiner ursprünglichen Machtsymbolik auch bis heute erhalten.
Dies spiegelt sich auch in unserem Sprachgebrauch wider: Wir sagen „thronen“, wenn jemand erhöht Platz genommen hat. Wir nennen Menschen in mächtigen Positionen „Vorsitzende“ und entwickelten ein Spiel bei dem rausfliegt, wer keinen Stuhl zum Sitzen findet.
Und dennoch gibt es eine einzige, zweckentfremdende Verwendung des Stuhls, die dazu tendiert seine Ursprünge zu verlachen. Es ist dieses eine Exemplar, das seinen Weg ins Schlafzimmer gefunden hat. Es mag ein einfacher Holzstuhl sein oder eine aufwendig designte, aber leider schrecklich unbequeme Stahlkonstruktion, die dort im Raum steht und seiner eigenen mächtigen Geschichte mit einem Zwinkern begegnet.
Denn seine Funktion ist nicht länger eine Sitzgelegenheit zu bieten, sondern Ablageort für all die Klamotten zu sein, die noch nicht dreckig genug für die Wäsche aber auch nicht sauber genug für den Schrank sind. Man mag also zu Recht annehmen, dass dieser eine Stuhl im Schlafzimmer nicht nur der Praktischste, sondern auch der Beliebteste von allen ist.