In der Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg nannte Flughafenchef Lütke Daldrup dem Gremium den 31.10.2020 als Starttermin für den neuen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld (Landkreis Dahme-Spreewald). Weitere Details sollen in einer Pressekonferenz am späten Nachmittag folgen. Damit würde das Kapitel BER mit neun Jahren Verzögerung starten. Er wird seit dem 5. September 2006 gebaut. Der Flugbetrieb hätte im November 2011 und nach einer moderaten Terminkorrektur dann im Juni 2012 offiziell starten sollen. Der Eröffnungstermin wurde wegen technischer Mängel mehrfach verschoben. Zum geplanten Eröffnungszeitpunkt soll der Flughafen eine Gesamtkapazität von rechnerisch 28 Millionen Passagieren pro Jahr haben. Bis 2035 sind neue Erweiterungsbauten geplant, um jährlich 58 Millionen Passagiere abfertigen zu können.
Am 25. September 2015 stellt die Flughafengesellschaft einen vorläufigen Ausbauplan vor, der die Kapazitäten bereits zum Eröffnungszeitpunkt erweitern soll. Vorgesehen sind der Ausbau des Terminals in Schönefeld, der Bau eines eigenen Terminals für Low-Cost-Fluggesellschaften östlich des Nordpiers, und der Bau eines provisorischen Regierungsterminals auf dem Vorfeld 1. Darüber hinaus werden die Vorfelder A und E erweitert, um zusätzliche Parkpositionen für Flugzeuge bereitzustellen. Zu dem bis 2023 laufenden Ausbaupaket gehören auch der Bau zusätzlicher Rollwege und Betriebsgebäude. Das Paket hat ein Investitionsvolumen von 65 Millionen Euro und soll die Kapazität mittelfristig auf 40 Millionen Passagiere pro Jahr sichern.
Der Bau des Terminal 2 wurde im Sommer 2017 beschlossen und im Jahr darauf lag eine Baugenehmigung vor. Die Vertragsunterzeichnung mit dem Generalunternehmer erfolgte am 17. September 2018. Das Richtfest erfolge am 30. Juli 2019. Die Übergabe des schlüsselfertigen Gebäudes soll im August 2020 erfolgen.
Marcus Tolle, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus, nimmt Stellung zu dem von der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH bekanntgegebenen BER-Eröffnungstermin am 31.10.2020: „Die IHK Cottbus begrüßt es, dass der Eröffnungstermin nun kommuniziert wurde. Der Termin schafft jetzt Planungssicherheit für alle am BER-Flughafen tätigen Unternehmen und ist ein wichtiges Signal um weiteren Schwung in die Flughafenumfeldentwicklung durch Firmenansiedlungen und weitere Bauaktivitäten zu bringen. Der bisherige Baufortschritt und die durch die Flughafengesellschaft und den TÜV erzielten Fortschritte bei der technischen Prüfung der wichtigsten sicherheitsrelevanten Anlagen bestätigen uns in der Annahme, dass der Termin auch realistisch ist. Das FBB-Team und die beteiligten Unternehmen haben in den letzten Monaten enorme Arbeit geleistet.“
Bahnhof am BER startklar
Der Bahnhof am neuen Berliner Flughafen ist startklar. Alexander Kaczmarek, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für das Land Berlin: „Wir hatten unsere Gleise und Bahnsteiganlagen bereits zum ursprünglich vorgesehenen Termin im Oktober 2011 rechtzeitig fertiggestellt und sind auch jetzt wieder bereit, wenn der Flugbetrieb beginnt.“
Zum Anschluss des Flughafenbahnhofs an das Streckennetz der DB wurden 18,5 Kilometer Strecke für den Fern-/Regionalverkehr und 8,6 Kilometer für die S-Bahn neu errichtet. Die neu gebauten Bahnanlagen mussten fortlaufend kontrolliert und für einen sicheren Betrieb instand gehalten werden. Zum Beispiel wurden, unabhängig von der tatsächlichen Verkehrsbelastung, alterungsbedingt Leuchtmittel oder Akkus der Sicherheitsbeleuchtung erneuert. Mit regelmäßigen Fahrten werden Tunnel und Bahnhof belüftet.
Auf Grund von Änderungen in der Verkehrsbestellung wurde bereits 2012 die Signaltechnik des Flughafenbahnhofs an den Gleisen 2 und 3 nachgerüstet. Dies erlaubt das Befahren nach Bedarf mit längeren oder kürzeren Zügen. Da sich der Verkehrsbedarf gegenüber 2012 weiterentwickelt hat, ist rechtzeitig vor Inbetriebnahme der Dresdner Bahn eine weitere Anpassung der Signaltechnik zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit vorgesehen.
Auf der S-Bahnstrecke der Linie S9 wird gegenwärtig, im Zuge der Umrüstung des gesamten S-Bahn-Netzes, auch auf dem Abschnitt zum Flughafenbahnhof die Signaltechnik auf das Zugbeeinflussungssystem ZBS umgestellt.Vor Aufnahme des Flugbetriebs ist im April nächsten Jahres eine gemeinsame Rettungsübung für Bahnhof und Terminal mit 700 Darstellern geplant. Ab Januar 2020 können sich Interessierte dafür auf der Internetseite des Flughafens anmelden.
Mehr Langstreckenverbindungen gefordert
In der Metropolregion Berlin-Brandenburg sind drei von vier Unternehmen unzufrieden bis sehr unzufrieden mit dem aktuellen Langstreckenangebot in Berlin. Bedarf besteht vor allem an direkten Verbindungen nach Asien. Die Initiative für mehr Langstreckenverbindungen hatte auf Basis einer Unternehmensbefragung sowie einer beauftragten Studie des Deutschen Wissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr e.V. (diwf e.V.) analysiert, welche aktuellen und potentiellen Langstreckendestinationen für die hiesige Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind. Die Ergebnisse stellten IHK-Präsidentin Beatrice Kramm und Burkhard Kieker, Geschäftsführer von visitBerlin, heute vor.
Von Berlin aus werden aktuell lediglich sieben Langstrecken-Destinationen direkt angeflogen. Damit liegt Berlin im Vergleich der europäischen Hauptstädte mit direkten Langstreckenanbindungen auf Platz 20 von 26. Diese Platzierung war Anlass für eine Umfrage unter Unternehmen aus Berlin und Brandenburg zu ihren Langstreckenbedarfen. Befragt wurden 150 Unternehmen mit insgesamt mehr als 14.000 Mitarbeitern. 80 Prozent der Befragten pflegten ihre ausländischen Geschäftsbeziehungen mit dem außereuropäischen Ausland. Hochgerechnet ergab sich aus der Umfrage, dass die Unternehmen aus Berlin und Brandenburg im vergangenen Jahr 1,55 Millionen Langstreckenflüge unternahmen. Das Deutsche Wissenschaftliche Institut für Tourismusforschung e.V. kommt in seiner Analyse auf 15 potentielle Zielmärkte, die aus Sicht der Metropolregion Berlin-Brandenburg besonders attraktiv sind. Auch hier liegen elf der 15 Zielmärkte im asiatischen Raum.
Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin: „Gerade beim Zielmarkt Asien zeigt sich das Dilemma: Ausländische Airlines würden gerne Berlin direkt anfliegen, aber es fehlt an den entsprechenden Luftverkehrsrechten. Diese auszuhandeln, ist Aufgabe des Bundes. Leider rührt sich der Bund nicht. Hier werden mit der Unterstützung der Landespolitik nicht lockerlassen. Jede zusätzliche Langstreckenverbindung bringt mehr Arbeitsplätze und mehr Wertschöpfung in die Region – vergleichbar mit der Ansiedlung eines Großunternehmens.“
Burkhard Kieker, Geschäftsführer visitBerlin: Laut Statistik will jeder vierte internationale Passagier mit Reiseziel Deutschland eigentlich nach Berlin. Langstreckenpassagiere werden momentan künstlich gezwungen, auf Drehkreuzflughäfen im In- und Ausland auf ihrem Weg nach Berlin umzusteigen. Das ist ineffizient und unökologisch. Mit der Eröffnung des neuen Flughafens BER ergeben sich neue Chancen für die Hauptstadtregion, die wir mit unserer Initiative unterstützen. Die fortschreitende Digitalisierung wird den Luftverkehrsstandort Berlin zusätzlich stärken. Die Passagiere kombinieren unabhängig von Luftverkehrsallianzen ihre Flugverbindungen selbst auf digitalen Plattformen.“
Björn-Frederic Limmer, Managing Director, Limmer Laser GmbH: „Limmer Laser, das sind Lasertechnologien für den Medizinbereich, die weltweit unter dem Label „Made in Berlin“ bekannt sind. Die Attraktivität unseres Standorts ist also ebenso entscheidend für die Vermarktung unseres Produkts, wie dessen Qualität. Die geringe Zahl bisheriger Langstreckenverbindungen der Hauptstadtregion entspricht dabei so gar nicht der Reputation, die Berlin ansonsten in der Welt genießt. Wir stehen international in engem Kontakt mit Händlern, die unsere Lasergeräte vor Ort vertreiben. Die Bedeutung Berlins als wirtschaftlicher Dreh- und Angelpunkt in der Welt ist immer auch Aushängeschild für die hier hergestellten Produkte. Dies sollte sich auch in der Erreichbarkeit der Hauptstadtregion widerspiegeln.“
Claus Biernoth, Vice President Sales, First Sensor AG: „Die First Sensor AG ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern. Neben sechs Standorten in Deutschland besitzen wir Vertriebs- und Produktionsstandorte in acht verschiedenen Nationen – darunter die USA, Canada, China, Japan und Korea. Als Sensorikhersteller für die Bereich Medizin, Industrie sowie Mobilität arbeiten wir weltweit mit Kunden in High Tech Regionen wie Shenzhen, Shanghai, Montreal, Silicon Valley, Seoul und Tokio. Reisen in diese Länder sind heute sehr zeit- und kostenaufwendig. Um die Strahlkraft von Berlin nicht nur als deutscher Hauptstadt, sondern auch als internationaler Metropole und attraktivem Wirtschaftsstandort für Startups bis zu großen Konzernen nachhaltig zu stärken, braucht es dringend eine verbesserte Anbindung an weltweite Ziele. Infrastruktur, die den Anforderungen an modernes Arbeiten und Reisen genügt, ist ein wesentlicher Faktor, um Attraktivität für die Ansiedlung neuer Unternehmen auszustrahlen.“
Gerald Rynkowski, Managing Director, Veinland GmbH, Seddiner See: „Langstreckenflüge sind für uns unverzichtbar. Mehr direkte Interkontinentalverbindungen würden unsere Arbeit enorm erleichtern, indem wir Reisezeit sparen und damit effizienter werden. Gerade die häufigen Umstiege und die damit verbundenen Wartezeiten auf anderen Flughäfen behindern uns dabei spürbar. Deshalb setze ich mich gemeinsam mit der IHK Potsdam für mehr Langstreckenverbindungen am zukünftigen BER ein. Wir sind ein technologieorientiertes und international ausgerichtetes Unternehmen aus der Hauptstadtregion. An unserem Firmensitz in Neuseddin beschäftigen wir 40 Mitarbeiter – rund die Hälfte sind Ingenieure. Wir entwickeln Hard- und Softwarelösungen für Container-, Marine-, Forschungs- und Kreuzfahrtschiffe. Messen, Kundenbesuche und die Mitarbeit in internationalen Schifffahrtsgremien finden rund um den Globus statt, und Asien ist für uns der wichtigste Markt und das gefragteste Ziel, denn da wird der Großteil der Schiffe der Welt gebaut und ausgerüstet. Deutsches Know-how ist überall gefragt, so dass meine Mitarbeiter und ich viel unterwegs sind. Persönliche Präsenz und menschliche Kontakte sind in der Wirtschaft unverzichtbar und lassen sich nicht immer durch Telekommunikation ersetzen.“
Foto: Wikipedia, Arne Müseler; CC BY-SA 3.0 de