Am Freitag fand die diesjährige Mitgliederversammlung des FC Energie Cottbus statt. über 500 Fans kamen, um den Berichten des Präsidiums, des Verwaltungsrats, Ehrenrat und Kassenprüfer zu folgen. Auch einen sportlichen Einblick gab es von Maximilian Zimmer und Trainer Claus-Dieter Wollitz. Was Präsident Sebastian Lemke und Verwaltungsratsvorsitzender René Markgraf zu berichten hatten ließ aufhorchen. Wenn die bis zum 30.06.2021 laufende Saison mit den Planungen des alten Präsidiums weitergelaufen wäre, hätte der FCE ein Minus von 2,4 Millionen Euro eingefahren. “Wir waren im Dezember 2020 so gut wie zahlungsunfähig und im Februar 2021 ebenfalls.” fasste Lemke die Situation zusammen. Kurz: Der Verein war fast insolvent. Das neue Präsidium leitete einen harten Sparkurs ein und nur dank Sponsoren und der Coronahilfen seitens des Landessportbunds sowie der Landesregierung konnte der Club gerettet werden.
Mit siebenstelliger Defizitplanung in die Saison
Bereits vor der Saison 2020/2021 gab es eine siebenstellige Lücke in der Budgetplanung, die durch den laufenden Wettbewerb und zusätzliche Einnahmen gedeckt werden sollte. Bei der letztjährigen Mitgliederversammlung hatte das Verwaltungsratsmitglied André Rosseck diesen Missstand angemerkt und war zurückgetreten, da er diese Planung nicht mehr verantworten konnte. Wären die Planungen so wie vom alten Präsidium um Matthias Auth, Georg Kapplinghaus und Axel Harnath so weitergelaufen, hätte der Verein bis zum 30.06.2021 eine Budgetunterdeckung von 2,4 Millionen Euro angehäuft, so Lemke und Markgraf in ihren Berichten. Der verpasste Aufstieg und ausbleibende Zuschauereinnahmen waren nicht einkalkuliert worden. Schon im Dezember 2020 hätte das die Insolvenz bedeutet, damals flossen Coronahilfen und der Fall konnte abgewendet werden, im Februar stand der Verein vor einer ähnlichen Situation, Sponsoren sprangen ein und weitere Coronahilfen flossen. “Im Verwaltungsrat und im Präsidium befinden sich Großteils gestandene Geschäftsmänner, aber was wir in den Planungen und Bilanzen gefunden haben, hat uns teils in Schockstarre versetzt.” fasste René Markgraf auf Nachfrage eines Fans die Situation nach Absetzung des alten Präsidiums und Neuaufstellung der Vereinsspitze mit Hagen Ridzkowski (Autohaus Cottbus), Sebastian Lemke (Handelshof Cottbus) und Ralf Lempke zusammen. Das Geschäftsjahr 2020 endete mit einem Jahresfehlbetrag von 130.146,89 Euro und das Vereinsvermögen beläuft sich per 31. Dezember 2020 auf 716,365,61 Euro. Dazu nimmt Lemke im Titelinterview Stellung.
Da es noch nicht möglich war alle Unterlagen vollumfänglich zu sichten und zu prüfen, empfahl der Verwaltungsrat gestern den Mitgliedern, den alten Vorstand für 2020 nicht zu entlasten und diese Entscheidung zu gegebener Zeit zu wiederholen. Der Empfehlung folgten die Mitglieder mit einem klaren Votum von 2 Ja-Simmen, 543 Nein-Stimmen und 19 Enthaltungen. (Erklärung: Nein zur Entlastung, die Frage lautete: Soll der Vorstand entlastet werden?). Den Berichten des Präsidiums, des Kassenprüfers, des Verwaltungsrates und des Ehrenrates wurde zugestimmt.
Nur Klassenerhalt in der Regionalliga? Neue Gehaltsgrenze für Spieler
Daher ging die neue Führung im Februar 2021 auch nur davon aus, überhaupt um den Klassenerhalt in der Regionalliga mitspielen zu können. Mittlerweile ist der Verein zumindest vorrübergehend stabilisiert, trägt aber weiterhin einen Schuldenberg von 6,75 Millionen Euro vor sich her, wovon allein 5,76 Millionen noch aus dem Bau der Nordwand und der Südtribüne vor einiger Zeit stammen, die in die Jahre gekommen sind. Es wurde eine klare Gehaltsobergrenze für Spieler eingeführt, die auch für Wunschspieler nicht überschritten wird. Die Geschäftsstelle wurde personell verkleinert und ist in das Sozialgebäude des Vereins umgezogen. Weitere Baustellen sind noch offen, wie der Bau des Nachwuchsleistungszentrums im Lokstadion, der insgesamt um etwa 250.000 Euro teurer wurde als geplant.
Sonderumlage für den Nachwuchs
Um diese Lücke zu schließen und sportlich doch höhere Ziele anvisieren zu können, brachte das Präsidium gestern den Antrag auf eine Sonderumlage auf den Weg. Mitglieder sollen einmalig 120 Euro (ermäßigt 85 Euro) an den Verein zahlen, um so die 250.000 Euro zusammen zu bekommen. Das Geld ist zweckgebunden und wird ausschließlich für die höheren Kosten beim Bau im Lokstadion verwendet. Trikotsponsor karton.eu um Matthias Jäckel war bereits beim Bau eingesprungen, da andere zugesagte Gelder nicht geflossen sind, durch das alte Präsidium waren die Mitgliedsbeiträge 2022 und 2023 bereits für den Bau verplant “Das ist planbar, aber das Geld ist noch nicht vorhanden und hilft nicht bei der Rechnungsbegleichung.” fasste Lemke die Situation zusammen. (Videointerview im Titel)
Die Entscheidung der Mitglieder dazu war mit Spannung erwartet worden, die Vereinsspitze hatte sich auf eine größere Diskussion eingestellt, doch es gab keine Nachfragen und ein eindeutiges Votum für die Sonderumlage seitens der Mitgliederversammlung. Die Sonderumlage wird von U18, lebenslangen und aktiven Mitgliedern nicht eingezogen. Der Nachwuchs kostet den Verein insgesamt etwa 700.000 Euro im Jahr, an denen aber auch nicht gerüttelt werden soll. Die U17 und die U19 spielen in der Juniorenbundesliga, das Nachwuchsleistungszentrum wurde wiederholt vom DFB für seine Exzellenz ausgezeichnet.
Sportlich Licht am Ende des Tunnels
Der sportliche Leiter Maximilian Zimmer fasste seinen Amtsantritt im April 2021 so zusammen: “Es war traurig, was ich an Mannschaft hier vorgefunden habe. Die Stimmung war im Keller und die Führung passte nicht. Wir mussten einige harte Entscheidungen treffen, um wieder Schritte in Richtung Profifußball gehen zu können.” Der wiedergekehrte Trainer Claus-Dieter Wollitz entschuldigte sich nochmals für sein Verschwinden im Dezember 2019 und sagte: “Ich habe damals die falsche Entscheidung getroffen. Es hat das Vertrauen in mich gefehlt, jede meiner Entscheidungen wurde hinterfragt, daher trat ich mit der Bitte meinen Vertrag aufzulösen an das Präsidium. Jetzt schauen wir wieder nach vorn und ich bin mir sicher, dass wir eine Mannschaft mit viel Lust und Leidenschaft aufstellen können.” Er verkündete auch gleich noch den nächsten Transfer. Stürmer Erik Engelhardt wechselt von Hansa Rostock nach Cottbus, er soll am Montag seine Unterschrift unter den Vertrag setzen. Der 23-jährige stammt aus der Nürnberger Jugend und spielte einmal für die deutsche U19-Nationalmannschaft. Insgesamt soll der Fokus wieder auf der Ausbildung von Toptalenten liegen, die sich in Cottbus entwickeln und auftrumpfen. Als Claus-Dieter Wollitz erwähnte, dass ein Spieler von Hansa Rostock verpflichtet wurde, machte sofort die Leihe von Streli Mamba die Runde. Lachend kommentierte Wollitz: “Den holen wir kommende Saison, wenn wir aufgestiegen sind.”. Dass die Ambitionen des Vereins höher als nur Klassenerhalt liegen, zeigen auch die weiteren bisherigen Verpflichtungen von Pronichev, Hildebrandt und Putze. Weitere sollen folgen. Die Personalie Shawn Krauter beschäftigt den Verein weiterhin. Er wurde schriftlich zum 1.7. zum Training eingeladen. Da beginnt sein Vertrag, den er beim FCE unterschrieben hat, ab da kann der Verein auch erst handeln, laut Lemke. Er geht im Videointerview auch auf die Situation mit dem Verteidiger ein (Titel).
Fantrikot und neue Verwaltungsratmitglieder
Um den Fans ihren Respekt zu zollen für die vielen Aktionen, bei den die Anhänger des FCE in den vergangenen Jahren Geld für den Verein bezahlt haben, um zu helfen, gibt es eine Besonderheit in der neuen Saison. Auf dem neuen quergestreiften Trikot prangt vorne “Wir sind Energie Cottbus” auf der Brust. Trikotsponsor karton.eu weicht auf den Rücken aus. Für Mitglieder soll das neue Trikot 66 Euro kosten, für alle anderen 89,95 Euro. Mitglieder haben ab sofort auch weitere Vorteile neben vergünstigten Dauerkarten. Das EnergieEcho wird es in der kommenden Spielzeit nur noch digital geben, Mitglieder bekommen es vorab per E-Mail. Auf dem selben Weg erhalten sie auch Pressemeldungen des Vereins, um direkt informiert zu sein. Insgesamt soll die Transformation des Clubs zu einem modernen Verein vorangetrieben werden.
Zwei weitere Entscheidungen mussten die Mitglieder gestern treffen. Gunnar Winkler (Dekra) und Andreas Kretzschmar (Spreegas) stellten sich für die beiden freigewordenen Positionen im Verwaltungsrat auf und wurden durch die Fans bestätigt. Im Interview stellen wir beide vor.
Andreas Kretzschmar wurde 1978 in Finsterwalde geboren und wuchs in Cottbus auf. Nach seiner Lehre zum Bankkaufmann begann er ein Studium der Betriebswirtschaftslehre in Potsdam und arbeitete nach dessen Abschluss zunächst in Berlin. Nach der Rückkehr in die Heimat engagiert sich der Geschäftsführer der SpreeGas Gesellschaft für Gasversorgung und Energiedienstleistung mbH vielfältig ehrenamtlich im Bereich des regionalen Sports. Das Unternehmen unterstützt den FC Energie Cottbus bereits seit 1992 und ist seit vielen Jahren als Premiumpartner des Vereins an Bord.
Gunnar Winkler wurde 1965 in Dresden geboren, erlernte nach der Schulzeit den Beruf eines Kfz-Elektromechanikers und begann anschließend ein Maschinenbau Studium, welches er kurz vor der Wende als Diplomingenieur (FH) für Kraftfahrzeugtechnik abschloss. Im Jahre 1990 begann seine Tätigkeit bei DEKRA, zunächst als amtlich anerkannter Sachverständiger an den Standorten Leipzig und Dresden. Seit nunmehr fast 18 Jahren hat Gunnar Winkler die Leitung der DEKRA Niederlassung in Cottbus inne, die seit vielen Jahren als treuer Partner und Sponsor des FC Energie am Ball ist.
Neben den Entscheidungen des Abends wurden auch noch insgesamt 15 Mitglieds-Geburtstagskinder geehrt, sowie drei Ehrennadeln verteilt. Ernst Schlodder erhielt sie in Gold, in Bronze gingen sie an Ernst Thierfelder und Lothar Neumann. Weiterhin wurden die beiden Zwillingsbrüder Philipp und Maximilian Puhlmann die 33. und 34. lebenslangen Mitglieder – sie zahlen einmalig 1.966 Euro und sind dafür von den Mitgliedsbeiträgen befreit. Sie hatten zudem am 25.06.2021 auch Geburtstag und zahlen ihren jährlichen Mitgliedsbeitrag aber dennoch freiwillig weiter.
Testspiele bis Saisonstart
Die Saison der Regionalliga Nordost beginnt am 23.07.2021, der Spielplan wird in Kürze erwartet. Bis dahin absolviert der FCE noch Testspiele gegen den Ludwigsfelder FC (26.06. 14 Uhr in Ludwigsfelde) und am 3.7. 13 Uhr gegen den Brandenburger SC Süd.