Der Wechsel des Stromanbieters war nie einfacher. Dank Liberalisierung des Energiemarkts ist die Auswahl an Energieversorgern groß und die Digitalisierung hat den bürokratischen Aufwand minimiert. Heute gelingt der Wechsel inzwischen völlig papierlos, schnell und unkompliziert. Dennoch werden Verbraucher auf dem Weg zum günstigen Stromtarif mit einigen Stolpersteinen konfrontiert. Das Spektrum reicht von Greenwashing bis hin zu attraktiven Sachprämien, die sich im Nachhinein als Preisfalle entpuppen. Ein Einblick mit praktischen Verbrauchertipps.
Ökostrom ist nicht immer grün
Mit der Wahl des Stromanbieters können sich Verbraucher ein wirkungsvolles Instrument zunutze machen, um sich aktiv am Umweltschutz zu beteiligen. Und das haben inzwischen viele Menschen erkannt. Wie MDR Aktuell berichtete, kletterte der Anteil an Ökostrom in Deutschland in den ersten neun Monaten 2019 auf ein Rekordhoch. 183 Milliarden Kilowattstunden Strom wurden aus Wind, Sonne und anderen Erneuerbaren Energien gewonnen. Damit lagen die Erneuerbaren deutlich über der Stromerzeugung mit Braun- und Steinkohle. Allerdings ist Ökostrom nicht gleich Ökostrom. Dass sich mit wohlklingenden und Umweltschutz suggerierenden Begriffen viel Geld verdienen lässt, haben inzwischen alle Konzerne erkannt. Um einen persönlichen Beitrag zur Energiewende zu leisten, braucht es deshalb einen kritischen Blick auf die Struktur der Unternehmen.
Viele Stromanbieter haben zwar Ökostromtarife im Programm, sind aber stark mit der Atomwirtschaft verbunden. Erzielt ein Konzern hauptsächlich mit Atomenergie Gewinne, ist Greenwashing ein beliebtes Mittel, um das Image zu schönen. Auf der Suche nach echten Ökostromtarifen sind seriöse Labels wie ok-power eine gute Orientierungshilfe. Einen Schritt weiter gehen Energieunternehmen, die ihr Angebot auf Ökostromquellen ohne potenzielle Tiergefährdung beschränken. Antrieb für diese Spezialisierung sind die nicht zu unterschätzenden Gefahren für Wildtiere, die auch von Erneuerbaren Energien ausgehen können. Die GreenStone Energy GmbH mit Sitz in Berlin verzichtet dabei nicht nur auf Strom von Windenergieanlagen, weil diese durch ihren Geräuschpegel und bewegliche Teile in den Lebensraum diverser Tierarten wie Fledermäuse und Vögel eingreifen, sondern auch auf Energie aus Biomasse. Das Unternehmen begründet diese Entscheidung online in einem kritischen Artikel über Ökostrom damit, dass „oftmals Abfälle aus der Massentierhaltung zur Energiegewinnung genutzt werden“ und dies nicht mit dem Anspruch an Veganismus vereinbar sei.
An der Preisschraube drehen
Neben dem Beitrag zum Schutz des Ökosystems steht bei einem Stromanbieterwechsel vorwiegend die Ersparnis im Fokus. Hohes Sparpotenzial ergibt sich unter anderem bei einem Wechsel vom Grundversorger zu einem alternativen Energieversorger. Grundversorger gelten als vergleichsweise teuer, was an dessen Belieferungspflicht liegt. Grundversorger tragen ein erhöhtes finanzielles Risiko, weil sie auch Kunden mit negativen Schufa-Einträgen und schlechter Bonität mit Energie versorgen müssen.
Tipp: Die Kündigungsfrist bei Grundversorgern beträgt nur 14 Tage!
Wechselfreudige Kundschaft, die bereit ist, jährlich einen Anbieterwechsel durchzuführen, kann besonders kräftig sparen. Durch Sofort- und Neukundenboni lassen sich die Gesamtkosten für den benötigen Strom konkret senken. Allerdings muss akribisch auf die Einhaltung von Kündigungsfristen geachtet werden. Läuft die Frist ab, verlängern sich Verträge in der Regel stillschweigend um ein weiteres Jahr und das kann vergleichsweise teuer werden. Schließlich folgt im zweiten Belieferungsjahr häufig eine deutliche Preissteigerung. Wird ein langfristiger Vertrag mit einem Stromanbieter bevorzugt, sollten Boni nicht in den Preisvergleich einbezogen werden. Die Preisnachlässe können die tatsächlichen Kosten verfälschen. Entscheidend sind Arbeitspreis und Grundpreis.
Darüber hinaus schützen folgende Vorgehensweisen vor teueren Preisfallen:
- Vorsicht ist geboten bei Verträgen mit einer Mindestabnahmemenge. Ist sie Voraussetzung für den kostenlosen Erhalt einer Sachprämie oder der Auszahlung eines Bonus, entfallen die Preisvorteile, wenn die vertraglich vereinbarte Strommenge nicht verbraucht wird. Teilweise dürfen Sachprämien nachträglich in Rechnung gestellt werden.
- Probleme sind auch im Rahmen der Neukundenboni denkbar. Viele Stromanbieter gehören zu einem Konzern, was für Laien oft nur auf den zweiten Blick erkennbar ist. Findet ein Wechsel zwischen verschiedenen Marken eines Unternehmens statt, gilt der Kunde nicht als Neukunde.
- Teilweise werden Boni nur mit mehrfacher Aufforderung seitens der Kundschaft ausgezahlt. Verbraucher, die regelmäßige Anbieterwechsel durchführen, müssen die Geldeingänge kontrollieren und dürfen sich nicht abfertigen lassen.
Bei Nutzung von Vergleichsportalen ist die berechnete Ersparnis kritisch zu hinterfragen. Die Kalkulation der Vergleichswerte basiert häufig auf aktuellen Preisen der Grundversorger. Sind Stromkunden bereits bei günstigen Alternativen, täuschen die Angaben über die tatsächliche Ersparnis hinweg. Zudem ist es empfehlenswert, die Ergebnisse von mindestens zwei voneinander unabhängigen Portalen gegenüberzustellen, um einen möglichst objektiven Markteindruck zu gewinnen. Die Checkliste der Verbraucherzentrale enthält weitere Tipps für einen reibungslosen Anbieterwechsel und informiert über das Widerrufsrecht.
Empfehlungen zur Energiekostensenkung im Homeoffice hier im Überblick bei Niederlausitz Aktuell.
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