Nach Meldungen der dpa (Deutsche Presse-Agentur) sollen ab Mitte 2021 viele der in Deutschland bislang verbotenen Online-Glücksspiele legal werden. Voraussetzung ist die Einigung der Bundesländer bezüglich eines neues Glücksspiel-Staatsvertrages. Was galt bisher, und was wird sich wahrscheinlich 2021 beim Online-Glücksspiel ändern? Informationen dazu gibt es hier.
Gesetzliche Grundlagen
In Deutschland ist die Gesetzgebung zum Glücksspielrecht grundsätzlich Ländersache. Zwischen den Ländern besteht der am 1. Juli 2012 in Kraft getretene und (nach § 35 GlüÄndStV) bis zum 30. Juni 2021 gültige (aber verlängerbare) „Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland“ (Erster GlüÄndStV). Zu den Zielen des Vertrages gehören unter anderem die Verhinderung bzw. Bekämpfung von Glücksspiel- und Wettsucht, das geregelte Angebot von erlaubten Glücksspielen, um „den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken“ und um „unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken“ sowie der Jugend- und Spielerschutz. Doch mit der Digitalisierung vervielfältigten sich die Glücksspiel-Möglichkeiten,wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der bislang gültigen Gesetze.
Online-Glücksspiel: Beispiel Lotto 6aus49
Zu den bekannten staatlich genehmigten Glücksspielen gehört beispielsweise Lotto 6aus49. (Die Hälfte der Einnahmen ist für die Gewinne, 23 % erhalten die Bundesländer, ein kleinerer Teil entfällt auf die Lottosteuer und der Rest geht an die Annahmestellen und die Veranstalter für ihre Verwaltung. Die Bundesländer finanzieren mit den Einnahmen kommunale Projekte in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales.) Auch online Lottospielen ist möglich, aber es gilt, eine seriöse Website dafür zu finden. Wer online spielen möchte, kann sich bspw. bei der Landeslotteriegesellschaft eines Bundeslandes übers Internet anmelden. So kann vermieden werden, versehentlich Kunde eines illegalen Lotto-Onlineanbieters zu werden. Viele weitere Glücksspiele sind aber derzeit als Onlineangebote in Deutschland verboten; schließlich lautet § 4 Abs. 4 GlüÄndStV: „Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.“ Davon abweichend können die Länder (u. a. um die oben zusammengefassten Ziele zu erreichen) jedoch ggf. Glücksspiele im Internet erlauben (nach § 4 Abs. 5 GlüÄndStV), weshalb es länderverwaltetes Onlinelotto gibt.
Schleswig-Holsteins Sonderweg und illegales Online-Glücksspiel
Seit dem Jahre 2011 geht das Bundesland Schleswig Holstein bezüglich Online-Glücksspiel eigene Wege, es scherte aus dem Glücksspiel-Staatsvertrag (GlüStV) gewissermaßen aus. Eine Koalition aus CDU und FDP setzte sich gegen die Stimmen von SPD und Grünen durch und ermöglichte die Vergabe von Lizenzen an Anbieter von u. a. Online-Casinospielen. Parallel zum begrenzten Online-Angebot der anderen Länder und dem offeneren, durch Schleswig-Holstein legalisierten Angebot entwickelte sich jedoch ein florierender Schwarz- und Graumarkt im Bereich Online-Glücksspiel. Dieser ließ sich kaum kontrollieren, das Ziel des Spielerschutzes ist dort nicht zu erreichen und überdies sind erhebliche Umsatzverluste für das staatliche Glücksspielwesen anzunehmen. Genaue Zahlen für Deutschland lassen sich schwer ermitteln, da der Markt unreguliert ist. Doch eine Schätzung liegt bei rund 2 Milliarden Euro Umsatz durch deutsche Online-Casinospieler pro Jahr. Der weltweite Bruttoertrag aus Online-Glücksspielen betrug im Jahre 2017 rund 42 Milliarden Euro (nach Statista). Das Casinospiel hatte im Jahre 2018 mit 34 % weltweit den höchsten Marktanteil unter den Online-Glücksspielen (nach Statista).
Die Konsequenz
Die eingetretene Expansion des Online-Glücksspiels jenseits staatlicher Kontrolle läuft den Zielen der Bundesländer entgegen. Und so wird es voraussichtlich zum 1. Juli 2021 neue gesetzliche Regelungen geben, die die Spielmöglichkeiten im Internet erheblich erweitern, gleichzeitig aber den Einbezug der Länder und den Spielerschutz nicht außer Acht lassen. Für die Anbieter von Online-Casino-Glücksspielen wie 888, Leo, Wunderino und alle anderen soll eine zentrale Glücksspielbehörde eingerichtet werden. Die Spieler müssen sich bei dem jeweiligen Anbieter anmelden; ihnen wird ein monatliches Einsatz-Limit von 1000 € pro Person insgesamt [!] gesetzt. In der Praxis soll das durch beim Anbieter geführte Spieler-Konten sowie durch eine für alle Anbieter zugängliche Sperrdatei erreicht werden. Auf eine Sperrdatei sollen sich die Spieler auch selbst setzen können. Überdies soll von den Anbietern ein automatisiertes System zur Früherkennung von Spielsucht eingeführt werden. Der Aufsichtsbehörde ist Zugang zu den Dateien zu gewähren.
Werbung als Gefahr für Spieler
Es wird davon ausgegangen, dass zukünftig die Anzahl der Lizenzen für Online-Glücksspielanbieter unbegrenzt ist. Das hätte zur Folge, dass – in Verbindung mit dem 1000-Euro-Limit – die Unternehmen um die Gunst der Spieler (vermehrt) werben müssen. Vermehrte Werbung für Glücksspiele birgt jedoch, so befürchten Fachleute der Suchtprävention, die Gefahr, dass so manch einer unnötig zum Spielen verleitet wird und ggf. die Kontrolle über sein Spielverhalten verliert. Die Anzahl der in Deutschland lebenden Personen, die eine Vorstufe zur Spielsucht haben oder bereits spielsüchtig sind, wird auf rund eine halbe Million geschätzt. Im Vergleich dazu waren relativ wenige aufgrund ihrer Spielsucht Patienten; ambulant wurden im Jahre 2018 8056 Personen behandelt (13 % Frauen, 87 % Männer), stationär 2130 (24 % Frauen, 76 % Männer) (Jahresbericht 2018 Deutsche Suchthilfestatistik). Allerdings gibt es daneben die effektive Arbeit z. B. von Selbsthilfegruppen.
Mögliches Online-Glücksspielen ab Juli 2021
Letztendlich ist die neue Reform des Glücksspiel-Staatsvertrages eine Reaktion auf tatsächliche Gegebenheiten, die nicht erwünscht waren und dennoch zur Realität wurden. Die Digitalisierung machte vor dem Glücksspiel keinen Halt und bot zudem Möglichkeiten zu Verlagerungen ins Ausland und zur Anonymität. Spiele mit Suchtpotenzial wie bei Online Casino Unternehmen wurden erreichbar. Lizenzvergaben über Schleswig-Holstein trugen nicht zur Übersichtlichkeit des Online-Glücksspielmarktes bei und waren überdies mit Werbung für Online-Casinospiele über die Landesgrenzen Schleswig-Holsteins hinaus verbunden. Wenn die Reform dazu beiträgt, dass das Online-Casinospiel von Deutschen stark vermindert (am besten gar nicht) in Schwarz- und Graumarktbereichen abläuft, wenn zukünftig vermehrt innerhalb geordneter Strukturen gespielt wird, die z. B. auch mit Steuerabgaben verbunden wären, ließe sich das als Bekämpfung des bestehenden Problems erkennen. Zwar ist die Freiheit des Spielers mit einem 1000-Euro-Limit pro Monat nicht grenzenlos, aber doch beachtlich und jedenfalls vor den Spielerschutz-Hintergrund zu stellen.