Es wurde verteufelt und es wurde rehabilitiert, nur um wieder zum Gesundheitsproblem erklärt zu werden. Es ist vermutlich eines der bekanntesten Moleküle des menschlichen Körpers. Rund um diese Substanz wurden Nobelpreise erlangt und Hunderte von Ratgebern geschrieben. Im hausärztlichen Check-Up sorgt es regelmäßig für ernste Mienen und hochgezogene Augenbrauen. Was hat es auf sich mit Cholesterin-Mythen rund um diese fettähnliche Substanz?
Cholesterin-Mythos Freund
Für die Zellen im menschlichen Körper ist Cholesterin unverzichtbar. [1] Trotzdem wird immer wieder in Frage gestellt, ob und wie schädlich Cholesterin wirklich ist.
Cholesterin wird vom Organismus selbst hergestellt, und zwar in fast allen Zellen. [1] Damit gehört Cholesterin nicht zu den sogenannten essenziellen Stoffen, also solchen, die mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Daher ist auch nicht bekannt, dass vegetarisch oder vegan lebende Menschen einen Cholesterinmangel aufweisen. Pro Tag benötigt der Körper rund ein Gramm Cholesterin. Die gleiche Menge wird in etwa täglich in Form von Gallensäuren über den Darm ausgeschieden. [2]
Der recht komplizierte Herstellungsprozess ist zum Teil genetisch programmiert, zum Teil durch Enzyme und zum Teil durch Hormone reguliert. [2] Schon diese Vielfalt hat möglicherweise zur Entstehung von Cholesterin-Mythen beigetragen.
Und dazu verwendet der Körper Cholesterin: [3]
- zum Aufbau von Sexualhormonen, vorrangig in den Eierstöcken und den Hoden.
- zum Aufbau von Stresshormonen in der Nebennierenrinde, mit deren Hilfe sich der Organismus für die Bewältigung von Stressoren wappnet
- zur Bildung von Vitamin D – beteiligt am Knochenstoffwechsel und wichtig für das Immunsystem
- zum Einbau in die Zellhülle – auch Zellmembran genannt – die jede Zelle umschließt und ihre Funktionsfähigkeit sicherstellt.
- zur Bildung von Gallensäuren, ohne die keine Fettverdauung möglich ist.
Um beurteilen zu können, wie schädlich Cholesterin wirklich ist, wird unterschieden in „gutes“ und „schlechtes“ Cholesterin. [4]
Fette können nicht einfach so im Blut gelöst werden. Deshalb werden sie in Form von Lipoproteinen transportiert; man könnte sagen, Lipoproteine sind die Paketdienstleister für Fette und so auch für Cholesterin. Die kleinsten dieser Transporter sind die High Density Lipoproteine – bekannt als „gutes“ HDL. HDL sammelt überschüssiges Cholesterin ein und transportiert es zur Leber zurück. Dort kann es zu Gallensäure umgebaut und idealerweise in den Darm abgegeben werden. Oder HDL bringt das Cholesterin zu entsprechenden Stellen, wo aus Cholesterin Steroidhormone gebildet werden.
Cholesterin-Mythos Feind
Zu hohe Cholesterinwerte gelten als eine der Hauptursachen für Arteriosklerose und Atherosklerose.4 Diese „Verkalkung“ beziehungsweise Verhärtung der Blutgefäße zählt in den Industrienationen zu den häufigsten Todesursachen. [5]
Dabei spielt das „schlechte“ Cholesterin, bekannt als LDL, eine Rolle. Der „Paketdienst“ LDL fährt das Cholesterin sozusagen durch die Gegend, wodurch es länger im Blut kursiert und dadurch leichter oxidieren, sprich: ranzig werden kann.
Um sich selbst vor zu viel Cholesterin zu schützen, reguliert der Körper die eigene Herstellung dieser Substanz. Ist der Mensch gesund, funktioniert das Wechselspiel zwischen der Menge, die mit der Nahrung aufgenommen wird und der Menge, die der Körper entsprechend selbst bildet. Das bedeutet: wird mehr gegessen, drosselt der Körper die Eigenproduktion, wird weniger gegessen, fährt er sie hoch. Aus unterschiedlichen Gründen kann dieses System beeinträchtigt sein, was zur Folge hat, dass der Cholesterinspiegel zu sehr ansteigt.
Ist dies erblich bedingt oder durch eine andere Erkrankung wie zum Beispiel eine Schilddrüsen-, Leber- oder Nierenerkrankung verursacht, wird ärztlicherseits in der Regel auf ein Medikament zur Senkung des Cholesterinspiegels gesetzt. [6]
In anderen Fällen kann nur eine Gesamtschau seriös beurteilen, ob die Senkung des Cholesterinwerts erforderlich ist, denn auch das Alter spielt eine Rolle und ob weitere gesundheitliche Risikofaktoren vorhanden sind oder nicht.
Häufig führen Lebensstilfaktoren zu erhöhten Cholesterinwerten: Ernährungsfehler, Rauchen und Bewegungsmangel sind hier vor allem zu nennen. Entsprechende Veränderungen im Lebensstil sind in diesem Fall eine gute Chance, den Cholesterinspiegel günstig zu beeinflussen beziehungsweise wieder in den Griff zu bekommen. Besonders empfehlenswert: [7]
- Eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung, die sich an den Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientiert.
- Mehr Bewegung in den Alltag einbauen und/oder Sport machen.
- Nicht rauchen.
- Eventuell vorhandenes Übergewicht verringern.
Lassen Sie sich dazu von Ihrem Arzt beraten.
[1] „Gutes Cholesterin, schlechtes Cholesterin“. Stiftung Gesundheitswissen, https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/koerper-wissen/gutes-cholesterin-schlechtes-cholesterin. Zugegriffen 13. Juni 2022.
[2] Horn, Florian. Biochemie des Menschen: Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Herausgegeben von Florian Horn, Thieme, 2012. S. 151 – 161.
[3] „Erhöhte Cholesterinwerte“. Stiftung Gesundheitswissen, https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/erhoehte-cholesterinwerte/hintergrund. Zugegriffen 14. Juni 2022.
[4] www.tk.de, http://www.tk.de/techniker/magazin/ernaehrung/essen-und-wissen/fett-energielieferant-2004680. Zugegriffen 14. Juni 2022.
[5] RKI – Themenschwerpunkt Herz-Kreislauf-Erkrankungen“. Rki.de, https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Themen/Chronische_Erkrankungen/HKK/HKK_node.html. Zugegriffen 13. Juni 2022.
[6] „Herzschwäche vorbeugen“. Die Techniker, https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/herz-kreislauf-erkrankungen/koronare-herzkrankheit/tk-plus-bei-khk/dmp-news/herzschwaeche-vorbeugen-2128562. Zugegriffen 13. Juni 2022.
[7] „Niedriges LDL- und hohes HDL-Cholesterol senken das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse“. Dge.de, https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/niedriges-ldl-und-hohes-hdl-cholesterol-senken-das-risiko-fuer-kardiovaskulaere-ereignisse/. Zugegriffen 14. Juni 2022.